Nachrichten

28.12.2015 |

Studie: Rückgang der Wildbienen gefährdet die US-Agrarproduktion

Biene
Wildbienen werden seltener (Foto: Mick Talbot/Flickr.com)

Wildbienen sind in vielen landwirtschaftlichen Gebieten der Vereinigten Staaten von einem starken Rückgang betroffen, zeigt eine neue Studie. Dies könnte Landwirten erhebliche Kosten bescheren und die Lebensmittelproduktion in den USA aus dem Gleichgewicht bringen, warnte ein Team von Wissenschaftlern im Fachjournal Proceedings of the National Academy of Sciences. Die erste landesweite Karte der Wildbienenbestände zeigt, dass die Populationen in den USA zwischen 2008 und 2013 um 23% zurückgingen. Die Forscher identifizierten 139 Countys in den Hauptagrarregionen des Landes, in denen das Missverhältnis zwischen dem Bedarf an Bestäubungsleistungen und dem Rückgang der Wildbienenbestände besonders frappierend ist. Dies betrifft zum Beispiel Kalifornien, den Pazifischen Nordwesten der USA, den oberen Mittleren Westen und die Great Plains sowie Westtexas. „Vor dieser Studie gab es keine nationale Übersicht zur Lage der Wildbienen und deren Beitrag zur Bestäubung“, so Insu Koh, Wissenschaftler am Gund Institute for Ecological Economics der University of Vermont. Die Bestandsaufnahme erfasst 39% aller US-Anbauflächen, die auf Bestäubung angewiesen sind. In diesen Countys werden etwa Mandeln, Kürbisse, Wassermelonen, Pfirsiche und Äpfel angebaut, die stark von fleißigen Bestäubern abhängig sind. „Bei diesen Früchten ist die Wahrscheinlichkeit am höchsten, dass es zu Problemen mit der Bestäubung kommt, sei es durch höhere Kosten für gesteuerte Bestäubung oder instabile Erträge“, warnt Taylor Ricketts, Leiter des Gund Institute. Doch die Karte erfasst auch Anbaugebiete, die nicht so viel Bestäubung benötigen, da Soja, Raps und Baumwolle angebaut werden. Wildbienen, von denen es in den USA allein 4000 verschiedene Arten gibt, sind neben bewirtschafteten Honigbienen-Kolonien von großer Bedeutung für die Landwirtschaft und wild wachsende Pflanzen. Bestäuber schöpfen Schätzungen zufolge einen jährlichen Wert von 3 Milliarden US-Dollar für die US-Landwirtschaft. Doch Pestizide, der Klimawandel und Krankheiten machen den Bienen zu schaffen. Die neue Studie zeigt zudem, dass die Umwandlung natürlicher Lebensräume der Wildbienen zu Ackerland auch ein entscheidender Faktor sein könnte: In 11 Bundesstaaten mit sinkenden Bienenbeständen hat zwischen 2008 und 2013 die Fläche, die für den Anbau von Mais der Bewirtschaftung zugeführt wurde, um 200% zugenommen. Dadurch wurden Wiesen und Weiden umgewandelt, die Wildbienen zuvor als Lebensraum dienten. Für die Zerstörung dieser natürlichen Habitate machen die Autoren die steigende Nachfrage nach Mais für die Produktion von Biosprit verantwortlich. „Durch das Aufzeigen der Regionen mit Habitatsverlusten für Wildbienen können Regierungsbehörden und private Institutionen ihre Anstrengungen auf die Unterstützung dieser wichtigen Bestäuber sowie nachhaltigerer Agrar- und Naturlandschaften konzentrieren“, so Rufus Isaacs, einer der Autoren der Studie. (ab)

23.12.2015 |

FiBL: Lebensmittel statt Kraftfutter vom Acker für eine nachhaltige Welternährung

Cow
Gras statt Kraftfutter (Foto: Wouter de Bruijn/Flickr.com)

