Nachrichten

07.04.2015 |

Deutscher Fleischhunger frisst Flächen: Studie fordert Ernährungswende

Soja
Soja für deutsche Futtertröge (Foto: Lucio Marquez/flickr)

Deutschland belegt für die Deckung des Bedarfs an Agrarprodukten 5,5 Millionen Hektar Land in anderen Regionen und befördert durch eine fleischlastige Ernährung Klimawandel und Umweltzerstörung. Darauf macht eine neue Studie des WWF aufmerksam, die zugleich zeigt, dass eine abwechslungsreiche Ernährung in den ökologischen Grenzen des Planeten möglich ist. Die Bundesrepublik beansprucht demnach für die Erzeugung von Agrarprodukten 21,66 Millionen Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche im In- und Ausland, davon 19,4 Millionen für die Ernährung. Das entspricht 2.681 Quadratmeter pro Kopf, wovon 2.397 m² ernährungsbedingt sind. Nur 28% der Fläche entfällt auf die Versorgung mit pflanzlichen Produkten, während 72% bzw. 1.721m² für die Herstellung tierischer Erzeugnisse benötigt werden, allein 1.019 m² für Fleisch. „Wir sind dabei unseren Planeten leer zu fressen“, warnt Tanja Dräger de Teran vom WWF. Der hohe Konsum tierischer Lebensmittel sei sowohl ökologisch als auch gesundheitlich kritisch zu sehen: Mehr als 30% der importierten Lebens- und Futtermittel stehen mit Waldzerstörung im Zusammenhang, gerade in Südamerika, wo der deutsche Futtermittelbedarf 2,8 Millionen Hektar okkupiert und so zum Verlust der Artenvielfalt und der Zerstörung wichtiger Lebensräume beiträgt. Zudem ist der hohe Fleischkonsum auch ungesund: Mit einem Fleischverzehr von im Schnitt 60 Kilo pro Kopf und Jahr liegen die Deutschen weit über den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), die von mehr als 300 bis 600 g Fleisch pro Woche abrät. Als kritischen Faktor bei der künftigen Verfügbarkeit von Nahrung bezeichnet die Studie fruchtbares Ackerland. Momentan braucht jeder Deutscher jährlich 1.562 m² Ackerfläche für seine Ernährung. Bis 2050 wird die verfügbare Ackerfläche beim Anstieg der Weltbevölkerung auf 9,6 Milliarden Menschen nur noch 1.166 m² betragen. Daher hat der WWF ein Zukunftsszenario 2050 mit einer Ernährungspyramide entwickelt: Würden sich die Deutschen gesund ernähren, vermeidbare Abfälle an Nahrungsmitteln einsparen und den Fleischkonsum auf 350 g pro Woche reduzieren, kämen sie mit der im Jahr 2050 verfügbaren Ackerfläche aus. Die Pyramide umfasst einen vielfältigen Speiseplan mit viel Getreideprodukten, Nüssen und Gemüse, ergänzt durch Leguminosen wie Lupine oder Linsen, die bisher in deutschen Küchen unterrepräsentiert sind. Denn während ein Hamburger mit Pommes nach Berechnungen des WWF mit 3,56 m² Agrar-Fläche zu Buche schlägt, kommt ein Rotes Linsencurry mit gerade einmal 0,33 m² aus. Die DGE begrüßte die Offensive zum verringerten Fleischverzehr: Die Bevorzugung von Gemüse und Obst sowie Getreideprodukten und Kartoffeln diene sowohl einer gesundheitserhaltenden als auch nachhaltigen Ernährung. Zudem seien gerade Hülsenfrüchte wie Erbsen, Bohnen und Linsen reich an hochwertigem pflanzlichen Protein. (ab)

02.04.2015 |

Welternährung: Ökologische Agrarwende als Ausweg aus der Hungerkrise

Reis
Es ist genug für alle da (Foto: World Bank Photo Collection)

