Nachrichten

17.08.2015 |

Studie: 80% der EU-Lebensmittelverschwendung wäre vermeidbar

Tonne
Zu viel Essen landet in der Tonne (Foto: USDA/flickr.com)

Jedes Jahr verschwenden die Verbraucher in der EU 47 Millionen Tonnen Lebensmittel. Gut 80% dieser Abfälle wären vermeidbar, besagt eine neue Studie des wissenschaftlichen Dienstes (JRC) der EU-Kommission. Jeder EU-Bürger verschwendet demnach im Schnitt 123 Kilo jährlich – rund 16% aller Lebensmittel, die es immerhin vom Acker bis zum Verbraucher schaffen. Vermeidbare Abfälle machen mit 97 kg pro Kopf den Löwenanteil aus. Da die Datengrundlage nicht für alle EU-Länder gleich gut ist, nennen die Forscher eine Spanne: Selbst wenn die Menge an vermeidbaren Lebensmittelabfällen mit 45 kg pro Person konservativ geschätzt wird, entspricht sie einem Apfel täglich. Werden die düsteren Szenarien einiger Mitgliedsstaaten auf die gesamte EU hochgerechnet, landen 153 Kilo pro Person und Jahr im Müll, was mit 420g pro Tag einem kleinen Laib Brot entspräche. Die Studie stützt sich auf Daten aus sechs EU-Ländern: die Niederlande, das Vereinigte Königreich, Dänemark, Finnland, Deutschland und Rumänien. Die Briten sind die schlimmsten Verschwender, während in Rumänien die geringste Menge Lebensmittel in der Tonne landet. „Theoretisch könnten die Verbraucher in der EU die Lebensmittelverschwendung auf Null reduzieren“, schreiben die Forscher des JRC. „Das würde nicht nur den Verbrauchern viel Geld ersparen, sondern auch den lokalen Behörden, die für die Müllabfuhr und -aufbereitung bezahlen müssen.“ Der Studie zufolge würde ohne Verschwendung von Lebensmitteln auch der Verlust großer Mengen Wasser und Nitrat vermieden werden. Das blaue Wasser (Oberflächen- und Grundwasser), das mit den 47 Millionen Tonnen vergeblich produzierter Lebensmittel einhergeht, beläuft sich auf 27 Liter pro Kopf und Tag. Das ist etwas mehr als der städtische Wasserverbrauch der EU. Der Fußabdruck bei grünem Wasser (Regenwasser) beträgt 294 Liter pro Person und Tag – fast soviel, wie alle Feldfrüchte in ganz Spanien verschlingen. An Stickstoff werden den Ergebnissen zufolge im Schnitt 0,68 kg pro Kopf und Jahr unnötig verbraucht. Je nach Art der Lebensmittel schwankt auch der Wegwerffaktor: Gemüse, Obst und Getreideerzeugnisse enden am häufigsten im Müll, da sie nur begrenzt haltbar sind und oft in zu großen Mengen gekauft werden, da sie etwa im Vergleich zu Fleisch billig sind. Jedoch sind die Folgen für die Umwelt bei Fleisch weitaus größer: „Die Fleischproduktion verbraucht mehr Ressourcen, daher hat selbst eine kleine Menge Abfall eine große Wirkung was den Ressourcenverbrauch betrifft”, erklärt Hauptautor Dr. Davy Vanham. Fleisch verbraucht am meisten Wasser und Nitrat, gefolgt von Getreide. (ab)

13.08.2015 |

Erschöpfte Erde: Ressourcen für 2015 schon am 13.8. verbraucht

Erde
Erschöpfte Erdressourcen (Foto: JD Hancock/flickr.com)