Eine Abkehr vom Futtermittelanbau auf Ackerland würde Platz für den Anbau von Lebensmitteln für die menschliche Ernährung schaffen und sich positiv auf die Umwelt auswirken. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie des Forschungsinstitutes für biologischen Landbau (FiBL), die in der Fachzeitschrift „Interface“ der Royal Society erschienen ist. Würden Tiere Gras von Weideflächen und Abfallprodukte aus der Lebensmittelerzeugung fressen statt Weizen, Mais und Soja vom Acker, nähme die Konkurrenz zwischen Futter- und Nahrungsmittelproduktion ab und eine wachsende Weltbevölkerung von 10 Milliarden Menschen könnte auch im Jahr 2050 nachhaltig ernährt werden, schreiben die Forscher. Aktuell wird ein Drittel der Ackerfläche dafür genutzt, um Tierfutter herzustellen; über ein Drittel der globalen Getreideernte landet in Futtertrögen. Diese Umwandlung von pflanzlichen zu tierischen Kalorien geht mit großen Verlusten einher. Seit Jahren wird die Verbindung zwischen dem Fleischkonsum und durch die Landwirtschaft verursachte Umweltschäden heiß diskutiert, so das FiBL in seiner Pressemitteilung. Studien zum Thema Effizienz und Futterverwertung kämen häufig zu der Schlussfolgerung, dass die Tierhaltung weiter intensiviert werden muss, was zur Folge hätte, dass noch mehr energiereiches Kraftfutter auf den Äckern produziert werden würde. Suffizienzstrategien hingegen fordern eine Reduzierung des Fleischkonsums, erläutern die Autoren. Doch das FiBL analysiert mit der Option des Verzichts auf Futtermittel vom Feld einen dritten Weg, der diese Strategien ergänzen könne. Zusammen mit der Welternährungsorganisation FAO, der Alpen-Adria Universität in Wien und der Universität Aberdeen erstellten die Forscher ein globales Modellsystem, mit dem verschiedene Szenarien berechnet werden können, die die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln und die Umweltauswirkungen der Nahrungsmittelproduktion einbeziehen. So stützen die Modellrechnungen die Prognosen der Welternährungsorganisation, dass die negativen Umweltwirkungen der Landwirtschaft bis zum Jahr 2050 weiterhin zunehmen werden, wenn sich nicht bald etwas ändert. Ein wichtiger Faktor stelle die Intensivierung der Nutztierhaltung dar. Dadurch, dass das sowieso schon knappe Ackerland immer intensiver für die Futtermittelproduktion genutzt werde, trete der Anbau von Kraftfutter in direkte Konkurrenz mit Nahrungsmitteln zur menschlichen Ernährung. Würde jedoch vollkommen auf die Futtermittelproduktion auf Ackerland verzichtet werden, könnte deutlich mehr pflanzliche Nahrung produziert werden. Im Gegenzug würde sich der Anteil tierischer Produkte an der menschlichen Ernährung bis 2050 global etwa halbieren, vor allem das Angebot an Schweinefleisch, Geflügel und Eiern ginge stark zurück. Das hätte auch gleichzeitig weitere positive Effekte wie die Schonung der Umwelt, eine Abnahme der Treibhausgasemissionen und des Stickstoffüberschusses sowie eine Verringerung des Pestizid- und Wassereinsatzes. (L)

21.12.2015 |

Nachhaltigkeitsbericht: Deutschland hat Nachholbedarf bei Natur- und Artenschutz

Dünger
Oft im Überschuss (Foto: ChesapeakeBayProgram/Flickr)