Die Beseitigung des Welthungers wird nicht allein durch eine Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität mithilfe von Agrochemikalien und Gentechnik gelingen, sondern nur durch eine Landwirtschaft, die mit der Natur statt gegen sie arbeitet. Diese Position vertritt der Agrarwissenschaftler und Öko-Bauer Dr. Felix Prinz zu Löwenstein in seinem am Mittwoch veröffentlichten Buch „Es ist genug da. Für alle.“ Der Titel verweist auf den Umstand, dass die Welt schon heute über genug Lebensmittel verfügt, um eine wachsende Weltbevölkerung zu ernähren: Je nach Schätzung produziert die Landwirtschaft ausreichend Kalorien, um 12 bis 14 Milliarden Menschen satt zu machen - wenn wir nichts von der Ernte wegwerfen, weniger Fleisch konsumieren und darauf verzichten, unseren Sprit auf dem Acker anzubauen. Doch von den gerade einmal 7 Milliarden Menschen leiden rund zwei Milliarden an Hunger oder Mangelernährung. Löwenstein erachtet die Beseitigung des Welthungers als eine der zentralen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, die nur bewältigt werden kann, wenn alle Betroffenen Zugang zu Nahrung erhalten. Die industrielle, von internationalen Großkonzernen geprägte Landwirtschaft führt laut Löwenstein in die Sackgasse, da sie die natürlichen Ressourcen des Planeten in unvertretbarem Maße ausbeute. Ein Agrarmodel, das auf gentechnisch veränderte Pflanzen, Pestizide und Monokulturen setze, sei weder im Norden zukunftsfähig noch biete es Ländern des globalen Süden eine nachhaltige Perspektive. Löwenstein fordert daher eine grundlegende Ökologisierung der gesamten Landwirtschaft und ist zuversichtlich, dass der ökologische Landbau auch langfristig in der Lage ist, alle Menschen zu ernähren. Mit seinen Thesen steht er nicht alleine auf weiter Flur: Schon 2008 betonten die über 400 Autoren des von UN und Weltbank beauftragten Weltagrarberichts, dass ein „Weiter wie bisher“ keine Option darstelle und forderten eine Abkehr von der industriellen Landwirtschaft sowie die Stärkung von Kleinbauern. Diesen Weckruf wiederholte auch der Trade and Environment Report 2013 der UN-Welthandels- und Entwicklungskonferenz UNCTAD: Auch er plädiert für eine Abkehr von der industriellen Agrarproduktion, Vielfalt statt Monokulturen, agrarökologische Methoden statt Mineraldünger und Pestizide - aber vor allem mehr Unterstützung für Kleinbauern, damit diese sich selbst und andere ernähren können. (ab)

01.04.2015 |

Todesfalle Acker: Pestizide werden wandernden Amphibien zum Verhängnis

Kröte
Pestizide: Der Knoblauchkröte stinkt es! (Foto: Thijs Calu/flickr)

Der Pestizideinsatz auf Agrarflächen gefährdet Amphibien auf dem Weg zu ihren Laichgewässern, denn die Hauptwanderung der Lurche fällt häufig gerade in den Zeitraum, in dem Landwirte Ackergifte ausbringen. Das zeigt eine Studie der Universität Koblenz-Landau und des Leibniz-Zentrums für Agrarlandforschung, die im Februar im Fachblatt „Basic and Applied Ecology“ erschienen ist. Amphibien gehören zu den gefährdetsten Tiergruppen weltweit, 41% der Arten sind vom Aussterben bedroht. Auch wenn in der Laichzeit Gewässer eine magische Anziehungskraft auf sie ausüben, leben die meisten europäischen Lurche ansonsten in terrestrischen Habitaten. Doch zur Laichzeit im Frühjahr wird ihnen die Wanderung über die Äcker oft zum Verhängnis, so die Forscher. Für die Studie untersuchten sie in zwei Jahren 330 Pestizidanwendungen auf 100 Anbauflächen im intensiv genutzten Agrarland im Nordosten Deutschlands. Sie bewerteten erstmals die Präsenz von Moorfrosch, Knoblauchkröte, Gelbbauchunke und Kammmolch auf landwirtschaftlichen Flächen sowie die zeitliche Überlappung ihrer Wandersaison mit dem Pestizideinsatz. Um einzuschätzen, wie viele Pestizide bis zum Boden und damit auf die Tiere gelangen, zogen die Wissenschaftler Datensätze zur Anhaftungsmenge von Pestiziden an den Blättern bestimmter Kulturpflanzen heran und bestimmten so, wie viel Gift je nach Wachstumsphase durch das Blätterdach gelangt. Das Ergebnis: Die Menge hängt vom Zeitpunkt der Laichwanderung ab, wobei der Pestizideinsatz je nach Kulturpflanze variiert. Der frühe Frosch fängt sich generell seltener Gift ein, während spät wandernde Arten wie Rotbauchunke und Knoblauchkröte höhere Dosen abbekommen. So waren 86% der Knoblauchkrötenpopulation auf Tour, als Fungizide in Feldern mit Winterraps ausgebracht wurden. Da die Pflanzen aber schon größer waren, nahmen sie 80% der Gifte auf. „Die Daten zeigen, dass viele Amphibien Anbauflächen durchwandern können wenn die Pflanzen hoch sind und damit die Gefahr einer direkten Übersprühung der Tiere geringer ist“, erklärt Hauptautor Carsten Brühl. Weniger Glück hatten die Rotbauchunken beim Einsatz von Pestiziden im jungen Mais: Zwar traf es nur 17% der paarungswilligen Tiere, doch diese bekamen die volle Ladung ab, da die Herbizide vor dem Aufkeimen ausgebracht wurde als der Boden nicht bedeckt war. Brühl betont die Notwendigkeit weiterer Forschung zu den Effekten von Pestiziden auf Amphibien. Erste Laborstudien mit in der Landwirtschaft üblichen Mengen belegten bei einigen Pestiziden eine Sterblichkeitsrate von 100%, während andere Gifte bei nur 10% der Menge schon für 40% der Tiere tödlich waren. Die Forscher fordern Landzeitstudien sowie die Änderung des europäischen Zulassungsverfahren für Pestizide, das bislang keine Risikoabschätzung für Amphibien beinhaltet. Doch vor drängen sie darauf, dass Pflanzenschutzmittel nur kombiniert mit einem lokalen Monitoring von Amphibienwanderungen ausgebracht werden, um ein zeitliches Überlappen zu verhindern. (ab)

