Nachrichten

27.11.2015 |

Jagd auf EU-Äcker: Flächenkonzentration bedroht bäuerliche Landwirtschaft

Rumänien
Begehrtes Land in Rumänien (Foto: Camelia TWU/Flickr.com)

Europas Bauern verlieren den Boden unter den Füßen: Der Aufkauf großer Flächen durch Kapitalanleger und der damit einhergehende Prozess zunehmender Landkonzentration untergraben die bäuerliche Landwirtschaft und gefährden damit die Zukunft einer vielfältigen und nachhaltigen Bodenbewirtschaftung in Europa. Darauf macht eine neue Studie aufmerksam, die von der grünen Europa-Abgeordneten und Milchbäuerin Maria Heubuch am Freitag auf einer Veranstaltung in Berlin vorgestellt wurde. Moderne „Landjäger“ – so auch der Titel der Publikation – kaufen verstärkt Land in den EU-Staaten auf. Denn Boden ist ein knappes Gut, das in Zeiten historischer Niedrigzinsen als eine der wenigen sicheren Geldanlagen gilt und bei künftigen Preissteigerungen von Lebensmitteln und Rohstoffen hohe Gewinne verspricht. „Beim Schlagwort Landgrabbing denkt man in erster Linie an Afrika, an Korruption oder Palmölplantagen in Asien, doch die neue Jagd nach fruchtbaren Böden hat auch Europa erreicht“, betont Heubuch. „Land ist nicht mehr nur ein Produktionsfaktor, sondern eine Geldanlage, ein Spekulationsobjekt.“ Doch die beängstigende Beschleunigung der Konzentration landwirtschaftlicher Flächen in den Händen weniger, großer Agrarunternehmen und Holdings werde von der EU-Kommission bisher beschönigt und nicht einmal sauber dokumentiert. „Landübernahmen sehen in Europa anders aus als in Afrika, es geht mehr oder weniger mit rechten Dingen zu – nicht wie in Afrika und Asien, wo es um die Verletzung von Menschenrechten geht, um die Vertreibung vom Land“, erläutert Studienautor Benedikt Haerlin. Doch kleineren Betrieben und jungen Landwirten wird der Zugang zu Land fast unmöglich gemacht. Die Preise für landwirtschaftliche Nutzflächen haben sich in den letzten 10 Jahren in vielen Regionen der EU mehr als verdoppelt. In Deutschland stiegen sie im Schnitt von 8.692 Euro je Hektar im Jahr 2005 auf 18.099 Euro in 2014. Dabei klafft eine Spanne zwischen 9.430 Euro in Thüringen und 41.440 € in Bayern. Wer neu in die Landwirtschaft einsteigen will und nicht von den Eltern erbt, hat kaum noch eine Chance, Land zu erwerben – erst recht nicht im Wettstreit mit großen Agrarbetrieben wie KTG Agrar und Konsorten. Der prozentuale Anteil des Pachtlandes an der landwirtschaftlichen Fläche schreitet in Europa seit Langem stetig voran. Das heißt der größte Teil des Landes gehört nicht jenen, die es bearbeiten. In Deutschland sind 70% der landwirtschaftlichen Flächen Pachtland. Ob das Land einem Bauer selbst gehört oder ob er alle paar Jahre fürchten muss, sein Land zu verlieren, wirkt sich auch auf die Art der Bewirtschaftung aus, berichtet Heubuch aus ihrer eigenen Erfahrung als Landwirtin. Angesichts der zunehmenden Landkonzentration bestehe akuter Handlungsbedarf. „Die Landfrage und Landbesitz werden entscheiden, wie die Landwirtschaft der Zukunft aussieht, denn Land ist nicht nur die ökonomische Grundlage der Bauern, sondern die Lebensgrundlage aller Menschen.“ Antworten auf den Klimawandel, das Artensterben, Bodenfruchtbarkeit, Ressourcenverknappung, Nutzungskonkurrenz, auf Migration und Flucht, die daraus folgen, betreffen alle auch Grundeigentumsfragen. (ab)

25.11.2015 |

Retortenrinder: China baut Fabrik zum industriellen Klonen von Nutztieren

Kuh
Aus eins mach zwei (Foto: Shahrokh Dabiri/Flickr.com)