Deutschland muss sich gewaltig anstrengen, um die Hauptziele der Nachhaltigkeitsstrategie noch zu erreichen - vor allem im Bereich Landwirtschaft besteht Nachholbedarf. Das zeigt die Bundestagsdebatte vom 18. Dezember, die den Bericht des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung zum Gegenstand hatte. Dieser stellt Deutschland ein schlechtes Zeugnis in puncto Nachhaltigkeit aus: „Der Indikatorenbericht 2014 des Statistischen Bundesamtes zeigt, dass wesentliche Ziele der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie noch nicht erreicht sind und ihre Umsetzung bis 2020 unsicher oder nahezu unmöglich ist.“ Der SPD-Abgeordnete Carsten Träger wies am Freitag besonders auf Handlungsbedarf im Natur- und Artenschutz hin. Zwar gebe es in Deutschland eine Biodiversitätsstrategie, um die Belange der Landwirtschaft und des Artenschutzes zu stärken, doch werde Biodiversitätspolitik nicht als Querschnittsaufgabe verstanden. Der aktuelle Nachhaltigkeitsbericht nennt als eine wichtige Ursache für den Rückgang der Artenvielfalt die „intensive land- und forstwirtschaftliche Nutzung“. Der Stickstoffüberschuss habe „nachteilige Auswirkungen u.a. auf das Grund- und Trinkwasser sowie die Luft- und Bodenqualität.“ Deutschland könne die Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie nicht einhalten. Obwohl die Überschüsse seit 1990 von 148 auf 95 Kilogramm/Hektar in 2013 gesenkt wurden, lägen sie weit über dem Zielwert von 80 kg/ha. Regionale Stickstoffüberschüsse seien „die Folge von intensiver Tierhaltung und der zunehmenden geografischen Trennung zwischen Anbau von Nutzpflanzen und der Haltung von Tieren.“ Carsten Träger plädierte für die Schaffung eines Konsumindikators. „Der Preis muss die Wahrheit sagen“, man müsse „sich bei billigem Fleisch fragen, ob dies auch ohne oder mit veränderten Subventionen – etwa zur Unterstützung des Naturschutzes – zu produzieren wäre.“ Dem Nachhaltigkeitsbericht zufolge bringt der ökologische Landbau Vorteile für Ressourcen- und Klimaschonung, Artenvielfalt und Luftqualität, doch die Zunahme der Flächeanteile stocke. Die Steigerungsraten seien zu marginal, um das Ziel der Bundesregierung, die Ökofläche auf 20% zu steigern, in absehbarer Zeit zu erreichen. Der hohe Import von ökologisch erzeugten Lebensmitteln zeuge davon, dass Deutschland hier Potenzial verschenke und anderen Ländern hinterherhinke: Beim Anteil der Ökofläche war Österreich 2012 Spitzenreiter in der EU, gefolgt von Schweden, Estland und Tschechien. Als Hürde für den Ökolandbau in Deutschland nennt der Bericht zudem die Konkurrenz um Pachtflächen für den Anbau von Energiepflanzen einerseits und die Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln andererseits. Dr. Valerie Wilms von den Grünen ist optimistisch, dass die Nachhaltigkeitspolitik mit der Verabschiedung der 17 UN-Entwicklungsziele (SDGs) und dem Klimavertrag von Paris neuen Schwung, bekomme. Beide Verträge bedeuteten aber auch vermehrte Umsetzungsanstrengungen: „Da fehlt noch viel.“ Die Bundesregierung, so ihre Forderung, solle nicht nur „im Bordrestaurant des in die richtige Richtung fahrenden Zuges sitzen, sondern mitsteuern“. (ab)

18.12.2015 |

EU-Parlament fordert Aus für Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen

Paprika
Keine Patente auf Paprika (Foto: Joe Shlabotnik/Flickr)

Das Europäische Parlament hat am Donnerstag erneut der Patentierung von Pflanzen und Tieren aus konventioneller Züchtung eine Absage erteilt. Mit einer deutlichen Mehrheit von 413 Stimmen bei 86 Gegenstimmen und 28 Enthaltungen forderten die Abgeordneten in einer nichtlegislativen Entschließung das Aus für Patente auf Leben. „Ein Verbot von Patenten auf Pflanzenerzeugnissen, die aus konventionellen Zuchtverfahren hervorgegangen sind, wie beispielsweise die Kreuzung, ist für die Förderung von Innovation und die Entwicklung neuer Sorten unbedingt notwendig. Zudem werde damit weltweit für Ernährungssicherheit gesorgt“, ließ das Parlament in einer Pressemitteilung verlauten. Hintergrund ist die umstrittene Grundsatzentscheidung der großen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts (EPA) vom März: Ausgehend von Patenten auf Tomate und Brokkoli wurde festgelegt, dass grundsätzlich „biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen“ nicht patentierbar sind, allerdings jedoch die daraus entstandenen Pflanzen und Früchte. Das EPA erntet seit Jahren herbe Kritik, da seine Vergabepraxis gegen geltende Patentgesetze verstößt. Erst kürzlich erteilte es dem Schweizer Agrarriesen Syngenta Patente auf eine samenlose Paprika und eine Tomate mit besonders vielen gesundheitsförderlichen Flavonolen. Die Abgeordneten fordern die EU-Kommission nun dazu auf, für Klarheit bei den EU-Regelungen über Patente zu sorgen und sicherzustellen, dass Pflanzenzüchter weiterhin Zugang zu biologischem Material haben. Pflanzenzucht sei ein innovativer Prozess, „der seit der Entstehung der Landwirtschaft von Landwirten und bäuerlichen Gemeinschaften (...) angewandt wird.“ Der Zugang zu biologischem Pflanzenmaterial sei für die Entwicklung neuer Sorten unabdingbar, „damit weltweit für Ernährungssicherheit gesorgt, der Klimawandel eingedämmt und Monopolstellungen von Züchtungsunternehmen entgegengewirkt“ werde. Es handelt sich bereits um die zweite Rüge des Parlaments: Schon im Mai 2012 hatten die Abgeordneten vom EPA verlangt, alle Erzeugnisse aus konventioneller Zucht und alle herkömmlichen Zuchtverfahren von der Patentierbarkeit auszuschließen. Keine Patent auf Saatgut!, eine internationale Koalition zivilgesellschaftlicher Organisationen, begrüßte das Signal: „Diese Resolution stützt die Forderungen vieler Nichtregierungsorganisationen, die fordern, Patente auf Züchtungsverfahren, Züchtungsmaterial, Züchtungsmerkmale, Gene sowie auf Pflanzen und Tiere und von diesen gewonnene Lebensmittel zu verbieten“, kommentierte Christoph Then für das Bündnis. „Nun müssen die EU-Kommission und die Regierungen der Mitgliedsländer dafür sorgen, dass das EPA diese Forderungen auch umsetzt.“ (ab)

