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17.04.2015 | permalink
Bodenlos: G7-Projekte zur Hungerbekämpfung verdrängen Kleinbauern
Die Neue Allianz für Ernährungssicherung der G7-Staaten birgt für Kleinbauern das Risiko von Hunger, Verschuldung und Landverlust. Darauf weisen INKOTA und FIAN Deutschland anlässlich des Tages der Landlosen am 17. April hin und fordern von der Bundesregierung den Ausstieg aus der Allianz. „Die wenigen Projekte der Neuen Allianz, die bisher bekannt wurden, fördern fast ausschließlich großflächige, agroindustrielle Landwirtschaft und Unternehmensinteressen auf Kosten der Kleinbäuerinnen und Kleinbauern“, kritisiert INKOTA-Landwirtschaftsexperte Jan Urhahn. Zudem zeichnen sich die Projekte durch Intransparenz aus. Die Organisationen zeigen am Beispiel von Mosambik und Tansania, wie kleinbäuerliche Gemeinden vom Zugang zu Land und Wasser abgeschnitten werden und so ihre Ernährungs-sicherheit gefährdet statt gefördert wird. In Mosambik sieht das durch die Neue Allianz unterstützte Projekt der Agrarfirma Mozaco in den landwirtschaftlichen Wachstumskorridoren Nacala und im Zambeza-Tal vor allem den Anbau von Soja für den Export vor. Doch dadurch drohe Tausenden Kleinbauernfamilien der Verlust ihres angestammten Ackerlandes. In Tansania bewirtschaftet die schwedische Firma EcoEnergy eine 20.000 Hektar große Zuckerrohrplantage. Zwar seien einige der Betroffenen mit Ersatzland entschädigt worden, doch die Bodenfruchtbarkeit lasse zu wünschen übrig. Darüber hinaus müssten die Bauern zum Einstieg in das dazugehörige Vertragslandwirtschaftsprojekt pro Person Kredite über 16.000 US-Dollar aufnehmen. Dies übersteigt das Jahresgehalt eines Landarbeiters in Tansania um ein Vielfaches. „Die Verschuldungsspirale ist vorprogrammiert“, betont Gertrud Falk von FIAN. Den Organisationen zufolge trage die Bundesregierung nicht nur im Rahmen der Neuen Allianz zur einseitigen Förderung von Agrarunternehmen bei, sondern habe auch die Erarbeitung einer internationalen Erklärung der Rechte von Kleinbauern und anderen Menschen, die in ländlichen Regionen arbeiten, im UN-Menschenrechtsrat gebremst und bei der letzten Sitzung der zuständigen Arbeitsgruppe durch Abwesenheit geglänzt. „Angesichts der zunehmenden Verletzungen des Rechts auf Nahrung und Wasser von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern durch staatlich geförderte Projekte der Agrarindustrie, muss die Bundesregierung ihrer Rolle als Vorsitzende des UN-Menschenrechtsrats gerecht werden und die Erarbeitung dieser Erklärung deutlich unterstützen“, fordert Gertrud Falk. Am 17. April wird mit unzähligen Demonstrationen und solidarischen Aktionen weltweit der Unterdrückung und Diskriminierung der ländlichen Bevölkerung gedacht und ihr Widerstand gefeiert. Die internationale Kleinbauernbewegung La Via Campesina mobilisiert seit 1996 zu Ehren von 19 ermordeten landlosen Bauern in Brasilien zu diesem Tag. 2015 stellt der Aktionstag insbesondere die Auswirkungen von transnationalen Unternehmen und Freihandelsabkommen für die (klein-)bäuerliche Landwirtschaft und Ernährungssouveränität in den Mittelpunkt. (ab)
16.04.2015 | permalink
Brasiliens Krebsinstitut warnt vor Gesundheitsgefahren durch Pestizide
Brasiliens Krebsinstitut INCA hat eine konsequente Reduzierung des Pestizideinsatzes in der Landwirtschaft gefordert und den Gentechnik- Anbau für den explosionsartigen Anstieg des Ackergiftverbrauchs verantwortlich gemacht. Das dem Gesundheitsministerium unterstellte Institut warnte am 8. April öffentlich vor langfristigen Gesundheitsfolgen – nur wenige Tage, nachdem die WHO-Krebsforschungsagentur das Herbizid Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend für Menschen“ eingestuft hatte. Brasilien ist Weltmeister im Pestizidverbrauch: Mehr als eine Million Tonnen landen alljährlich auf Äckern und Sojafeldern. Nun