Am 13. August ist dieses Jahr „Earth Overshoot Day“ - der Tag, an dem die Menschheit die für 2015 zur Verfügung stehenden Ressourcen verbraucht hat und die Erde stärker belastet, als sie sich regenerieren kann. Den „Erdüberlastungstag“ berechnet die internationale Nachhaltigkeitsorganisation Global Footprint Network aus den USA jährlich neu. Während die Erde im Jahr 2000 am 1. Oktober die Belastungsgrenze erreichte, sind die Ressourcen dieses Jahr so früh erschöpft wie noch nie – 7 Tage früher als 2014. Die Berechnungen berücksichtigen den Bedarf an Acker-, Weide- und Bauflächen, die Entnahme von Holz, Fasern oder Fisch, aber auch den Ausstoß von CO2 oder die Müllproduktion. Die dabei anfallenden „Schulden“ dieser ökologischen Kontoüberziehung zeigen sich immer deutlicher in Form von Entwaldung, Dürren, Süßwassermangel, Bodenerosion, Artensterben und der Akkumulation von Treibhausgasen in der Atmosphäre. Laut dem Global Footprint Network beanspruchte die Menschheit Anfang der 60er Jahre nur drei Viertel der Kapazitäten der Erde, während die heutige Lebens- und Wirtschaftsweise rein rechnerisch 1,6 Erden „verbraucht“ - auf Kosten künftiger Generationen. Würden alle Länder so wirtschaften wie Deutschland, wären sogar 2,6 Planeten notwendig. Die USA gehen noch verschwenderischer mit ihren Ressourcen um und leben bereits seit dem 14. Juli 2015 „auf Pump“. Der derzeitige ökologische Fußabdruck eines Inders hingegen verbraucht nur die Hälfte der jährlich nachhaltig nutzbaren Ressourcen der Erde. Über die Hälfte des globalen Fußabdruckes macht der „Carbon Footprint“ aus, also der CO2-Ausstoß, der beim Verbrennen von fossiler Energie anfällt. „Allein der Ausstoß an Kohlendioxid hat sich seit 1970, dem Jahr, als die Erde zum ersten Mal ein ökologisches Defizit zu verzeichnen hatte, mehr als verdoppelt“, warnt Mathis Wackernagel, Präsident des Global Footprint Network. Der CO2-Ausstoß sei zudem eng mit den anderen Komponenten des Fußabdruckes verknüpft, zum Beispiel produktive Landflächen wie Felder, Wälder oder Wiesen. Da immer mehr Fläche für die Lebensmittel- und Holzproduktion genutzt werde, stehe weniger Fläche zur Absorption von CO2 bereit. Doch dem Ressourcenraubbau kann Einhalt geboten werden: Würde der weltweite CO2-Ausstoß bis 2030 gemäß dem vom Weltklimarat vorgeschlagenen Szenario um mindestens 30% gesenkt, fiele der Earth Overshoot Day im Jahr 2030 auf den 16. September. Machen wir aber weiter wie bisher, wären die Ressourcen des Planeten schon am 28. Juni erschöpft und wir bräuchten zwei Erden. (ab)

10.08.2015 |

FAO: Globale Lebensmittelpreise erreichen Sechsjahrestief

Getreide
Sinkende Lebensmittelspreise (Foto: SnoShuu/flickr.com)

Die weltweiten Lebensmittelpreise sind im Juli auf den niedrigsten Stand seit sechs Jahren gefallen. Das teilte die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) am Donnerstag mit. Demnach sank der Lebensmittelpreisindex im Juli im Schnitt auf 164,6 Punkte, ein Rückgang um 1,7 Punkte oder ein Prozent im Vergleich zum Vormonat und um satte 40% gegenüber Juli 2014. Damit befindet sich der Index auf dem niedrigsten Stand seit September 2009. Der Index notiert Preise auf internationalen Märkten für fünf bedeutende Warengruppen: Getreide, Fleisch, Milchprodukte, Pflanzenöle und Zucker. Die Analysten führen die Rückgänge auf niedrige Preisen für Milchprodukte und bei Pflanzenölen zurück. Der Milchpreisindex fiel um 7,2% gegenüber Juni, vor allem aufgrund einer schwächeren Importnachfrage aus China, dem Nahen Osten und Nordafrika sowie einer höheren Milchproduktion in der EU. Die Pflanzenölpreise sanken um 5,5% gegenüber dem Vormonat und erreichen im Juli ebenfalls den niedrigsten Wert seit sechs Jahren. Verantwortlich waren der FAO zufolge vor allem Marktentwicklungen bei Palm- und Sojaöl, wie eine gesteigerte Produktion in Südostasien. Auch die anhaltend schwachen Rohölpreise beeinflussten die Pflanzenölpreise. Die Fleischpreise für Rind, Schwein und Geflügel notierten weiterhin stabil. Der Tiefstand des Lebensmittelpreisindex insgesamt verbirgt, dass die Getreidepreise im Juli um 2% leicht anzogen. Damit verzeichnet der FAO-Getreidepreisindex mit 166,5 Punkten jedoch um 10% niedrige Preise als im Juli 2014. Den aktuellen Preisanstieg führt die FAO auf schlechte Witterungsbedingungen für Mais und Weizen in Nordamerika und Europa zurück, wodurch die Preise anzogen. Während der Lebensmittelpreiskrise war der Getreideindex auf Werte von 260 Punkten im März 2008 und im September 2012 erneut auf Spitzenwerte von 255 Punkten geklettert. (ab)