In China wird eine riesige Fabrik zum Klonen von Nutztieren im industriellen Maßstab gebaut, in der auch Hunde und Rennpferde geklont werden sollen. In der Hafenstadt Tianjin im Norden des Landes entstehe bereits das erste Gebäude, das in der ersten Jahreshälfte 2016 in Betrieb genommen werden soll, vermeldete die amtliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua am Montag. Sinica, ein Tochterunternehmen der Boyalife Group, die auf Stammzellen und regenerative Medizin spezialisiert ist, hat vergangene Woche mit einem von der Regierung unterstützten Gewerbepark einen Vertrag über den Anlagenbau geschlossen. Anfangs sollen 100.000 Rinderembryonen jährlich produziert werden, doch Xu Xiaochun, Vorsitzender der Boyalife Group, hat große Pläne: Bis zu einer Million Retortenrinder sollen jährlich entstehen, wenn das Projekt erst einmal am Laufen ist. An der Fabrik, in deren Bau 200 Millionen Yuan (fast 30 Millionen Euro) fließen sollen, sind neben Sinica auch das Institut für Molekularmedizin der Peking University und das südkoreanische Unternehmen Sooam Biotech beteiligt. Letzteres war 2004 in die Schlagzeilen geraten, als Gründer Hwang Woo Suk behauptete, erstmals Stammzelllinien aus einem geklonten menschlichen Embryo entwickelt zu haben, was sich im Nachhinein als unwahr herausstellte. In der neuen Megafabrik wollen die Wissenschaftler letztendlich nicht nur Fleisch für die Teller der Verbraucher produzieren: Auch Spürhunde und Rennpferde sollen im großen Stil reproduziert werden – ebenso wie Haustiere für jedermann. Seit Schaf Dolly as weltweit erste Klontier 1996 in Großbritannien das Licht der Welt erblickte, forschen Wissenschaftler mit Mäusen, Rindern und anderen Tieren an der Verbesserung der Technologie. Doch bisher mit eher begrenztem Erfolg. Die Sterblichkeitsrate bei Klontieren ist hoch, oft müssen mehreren Muttertieren Klonembryonen eingepflanzt werden, um einen Klon zu erhalten, Anomalien und Fehlgeburten sind häufig. Doch in China hält sich der Glauben an die Technologie: Seit 2000 klonen chinesische Forscher bereits Schafe, Rinder und Schweine. Im August hat erstmals eine geklonte und genetisch veränderte Kuh Nachwuchs bekommen. Väter des Projekts waren Wissenschaftler der Landwirtschaftsuniversität Peking, die mit den Klonkühen die Qualität von chinesischem Rindfleisch verbessern und das Land weniger abhängig von teuren Importen aus Südamerika machen wollen. Außerdem haben chinesische Forscher mithilfe der Gentechnik ein Kalb produziert, das laktosearme Milch geben soll und transgene Kühe gezüchtet, die Milch liefern, die der menschlichen Muttermilch ähnelt, mehrere Proteine enthält und so Säuglinge vor Infektionen schützen soll. (ab)

23.11.2015 |

TTIP-Studie: Größere Gewinne für US-Landwirte, sinkende EU-Agrarpreise

Trade
Braucht der transatlantische Handel TTIP? (Foto: Louis Vest/Flickr.com)