mahnte das INCA eine schrittweise und stetige Senkung des Giftverbrauchs an. Mit dem Appell will das Institut aufklären und Krebsfälle verhindern. „Das INCA positioniert sich eindeutig nicht unbegründet oder aus ideologischen Motiven. Das Institut folgt wissenschaftlichen Belegen, die Ergebnis der Arbeit seines Teams und von Wissenschaftlern weltweit sind“, erklärt Professor Luiz Felipe Ribeiro Pinto. Während in Brasilien 2001 der Umsatz mit Agrargiften noch 2 Milliarden US-Dollar betrug, waren es 2011 bereits 8,5 Milliarden. Pro Einwohner werden jedes Jahr im Schnitt 5,2 Liter versprüht. „Wir müssen uns erinnern, dass der Pestizideinsatz in zehn Jahren explodiert ist. Wenn wir bedenken, dass Krebs 20 oder 30 Jahre nach der Exposition auftritt, werden die Menschen die Folgen des enormen Anstiegs beim Pestizidverbrauch in etwa 15 bis 20 Jahren spüren“, so Pinto. Die Ursachen für den Anstieg benennt INCA klar: „Die Einführung von gentechnisch verändertem Saatgut in Brasilien war einer der Hauptgründe, warum das Land im internationalen Vergleich den ersten Platz beim Pestizidverbrauch einnahm, denn der Anbau von GVO erfordert große Mengen dieser Produkte.“ Bedenklich sei, dass in Brasilien die Gifte per Flugzeug aus der Luft ausgebracht werden und auch Pestizide genutzt werden, die andernorts längst verboten sind. Besonders gefährdert seien Menschen, die durch ihre Arbeit direkten Kontakt mit den Giften haben. Akute Vergiftungen äußern sich durch Hautirritationen, Augenbrennen, Erbrechen, Durchfall und Atembeschwerden, während chronische Vergiftungen wie Unfruchtbarkeit, Impotenz, Fehlgeburten oder Krebs erst viel später auftreten und der Nachweis schwierig sei. Dem Institut zufolge sind weite Teile der Bevölkerung Pestizidrückständen in Lebensmitteln ausgesetzt. Die Gesundheitsbehörde Anvisa hatte in ihren letzten Proben in zahlreichen Lebensmitteln Rückstände ermittelt, die deutlich über den zugelassenen Höchstmengen lagen oder von nicht zugelassenen Pestiziden stammten. Nicht nur in Obst und Gemüse, sondern auch in industriell verarbeiteten Lebensmitteln wie Keksen, Brot oder Pizza sowie in Fleisch und Milch seien Rückstände festgestellt worden. Aus Angst dürfe die Folge aber nicht der Verzicht auf Obst und Gemüse sein: „Im Mittelpunkt muss der Kampf gegen den Pestizideinsatz stehen, der alle Quellen unserer lebenswichtigen Ressourcen wie Nahrung, Böden, Gewässer, Muttermilch und Luft verschmutzt“, schreibt das Institut. „Statt dem vorherrschenden Agrarmodell unterstützt das INCA eine agrarökologische Erzeugung“, denn „dieses Modell verknüpft die Produktion mit der Bewahrung der Biodiversität und anderer lebenswichtiger natürlicher Ressourcen." Die agrarökologische Lebensmittelproduktion liefere Produkte, die frei von Pestiziden sind und erhalte so das ökologische Gleichgewicht, stärke die Landwirte und schütze die Natur. (ab)
14.04.2015 | permalink
Revolution auf dem Teller: Europas Bürger setzen auf lokale Ernährungssysteme
Bürger und Gemeinden in Europa erobern Schritt für Schritt die Kontrolle über das Ernährungssystem von der Agrarindustrie zurück und bestimmen wieder selbst darüber, wo, wie und von wem ihre Lebensmittel angebaut werden. Das ist die frohe Botschaft eines am Montag veröffentlichten Berichts der Umweltschutzorganisation Friends of the Earth Europe. Dieser zeigt auf, wie die Globalisierung der Lebensmittelproduktion zu einem Monopol im Agrarsektor geführt hat: Wenige Konzerne beherrschen die Lebensmittelkette und kontrollieren Saatgut, Agrochemikalien sowie Verarbeitung, Transport und Verkauf von Lebensmitteln. 