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27.04.2018 |

EU verbietet bienenschädliche Neonicotinoide auf dem Acker

Anflug
Fleißiger Bestäuber bei der Arbeit (Foto: CC0)

Die EU will den Einsatz von bienenschädlichen Neonicotinoiden im Freiland untersagen: Am Freitag sprach sich der zuständige Ausschuss in Brüssel mit einer qualifizierten Mehrheit für ein Verbot der drei Wirkstoffe Clothianidin, Thiamethoxam und Imidacloprid aus. „Die Gesundheit der Bienen bleibt für mich von größter Bedeutung, weil sie Artenvielfalt, Lebensmittelproduktion und Umwelt betrifft“, teilte EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis mit. „Die Kommission hat diese Maßnahmen vor Monaten auf Basis wissenschaftlicher Ratschläge der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) vorgeschlagen.“ Nun stimmte der Ständige Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel zu. Die Neonicotinoide dürfen damit künftig im Freien weder in Form von Saatgutbehandlung noch als Spritzmittel verwendet werden. Erlaubt bleibt hingegen der Gebrauch in Gewächshäusern. Auch Deutschland votierte für ein Verbot. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner sagte, heute sei ein guter Tag für den Schutz der Bienen in Deutschland und in Europa. „Ich freue mich, dass die Mehrheit der Mitgliedstaaten diesen Schritt zu mehr Bienenschutz mit uns gemeinsam gegangen ist. Bienen sind systemrelevant – auch für den Erhalt unserer Landwirtschaft.“

Umweltschützer begrüßten die Entscheidung, betonten aber auch, dass allein ein Verbot dieser drei Wirkstoffe nicht ausreichend sei. Franziska Achterberg, verantwortlich für EU-Lebensmittelpolitik bei Greenpeace Europa, sagte: „Das sind großartige Nachrichten für Bestäuber und unsere Umwelt, aber es stand nie zur Frage, dass diese Neonicotinoide verschwinden müssen. Nun muss die EU sicherstellen, dass sie nicht einfach mit anderen gefährlichen Ackergiften ersetzt werden.” Doch genau diese Gefahr besteht. Der Deutsche Bauernverband, der das Verbot nicht gerade bejubelte, forderte raschen Ersatz: „Wenn wir jetzt eine effektive Wirkstoffgruppe verlieren, um unsere Pflanzen vor Schädlingen zu schützen, ist es eine echte Herausforderung, Alternativen zu entwickeln und neue Produkte schnell zur Zulassung zu bringen. Um Qualität und Erträge abzusichern, brauchen wir Pflanzenschutzmittel. Ohne die geht es nicht!“, sagte Präsident Joachim Rukwied. Das sieht Jan Plagge, Präsident des Anbauverbands Bioland, ganz anders: „Die Kritik, dass den Landwirten durch ein Verbot Alternativen fehlen und dadurch Verluste drohen, ist nicht haltbar. Der ökologische Landbau macht vor, dass es auch ohne Neonicotinoide geht: Ausgeklügelte Fruchtfolgen statt Monokulturen sowie die Förderung von Nützlingen sind Teil eines Systems, das ohne chemisch-synthetische Pestizide erfolgreich wirtschaftet und die Artenvielfalt erhält.“

Schon 2013 hatte die EU den Einsatz der drei Wirkstoffe stark eingeschränkt. Ende Februar veröffentlichte die EFSA eine Aktualisierung ihrer Risikobewertung, die zum Ergebnis kam, dass die Mehrzahl der Anwendungen von Neonikotinoid-haltigen Pestiziden ein Risiko für Wild- und Honigbienen darstelle. „Es gibt umfangreiche Belege aus Labor- und Feldstudien dafür, dass Neonicotinoide Bienen schaden und es mehren sich die Hinweise darauf, dass sie auch für den Rückgang von Schmetterlingen, Wasserinsekten und insektenfressenden Vögeln verantwortlich sind“, sagte der britische Insektenexperte Dave Goulson, Professor für Biologie an der University of Sussex. „Die Entscheidung der EU war eine logische Folge, die sich auf eine großangelegte EFSA-Auswertung wissenschaftlicher Nachweise stützte, die 1.500 wissenschaftliche Studien einbezog.“ Doch auch er fürchtet, dass das Verbot wirkungslos bleiben wird, wenn statt der nun verbotenen Neonicotinoide einfach andere neue Wirkstoffe mit systemischer Wirkungsweise eingesetzt werden, wie Cyantraniliprole oder Flupyradifurone. „Dann würden wir uns einfach nur im Kreis drehen“, betont Goulson. „Was wir brauchen ist eine Umstellung auf wirklich nachhaltige landwirtschaftliche Methoden, die den Pestizideinsatz auf ein Minimum begrenzen, die natürlichen Feinde von Pflanzenschädlingen unterstützen und die Artenvielfalt und gesunde Böden fördern.“ (ab)

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