Landwirte in den USA würden von einem Transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP) stärker profitieren als EU-Erzeuger. Das haben Agrarökonomen des wissenschaftlichen Dienstes des US-Landwirtschaftsministeriums in zwei Studien zu den möglichen Effekten des geplanten Abkommens errechnet. Alleine die Abschaffung von Zöllen und Mengenbeschränkungen würden den USA durch zusätzliche Agrarexporte ein Plus in Höhe von 5,5 Milliarden US-Dollar (5,1 Milliarden Euro) im Vergleich zum Basisjahr 2011 einbringen. Vor allem bei den Ausfuhren von Rindfleisch und Milchprodukten nach Europa gebe es deutliches Potenzial. Die EU-Agrarexporte hingegen würden lediglich um 0,8 Milliarden US-Dollar (0,7 Milliarden Euro) wachsen. Insgesamt rechnen die Wissenschaftler mit einem Anstieg der US-Exporte von 2% und der Importe von 1%, wohingegen die EU bei den Ausfuhren sogar ein Minus von 0,25% und bei den Einfuhren ein Plus von 0,5% verzeichnen dürfte. Außerdem nahmen die Experten in einem zweiten Schritt die Auswirkungen einer Beseitigung nichttarifärer Handelshemmnisse unter die Lupe. Dazu gehören Gesundheitsvorgaben und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen zum Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit, zum Beispiel das EU-Verbot für hormonelle Leistungsförderer wie das Wachstumshormon Ractopamin in der US-Schweinemast oder die Chlorbehandlung von Geflügelfleisch. Aber auch Importbeschränkungen der EU für gentechnisch veränderte Organismen sowie strengeren Vorgaben für Pestizid-Rückstände in Obst und Gemüse sind den Autoren zufolge Hürden für den Handel. Eine Beseitigung dieser Handelshemmnisse würde den US-Landwirten einen weiteren Zugewinn von 4,1 Milliarden Dollar bescheren, der Löwenanteil entfiele mit 2,4 Milliarden auf Schweinefleischexporte. Die EU würde weitere Agrargüter im Wert von 1,2 Milliarden Dollar in die USA ausführen können, vorrangig Obst und Gemüse. Unter dem Strich rechnen die Ökonomen mit einem Anstieg der Agrarpreise in den USA, während eine umfassende Liberalisierung in der EU die Preise für Agrarerzeugnisse weiter drücken dürfte. Die von Befürwortern als Hauptargument für das Abkommen angeführte Steigerung des Bruttoinlandsprodukts wäre laut den Experten für beide Seiten insgesamt gering: „Die Veränderungen beim BIP fallen durchweg bescheiden aus mit 0,33 Prozent oder weniger“, so das Fazit. (ab)

20.11.2015 |

Biopiraterie: Indigene und Kleinbauern gehen beim Stevia-Boom leer aus

Stevia
Begehrte Stevia-Pflanze (Foto: tJj hebam 3000/Flickr.com)

Die Stevia-Pflanze wird aufgrund ihrer süßenden Eigenschaft als der neue Zuckerersatz gehypt. Doch bei der zunehmenden Vermarktung handelt es sich um Biopiraterie und damit um eine Verletzung der Rechte indigener Gruppen in Brasilien und Paraguay. Das zeigt ein neuer Bericht, den das das Hilfswerk MISEREOR gemeinsam mit der Uni Hohenheim, der Erklärung von Bern und anderen Organisationen veröffentlicht hat. Tausende von Produkten mit aus der traditionellen Nutzpflanze industriell hergestellten Steviolglykosiden sind bereits auf dem Markt: PepsiCo und Coca Cola haben damit gesüßte Cola- Getränke herausgebracht, aber auch vielen Tees, Säften, Joghurts, Milchmixgetränken und kohlesäurehaltigen Erfrischungsgetränken verleihen Steviolglykoside die gewünschte Süße. „Die Grundlage des Stevia-Booms, mit dem Wirtschaftsunternehmen Milliarden-Summen verdienen, ist das jahrhundertealte Wissen indigener Guarani-Gruppen im Grenzland zwischen Paraguay und Brasilien über die Eigenschaften der Pflanze. Wenn Konzerne wie Coca Cola oder Cargill Stevia zu einer lukrativen Einnahmequelle machen, müssen sie das Mitspracherecht der Guarani achten“, betont Benjamin Luig, Referent für Agrar- und Ernährungspolitik bei MISEREOR und Mitautor der Studie. Denn es gibt da noch die internationale Biodiversitätskonvention und das Nagoya-Protokoll gegen Biopiraterie von 2014. Dieses verankert, dass die Träger traditionellen Wissens das Recht haben, über dessen Verwendung mitzubestimmen und an wirtschaftlichen Vorteilen beteiligt zu werden, wenn dieses Wissen kommerziell genutzt wird. Doch die Guarani gingen bisher leer aus. Weltweit gibt es bereits über 1000 Patentanmeldungen auf Steviolglykoside, doch die indigenen Gemeinschaften wurden niemals konsultiert. Ein klarer Fall von Biopiraterie, so Luig, und diese könnte noch größere Ausmaße annehmen. Denn bereits 2016 will Cargill mit seinem Produkt „Eversweet“ einen Süßstoff auf den Markt bringen, der Steviolglykoside enthält, die mithilfe von synthetischer Biologie hergestellt werden. Sollte sich diese Produktionsform durchsetzen, könnte dies das Ende des Marktes für Stevia-Blätter bedeuten, denn gegenwärtig können Länder wie Paraguay zumindest durch den Anbau von Stevia-Pflanzen als Rohstoff für die Herstellung von Steviolglykosiden noch ein kleines Stück des Kuchens ab. Die Studienherausgeber fordern, dass die Konzerne in Verhandlungen mit den Guarani treten und deren Ansprüche anerkennen. So sehe die brasilianische Gesetzgebung klar vor, dass der Anspruch der Guarani rückwirkend und selbst dann gelte, wenn die Pflanze außerhalb des Landes angebaut wird. Zudem kritisieren die Autoren, dass die Konzerne zu Vermarktungszwecken die Indigenen als superglückliche Menschen darstellen, die 'im Einklang mit der Natur' leben“. Doch sie leben meist perspektivlos in Armut und Hunger und müssten, wie die Guarani Kaiowá in Brasilien, gegen Großinvestoren um ihr Land kämpfen – oft mit tödlichem Ausgang für die Indigenen. (ab)