2011 beherrschten Edeka, Rewe, Aldi sowie die Schwarz Gruppe mit Kaufland und Lidl rund 85% des Marktes, in Portugal hatten nur drei Einzelhändler einen Marktanteil von 90%. Lange und unübersichtliche Lieferketten bewirken, dass viele Menschen nicht mehr wissen, was sie genau essen und woher ihre Lebensmittel stammen. Doch dem Bericht zufolge machen sich immer mehr Menschen Gedanken über die Auswirkungen ihrer Essgewohnheiten und steuern um. Bauernmärkte, Hofläden, Solidarische Landwirtschaft (CSA) und andere Projekte schießen wie Pilze aus dem Boden und knüpfen neue Bande zwischen Produzenten und (städtischen) Konsumenten. Diese Initiativen betrachten die Autoren als Ausdruck einer wachsenden Basisbewegung, die lokale Nahrungsketten fördert, welche nachhaltig produzierte Lebensmittel aus kleinbäuerlicher Erzeugung – auch genannt agrarökologische Landwirtschaft – liefern. Anhand von fünf Beispielen zeigt der Bericht Wege auf, wie Gemeinschaften nachhaltige Erzeuger unterstützen und die lokale Wirtschaft wieder beleben können. In Italien etwa gibt es die Bewegung der Gruppi di Acquisito Solidale (GAS) – Konsumentengruppen, die gemeinsam und direkt bei lokalen Erzeugern einkaufen. In den letzten 10 Jahren nahm ihre Zahl rapide zu: Mittlerweile bestehen rund 2000 dieser Gruppen, die gemeinsam einen Jahresumsatz von 90 Millionen Euro verzeichnen. In Nordspanien haben drei Geflügelbauern die bäuerliche Kooperative Avicultura Campesina mit eigenem Schlachthaus gegründet und behalten so die Versorgungskette vom Hof bis zum Teller ohne Zwischenhändler in der Hand. Ein weiteres Beispiel sind Bauernmärkte in Tschechien: Seit der erste Markt 2009 in Prag eröffnete, stieg die Nachfrage nach regionalen Produkten stetig. Nach nur zwei Jahren war die Zahl der Bauernmärkte in der Hauptstadt schon auf 13 angewachsen. Laut Jana Spilkovà, einer Assistenzprofessorin an der Karlsuniversität in Prag “illustrieren sie den Beginn einer spürbar neuen Verbraucher- und Erzeugerkultur”. Friends of the Earth appelliert daher an politische Entscheidungsträger, die Vorteile kurzer Lebensmittelketten für die Menschen und die Umwelt anzuerkennen und diese in mehreren Politikbereichen zu unterstützen, einschließlich der Gesundheits-, Umwelt-, Handels- und Agrarpolitik. Das Fazit des Berichts: „Lokal hergestellte und erschwingliche agrarökologische Lebensmittel sollten das Rückgrat eines Ernährungssystems bilden, das unsere Ernährungssouveränität stärkt. Das Modell ‘Weiter wie bisher’ kann künftig keine Option für ein gut funktionierendes Ernährungssystem sein.” (ab)
09.04.2015 | permalink
Umweltbundesamt fordert zügige Ausweitung des Ökolandbaus auf 20%
Das Umweltbundesamt (UBA) hat eine stärkere Ausweitung des Ökolandbaus in Deutschland gefordert, um die Umweltbelastung durch die Landwirtschaft zu verringern und die Nachfrage nach Bioprodukten decken zu können. „Ein Anteil von 20 Prozent Öko-Landbau ist dringend notwendig“, sagte UBA-Präsidentin Maria Krautzberger der taz. In einer neuen Studie beleuchtet die Behörde die Umweltfolgen, die der Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln in der industriellen Landwirtschaft mit sich bringt. Seit Jahren stagniere der Stickstoffüberschuss mit 97 kg N/ha auf hohem Niveau. Die Nitrat-Belastung des Grundwassers und die Eutrophierung von Gewässern sei vor allem der intensiven Stickstoffdüngung anzulasten. Durch Pflanzenschutz- und Düngemittel werden zudem Schwermetalle, Schadstoffe und Arzneimittel aus der Intensivtierhaltung in die Umwelt emittiert. Laut UBA war die deutsche Landwirtschaft 2012 für 7,5% der Treibhausgas-Emissionen verantwortlich und liegt damit nach der Energieerzeugung mit 84% auf dem zweiten Platz. Eine Lösung sei mehr Ökolandbau. „Die ökologische Landwirtschaft entlastet Grund- und Oberflächengewässer, weil keine mineralischen Stickstoffdünger und Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden dürfen. Stickstoffüberschüsse werden weitestgehend vermieden, da die Tierhaltung an die vorhandene Betriebsfläche gebunden ist. Vielfältige Fruchtfolgen und der Anbau stickstoffbindender Pflanzen fördern nicht nur die