16.12.2015 |

TTIP untergräbt Fairen Handel, Entwicklungsländer gehören zu Verlierern

Schiff
TTIP versus Fairer Handel (Foto: Louis Vest/Flickr.com)

Das geplante Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA wird den Fairen Handel erschweren und Nachteile für Entwicklungs- und Schwellenländer bringen. Davor warnt das „Forum Fairer Handel“ in einem Positionspapier, das die Auswirkungen von TTIP auf die Länder des globalen Südens und in Bezug auf gerechte Rahmenbedingungen des Welthandels unter die Lupe nimmt. „Es ist offensichtlich, dass TTIP Bestrebungen hin zu einem fairen Welthandel untergräbt“, lautet das Fazit von Manuel Blendin, Geschäftsführer des Forum Fairer Handel, ein bundesweites Netzwerk des Fairen Handels. „Wir wollen eine andere Handelspolitik jetzt: demokratisch, transparent und fair.“ Das Papier nennt drei Hauptprobleme in Bezug auf die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft. Erstens bestehe die Gefahr, dass die sogenannten Entwicklungsländer durch Handelsumlenkungen zu Verlierern des Deals werden. „TTIP ist ein Präferenzabkommen, das offensichtlich auf dem Rücken der Entwicklungs- und Schwellenländer ausgetragen wird. Durch den Zollabbau für den Handel mit Agrarprodukten zwischen der EU und den USA sowie durch die Umleitung der Handelsströme auf beide Wirtschaftsräume befürchten wir einen Verdrängungs- wettbewerb zu Lasten von Exportländern des Südens“, betont Blendin. Das Papier zitiert eine Studie der Bertelsmann Stiftung, die eine Verminderung des realen Pro-Kopf-Einkommens für viele afrikanische Länder von 2-5% berechnete. Doch auch Schwellenländer wie Brasilien wären betroffen: Zum Beispiel sei Fruchtsaft aus den USA bisher mit Zöllen in Höhe von 18% belegt – bei einem Wegfall der Zölle hätte Fruchtsaftproduzenten aus Brasilien das Nachsehen. Zahlreiche Studien zum Freihandelsabkommen NAFTA zwischen den USA, Kanada und Mexiko hätten zudem gezeigt, dass Mexiko als das wirtschaftlich schwächste Land die höchsten Anpassungskosten zu tragen hatte und viele Kleinbauern in den Ruin getrieben wurden. Zweitens berge TTIP die Gefahr, eine faire öffentliche Auftragsvergabe nach sozialen und ökologischen Kriterien, vor allem durch die umstrittenen Schiedsgerichte, zu behindern. Städte und Gemeinden, die in Ausschreibungen die Beachtung von Arbeitnehmerrechten festschreiben, liefen in Gefahr, wegen Wettbewerbsverzerrung verklagt zu werden. Als dritten Kritikpunkt nennt das Papier die intransparenten Verhandlungen. Handelspolitik müsse demokratisch und global gestaltet werden durch die Beteiligung der Betroffenen, also von Kleinbauern, Arbeitern und zivilgesellschaftlichen Bewegungen – auch im Globalen Süden. Das Forum Fairer Handel unterstützt daher das „Alternative Handelsmandat“, welches darauf abzielt, dass die Handelspolitik der EU einen Beitrag zum wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Wohlstand auf globaler Ebene leistet. Notwendig sei auch die Förderung einer bäuerlichen, umweltgerechten Landwirtschaft im Sinne der Ergebnisse des Weltagrarberichtes. (ab)

14.12.2015 |

Weltklimavertrag in Paris verabschiedet, Landwirtschaft bleibt außen vor

Dry
Ausgetrocknetes Flussbett (Foto: mwwile/Flickr.com)