18.11.2015 |

Weltrisikobericht: Ernährungssicherheit schützt vor Folgen von Naturkatastrophen

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Auf Dürren folgt oft Hunger (Alosh Bennett/Flickr.com)

Naturkatastrophen wie Dürren, Erdbeben oder Wirbelstürme wirken sich weniger verheerend auf die Bevölkerung aus, wenn in einem Land die Ernährungssicherheit gewährleistet ist. Das betont der aktuelle Weltrisikobericht, der vom „Bündnis Entwicklung Hilft“ und dem Institut für Umwelt und menschliche Sicherheit der Universität der Vereinten Nationen am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. „Wer Hunger hat, ist verletzlicher bei Katastrophen, Kriegen und Konflikten“, warnt Peter Mucke, Geschäftsführer des Bündnisses. Der Bericht benennt einen sehr hohen Handlungsbedarf für eine bessere Ernährungssicherheit unter anderem in den stark durch extreme Naturereignisse gefährdeten Ländern Bangladesch, Burundi, Guinea-Bissau, Haiti, Kambodscha, Kamerun, Simbabwe und Tschad. Andere Länder wie Japan und Kuba seien zwar ebenfalls stark durch Wetterextreme gefährdet, aber die Risiken seien durch eine sehr gute Ausgangslage bei der Versorgung mit Nahrungsmitteln und sauberem Trinkwasser geringer. Denn zwischen Ernährungssicherheit und Katastrophenrisiko besteht eine klare Wechselwirkung, erklärt Dr. Matthias Garschagen, der wissenschaftliche Leiter des Berichts: Eine schlechte Ernährungslage erhöht die Anfälligkeit für Katastrophen, aber Dürren, Hochwasser- oder Wirbelstürme beeinträchtigen wiederum die Lebensmittelproduktion und damit die Ernährungssicherheit der Menschen. Weltweit hängt das Leben von 2,5 Milliarden Menschen unmittelbar von der Landwirtschaft ab. Wenn ihre Ernten, Viehbestände oder Transportwege von einem extremen Naturereignis zerstört werden, sind sie existenziell bedroht. Im schlimmsten Fall führe dies zu einer fatalen Abwärtsspirale, in der die betroffenen Menschen von einer Krise in die nächste geraten. Besonders bedroht sei Afrikas südlich der Sahara, wo Konflikte, Hunger und die Folgen des Klimawandels die Ernährungssicherung vor große Herausforderungen stellen wird. Daher warnt Dr. Bröckelmann-Simon vom Bündnis-Mitglied Misereor, dass selbst weitreichende Strategien zum Katastrophenschutz nicht ausreichen werden, wenn sich die Staatengemeinschaft nicht zu einer mutigen Klimapolitik durchringe, die die Situation der am stärksten betroffenen Gruppen und Länder beachte. „Das Ziel von Politik und Praxis muss es daher sein, die Ernährungssicherung krisenfester zu gestalten“, fordert er. Denn Studien der Welternährungsorganisation FAO hätten gezeigt, dass Investitionen in die Landwirtschaft für die Reduzierung von Armut und Hunger fünfmal effizienter seien als Maßnahmen in jedem anderen Sektor. (ab)