30.03.2015 |

Geflügelmast: Deutsche gegen Gentechnik und Antibiotika, Kritik an McDonald's

Nuggets
Mit Antibiotika und Gen-Soja? (Foto: Brandon Wang/flickr)

Eine klare Mehrheit der deutschen Verbraucher lehnt Gentechnik und Antibiotika in der Geflügelmast ab. Dies ergab eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Umweltschutzorganisation Greenpeace. Rund 86% der Deutschen halten es für sehr wichtig oder wichtig, dass keine gentechnisch veränderten Pflanzen an Tiere verfüttert wurden, deren Fleisch in Form von Chicken Wings und Co bei Fastfood-Ketten auf dem Tablett landet. Zudem wünschen sich 90% der Befragten eine Verringerung des Antibiotikaeinsatzes in der Geflügelmast durch bessere Haltungsbedingungen. Wert legen die Kunden auch auf eine klare Kennzeichnung: 88% wollen, dass auf der Verpackung von Geflügelgerichten ersichtlich ist, ob bei der Produktion Gentechnik oder Antibiotika zum Einsatz kamen. Am Samstag protestierten Greenpeace-Aktivisten vor McDonald‘s-Filialen in über 40 deutschen Städten und schmückten die Scheiben mit Plakaten, auf denen die Aufschrift „Stoppt genmanipuliertes Futter!“ prangte sowie eine den Stinkefinger zeigende Hühnerkralle. Damit wollen die Umweltschützer den Fastfood-Konzern dazu bewegen, auf Gentechnik im Futter bei der Produktion von Fleisch, Eiern und Milch zu verzichten und artgerechte Tierhaltung mit weniger Antibiotika in der Unternehmensleitlinie zu verankern. McDonald‘s bezieht in Deutschland seine Ware von Geflügelproduzent Rothkötter, dem Greenpeace schlechte Haltungsbedingungen vorwirft: „McDonald‘s ignoriert die Wünsche der Verbraucher. Der Konzern muss erkennen, dass er nur verlieren kann, wenn er sich nicht ändert“, so Landwirtschaftsexpertin Stephanie Töwe. An Beliebtheit und Umsatz verliert er bereits: Zeit Online berichtete kürzlich, der Umsatz in Deutschland sei 2013 um 4,5% und 2014 um weitere 3% eingebrochen - trotz zahlreicher neuer Filialen. Auch in den USA machen veränderte Essgewohnheiten und sein ungesundes Image dem Burgerbrater zu schaffen. Der Mutterkonzern reagierte auf Umsatzeinbußen und tauschte zum 1. März den Chef aus. McDonald's Deutschland kündigte am Montag ein neues Konzept mit direkter Bedienung am Tisch und mehr vegetarischen Produkten an. Gentechnikfreiheit will das Unternehmen aber nicht zusichern, da die Lieferanten „nicht länger ausreichende Mengen an nicht gentechnisch veränderten Futtermitteln zu wirtschaftlich vertretbaren Konditionen garantieren können.“ McDonald's folge damit einer „gängigen Praxis im Markt“. Rewe, Edeka, Aldi und Lidl kehrten der Gentechnik-Soja in der Hähnchenmast nach Protesten der Verbraucher jedoch wieder den Rücken und selbst der größte Geflügelproduzent Wiesenhof verzichtet seit Anfang 2015 auf Gentechnik im Futter. (ab)

