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20.11.2019 |

Lachgas-Emissionen steigen stärker als erwartet

Trecker
Studie: N₂O-Ausstoß im Aufwind (Foto: CC0)

Die weltweiten Lachgas-Emissionen steigen stärker als bisher angenommen und heizen den Klimawandel weiter an, warnt eine im Fachjournal „Nature Climate Change“ veröffentlichte Studie. Das internationale Forscherteam schreibt, dass sich der Ausstoß von Lachgas (N₂O), einem potenten Treibhausgas, stärker und schneller erhöht hat als vom Weltklimarat (IPCC) prognostiziert. Lachgas trägt wesentlich zur globalen Erwärmung bei, betonen die Autoren. Das Treibhausgas ist 265 Mal so klimawirksam wie Kohlenstoffdioxid und greift die Ozonschicht an. Die Konzentration von Lachgas in der Atmosphäre ist stetig von 290 Teilchen pro Milliarde Luftmoleküle (ppb) im Jahr 1940 auf gut 330 ppb im Jahr 2017 gestiegen. Dazu trug bei, dass seit Beginn des 20. Jahrhunderts mithilfe des Haber-Bosch-Verfahrens durch die Synthese von Ammoniak stickstoffhaltiger Kunstdünger industriell hergestellt werden konnte. „Die erhöhte Stickstoffverfügbarkeit ermöglichte es, viel mehr Lebensmittel zu produzieren“, erklärt Hauptautorin Rona Thompson vom Norwegischen Institut für Luftforschung (NILU). „Die Kehrseite davon sind natürlich die damit verbundenen Umweltprobleme, wie z.B. der Anstieg der N₂O-Konzentration in der Atmosphäre.“ Die Produktion von Stickstoffdünger, der weit verbreitete Anbau von stickstofffixierenden Pflanzen (wie Kleegras, Sojabohnen, Luzerne, Lupinen und Erdnüssen) sowie die Verbrennung von fossilen Brennstoffen und Biosprit habe zu einem starken Anstieg der N₂O-Emissionen geführt, heißt es in einer Pressemitteilung des Instituts.

Für die Studie werteten die Wissenschaftler Lachgas-Emissionen im Zeitraum 1998 bis 2016 aus. „Die durch menschliche Aktivitäten bedingten Lachgas-Emissionen werden normalerweise aus verschiedenen indirekten Quellen geschätzt. Dazu zählt die Berichterstattung einzelner Staaten, die weltweite Produktion von Stickstoffdünger, die Anbaufläche stickstofffixierender Kulturen und der Einsatz von Düngemitteln“, erläutern die Autoren in einem Artikel zur Studie auf ‚The Conversation‘. „Unsere Studie legt stattdessen die tatsächliche Lachgas-Konzentration in der Atmosphäre von Dutzenden von Messstationen auf der ganzen Welt zugrunde.“ Anhand verschiedener Modelle leiteten Thompson und ihr Team dann die für bestimmte Regionen zu erwartenden Emissionen ab. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass die N₂O- Emissionen zwischen 2000-2005 und 2010-2015 weltweit um 1,6 Millionen Tonnen Stickstoff pro Jahr zunahmen. Seit 2009 hat sich das Wachstum nochmals beschleunigt. Der Emissionsfaktor, also die pro ausgebrachter Menge Stickstoff freigesetzte Menge Lachgas, liegt der Studie zufolge weltweit bei 2,3%. Der Weltklimarat hingegen geht von 1,3% aus.

Der Studie zufolge ist vor allem die Landwirtschaft in Ostasien und Südamerika aktuell Haupttreiber des Anstiegs. „China und Brasilien sind die beiden Länder, die hervorstechen. Damit verbunden ist ein spektakulärer Anstieg des Einsatzes von Stickstoffdünger und der Anbau stickstoffbindender Kulturen wie Soja“, betonen die Autoren in dem Artikel. Gerade für diese zwei Länder sind die vom IPCC prognostizierten Lachgas-Emissionen deutlich geringer als die Werte, die die Wissenschaftler von der tatsächlichen Konzentration in der Atmosphäre ableiteten. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Reduzierung des Stickstoffdüngereinsatzes in Regionen, in denen bereits ein großer Stickstoffüberschuss besteht, zu einer überproportionalen Reduzierung der N₂O-Emissionen führen wird“, sagt Thompson. „Dies ist besonders relevant in Regionen wie Ostasien, wo Stickstoffdünger effizienter eingesetzt werden könnte, ohne dass sich die Erträge verringern würden.“

Die Autoren räumen ein, dass die Reduzierung der N₂O-Emissionen aus der Landwirtschaft angesichts der wachsenden Weltbevölkerung und der steigenden Nachfrage nach Lebensmitteln sowie biomassebasierten Produkte einschließlich Energie eine große Herausforderung darstellen wird. Sie betonen jedoch, dass alle Emissions-Szenarien, die mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens im Einklang stehen, nicht ohne eine Verringerung der Lachgasemissionen auskommen. Je nach Szenario müssten sie bis 2050 um zwischen 10% und 30% zurückgehen. „Das erfordert Veränderungen bei der menschlichen Ernährung und den landwirtschaftlichen Praktiken und letztlich eine verbesserte Stickstoffnutzung“, heißt es in der Studie. In den USA und in Europa waren die Emissionen in den letzten zwei Jahrzehnten relativ stabil. „In Europa und Nordamerika ist es uns gelungen, den Anstieg der Lachgasemissionen zu verringern“, sagte Co-Autor Eric Davidson von der University of Maryland. „Leider kann man für Asien und Südamerika nicht das Gleiche behaupten, wo der Düngereinsatz, die Intensivierung der Viehwirtschaft und die daraus resultierenden Lachgas-Emissionen stark zunehmen.“ Die gute Nachricht ist, dass das Problem lösbar sei. „Doch die weniger gute Nachricht ist, dass eine globale Anstrengung nötig ist, von der wir noch weit entfernt sind.“ (ab)

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