Der Weltklimavertrag steht: Am Samstag einigten sich die 196 Staaten nach langen Verhandlungen auf das Paris-Abkommen. Der Vertrag greift ab 2020, wenn das Kyoto-Protokoll ausläuft. Ziel ist es, die Erderwärmung „deutlich unter zwei Grad Celsius“ zu halten, doch alle Anstrengungen sollen fortgesetzt werden, den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen. Der CO2-Ausstoß soll „baldmöglichst“ den Höhepunkt erreichen, heißt es schwammig. Ab 2050 soll er rasch auf null gesenkt werden, um einen Ausgleich zu schaffen zwischen den Treibhausgas-Emissionen und dem, was die Erde durch CO2-Senken aufnehmen kann. Den Industrieländern kommt die Hauptrolle zu, doch Entwicklungsländer werden ermutigt, ihre Bemühungen zu verstärken. Alle Staaten sind gehalten, im Abstand von fünf Jahren Pläne vorlegen, wie sie ihre Klimaziele erreichen wollen. Zur Kasse gebeten werden vor allem die reichen Staaten: Sie müssen für den Klimaschutz in Entwicklungsländern ab 2020 jährlich mindestens 100 Milliarden Dollar lockermachen. Dieser Absatz wurde in letzter Minute vom rechtlich bindenden in den unverbindlicheren zweiten Teil des Beschlusses verschoben, damit der US-Kongress den Text nicht absegnen muss. Während Staats- und Regierungschefs von einem historischen Abkommen und „Wendepunkt für die Welt“ sprachen, begrüßten Nichtregierungsorganisation zwar die Einigung, mahnten aber Defizite an. Der Klimavertrag habe zwar Fortschritte auf dem Weg zu besserem Klimaschutz gebracht, bleibe aber in wichtigen Punkten hinter den Notwendigkeiten zurück, kritisierte die Entwicklungsorganisation Oxfam: „Weder haben die Länder in Paris verabredet, ihre schwachen Klimaschutzziele nachzubessern, noch enthält das Abkommen robuste Verpflichtungen für die reichen Länder zur Unterstützung der armen Länder bei der Anpassung an die klimatischen Veränderungen,“ so Oxfam-Klimaexperte Jan Kowalzig. Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz zeigte sich angesichts der Diskrepanz zwischen dem in Paris vereinbarten Temperaturziel und der tatsächlichen Klimapolitik der Staaten skeptisch. „Das Paris-Abkommen befreit die Welt nicht von ihrer Abhängigkeit von Kohle, Öl und Gas“, monierte BUND-Vorsitzender Hubert Weiger. Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) zeigte sich entsetzt, dass die Landwirtschaft bei den Verhandlungen und im Klimavertrag offenbar keine Rolle spielte: „Erstens ist die Landwirtschaft prominentes Opfer der globalen Erwärmung. Wie jetzt in Syrien führt der Klimawandel zu Ernteausfällen und wird so zum Auslöser für Konflikte und Migration. Zweitens ist die Landwirtschaft mit einem Drittel der Treibhausgaserzeugung gleichzeitig Klima-Täter. Und durch das Potential gesunder Böden, Kohlenstoff zu binden, könnte eine klimafreundliche Landwirtschaft drittens auch zur Lösung der Klimakrise beitragen - wenn die Zerstörung fruchtbarer Böden gestoppt und stattdessen Humus aufgebaut wird“, betonte BÖLW-Vorsitzender Dr. Felix Prinz zu Löwenstein. Der Weltklimavertrag wird im April 2016 in New York offiziell unterzeichnet und tritt in Kraft, sobald 55 Staaten verbindlich zustimmen, die mindestens 55 Prozent des globalen Treibhausgasausstoßes ausmachen. (ab)

09.12.2015 |

EPA bestätigt Patent auf konventionell gezüchtete Schrumpeltomate

Tomate
Verschrumpelte Tomaten (Foto: Tame Alien/Flickr.com)