16.11.2015 |

Wachsendes Problem: 38% der US-Amerikaner sind fettleibig

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USA: Fettleibigkeit bei Frauen - ein wachsendes Problem (Foto: Tony Alter/Flickr.com)

In den USA werden die Menschen trotz öffentlicher Kampagnen immer dicker: Der Anteil fettleibiger Menschen an der Bevölkerung stieg 2013-2014 auf 38,3% und lag damit deutlich höher als noch vor einem Jahrzehnt, als 32% der US-Amerikaner als fettleibig galten. Das geht aus dem Nationalen Gesundheits- und Ernährungsbericht hervor, den die U.S. Centers for Disease Control and Prevention am Donnerstag veröffentlichten. „Das sind erstaunliche Ergebnisse“, die nahelegen, dass sich die als stabil eingeschätzte Lage verschlechtert hat, so Dr. William Dietz, ein Experte für Adipositas von der George Washington University. Der Bericht zeigt auch, dass sich ein klares Gefälle bei den Geschlechtern auftut: Mit 38,3% leiden heute deutlich mehr Frauen an Fettleibigkeit als Männer mit 34,3%. „Das ist eine neue Erkenntnis“, sagte Cynthia L. Ogden, die Hauptautorin des Berichts, denn während der Anteil in den letzten zehn Jahr fast gleich war, haben nun die Frauen die Männer wieder überholt. Frappierende Unterschiede stellten die Autoren auch bei den verschiedenen ethnischen Minderheiten fest. Mit einem Anteil von 57% war Fettleibigkeit im Zeitraum 2011-2014 unter schwarzen Frauen am stärksten verbreitet, gefolgt von 46% der Hispano-Amerikanerinnen und 39% der Hispanos. Das geringste Problem mit den überflüssigen Pfunden hatte die asiatische Bevölkerung in den USA mit einem Anteil Fettleibiger von gerade einmal 12%. Der Anstieg ist für Wissenschaftler und die Regierung ein herber Rückschlag, mit zahlreichen Aufklärungskampagnen hatten sie in den letzten Jahren versucht, die Bevölkerung von den Vorteilen einer gesunden Ernährung und sportlicher Betätigung zu überzeugen und den Konsum von zuckerhaltigen Softdrinks und Fast Food einzudämmen. Zumindest nicht ganz so schlimm dürfte die Bilanz für die Kampagne „Let’s Move“ von Präsidentengattin Michelle Obama ausfallen, die besonders darauf abzielt, Kinder zu mehr Bewegung zu animieren. Denn immerhin hat sich bei Kindern und Jugendlichen die Lage nicht weiter verschlechtert: In den Jahren 2013-2014 galten 17% der US-Amerikaner im Alter zwischen zwei und 19 Jahren als fettleibig – ein ebenso hoher Anteil wie noch ein Jahrzehnt zuvor. Als fettleibig stuft die Studie Menschen mit einem Body-Mass-Index (BMI) von mehr als 30 ein. Für den BMI wird das Gewicht durch die Körpergröße zum Quadrat geteilt. In Deutschland ist die Lage noch nicht ganz so verheerend: Gut 23% der Männer und knapp 24% der Frauen gelten als adipös. (ab)

13.11.2015 |

EFSA gibt grünes Licht für Glyphosat: „wahrscheinlich nicht krebserregend"

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Glyphosatregen (Foto: Chafer Machinery/Flickr.com)