27.03.2015 |

Keine Freiheit für Brokkoli: Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen bestätigt

Brokkoli
Wem gehört der Brokkoli? (Foto: Liz West/Flickr.com)

„Keine Patente auf Saatgut! Freiheit für Tomate und Brokkoli, für Verbraucher und Landwirte“ hatten Demonstranten im Oktober vor dem Europäischen Patentamt (EPA) in München gefordert - vergeblich: Am Mittwoch fiel die lange erwartete Grundsatzentscheidung der Großen Beschwerdekammer, dass Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere weiterhin zulässig sind, obwohl per Gesetz die Patentierung von Verfahren zur konventionellen Züchtung eigentlich untersagt ist. Das Bündnis „Keine Patente auf Saatgut!“, das weltweit von mehr als 300 NGOs und Bauernorganisationen unterstützt wird, reagierte mit Unverständnis auf die Entscheidung und befürchtet eine zunehmende Monopolisierung der Tier- und Pflanzenzüchtung und damit der Basis von Landwirtschaft und Lebensmittelherstellung. „Das EPA hat den Weg für Konzerne wie Monsanto und Syngenta geebnet, die Kontrolle über die Grundlagen unserer Ernährung zu übernehmen. Wir fordern die europäischen Regierungen auf, jetzt politisch Druck auf das Europäische Patentamt auszuüben, um diese Praxis sofort zu stoppen“, kommentierte Christoph Then für das Bündnis. In einem im Oktober erschienenen Bericht zeigte er die zunehmende Erteilung von Patenten auf Pflanzen und Tiere aus konventioneller Züchtung auf: Seit den 1980ern wurden über 7500 Patentanmeldungen auf Pflanzen und 5000 auf Tiere eingereicht, davon sind 2400 Patente auf Pflanzen und 1400 auf Tiere bereits erteilt. Mehr als 120 vom EPA erteilte Patente betreffen die konventionelle Züchtung, 1000 weitere Anmeldungen liegen dazu noch vor. Der Bericht präsentierte Fälle von jüngst erteilten Patenten, darunter „Erfindungen“ wie eine Paprika, die von wilden Chili-Sorten aus Jamaika mit einer natürlichen Insektenresistenz abstammt. Das Brokkoli-Patent, auf das sich die EPA-Entscheidung stützt, ist das berühmt-berüchtigtste: Eine Monsanto-Tochterfirma erhielt ein Patent auf einen konventionell gezüchteten ‚geköpften Brokkoli’, der sich aufgrund seiner Wuchsform leichter maschinell ernten lässt. Dagegen hatte das Bündnis Einspruch eingelegt. Die Organisationen erinnern nun die deutsche Bundesregierung an ihr Versprechen im Koalitionsvertrag, sich für ein europaweites Verbot der Patentierung von konventionell gezüchteten Pflanzen und Tieren einzusetzen. „Wir appellieren an den zuständigen Bundesjustizminister Heiko Maas, jetzt so rasch wie möglich eine Initiative im Verwaltungsrat des Europäischen Patentamtes zu starten. Das EPA, das von der Industrie für die Erteilung von Patenten bezahlt wird, hebelt sonst das gesetzlich verankerte Patentierungsverbot immer weiter aus“, warnt Then. Auch der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter lehnt die Entscheidung des Patentamtes ab und sieht dadurch „Innovation in der Züchtung und Zugang zu genetischer Diversität gefährdet“. (ab)

25.03.2015 |

Wildbienen in Gefahr: Jede zehnte Art in Europa droht auszusterben

Sandbiene
Zaunrüben-Sandbiene (Foto: Ombrosoparacloucycle/flickr)