Artenvielfalt und sorgen für Humusanreicherung, sie wirken sich zusätzlich auch positiv auf das Klima aus, weil auf energieintensive Mineraldünger verzichtet wird. Auch Antibiotika werden in der Öko-Tierhaltung seltener und nur in Einzelfällen angewendet“, so das eindringliche Plädoyer des UBA. Doch derzeit wird nur 6,5% der landwirtschaftlichen Nutzfläche ökologisch bewirtschaftet. Die Bundesregierung hatte zwar im Rahmen ihrer Nachhaltigkeitsstrategie eine Ausweitung des Ökolandbaus auf 20% der landwirtschaftlich genutzten Fläche verkündet. Einst sollte dies bis 2010 geschehen, nun gibt es keine konkrete Jahresvorgabe. Bei einem „Weiter wie bisher“ würde es nach UBA-Berechnungen noch bis zum Jahr 2070 dauern, bis das 20-Prozent-Ziel erreicht ist. Am geringen Interesse der Verbraucher liegt es nicht: Die Biobranche verbuchte 2014 ein Umsatzplus von 4,8%, das Marktvolumen betrug 7,91 Milliarden Euro. Da die Nachfrage nach Ökoprodukten schneller als die Anbaufläche wächst, werden immer mehr Bioprodukte importiert. „Wenn einheimische Ökonachfrage mit ausländischer statt einheimischer Ökoproduktion gedeckt wird, bleiben die mit der Ökoproduktion verbundenen Umweltleistungen sowie die Chancen auf Wertschöpfung im ländlichen Raum Deutschlands ungenutzt“, warnt die Studie. Doch es mangle an finanzieller Unterstützung für eine Umstellung auf Ökolandbau: „Viele Landwirte sind nur dann bereit auf eine ökologische Wirtschaftsweise umzustellen, wenn die Förderung ausreicht und verlässlich ist. Hierfür sollten entsprechende Anreize gesetzt und für Planungssicherheit gesorgt werden." Als weitere Maßnahme fordert das UBA die Erhöhung der Mittel für die Ökolandbauforschung von derzeit 2,2 % zumindest auf das Niveau des Ökoflächenanteils und wenigstens rund 7% der Agrarforschungsgelder. (ab)
07.04.2015 | permalink
Deutscher Fleischhunger frisst Flächen: Studie fordert Ernährungswende
Deutschland belegt für die Deckung des Bedarfs an Agrarprodukten 5,5 Millionen Hektar Land in anderen Regionen und befördert durch eine fleischlastige Ernährung Klimawandel und Umweltzerstörung. Darauf macht eine neue Studie des WWF aufmerksam, die zugleich zeigt, dass eine abwechslungsreiche Ernährung in den ökologischen Grenzen des Planeten möglich ist. Die Bundesrepublik beansprucht demnach für die Erzeugung von Agrarprodukten 21,66 Millionen Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche im In- und Ausland, davon 19,4 Millionen für die Ernährung. Das entspricht 2.681 Quadratmeter pro Kopf, wovon 2.397 m² ernährungsbedingt sind. Nur 28% der Fläche entfällt auf die Versorgung mit pflanzlichen Produkten, während 72% bzw. 1.721m² für die Herstellung tierischer Erzeugnisse benötigt werden, allein 1.019 m² für Fleisch. „Wir sind dabei unseren Planeten leer zu fressen“, warnt Tanja Dräger de Teran vom WWF. Der hohe Konsum tierischer Lebensmittel sei sowohl ökologisch als auch gesundheitlich kritisch zu sehen: Mehr als 30% der importierten Lebens- und Futtermittel stehen mit Waldzerstörung im Zusammenhang, gerade in Südamerika, wo der deutsche Futtermittelbedarf 2,8 Millionen Hektar okkupiert und so zum Verlust der Artenvielfalt und der Zerstörung wichtiger Lebensräume beiträgt. Zudem ist der hohe Fleischkonsum auch ungesund: Mit einem Fleischverzehr von im Schnitt 60 Kilo pro Kopf und Jahr liegen die Deutschen weit über den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), die von mehr als 300 bis 600 g Fleisch pro Woche abrät. Als kritischen Faktor bei der künftigen Verfügbarkeit von Nahrung bezeichnet die Studie fruchtbares Ackerland. Momentan braucht jeder Deutscher jährlich 1.562 m² Ackerfläche für seine Ernährung. Bis 2050 wird die verfügbare Ackerfläche beim Anstieg der Weltbevölkerung auf 9,6 Milliarden Menschen nur noch 1.166 m² betragen. Daher hat der WWF ein Zukunftsszenario 2050 mit einer Ernährungspyramide