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) erachtet es als „unwahrscheinlich, dass Glyphosat eine krebserregende Gefahr für den Menschen darstellt“. Das geht aus einem lange erwarteten Bericht zur Neubewertung des Pestizid-Wirkstoffs hervor, den die Behörde am Donnerstag vorlegte. Sie sei zu dem Schluss gelangt, „dass Glyphosat wahrscheinlich nicht genotoxisch (d.h. DNA schädigend) ist“. Doch damit nicht genug: Die EFSA schlägt zudem vor, die zulässige tägliche Aufnahmemenge für Menschen von derzeit 0,3 Milligramm pro Kilo Körpergewicht auf 0,5 mg zu erhöhen. „Es handelte sich hierbei um einen umfassenden Prozess – eine vollständige Bewertung, die eine Fülle neuer Studien und Daten berücksichtigte“, betonte José Tarazona, der Leiter des Referats Pestizide. Der EFSA-Bericht steht im krassen Widerspruch zur Einschätzung der Internationalen Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation WHO, die im März Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend für den Menschen" eingestuft hatte. Doch das sieht die EFSA anders und folgt damit der Einschätzung des deutschen Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), das den Wirkstoff als weitgehend unbedenklich einschätzte. Erst kürzlich war jedoch bekannt geworden, dass das BfR Hinweise auf deutlich erhöhte Krebsraten in mehreren Tierstudien nicht berücksichtigt hatte. Umwelt- und Verbraucherschützer sowie zahlreiche Politiker reagierten empört auf das EFSA-Urteil. „Das ist ein schwarzer Tag für den Verbraucher. Monsanto wird es freuen, dass die EFSA sogar höhere Dosen erlaubt, was die Menschen an Glyphosat täglich zu sich nehmen dürfen“, kritisierte Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „Diese Bewertung der EFSA lässt an ihrer wissenschaftlichen Unabhängigkeit zweifeln“, monierte Greenpeace-Landwirtschaftsexpertin Christiane Huxdorff. Kritik kommt auch von den Grünen: „Die EU-Wirkstoffüberprüfung von Glyphosat gleicht einem Trauerspiel in mehreren Akten“, kommentierte der umwelt- und agrarpolitische Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, Martin Häusling. Zunächst sei der „Persilschein“, den das BfR als europäische Bewertungsgrundlage ablieferte, alles andere als „eine verantwortliche Risikobewertung“. „Dass nun auch EFSA den vertraulichen Industriedaten mehr traut als den veröffentlichten Daten der Weltgesundheitsorganisation“, mache sie „zum Komplizen in dieser Tragödie“. Die EFSA-Einschätzung ist von Bedeutung, da sie in die Entscheidung der Europäischen Kommission zur Verlängerung der Zulassung von Glyphosat in der EU einfließen wird. Es gilt als wahrscheinlich, dass die EU die Anwendung für weitere zehn Jahre genehmigen wird. Glyphosat ist der Hauptbestandteil des weltweit meistverkauften Herbizids Roundup des US-Agrarriesen Monsanto. BUND-Pestizidexpertin Heike Moldenhauer vermutet, dass sich „offenbar kein EU-Mitgliedstaat mit den Glyphosat-Herstellern und den Bauernverbänden anlegen und den Glyphosat-Einsatz unterbinden" wolle: „Würde Glyphosat verboten, wäre die industrialisierte Landwirtschaft, die ohne den massiven Einsatz von Spritzmitteln nicht auskommt, grundsätzlich infrage gestellt.“ (ab)

11.11.2015 |

Ein Hoch auf Bohne & Co.: UN läutet Internationales Jahr der Hülsenfrüchte ein

Bohne
Bohnen (Foto: Pete/Flickr.com)

