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03.11.2016 |

Oxfam: „Biosprit“ vertreibt Menschen und heizt den Klimawandel an

Palmoil
Einst Wald, nun Ölpalmen (glennhurowitz, bit.ly/Palm5, bit.ly/7_CC_BY-ND_2-0)

Die aktuelle EU-Bioenergiepolitik führt zu einer Zunahme von Landkonflikten, Armut und Umweltschäden und steht im Widerspruch zu internationalen Nachhaltigkeits- und Klimazielen. Darauf macht ein neuer Bericht der Entwicklungsorganisation Oxfam aufmerksam, der das Aus für die EU-Biospritförderung fordert – doch genau dem steht eine übermächtige Biosprit-Lobby entgegen, die Reformen auf EU-Ebene blockiert. Oxfam zufolge arbeiten in Brüssel rund 400 Lobbyisten der „Biosprit“-Industrie, von der Rohstoffproduktion bis hin zu „Biosprit“-Herstellern, die allein 2015 insgesamt mehr als 14 Millionen Euro ausgegeben haben, um ihre Wirtschaftsinteressen durchzusetzen. Die Biosprithersteller allein investieren bis zu 5,7 Millionen Euro für Lobby-Arbeit und haben damit sogar die Tabak-Lobby überholt. „Um den Hunger zu beenden und den Klimawandel zu begrenzen, muss sich die EU aus dem Zugriff der Biosprit-Industrie und ihrer Verbündeten befreien“, fordert Oxfam-Agrarexpertin Marita Wiggerthale. Denn wenn an der Bioenergiepolitik der EU und der Staaten, die Subventionen und Quoten für Biosprit festgelegt haben, nichts ändert, werden im Jahr 2030 rund 600.000 Quadratkilometer Land durch die Biospritproduktion belegt – ein Fläche so groß wie Frankreich. Der Oxfam-Bericht zeigt anhand von Beispielen aus Tansania, Peru und Indonesien auf, wie Wälder gerodet werden, um zum Beispiel Platz für Ölpalmen zu machen, und wie Menschen ihr Land und damit ihre Existenzgrundlage verlieren. In Indonesien wurden 2014 allein 731 Landkonflikte gezählt, die mit dem Palmölanbau zu tun haben. Das Land produziert mehr als die Hälfte des weltweiten Palmöls und hat seit 2006 seine Produktion verdoppelt auf 33 Millionen Tonnen in 2015. Der zweitgrößte Abnehmer nach Indien ist die EU: Seit 2003, als die EU-Biospritziele eingeführt wurden, hat sich der EU-Palmölmarkt verdoppelt. Der Großteil der Palmöl-Importe wird inzwischen im Verkehrs- und Energiesektor verbraucht. Oxfam kritisiert, dass die Folgen der rasanten Palmölexpansion jedoch meist nur kurz ins Licht der Öffentlichkeit rücken, wenn Bilder brennender Wälder und smogverhüllter Städte die Runde machen. Der Bericht zeigt die negativen Auswirkungen der Ankunft des Wilmar-Zulieferers PT Sandabi Indah Lestari (PT SIL) für die Menschen auf der Insel Sumatra. PT SIL erhielt 2011 eine Konzession für 2.812 Hektar Land in der Provinz Bengkulu und hat seither die Menschen vor Ort am Zugang zu rund 1000 Hektar gehindert, die bisher für die gemeinschaftliche Nutzung zur Verfügung standen. „Der Zugriff von PT SIL auf kleine Parzellen von Land, auf denen die Bewohner viele Jahre lang Lebensmittel angebaut haben und von dem ihr Einkommen abhängig ist, wirkt sich negativ auf die Existenzen und Ernährungssicherheit der Menschen vor Ort aus“, warnt der Bericht. Doch auch aus klimapolitischer Sicht sei Biosprit ein Irrweg, betont Oxfam, denn bei der Umwandlung von Land oder Wald zu Ackerflächen und deren agrarindustrieller Bewirtschaftung entstehen riesige Mengen an Treibhausgasen. „Die EU verfolgt eine falsche Strategie, die mit ihren entwicklungs- und klimapolitischen Zielen kollidiert“, warnt Wiggerthale. Am 7. Dezember wird die EU-Kommission die Überarbeitung ihrer Bioenergie-Politik diskutieren. „Die Bundesregierung darf diese Chance nicht verstreichen lassen“, so Wiggerthale. (ab)

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