entwickelt: Würden sich die Deutschen gesund ernähren, vermeidbare Abfälle an Nahrungsmitteln einsparen und den Fleischkonsum auf 350 g pro Woche reduzieren, kämen sie mit der im Jahr 2050 verfügbaren Ackerfläche aus. Die Pyramide umfasst einen vielfältigen Speiseplan mit viel Getreideprodukten, Nüssen und Gemüse, ergänzt durch Leguminosen wie Lupine oder Linsen, die bisher in deutschen Küchen unterrepräsentiert sind. Denn während ein Hamburger mit Pommes nach Berechnungen des WWF mit 3,56 m² Agrar-Fläche zu Buche schlägt, kommt ein Rotes Linsencurry mit gerade einmal 0,33 m² aus. Die DGE begrüßte die Offensive zum verringerten Fleischverzehr: Die Bevorzugung von Gemüse und Obst sowie Getreideprodukten und Kartoffeln diene sowohl einer gesundheitserhaltenden als auch nachhaltigen Ernährung. Zudem seien gerade Hülsenfrüchte wie Erbsen, Bohnen und Linsen reich an hochwertigem pflanzlichen Protein. (ab)
02.04.2015 | permalink
Welternährung: Ökologische Agrarwende als Ausweg aus der Hungerkrise
Die Beseitigung des Welthungers wird nicht allein durch eine Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität mithilfe von Agrochemikalien und Gentechnik gelingen, sondern nur durch eine Landwirtschaft, die mit der Natur statt gegen sie arbeitet. Diese Position vertritt der Agrarwissenschaftler und Öko-Bauer Dr. Felix Prinz zu Löwenstein in seinem am Mittwoch veröffentlichten Buch „Es ist genug da. Für alle.“ Der Titel verweist auf den Umstand, dass die Welt schon heute über genug Lebensmittel verfügt, um eine wachsende Weltbevölkerung zu ernähren: Je nach Schätzung produziert die Landwirtschaft ausreichend Kalorien, um 12 bis 14 Milliarden Menschen satt zu machen - wenn wir nichts von der Ernte wegwerfen, weniger Fleisch konsumieren und darauf verzichten, unseren Sprit auf dem Acker anzubauen. Doch von den gerade einmal 7 Milliarden Menschen leiden rund zwei Milliarden an Hunger oder Mangelernährung. Löwenstein erachtet die Beseitigung des Welthungers als eine der zentralen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, die nur bewältigt werden kann, wenn alle Betroffenen Zugang zu Nahrung erhalten. Die industrielle, von internationalen Großkonzernen geprägte Landwirtschaft führt laut Löwenstein in die Sackgasse, da sie die natürlichen Ressourcen des Planeten in unvertretbarem Maße ausbeute. Ein Agrarmodel, das auf gentechnisch veränderte Pflanzen, Pestizide und Monokulturen setze, sei weder im Norden zukunftsfähig noch biete es Ländern des globalen Süden eine nachhaltige Perspektive. Löwenstein fordert daher eine grundlegende Ökologisierung der gesamten Landwirtschaft und ist zuversichtlich, dass der ökologische Landbau auch langfristig in der Lage ist, alle Menschen zu ernähren. Mit seinen Thesen steht er nicht alleine auf weiter Flur: Schon 2008 betonten die über 400 Autoren des von UN und Weltbank beauftragten Weltagrarberichts, dass ein „Weiter wie bisher“ keine Option darstelle und forderten eine Abkehr von der industriellen Landwirtschaft sowie die Stärkung von Kleinbauern. Diesen Weckruf wiederholte auch der Trade and Environment Report 2013 der UN-Welthandels- und Entwicklungskonferenz UNCTAD: Auch er plädiert für eine Abkehr von der industriellen Agrarproduktion, Vielfalt statt Monokulturen, agrarökologische Methoden statt Mineraldünger und Pestizide - aber vor allem mehr Unterstützung für Kleinbauern, damit diese sich selbst und andere ernähren können. (ab)
01.04.2015 | permalink
Todesfalle Acker: Pestizide werden wandernden Amphibien zum Verhängnis