Die Vereinten Nationen haben 2016 zum Internationalen Jahr der Hülsenfrüchte erklärt, um auf die Vorteile von Bohnen, Linsen und Erbsen aufmerksam zu machen. Mit einer Veranstaltung in Rom am 10. November wurde das Jahr offiziell eingeläutet, das den weltweiten Konsum von Hülsenfrüchten ankurbeln und über ihren Beitrag zur Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit, Anpassung an den Klimawandel und Bekämpfung der Mangelernährung aufklären soll. „Hülsenfrüchte sind wichtige Feldfrüchte für die Ernährungssicherheit weiter Teile der Bevölkerung, besonders in Lateinamerika, Afrika und Asien, wo sie Bestandteil traditioneller Ernährungsweisen sind und häufig von Kleinbauern angebaut werden“, sagte José Graziano da Silva, Generaldirektor der Welternährungsorganisation (FAO). Hülsenfrüchte sind eine wichtige Quelle für pflanzliches Eiweiß: Laut FAO-Angaben sind Hülsenfrüchte doppelt so proteinreich wie Weizen und haben dreimal mehr Eiweiß als Reis. Sie sind zudem reich an Mikronährstoffen, Aminosäuren und Vitamin B. „Trotz vieler Belege für die Vorteile von Hülsenfrüchten für Gesundheit und Ernährung werden sie in vielen Entwicklungs- und Industrieländern nur in geringem Maß konsumiert. Das Internationale Jahr kann dazu beitragen, diese Wissenslücke zu schließen“, hofft UN-Generalsekretär Ban Ki-moon. Denn Hülsenfrüchte können auch eine Alternative zu teureren tierischen Eiweißen sein. Der FAO zufolge kostet etwa die Eiweißversorgung mit Milch fünf Mal mehr als eine auf Hülsenfrüchten basierende Proteinzufuhr. Da Bauern für Hülsenfrüchte jedoch höhere Preise erzielen könnten als für Getreide, seien sie für Landwirte ein guter Ausweg aus der Armut. Weltweit werden hunderte Sorten von Hülsenfürchten verschiedener Form und Farbe angebaut, von Acker-, Kidney- und Limabohnen über Teller- und Belugalinsen bis hin zu Kichererbsen und Lupinen. Doch die FAO betont nicht nur den Gesundheitsaspekt, sondern auch das Potenzial von Hülsenfrüchten für die Bodengesundheit und Erhöhung der Biodiversität. Aufgrund ihrer Stickstoff bindenden Eigenschaft können Leguminosen die Bodenfruchtbarkeit verbessern und die globale Abhängigkeit von Mineraldünger vermeiden, wodurch der Ausstoß von Treibhausgasen verringert wird. Durch die Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit machen sie Ackerböden nicht nur produktiver, so die FAO, sondern fördern auch das Bodenleben und bieten Raum für Bakterien und Kleinstlebewesen. Als Bodendecker oder in Mischkultur angebaut verringern Leguminosen außerdem Bodenerosion. Damit knüpft das neue UN-Jahr thematisch nahtlos an das Internationale Jahr des Bodens 2015 an. (ab)

09.11.2015 |

FAO: Widriges Wetter treibt globale Lebensmittelpreise in die Höhe

Getreide
Lebensmittelpreise im Aufwind (Foto: SnoShuu/flickr.com)

Im Oktober haben die globalen Lebensmittelpreise aufgrund schlechter Wetterbedingungen wieder kräftig angezogen, wie die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) am Donnerstag verkündete. Der Lebensmittelpreisindex stieg auf 162 Punkte, ein Plus von 3,9% gegenüber dem Vormonat. Der Index notiert Preise auf internationalen Märkten für fünf bedeutende Warengruppen: Getreide, Fleisch, Milchprodukte, Pflanzenöle und Zucker. Die Analysten führen den Anstieg vor allem auf wetterbedingte Sorgen hinsichtlich der Zucker- und Palmölproduktion zurück. Obwohl Lebensmittel ganze 16% billiger sind als 2014, setzen die Werte im Oktober dem Trend purzelnder Preise im Laufe der letzten Monate ein jähes Ende. Im Sommer hatte die FAO noch freudig verkündet, dass die weltweiten Lebensmittelpreise im Juli den niedrigsten Stand seit sechs Jahren erreichten. „Die beherrschende Frage ist das Wetter“, sagte FAO-Experte Abdolreza Abbassian gegenüber Bloomberg. „Es gibt definitiv noch mehr Potenzial für höhere Preise in den kommenden Monaten.“ Die Prognosen für die Weltgetreideproduktion wurden auf 2,53 Milliarden Tonnen leicht herunterkorrigiert und liegen damit 1,1% unter der Rekordernte von 2014. Die FAO teilte mit, dies spiegle schlechtere Aussichten für die Maisernte in Indien und der Ukraine sowie für die Weizenernte in südlichen Teilen Russlands aufgrund schlechter Wetterbedingungen wider. Zudem führten Dürren in Thailand dazu, dass die Prognosen für die Reisernte verhaltener ausfielen. Der UN-Behörde zufolge wird die Verwendung von Getreide im Jahr 2015 mit 2,528 Milliarden Tonnen nahezu der Produktion entsprechen. Nur 43% der Getreideernte oder 1,96 Milliarden Tonnen werden als Lebensmittel genutzt werden. Die Verwendung von Getreide als Futtermittel wird im Vergleich zum Vorjahr um 1,6% zunehmen, vor allem wegen einer höheren Nachfrage in China, Saudi-Arabien und der Türkei. Zum allgemeinen Preisanstieg im Oktober trugen maßgeblich höhere Zuckerpreise bei: Der FAO-Zuckerpreisindex stieg gegenüber September um 17,2%, da die Angst umgeht, ausgiebige Regenfälle in Brasilien sowie Dürren in Indien und Thailand könnten Ernten zerstören. Ein weiterer Grund ist der Anstieg der Pflanzenölpreise um 6,2%: Experten befürchten, das Wetterphänomen El Niño könne in Indonesien die Versorgung mit Palmöl bedrohen. Zudem kommt in Brasilien die Sojaaussaat aufgrund des schlechten Wetters nur schleppend in Gang. Auch die Milchpreise zogen um 9,4% an, da ein Rückgang der Produktion in Neuseeland vorausgesagt wird. (ab)