05.08.2015 |

Landkonflikte in Brasilien: 23 Bauern in erster Jahreshälfte getötet

Wald
Umkämpftes Land: Amazonas (Foto: lubasi/flickr.com)

Landkonflikte in Brasilien haben allein in der ersten Jahreshälfte 2015 mindestens 23 Bauern das Leben gekostet. Darauf machte die brasilianische Nichtregierungsorganisation Comissão Pastoral da Terra (CPT) vergangene Woche aufmerksam. Bei den meisten Opfern handelte es sich nach Angaben der kirchlichen Organisation um Kleinbauern oder Landarbeiter ohne eigenes Land, die von Landbesitzern zur Freigabe von besetzten Feldern gezwungen wurden. Zudem sei ein versklavter Bauer erschossen worden, der seinen Besitzer um eine Bezahlung für seine Arbeit gebeten habe, erklärte die Comissão Pastoral da Terra. Im Vorjahreszeitraum waren 20 Bauern getötet worden. Fast alle der in den letzten sechs Monaten getöteten Bauern seien im Amazonasgebiet ums Leben gekommen, wo kleine Landbesitzer oder landlose Bauern häufig mit Großgrundbesitzern in Konflikt geraten. Insgesamt 22 der Todesfälle ereigneten sich in der Amazonasregion, 11 davon im nördlichen Bundesstaat Pará, zehn in Rondônia und ein Mord in Maranhão. Die CPT wirft den zuständigen Behörden Untätigkeit vor angesichts der schwelenden Landkonflikte in der Region. Zudem gebe es Vorwürfe, dass Polizisten und bewaffnete Milizen an den Vorfällen beteiligt seien. Ursache für Landkonflikte seien auch große Infrastrukturprojekte in den Amazonasstaaten, wie der Staudamm Belo Monte, durch die das Leben der indigenen Völker und Gemeinden in der Amazonasregion stark beeinträchtigt würde. Die CPT setzt sich seit den 1970er Jahren für eine Landreform in Brasilien ein, wo sich etwa die Hälfte der Ackerfläche in der Hand von lediglich einem Prozent der Bevölkerung befindet. (ab)

03.08.2015 |

Entwicklungsziele: UN wollen bis 2030 Armut und Hunger besiegen

Rice
Ziel 2: eine Welt ohne Hunger (Foto: Steve Evans/flickr.com)