Der Pestizideinsatz auf Agrarflächen gefährdet Amphibien auf dem Weg zu ihren Laichgewässern, denn die Hauptwanderung der Lurche fällt häufig gerade in den Zeitraum, in dem Landwirte Ackergifte ausbringen. Das zeigt eine Studie der Universität Koblenz-Landau und des Leibniz-Zentrums für Agrarlandforschung, die im Februar im Fachblatt „Basic and Applied Ecology“ erschienen ist. Amphibien gehören zu den gefährdetsten Tiergruppen weltweit, 41% der Arten sind vom Aussterben bedroht. Auch wenn in der Laichzeit Gewässer eine magische Anziehungskraft auf sie ausüben, leben die meisten europäischen Lurche ansonsten in terrestrischen Habitaten. Doch zur Laichzeit im Frühjahr wird ihnen die Wanderung über die Äcker oft zum Verhängnis, so die Forscher. Für die Studie untersuchten sie in zwei Jahren 330 Pestizidanwendungen auf 100 Anbauflächen im intensiv genutzten Agrarland im Nordosten Deutschlands. Sie bewerteten erstmals die Präsenz von Moorfrosch, Knoblauchkröte, Gelbbauchunke und Kammmolch auf landwirtschaftlichen Flächen sowie die zeitliche Überlappung ihrer Wandersaison mit dem Pestizideinsatz. Um einzuschätzen, wie viele Pestizide bis zum Boden und damit auf die Tiere gelangen, zogen die Wissenschaftler Datensätze zur Anhaftungsmenge von Pestiziden an den Blättern bestimmter Kulturpflanzen heran und bestimmten so, wie viel Gift je nach Wachstumsphase durch das Blätterdach gelangt. Das Ergebnis: Die Menge hängt vom Zeitpunkt der Laichwanderung ab, wobei der Pestizideinsatz je nach Kulturpflanze variiert. Der frühe Frosch fängt sich generell seltener Gift ein, während spät wandernde Arten wie Rotbauchunke und Knoblauchkröte höhere Dosen abbekommen. So waren 86% der Knoblauchkrötenpopulation auf Tour, als Fungizide in Feldern mit Winterraps ausgebracht wurden. Da die Pflanzen aber schon größer waren, nahmen sie 80% der Gifte auf. „Die Daten zeigen, dass viele Amphibien Anbauflächen durchwandern können wenn die Pflanzen hoch sind und damit die Gefahr einer direkten Übersprühung der Tiere geringer ist“, erklärt Hauptautor Carsten Brühl. Weniger Glück hatten die Rotbauchunken beim Einsatz von Pestiziden im jungen Mais: Zwar traf es nur 17% der paarungswilligen Tiere, doch diese bekamen die volle Ladung ab, da die Herbizide vor dem Aufkeimen ausgebracht wurde als der Boden nicht bedeckt war. Brühl betont die Notwendigkeit weiterer Forschung zu den Effekten von Pestiziden auf Amphibien. Erste Laborstudien mit in der Landwirtschaft üblichen Mengen belegten bei einigen Pestiziden eine Sterblichkeitsrate von 100%, während andere Gifte bei nur 10% der Menge schon für 40% der Tiere tödlich waren. Die Forscher fordern Landzeitstudien sowie die Änderung des europäischen Zulassungsverfahren für Pestizide, das bislang keine Risikoabschätzung für Amphibien beinhaltet. Doch vor drängen sie darauf, dass Pflanzenschutzmittel nur kombiniert mit einem lokalen Monitoring von Amphibienwanderungen ausgebracht werden, um ein zeitliches Überlappen zu verhindern. (ab)
30.03.2015 | permalink
Geflügelmast: Deutsche gegen Gentechnik und Antibiotika, Kritik an McDonald's
Eine klare Mehrheit der deutschen Verbraucher lehnt Gentechnik und Antibiotika in der Geflügelmast ab. Dies ergab eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Umweltschutzorganisation Greenpeace. Rund 86% der Deutschen halten es für sehr wichtig oder wichtig, dass keine gentechnisch veränderten Pflanzen an Tiere verfüttert wurden, deren Fleisch in Form von Chicken Wings und Co bei Fastfood-Ketten auf dem Tablett landet. Zudem wünschen sich 90% der Befragten eine Verringerung des Antibiotikaeinsatzes in der Geflügelmast durch bessere Haltungsbedingungen. Wert legen die Kunden auch auf eine klare Kennzeichnung: 88% wollen, dass auf der Verpackung von Geflügelgerichten ersichtlich ist, ob bei der Produktion Gentechnik oder Antibiotika zum Einsatz kamen. Am Samstag protestierten Greenpeace-Aktivisten vor McDonald‘s-Filialen in über 40 deutschen Städten und schmückten die Scheiben mit Plakaten, auf denen die Aufschrift „Stoppt genmanipuliertes Futter!