Das Europäische Patentamt (EPA) hält am umstrittenen Patent auf die konventionell gezüchtete „Schrumpeltomate“ fest: Am Dienstag bestätigte die Technische Beschwerdekammer das vor über einem Jahrzehnt vom israelischen Landwirtschaftsministerium beantragte Patent EP1211926 mit verändertem Wortlaut. Patentiert wurde eine Tomate aus traditioneller Züchtung, die weniger Wasser enthält und sich daher besser zu Ketchup verarbeiten lässt. Die Frucht verbleibt „über den Punkt des normalen Reifens hinaus am Stängel“ und aufgrund der natürlichen Dehydratisierung schrumpelt die Haut der Tomate, ohne dass sie verdirbt, ist dem Antrag zu entnehmen. Das Patent umfasst nun jedoch nicht das Züchtungsverfahren. Das EPA erntet seit Jahren herbe Kritik, da seine Vergabepraxis gegen geltende Patentgesetze verstößt. Artikel 53 (b) des Europäischen Patentübereinkommens verbietet Patente auf Pflanzensorten sowie auf „im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen und Tieren“, bei denen keine Gentechnik zum Einsatz kam. Doch das EPA erteilt munter weiter Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen. So erhielt der Schweizer Agrarriese Syngenta kürzlich Patente auf eine samenlose Paprika und eine Tomate mit besonders vielen gesundheitsförderlichen Flavonolen. Im März fällte die Große Beschwerdekammer des EPA eine viel kritisierte Grundsatzentscheidung über die Auslegung der Patentgesetze: Während Verfahren der konventionellen Züchtung nicht patentierbar seien, sollen Pflanzen und Tiere, die aus dieser Züchtung stammen, patentiert werden können. „Die Politik muss jetzt beweisen, dass sie sich gegen die Patentmafia durchsetzen kann“, kommentierte Christoph Then für das Bündnis „Keine Patente auf Saatgut!“, das von hunderten Organisationen unterstützt wird. „An diesen Patenten verdienen das Europäische Patentamt, Anwälte und Konzerne – die Folgen aber betreffen die ganze Gesellschaft.“ Ein am Montag vorgestellter Bericht des Bündnisses beleuchtet das Ausmaß der Vergabepraxis und zeigt der Politik Handlungsoptionen auf, um die bestehenden Verbote wieder in Kraft zu setzen. In der Pflicht sehen die Organisationen die Bundesregierung, die sich im Koalitionsvertrag zu einer europaweiten Initiative gegen Patente auf konventionelle Züchtung verpflichtet hat, und allen voran der zuständige Justizminister Heiko Maas. „Etwa 120 Patente auf konventionelle Züchtung hat das EPA schon bewilligt. Diese Patente betreffen die Züchtungsmerkmale von etwa tausend Gemüsesorten“, kritisiert Ruth Tippe, Mitautorin des Berichts. Diese Patente sind oft weitreichend und erstrecken sich über die gesamte Kette der Lebensmittelerzeugung, vom Acker bis zum Verbraucher. Johann Zacherl von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft sieht die Wahlfreiheit der Bauern bedroht: „Damit steigt die Abhängigkeit von den Agrarkonzernen. Es darf nicht sein, dass Konzerngewinne in unserer Gesellschaft den Vorrang vor der Sicherung unserer Lebensmittelerzeugung bekommen.“ Auch Sophia Guttenberger vom Umweltinstitut München sieht das so: „Biopatente führen zu steigenden Preisen, vom Saatgut bis zum Lebensmittel, und tragen zu einer weiteren Marktkonzentration im Saatgutbereich bei.“ (ab)

07.12.2015 |

UN-Bericht: Weltweite Bodendegradation kann aufgehalten werden

Boden
Terrassen helfen gegen Erosion (Foto: Georgina Smith/CIAT)