Um Europas Wildbienen ist es schlecht bestellt: 9,2% aller Arten drohen für immer zu verschwinden und weitere 5,2% werden bald gefährdet sein. Das geht aus einer am Donnerstag veröffentlichten Studie der Weltnaturschutzunion (IUCN) hervor, die im Rahmen der Europäischen „Roten Liste“ für Bienen erstmals Daten zu den rund 1965 in Europa vorkommenden Wildbienenarten enthält. Die 40 an der Bestandsaufnahme beteiligten Experten wiesen auf dringenden Forschungsbedarf hin: Da für 1101 Wildbienenarten in Europa keine wissenschaftlichen Daten vorlagen, anhand derer die Gefährdung eingeschätzt werden kann, sei davon auszugehen, dass weitaus mehr Bienenarten vom Aussterben bedroht sind. Bei 150 europäischen Arten nehmen die Populationen ab, 244 Arten halten sich wacker, während der von der Europäischen Kommission mitfinanzierte Bericht zu den restlichen Arten keine Aussage treffen konnte. EU-Umweltkommissar Karmenu Vella zeigte sich besorgt: „Unsere Lebensqualität - und unsere Zukunft - sind abhängig von der Vielzahl der Dienste, die die Natur für uns kostenlos erbringt. Ein solcher Dienst ist die Bestäubung der Pflanzen – und es ist sehr besorgniserregend, dass unsere wichtigsten Bestäuberinsekten gefährdet sind!" Denn 84% der wichtigsten Anbaupflanzen für die Ernährung der Europäer sind angewiesen auf die Bestäubungsleistung von Insekten. Dabei kommt es besonders auf die Wild- und Zuchtbienen oder Hummeln an, die etwa bei 35% aller Anbaupflanzen diese Arbeit erledigen. Der Wert des kostenlosen Beitrags der fleißigen Helferlein der Landwirtschaft zur Bestäubung von Kulturpflanzen wird für Europa auf 22 Milliarden Euro geschätzt. Weltweit wird dieser Service der Bienen auf einen Wert von 153 Milliarden Euro taxiert. Als größte Bedrohung für die Bienenbestände bezeichnet die EU-Kommission das Verschwinden oder die Verschlechterung der Lebensräume der Bienen: „Hauptursache dafür ist die Intensivlandwirtschaft und die Veränderung der landwirtschaftlichen Verfahren, wie die Konzentration auf Silageerzeugung anstelle der Heuerzeugung sowie der weitverbreitete Einsatz von Insektiziden und Düngemitteln. Eine weitere Ursache für die Gefahr des Aussterbens der meisten Bienenarten und insbesondere der Hummeln ist der Klimawandel.“ Um auf die Gefährdung der Wildbienen aufmerksam zu machen, kürt ein Kuratorium regelmäßig die Wildbiene des Jahres. Miss Wildbiene 2015 wurde die Zaunrüben-Sandbiene (Andrena florea), die sehr heikel bei der Wahl von Blüten ist und ausschließlich Pollen an den Blüten der Zaunrübe sammelt. (ab)

23.03.2015 |

UN-Wasserbericht fordert effizientere Bewässerung in der Landwirtschaft

Bewässerung
Schön ineffiziente Bewässerung (Foto: Frank Peters/flickr.com)