“ prangte sowie eine den Stinkefinger zeigende Hühnerkralle. Damit wollen die Umweltschützer den Fastfood-Konzern dazu bewegen, auf Gentechnik im Futter bei der Produktion von Fleisch, Eiern und Milch zu verzichten und artgerechte Tierhaltung mit weniger Antibiotika in der Unternehmensleitlinie zu verankern. McDonald‘s bezieht in Deutschland seine Ware von Geflügelproduzent Rothkötter, dem Greenpeace schlechte Haltungsbedingungen vorwirft: „McDonald‘s ignoriert die Wünsche der Verbraucher. Der Konzern muss erkennen, dass er nur verlieren kann, wenn er sich nicht ändert“, so Landwirtschaftsexpertin Stephanie Töwe. An Beliebtheit und Umsatz verliert er bereits: Zeit Online berichtete kürzlich, der Umsatz in Deutschland sei 2013 um 4,5% und 2014 um weitere 3% eingebrochen - trotz zahlreicher neuer Filialen. Auch in den USA machen veränderte Essgewohnheiten und sein ungesundes Image dem Burgerbrater zu schaffen. Der Mutterkonzern reagierte auf Umsatzeinbußen und tauschte zum 1. März den Chef aus. McDonald's Deutschland kündigte am Montag ein neues Konzept mit direkter Bedienung am Tisch und mehr vegetarischen Produkten an. Gentechnikfreiheit will das Unternehmen aber nicht zusichern, da die Lieferanten „nicht länger ausreichende Mengen an nicht gentechnisch veränderten Futtermitteln zu wirtschaftlich vertretbaren Konditionen garantieren können.“ McDonald's folge damit einer „gängigen Praxis im Markt“. Rewe, Edeka, Aldi und Lidl kehrten der Gentechnik-Soja in der Hähnchenmast nach Protesten der Verbraucher jedoch wieder den Rücken und selbst der größte Geflügelproduzent Wiesenhof verzichtet seit Anfang 2015 auf Gentechnik im Futter. (ab)
- Greenpeace-Aktivisten kennzeichnen McDonald's-Filialen in 43 Städten mit Hähnchen-Stinkefinger
- Forsa: Meinungen zu Antibiotika und Gentechnik in der Geflügelmast
- Mitteldeutsche Zeitung: McDonald's-Krise: Mit Burger-Battle und Tisch-Service gegen die Krise
- ZEIT ONLINE: McDonald's: Ich liebe es (nicht mehr)
27.03.2015 | permalink
Keine Freiheit für Brokkoli: Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen bestätigt
„Keine Patente auf Saatgut! Freiheit für Tomate und Brokkoli, für Verbraucher und Landwirte“ hatten Demonstranten im Oktober vor dem Europäischen Patentamt (EPA) in München gefordert - vergeblich: Am Mittwoch fiel die lange erwartete Grundsatzentscheidung der Großen Beschwerdekammer, dass Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere weiterhin zulässig sind, obwohl per Gesetz die Patentierung von Verfahren zur konventionellen Züchtung eigentlich untersagt ist. Das Bündnis „Keine Patente auf Saatgut!“, das weltweit von mehr als 300 NGOs und Bauernorganisationen unterstützt wird, reagierte mit Unverständnis auf die Entscheidung und befürchtet eine zunehmende Monopolisierung der Tier- und Pflanzenzüchtung und damit der Basis von Landwirtschaft und Lebensmittelherstellung. „Das EPA hat den Weg für Konzerne wie Monsanto und Syngenta geebnet, die Kontrolle über die Grundlagen unserer Ernährung zu übernehmen. Wir fordern die europäischen Regierungen auf, jetzt politisch Druck auf das Europäische Patentamt auszuüben, um diese Praxis sofort zu stoppen“, kommentierte Christoph Then für das Bündnis. In einem im Oktober erschienenen Bericht zeigte er die zunehmende Erteilung von Patenten auf Pflanzen und Tiere aus konventioneller Züchtung auf: Seit den 1980ern wurden über 7500 Patentanmeldungen auf Pflanzen und 5000 auf Tiere eingereicht, davon sind 2400 Patente auf Pflanzen und 1400 auf Tiere bereits erteilt. Mehr als 120 vom EPA erteilte Patente betreffen die konventionelle Züchtung, 1000 weitere Anmeldungen liegen dazu noch vor. Der Bericht präsentierte Fälle von jüngst erteilten Patenten, darunter „Erfindungen“ wie eine Paprika, die von wilden Chili-Sorten aus Jamaika mit einer natürlichen Insektenresistenz abstammt. Das Brokkoli-Patent, auf das sich die EPA-Entscheidung stützt, ist das berühmt-berüchtigtste: Eine Monsanto-Tochterfirma erhielt ein Patent auf einen konventionell