Der Zustand der Böden weltweit verschlechtert sich aufgrund von Bodenerosion und anderen Bedrohungen - doch es gibt Auswege, um die Grundlage unserer Ernährung zu bewahren. Das verkündet ein neuer UN-Bericht, der im Vorfeld des Weltbodentags am 5. Dezember veröffentlicht wurde, mit dem das Internationale Jahr des Bodens 2015 zu Ende geht. Das 650 Seiten starken Werk fasst die Erkenntnisse von 200 Bodenexperten aus 60 Ländern zusammen. Demnach sind die meisten Böden in einem schlechten oder sehr schlechten Zustand und die Lage spitzt sich weiter zu. Die Welternährungsorganisation FAO schätzt, dass etwa 33% aller Böden bereits degradiert sind – durch Bodenerosion, Versalzung, Verdichtung, Versauerung und chemische Verschmutzung. Das hat fatale Folgen, denn Böden sind die Basis der Lebensmittelproduktion, filtern und säubern jedes Jahr zehntausende Kubikkilometer Wasser und speichern Kohlenstoff im Boden, womit sie einen großen Beitrag zur Regulierung von Treibhausgasemissionen leisten. „Ein weiterer Verlust produktiver Böden würde die Lebensmittelproduktion und Ernährungssicherheit erheblich gefährden, Schwankungen bei den Lebensmittelpreisen verstärken und möglicherweise Millionen Menschen in Hunger und Armut stürzen“, schreibt FAO-Generaldirektor José Graziano da Silva in seinem Vorwort. Als Hauptursachen für den Verlust fruchtbarer Böden benennen die Autoren Bevölkerungswachstum, Verstädterung und Klimawandel: Zur Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung wurden Böden für den Ackerbau oder das Weiden von Tieren ihrer natürlichen Vegetation beraubt. Die Ausbreitung der Städte hat zur dauerhaften Versiegelung von Flächen geführt. Höhere Temperaturen und extreme Wetterereignisse infolge des Klimawandels wirken sich negativ auf die Bodenfruchtbarkeit aus, indem sie Feuchtigkeit entziehen oder nährstoffreichen Oberboden abtragen. Der Bericht beleuchtet zehn Gefahren für Bodenfunktionen genauer: Bodenerosion, Versauerung, der Verlust organisch gebundenen Kohlenstoffs, Nährstoffungleichgewichte, Verdichtung, Kontamination, Staunässe, Versiegelung, Versalzung und Biodiversitätsverlust. Geschätzte 760.000 Quadratkilometer sind weltweit von Versalzung betroffen – ein Gebiet größer als die Ackerfläche Brasiliens. Bodenerosion trägt jährlich etwa 25-40 Milliarden Tonnen Oberboden ab und mindert so Erträge sowie die Fähigkeit des Bodens, Kohlenstoff, Nährstoffe und Wasser zu speichern. Doch zielgerichtete Maßnahmen können den Verlust wichtiger Bodenfunktionen aufhalten, schreibt die FAO. Bodenerosion kann durch die Aufgabe oder Verringerung der Bodenbearbeitung vermieden werden, aber auch durch die Verwendung von Ernteresten zum Schutz der Oberfläche vor Wind- und Wassererosion. Mit Ernteresten und anderem organischen Material, der Ausweitung von Fruchtfolgen und dem Anbau stickstoffbindender Leguminosen können dem Boden Nährstoffe wieder zugeführt und Erträge erhöht werden. Wenn alle Beteiligten von der Regierung bis zum Kleinbauer sich für ein nachhaltiges Bodenmanagement einsetzen, kann der Zustand der Böden verbessert werden, betont die FAO zuversichtlich. (ab)

02.12.2015 |

Höfesterben in der EU: 27,5% der Landwirtschaftsbetriebe gaben seit 2003 auf

Farm
Tschechische Republik: Farm (Foto: MartinSojka/Flickr)

In der EU haben zwischen 2003 und 2013 mehr als ein Viertel aller Höfe aufgegeben, während die durchschnittliche Betriebsgröße um 38% zunahm. Das zeigen die ersten Ergebnisse der letzten EU-Betriebsstrukturerhebung, die Eurostat, das statistische Amt der Europäischen Union, Ende November veröffentlichte. Demnach gab es 2013 rund 10,8 Millionen landwirtschaftliche Betriebe in der EU, die insgesamt 174,6 Millionen Hektar Boden bewirtschafteten (landwirtschaftlich genutzte Fläche). Da die Fläche im Zeitraum 2003-2013 fast gleich blieb, ist das Schwinden der Höfe ein deutliches Anzeichen für den fortschreitenden Strukturwandel in der Landwirtschaft und die zunehmende Konzentration von Ackerland in der EU, schreibt die Statistikbehörde. Seit 2003 verschwanden in der EU rund 4 Millionen Höfe, ein Rückgang um rund 27,5%. Die Zahl der Betriebe war in allen Mitgliedstaaten rückläufig, nur Irland verzeichnete ein leichtes Plus von 2,9%. In dem Zehnjahreszeitraum sank die Betriebszahl hingegen in der Slowakei um satte 67,1% und in Bulgarien um 61,8%. Eine stark schwindende Betriebszahl war auch in Italien (-48,6%), Estland (-47,9%), der Tschechischen Republik (-42,6%), Litauen (-36,9%), Ungarn (-36,5%), Lettland (-35,4%), Polen (-34,2%) und dem Vereinigten Königreich (-34,0%) festzustellen. Den höchsten Anteil an der landwirtschaftlichen Nutzfläche in der EU haben Frankreich und Spanien, die zusammen 30% der Fläche auf sich vereinen. Auf das Vereinigte Königreich entfällt 9,9% der landwirtschaftlich genutzten Fläche, gefolgt von Deutschland mit 9,6%. Die durchschnittliche Betriebsgröße wuchs von 11,7 Hektar im Jahr 2003 auf 16,1 Hektar im Jahr 2013. Die größten Höfe sind mit 133 Hektar in der Tschechischen Republik und im Vereinigten Königreich mit 93,6 Hektar zu finden, gefolgt von der Slowakei (80,7 ha), Dänemark (67,5 ha), Luxemburg (63,0 ha), Frankreich (58,7 ha) und Deutschland (58,6 ha). In der Slowakei wuchsen die Höfe in nur einem Jahrzehnt um 170%, in der Tschechischen Republik um 68% und in Deutschland immerhin um 42%. Vergleichsweise winzig hingegen sind die landwirtschaftlichen Betriebe in Malta (1,2 ha), Zypern (3,1 ha) und Rumänien (3,6 ha). Die Erhebung zeigt auch, dass die europäischen Bauern im älter werden. Bei fast 3,5 Millionen (31,1%) der Betriebe in der EU war die Leitung mindestens 65 Jahre alt und bei weiteren 2,6 Millionen (24,7%) im Alter von 55 bis 64. Nur 6% der Höfe waren in der Hand von jungen Bauern unter 35 Jahre. (ab)