Wenn die Menschheit nicht nachhaltiger mit dem Wasser umgeht, drohe gerade in heißen Ländern Trinkwassermangel und die Lücke zwischen dem Bedarf und der natürlichen Neubildung von Grundwasser könnte bis 2030 auf 40% anwachsen. Diese Warnung sprachen Experten der Vereinten Nationen in einem neuen Bericht aus, der im Vorfeld des Weltwassertages veröffentlicht wurde. Noch nie war die Erde durstiger als heute: Rund 1,2 Milliarden Menschen leben in Gegenden mit Wasserknappheit, 748 Millionen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, 90% von ihnen in Asien und Subsahara-Afrika. Zwar sei an sich genug Wasser vorhanden, um die Bedürfnisse aller Erdenbewohner zu stillen, doch es sei eine „grundlegende Veränderungen bei der Nutzung, Verwaltung und Verteilung“ des kostbaren Nasses vonnöten, betont der World Water Development Report 2015. Ihr Trinkwasser entnimmt über die Hälfte der Menschen dem Grundwasser, wodurch 20% der Vorräte übernutzt seien. Durch den Anstieg der Weltbevölkerung auf etwa 9,1 Milliarden im Jahr 2050 werde der Wasserbedarf um 55% steigen. Dies ist neben Klimawandel und Urbanisierung besonders der Landwirtschaft geschuldet, auf deren Konto schon heute 70% der globalen Wasserentnahme geht - in den ärmsten Ländern gar 90%. Die oft intensive und ineffiziente Bewässerung erschöpft Grundwasser und Flüsse, zerstört natürliche Lebensräume und ließ bereits 20% der bewässerten Flächen weltweit versalzen. Zudem leidet die Wasserqualität unter der Einleitung von Pestiziden und Chemikalien in Wasserläufe sowie fehlender Abwasseraufbereitung in Entwicklungsländern. Bis 2030 wird die Eutrophierung von Oberflächengewässern und Küstengebieten fast überall zunehmen, der Anteil der Seen mit einem Algenproblem wird bis 2050 um 20% ansteigen. Um die Wassernutzung in der Landwirtschaft nachhaltiger zu machen, muss dem Bericht zufolge erstens die Bewässerung durch die Vermeidung unnötiger Wasserverluste effizienter werden und zweitens die „Wasserproduktivität“ steigen - der Ertrag pro genutztem Tropfen Wasser. Ein Erfolgsbeispiel sei neben anderen agrarökologischen Anbaumethoden das System of Rice Intensification, bei dem Reis statt auf stets überfluteten Feldern zu stehen nur die optimale Wassermenge erhält und der Boden zeitweise trocken ist. Die steigende Wasserbelastung durch die intensivierte Landwirtschaft könnte durch strengere Regulierung und gezielte Subventionen vermieden werden. Die Entlohnung von Bauern für effiziente Bewässerung habe etwa in Zypern zu einem Bewusstseinswandel vieler Landwirte und zur Einführung sparsamer Bewässerungstechniken geführt. Da Wasser eng verknüpft mit dem Klimawandel, der Landwirtschaft, Ernährungssicherheit, Gesundheit, Geschlechtergleichheit und Bildung sei, fordern die UN-Experten für die wertvolle Ressource ein eigenständiges Nachhaltigkeitsziel für die Zeit nach 2015. (ab)

20.03.2015 |

Schwellenländer: Schlüssel zur Bekämpfung von Hunger und Mangelernährung

Junge
Junge in Indien (Foto: Arjun Claire EU/ECHO 2013)

363 Millionen Menschen, fast die Hälfte der weltweit offiziell Hungernden, leben lediglich in fünf Ländern mittleren Einkommens: Brasilien, China, Indien, Indonesien und Mexiko. Zugleich nimmt die Zahl der übergewichtigen oder fettleibigen Menschen dort zu oder befindet sich bereits auf hohem Niveau. Alle Strategien zur effektiven Bekämpfung von Hunger und Mangelernährung in der Welt müssen daher das Augenmerk auf diese Schwellenländer richten, betont ein am Mittwoch in Washington veröffentlichter Bericht des Internationalen Forschungsinstituts für Ernährungs- und Entwicklungspolitik (IFPRI). Der Global Food Policy Report 2014–2015 fordert die Regierungen dieser „Wirtschaftskolosse“ dazu auf, ihre Nahrungssysteme mit Blick auf Ernährung und Gesundheit umzubauen, die Kluft zwischen den Geschlechtern in der Landwirtschaft zu beseitigen und die ländliche Infrastruktur zu verbessern, um Ernährungssicherheit für alle zu gewährleisten. Für das Jahr 2014 bescheinigt der Bericht „große Fortschritte und hartnäckige Rückschläge“ bei der Ernährungslage. Einigen Ländern sei es gelungen, Fortschritte bei der Verringerung von Armut und Unterernährung zu erzielen, während andernorts Konflikte, der Klimawandel oder Krankheiten die Lebensmittelproduktion beeinträchtigten und Menschenleben forderten. Gerade in arabischen Ländern nahm die Ernährungsunsicherheit seit 2011 deutlich zu, gerade im Irak, im Jemen und in Syrien. Extreme Wetterereignisse und die Folgen des Klimawandels bedrohen alle Regionen, etwa durch geringe Regenfälle in der Sahel-Zone, Dürren in Zentralamerika oder Naturkatastrophen in Asien. „Kleinbauern, die den Großteil der in Asien und Subsahara-Afrika konsumierten Lebensmittel produzieren, sind am verletzlichsten gegenüber diesen Schlägen“, schreibt IFPRI-Generaldirektor Shenggen Fan im Vorwort zum Bericht. Die vorgeschlagene Strategie zur Unterstützung dieser Bauern liest sich jedoch recht kompromisslos: „Kleinbäuerliche Familienbetriebe müssen aufsteigen oder abziehen.” Zunächst solle bestimmt werden, welche Bauern profitabel wirtschaften könnten. Dann sollen Politiken und Programme bäuerliche Betriebe entweder dabei unterstützen, zu kommerziell orientierten und profitablen Bewirtschaftungssystemen aufzusteigen - oder dabei, sich aus der Landwirtschaft zurückzuziehen und Arbeit in den Städten oder in anderen Bereichen zu finden. Shenggen Fan blickt zuversichtlich in die Zukunft: „Das Jahr 2015 bietet eine seltene Gelegenheit, um die globale Entwicklungsagenda durch Nachhaltige Entwicklungsziele neu zu gestalten. Das Thema Nahrung und Ernährungssicherheit erhielt 2014 viel politische Aufmerksamkeit. Wenn diese Dynamik wirksam in eine Post-2015-Agenda überführt werden kann, die ganzheitliche und umfassende Investitionen, Politiken und Programme im Bereich Lebensmittel und Ernährung beinhaltet, wird die internationale Gemeinschaft womöglich bald die Chance haben, Hunger und Mangelernährung ein und für allemal zu beenden.” (ab)