gezüchteten ‚geköpften Brokkoli’, der sich aufgrund seiner Wuchsform leichter maschinell ernten lässt. Dagegen hatte das Bündnis Einspruch eingelegt. Die Organisationen erinnern nun die deutsche Bundesregierung an ihr Versprechen im Koalitionsvertrag, sich für ein europaweites Verbot der Patentierung von konventionell gezüchteten Pflanzen und Tieren einzusetzen. „Wir appellieren an den zuständigen Bundesjustizminister Heiko Maas, jetzt so rasch wie möglich eine Initiative im Verwaltungsrat des Europäischen Patentamtes zu starten. Das EPA, das von der Industrie für die Erteilung von Patenten bezahlt wird, hebelt sonst das gesetzlich verankerte Patentierungsverbot immer weiter aus“, warnt Then. Auch der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter lehnt die Entscheidung des Patentamtes ab und sieht dadurch „Innovation in der Züchtung und Zugang zu genetischer Diversität gefährdet“. (ab)
- no patents on seeds: Patente auf Brokkoli und Tomaten bestätigt
- Entscheidung der Großen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes
- BDP übt Kritik an Entscheidung im Brokkoli Fall
- Bericht: Vor der Entscheidung: Europäische Patente auf Pflanzen und Tiere
- PM: BÖLW kritisiert Entscheidung des EPA scharf
25.03.2015 | permalink
Wildbienen in Gefahr: Jede zehnte Art in Europa droht auszusterben
Um Europas Wildbienen ist es schlecht bestellt: 9,2% aller Arten drohen für immer zu verschwinden und weitere 5,2% werden bald gefährdet sein. Das geht aus einer am Donnerstag veröffentlichten Studie der Weltnaturschutzunion (IUCN) hervor, die im Rahmen der Europäischen „Roten Liste“ für Bienen erstmals Daten zu den rund 1965 in Europa vorkommenden Wildbienenarten enthält. Die 40 an der Bestandsaufnahme beteiligten Experten wiesen auf dringenden Forschungsbedarf hin: Da für 1101 Wildbienenarten in Europa keine wissenschaftlichen Daten vorlagen, anhand derer die Gefährdung eingeschätzt werden kann, sei davon auszugehen, dass weitaus mehr Bienenarten vom Aussterben bedroht sind. Bei 150 europäischen Arten nehmen die Populationen ab, 244 Arten halten sich wacker, während der von der Europäischen Kommission mitfinanzierte Bericht zu den restlichen Arten keine Aussage treffen konnte. EU-Umweltkommissar Karmenu Vella zeigte sich besorgt: „Unsere Lebensqualität - und unsere Zukunft - sind abhängig von der Vielzahl der Dienste, die die Natur für uns kostenlos erbringt. Ein solcher Dienst ist die Bestäubung der Pflanzen – und es ist sehr besorgniserregend, dass unsere wichtigsten Bestäuberinsekten gefährdet sind!" Denn 84% der wichtigsten Anbaupflanzen für die Ernährung der Europäer sind angewiesen auf die Bestäubungsleistung von Insekten. Dabei kommt es besonders auf die Wild- und Zuchtbienen oder Hummeln an, die etwa bei 35% aller Anbaupflanzen diese Arbeit erledigen. Der Wert des kostenlosen Beitrags der fleißigen Helferlein der Landwirtschaft zur Bestäubung von Kulturpflanzen wird für Europa auf 22 Milliarden Euro geschätzt. Weltweit wird dieser Service der Bienen auf einen Wert von 153 Milliarden Euro taxiert. Als größte Bedrohung für die Bienenbestände bezeichnet die EU-Kommission das Verschwinden oder die Verschlechterung der Lebensräume der Bienen: „Hauptursache dafür ist die Intensivlandwirtschaft und die Veränderung der landwirtschaftlichen Verfahren, wie die Konzentration auf Silageerzeugung anstelle der Heuerzeugung sowie der weitverbreitete Einsatz von Insektiziden und Düngemitteln. Eine weitere Ursache für die Gefahr des Aussterbens der meisten Bienenarten und insbesondere der Hummeln ist der Klimawandel.“ Um auf die Gefährdung der Wildbienen aufmerksam zu machen, kürt ein Kuratorium regelmäßig die Wildbiene des Jahres. Miss Wildbiene 2015 wurde die Zaunrüben-Sandbiene (Andrena florea), die sehr heikel bei der Wahl von Blüten ist und ausschließlich Pollen an den Blüten der Zaunrübe sammelt. (ab)