01.12.2015 |

Kohlenstoffspeicher Boden - mit regenerativer Landwirtschaft den Klimawandel bremsen

SOil
Boden - ein Speicher (NRCS Soil Health/Flickr.com)

Bei der Begrenzung des Klimawandels spielt es eine entscheidende Rolle, welche Art der Landwirtschaft betrieben wird. „Wer den Klimawandel bremsen will, muss Landwirtschaft auf regenerative Systeme umbauen“, fordert Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) anlässlich der am Montag in Paris eröffneten Weltklimakonferenz. Dort werden die 195 Staaten der UN-Klimarahmenkonvention noch bis 11. Dezember um ein neues rechtlich bindendes Klimaabkommen ringen, um die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, denn das Kyoto-Protokoll läuft 2020 aus. Wenn man die fatalen Wirkungen des Klimawandels wie Dürren oder Überschwemmungen bekämpfen wolle, genüge es nicht, Emissionen aus der Landwirtschaft zu reduzieren, betont der Ökoverband in einer Pressemitteilung. Nur wenn es gelinge, schädliche Treibhausgas-Emissionen aus der Atmosphäre zu holen und in den Böden zu speichern, würden Klimaziele erreicht und lebenswichtige Ressourcen erhalten. Statt der von der Agrarindustrie propagierten „Climate Smart Agriculture“, die lediglich „eine neue Verpackung für dasselbe System der industriellen Landwirtschaft“ sei, das die aktuellen Probleme verursacht hat, sieht Löwenstein die regenerative Landwirtschaft als Ausweg. Wie diese Landwirtschaft funktioniert, hat Íñigo Alvarez de Toledo von Ideaa Regeneration Systems in einer Studie aufgezeigt. Demnach liegt der Schlüssel zur Kohlenstoffspeicherung in lebendigen Böden: „Auf den Humus kommt es an“, so der spanische Landwirtschaftsberater. Dieser entstehe, wenn organisches Material von Bodenorganismen abgebaut wird. „Je größer der Humusanteil im Boden, desto mehr Kohlenstoff kann im Boden festgesetzt und dort für Jahrtausende gespeichert werden.“ Doch Humusböden leisten nicht nur wertvolle Dienste fürs Klima: Mehr Humus bedeutet auch mehr Nährstoffe, eine bessere Wasseraufnahme und eine hohe Wasserbindungsfähigkeit – der Grundstein für stabile Erträge sowie Schutz vor Trockenheit, Überschwemmungen und Erosion. Der Ökolandbau trage entscheidend zum Aufbau von Humus und Bodenfruchtbarkeit bei – die Politik stehe daher in der Pflicht, gezielt regenerative Anbaumethoden zu unterstützen, indem Forschungsgelder und Agrarfördermittel dem Ökolandbau zugute kommen. „Wir haben die Wahl“, betont auch Benny Haerlin von der Zukunftsstiftung Landwirtschaft und Regeneration International. „Wir können Täter bleiben und weiter eine Landwirtschaft betreiben, die 30% aller klimaschädlichen Emissionen verursacht. Oder wir setzen zukünftig auf regenerative Bewirtschaftungsformen, die effizient, schnell, einfach, erschwinglich und hoch produktiv den Kohlenstoff in den Boden zurückbringen, wo er fehlt und gleichzeitig den CO2-Überschuss aus der Atmosphäre und den Weltmeeren entfernen.“ (ab)

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