17.03.2015 |

EU-Importe von Agrargütern leisten illegaler Abholzung Vorschub

Abholzung
Abholzung in Brasilien (Foto: Daniele Gidsicki/flickr.com)

Die EU importiert jedes Jahr Agrargüter im Wert von 6 Milliarden Euro, die von illegal abgeholzten Flächen stammen, und heizt so die Rodung von Regenwäldern vor allem in Brasilien und Indonesien an. Dies geht aus einem neuen Bericht hervor, den die Umweltorganisation Fern am Dienstag in Brüssel veröffentlichte. Demnach gingen zwischen 2000 und 2012 insgesamt 25% der international gehandelten Soja, für deren Anbau tropische Wälder illegal abgeholzt wurden, sowie 18% des gesamten Palmöls, 15% des Rindfleisches und 31% des Leders dieses zweifelhaften Ursprungs in die EU. Das entsprach etwa einem Viertel der weltweit gehandelten Waren, für deren Produktion Wälder illegal weichen mussten. Allein für die vier Produkte wurde im genannten Zeitraum alle zwei Minuten eine Fläche so groß wie ein Fußballfeld ohne Erlaubnis abgeholzt. „Es ist sehr gut dokumentiert, dass die EU den Weltmarkt als Importeur von Produkten anführt, durch die Entwaldung vorangetrieben wird, aber dies ist das erste Mal, dass wir über Daten verfügen, die zeigen, in welchem Ausmaß diese Entwaldung auch illegal ist“, sagt Fern-Aktionskoordinatorin Saskia Ozinga. Auf Deutschland entfallen dem Bericht zufolge Waren im Wert von 800 Millionen Euro, den Löwenanteil machen Soja und Palmöl aus. Großbritannien ist ein bedeutendes Zielland für Rindfleisch aus illegaler Entwaldung. Ein Drittel der Güter von illegal gerodeten Flächen kommen zunächst in den Häfen der Niederlande an. Mehr als die Hälfte der landwirtschaftlichen Erzeugnisse stammt aus Brasilien, wo bis zu 90% der Entwaldung ungesetzlich abläuft. Ein Viertel kommt aus Indonesien, gefolgt von Malaysia, Paraguay, Argentinien und Uruguay. Studienautor Sam Lawson prognostiziert, dass weitere lateinamerikanische und afrikanische Staaten künftig an Bedeutung gewinnen werden. Die Umweltschützer von Fern fordern von der EU entschlossenes Handeln, um der illegalen Abholzung einen Riegel vorzuschieben, sowie eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Handel und Konsum von landwirtschaftlichen Produkten. „Die Nachfrage nach Grunderzeugnissen aus risikobehafteten Waldflächen wird durch eine ganze Reihe an unterschiedlichen EU-Richtlinien, wie beispielsweise Landwirtschaft, Handel und Energiepolitik voran getrieben“, erläutert Ozinga. „Wir brauchen dringend einen Aktionsplan, um diese unterschiedlichen Richtlinien zu vereinheitlichen, den EU-Konsum zu reduzieren und um sicherzustellen, dass nur legale und nachhaltig produzierte Rohstoffe importiert werden“. (ab)