05.11.2015 |

Ernährungssicherheit: UN-Expertin warnt vor Folgen des Klimawandels

Klima
Dürren werden häufiger (Foto: Asian Development Bank)

Der Klimawandel stellt eine enorme Bedrohung für die globale Ernährungssicherheit dar, warnt eine UN-Expertin und fordert den Übergang von der industriellen Landwirtschaft hin zur Agrarökologie, um die Anpassung an den Klimawandel zu meistern. In einer Pressemitteilung mahnte die UN-Sonderberichterstatterin für das Menschenrecht auf Nahrung, Hilal Elver, dass die Häufigkeit und Intensität von extremen Wetterverhältnissen, steigende Temperaturen und Meeresspiegel sowie Überschwemmungen und Dürren den sicheren Zugang zu Nahrung vieler Menschen bedrohen werden: „All diese Klimafolgen werden sich negativ auf Feldfrüchte, die Tierhaltung, Fischerei und Aquakultur und die Existenzgrundlagen der Menschen auswirken.“ Die UN-Expertin sagt voraus, dass die Auswirkungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft bis 2080 dazu führen könnten, dass weitere 600 Millionen Menschen von Mangelernährung betroffen sein werden. „Die Menschen, die am wenigsten zur globalen Erwärmung beigetragen haben, sind diejenigen, die am meisten unter seinen schädlichen Folgen leiden müssen“, so Elver. „Rasches Handeln ist erforderlich, um die Herausforderungen zu bewältigen, die der Klimawandel mit sich bringt.“ Doch auf die steigende Nachfrage nach Lebensmitteln mit einem großflächigen, produktionsorientierten Agrarmodell zu reagieren, sei der falsche Weg. Die Sonderberichterstatterin betont die „Notwendigkeit eines umfassenden Übergangs von der industriellen Landwirtschaft hin zu umgestaltenden Systemen wie der Agrarökologie, die regionale Lebensmittelbewegung unterstützen, Kleinbauern schützen, Menschenrechte, Ernährungsdemokratie und kulturelle Traditionen respektieren und gleichzeitig die ökologische Nachhaltigkeit aufrechterhalten und eine gesunde Ernährung ermöglichen.“ Mit der Erklärung richtet sich Elver auch an die UN-Klimakonferenz COP21, die vom 30. November bis 11. Dezember in Paris abgehalten wird. Dort soll ein Nachfolgevertrag für das Kyoto-Protokoll mit verbindlichen Klimazielen für alle Mitgliedsstaaten der UN-Klimarahmenkonvention UNFCCC vereinbart werden, um die Treibhausgasemissionen zu senken. Die UN-Expertin fordert, dass dieses Abkommen ein klares Bekenntnis zur Sicherstellung von Klimagerechtigkeit und Ernährungssicherheit für alle Menschen beinhalten müsse. Die weit reichenden Folgen des Klimawandels auf die Ernährungssicherheit legte die Sonderberichterstatterin erst kürzlich in einem Bericht an die UN-Generalversammlung dar. (ab)

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