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15.03.2023 |

Einspruch gegen KWS-Patent auf Mais aus konventioneller Züchtung

KWS
Protest gegen KWS-Patente im Dezember 2022 (Foto: Falk Heller)

Das Bündnis „Keine Patente auf Saatgut!“ hat Einspruch gegen ein Patent der Saatgut-Firma KWS auf Mais aus konventioneller Züchtung eingelegt. Das vom Europäischen Patentamt EPA im Juni 2022 erteilte Patent erstreckt sich auf Maispflanzen mit einer verbesserten Verdaulichkeit, deren Ernte und die daraus hergestellten Futtermittel. Doch diese Eigenschaft wurde nicht mithilfe von Gentechnik erzielt, sondern es handelt sich um zufällig veränderte Genvarianten, die entdeckt und von KWS mit konventionellen Züchtungsmethoden in die patentierten Sorten eingezüchtet wurden. Außerdem umfasst das Patent die Verwendung von natürlich vorkommenden Genvarianten für die konventionelle Züchtung. Das Bündnis, dem mehrere europäische Nichtregierungsorganisationen angehören, sieht dadurch die konventionelle Züchtung bedroht. „Patente auf Saatgut behindern den Zugang zur biologischen Vielfalt und beenden die Freiheit in der traditionellen Pflanzenzucht“, sagt Katherine Dolan vom österreichischen Verein Arche Noah. „Damit gefährden die Konzerne die Grundlagen der Nahrungsmittelsicherheit in Europa.“

Das Patent EP3560330 B1 trägt den Namen „Pflanzen mit verbesserter Verdaulichkeit und Markerhaplotypen“ und wurde am 15.06.2022 im Bulletin 2022/24 des EPA veröffentlicht. In der Einspruchsschrift merkt „Keine Patente auf Saatgut!“ an, dass die Beschreibung des Patents verschiedene Beispiele für Anwendungen mit und ohne Gentechnik beinhaltet. Es werde so der Eindruck erweckt, dass in erster Linie gentechnische Verfahren eingesetzt würden, die nach dem europäischen Patentrecht durchaus patentierbar sind. Doch KWS beansprucht auch die Nutzung der natürlicherweise vorkommenden Genvarianten zur Auswahl von Pflanzen im Rahmen der konventionellen Züchtung. Einige Ansprüche erstrecken sich auch auf Pflanzen, die mit diesen Verfahren ausgewählt werden. Zudem werden auch Pflanzen mit nach dem Zufallsprinzip mutierten Genen beansprucht. Das Bündnis kritisierte schon seit Langem die umstrittene Praxis des EPA, Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere zu erteilen, obwohl im europäischen Patentrecht diese Patente auf „im Wesentlichen biologischen Verfahren zur Züchtung von Pflanzen oder Tieren“ untersagt sind. Im Juni 2017 hatte das EPA auf öffentlichen Druck hin ein Ende der Praxis angekündigt und 2020 wurde dies durch eine Entscheidung der großen Beschwerdekammer des EPA bestätigt (G3/19). Mit dem KWS-Maispatent erteilte das EPA jedoch auch nach Erlass der neuen Regel 28(2) im Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ) erneut ein Patent auf konventionell gezüchtete Pflanzen. „Patentierbar sind nur technische Erfindungen, nicht aber die genetische Vielfalt und das Saatgut konventionell gezüchteter Pflanzen! sagt Christoph Then für Keine Patente auf Saatgut!. „Das Patentamt verstößt mit solchen Patenten auf Saatgut gegen seine eigenen Rechtsgrundlagen.“

Der Zankapfel sind Patente, die auf zufälligen genetischen Veränderungen basieren, wie sie etwa durch UV-Strahlung bzw. Sonnenlicht ausgelöst werden, und die als technische Erfindung beansprucht werden. Das EPA setzt diese zufälligen Mutationen offensichtlich mit gentechnischen Veränderungen gleich. Im Einspruch legt „Keine Patente auf Saatgut!“ dar, warum diese Auslegung als nichtzutreffend erachtet wird. Zuletzt hatte sich auch der Bundesverband der Pflanzenzüchter (BDP) gegen Patente auf natürlicherweise vorkommende Genvarianten ausgesprochen. In Österreich soll das nationale Patentrecht so geändert werden, dass zufällige Mutationen nicht länger als technische Erfindungen beansprucht werden können. „Keine Patente auf Saatgut!“ fordert nun, dass auch der EPA-Verwaltungsrat, in dem Vertreter*innen der 39 Mitgliedsländer sitzen, eine korrekte Auslegung des europäischen Patentrechts sicherstellt. Mit dem Einspruch hofft das Bündnis, eine Klärung der rechtlichen Lage erwirken zu können, um die Vergabe solcher Patente zu stoppen. Andernfalls befürchten die Mitglieder eine Blockade der traditionellen Züchtung, da konventionelle Pflanzenzüchter*innen nicht mehr alle auf dem Markt befindliche Sorten nutzen könnten, um Sorten zu verbessern und zu vermarkten. Das Bündnis befürchtet, dass Züchter*innen eine Patentlizenz benötigen würden, um ihre eigenen Sorten zu vermarkten. „Mittelständische Zuchtunternehmen geraten in neue Abhängigkeiten und werden mit großen rechtlichen Unsicherheiten und erheblichen Kosten konfrontiert“, bemängelt Georg Janßen, Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) e.V.. „Unter diesen Bedingungen können nur die großen Konzerne überleben, die dann bestimmen was angebaut und geerntet wird. Das würde auch für die bäuerlichen Betriebe in Europa und den Ländern des globalen Südens erhebliche Auswirkungen haben.“

Bereits Anfang Dezember hatte „Keine Patente auf Saatgut!“ anlässlich der Jahreshauptversammlung der Firma KWS in Einbeck (Niedersachsen) protestiert, da KWS in den letzten Jahren vermehrt Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen angemeldet hatte. Die beanspruchten Eigenschaften betreffen wichtige züchterische Merkmale wie Resistenzen gegen Pflanzenkrankheiten, Viren und Pilzbefall, gegen Schädlinge wie Nematoden oder Toleranz gegen Klimaextreme. In einem Bericht zu den Patenten von KWS zeigte das Bündnis auf, welche Risiken derartige Patente für die Pflanzenzucht bergen. Behandelt wird zum Beispiel ein Patentantrag auf Zuckerrüben mit Resistenz gegen die Blattfleckenkrankheit, die zwar auch mithilfe von CRISPR/Cas (neue Gentechnik) erzielt wurde, die aber eben auch durch zufällige Mutationen entstanden ist. „Damit werden die technischen und rechtlichen Unterschiede zwischen Gentechnik und konventioneller Zucht gezielt und systematisch verwischt“, so der Bericht. „Die KWS sollte auch aus eigenem Interesse ihre Patente zurückziehen oder diese strikt auf gentechnische Verfahren begrenzen“, fordern die Autor*innen. „Anstatt das Patentrecht auf Bereiche auszuweiten, für die es nie gedacht war, sollte sich die KWS auf ihre Verantwortung für die Zukunft der Pflanzenzucht besinnen und sich auch aus ihrer Verantwortung gegenüber Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung für wirksame Verbote im Patentrecht einsetzen.“ (ab)

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