12.03.2015 |

Vielfalt statt Gentechnik: Philippinische Bauern lehnen Goldenen Reis ab

Reis
Goldener und weißer Reis im Vergleich (Foto: IRRI Photos)

Bauern, Verbraucher und Nichtregierungsorganisationen in Asien haben erneut ihre Ablehnung gegenüber Gentechnik-Reis kundgetan und den Besuch einer kanadischen Lobbygruppe kritisiert, die auf den Philippinen gerade für den gentechnisch veränderten Goldenen Reis die Werbetrommel rührt. Das Bündnis „Stop Golden Rice Alliance“ betonte in einer Erklärung, Golden Rice stelle keine Lösung für das Problem der Mangelernährung dar und diene nur als Vorwand, um Gentechnik salonfähig zu machen. Der Reis wird gentechnisch so verändert, dass er mehr Betacarotin produziert, welches im Körper in Vitamin A umgewandelt wird. Entwickelt wird er vom Internationalen Reisforschungsinstitut (IRRI) auf den Philippinen, der Schweizer Konzern Syngenta hält die Rechte an der Patentierung und gelobt, im Falle der Vermarktung von armen Bauern keine Gebühren zu verlangen. Die kanadische Kampagne „Allow Golden Rice Now!” unter Federführung des Gentechnik-Lobbyisten Patrick Moore preist den gelben Reis als Wundermittel gegen Vitamin-A-Mangel und will auf der Tour durch die Philippinen, Bangladesch und Indien vom 4. bis 20. März die Menschen dort überzeugen. Das bäuerliche Saatgut-Netzwerk Masipag, ein Mitglied der Gegenallianz, vertritt die Ansicht, dass Gentechnik der falsche Weg sei, um Hunger und Mangelernährung zu bekämpfen: „Mikronährstoffmangel tritt meist bei Kindern aus armen Familien auf, die sich keine ausgewogene Ernährung leisten können. Golden Rice ist daher keine Lösung, stattdessen benötigen diese Menschen Zugang zu Ressourcen“, sagt Dr. Chito Medina, der nationale Koordinator von Masipag. Ihm zufolge nutzen Befürworter das Problem der Mangelernährung lediglich dazu, um ihre Technologien zu verkaufen und setzen dabei die Gesundheit der Filipinos und die Agrobiodiversität des Landes aufs Spiel. Die „Stop Golden Rice Alliance“ weist darauf hin, dass Vitamin A billig und im Überfluss in vielen Lebensmitteln vorhanden sei - produziert von Kleinbauern oder im Hinterhof. Daher sei es ein Fehler, blind auf Golden Rice zu bauen - eine Pflanze, zu deren gesundheitlichen Folgen selbst das IRRI keine Studien verlegen kann oder Belege, dass die Vitamin A-Aufnahme tatsächlich verbessert wird. Denn für die Umwandlung von Betacarotin benötigt der Körper Fett, das gerade mangelernährten Menschen nicht ausreichend zur Verfügung steht. 2014 ruderte das IRRI zurück und kündigte an, dass aufgrund der schlechten Erträge noch mehr Forschung bis zur Vermarktung nötig sei. Die Entwicklung des Reises hat bereits rund 100 Millionen US-Dollar verschlungen und die Gates-Stiftung legte nochmals weitere 10,3 Millionen auf den Tisch, damit weitergeforscht werden kann. Dabei gibt es der Alliance zufolge schon lange erfolgreiche Programme zur Verteilung von Vitamin A-Tabletten, dank derer viele Ländern auf kostengünstige und leicht umzusetzende Weise Fortschritte erzielen konnten. Langfristig sei jedoch die einzige Lösung eine ausgewogene Ernährung. „Wir haben viele traditionelle Lebensmittel und Pflanzen, die reich an Vitamin A sind“, sagt Masipag-Bäuerin Virgie Nazareno. „Wir brauchen keinen Golden Rice, was wir benötigen ist Zugang zu diesen nährstoffreichen und sicheren Lebensmitteln.“ (ab)

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