Die Vereinten Nationen haben sich auf eine neue Entwicklungsagenda für eine Welt ohne Armut und Hunger geeinigt: Vertreter der 193 UN-Mitgliedsstaaten verabschiedeten am Sonntagabend in New York 17 Nachhaltigkeitsziele, die bis 2030 zahlreiche Weltprobleme angehen sollen: „Sie beschäftigen sich mit den Voraussetzungen dafür, dass die gesamte Menschheit ein Leben frei von Armut, Hunger und Ungleichheit führen kann, damit alle Männer, Frauen, Mädchen und Jungen ihr volles Potenzial entfalten können“, sagte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon der Presse. Die Sustainable Development Goals (SDGs), die mit 169 Unterzielen einhergehen, lösen die 2015 auslaufenden Millenniums-Entwicklungsziele (MDGs) ab. Das 29 Seiten starke Papier „Transforming our World: The 2030 Agenda for Sustainable Development“ klingt ambitioniert: Die Armut in allen Formen überall auf der Welt zu beenden, Gleichheit zwischen den Geschlechtern zu schaffen, eine sichere Wasserversorgung und Bildung für alle Menschen zu gewährleisten und dem Klimawandel und seinen Folgen zu trotzen, sind nur einige Punkte. Die neue Agenda nimmt auch Industrie- und Schwellenländer in die Pflicht. Entwicklungsorganisationen und Hilfswerke begrüßten die Einigung, mahnten aber, das Dokument dürfe nicht zum Papiertiger werden und forderten ausreichende Finanzierung für die ehrgeizigen Pläne. Das Hilfswerk Brot für die Welt lobte, dass die vollständige Überwindung des Hungers einen prominenten Platz in der neuen Entwicklungsagenda einnimmt und die Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft und der Kleinbauern ins Zentrum gerückt wird. Ziel 2 enthält acht Unterziele zur Beseitigung des Hungers sowie zur Förderung von Ernährungssicherheit und einer nachhaltigen Landwirtschaft. Bis 2030 sollen alle Menschen das ganze Jahr über Zugang zu angemessener Nahrung erhalten, alle Formen der Mangelernährung beseitigt sein und die Produktivität und das Einkommen kleiner Nahrungsmittelproduzenten verdoppelt werden. Anvisiert ist zudem die Förderung nachhaltiger Agrar- und Nahrungsmittelsysteme, die Ökosysteme bewahren und die Anpassung an den Klimawandel unterstützen, sowie der Erhaltung der Saatgutvielfalt. Die vom Ko-Präsidenten des Weltagrarberichts Hans Herren gegründete Stiftung Biovision, die sich in dem zweijährigen Ausarbeitungsprozess vor allem für Ziel 2 einsetzte, zeigte sich zufrieden und begrüßte, dass der Text dem Komitee für Welternährungssicherheit (CFS) explizit ein zentrale Rolle bei der Hungerbekämpfung und Erreichung von Ernährungssicherheit über die nächsten 15 Jahre zugedacht wird. Der Zielkatalog soll Ende September auf einem Gipfel in New York von den Staats- und Regierungschefs aus aller Welt verabschiedet werden. (ab)

30.07.2015 |

UN-Zahlen: Weltbevölkerung wächst schneller als erwartet

Welt
Die Welt wächst (Foto: Dietmut Teijgeman-Hansen/flickr.com)

Die Weltbevölkerung wird neuen UN-Zahlen zufolge schneller anwachsen als bisher prognostiziert. Im Jahr 2030 sollen 8,5 Milliarden Menschen die Erde bevölkern, 2050 bereits 9,7 Milliarden. Im Jahr 2010 wird es insgesamt 11 Milliarden Menschen auf dem Planeten geben, gibt die UN-Abteilung für Wirtschaftliche und Soziale Angelegenheiten (UN DESA) in ihrem neusten Bericht zur Weltbevölkerung bekannt. Indien wird China in etwa sieben Jahren als das bevölkerungsstärkste Land ablösen, Nigeria in 35 Jahren die USA vom dritten Platz verdrängen. Aber auch Indonesien und Pakistan werden bis 2050 die 300-Millionen-Marke knacken. Die Hälfte des weltweiten Bevölkerungszuwachses soll im Zeitraum 2015 bis 2050 allein auf das Konto von neun Ländern gehen – neben den bereits genannten noch die Demokratische Republik Kongo, Äthiopien, Tansania und Uganda. Die höchste Wachstumsrate berechnen die UN für Afrika. Zwischen 2015 und 2050 werden 28 Länder des Kontinents ihre Einwohnerzahl verdoppeln, zehn Länder sollen bis 2100 sogar um das Fünffache wachsen: Angola, Burundi, die Demokratische Republik Kongo, Malawi, Mali, Niger, Somalia, Uganda, Tansania und Sambia. „Die Konzentration des Bevölkerungswachstums in den ärmsten Ländern bringt eine Reihe an Herausforderungen mit sich und erschwert es, Armut und Ungleichheit auszurotten, Hunger und Mangelernährung zu bekämpfen und den Zugang zu Bildung und Gesundheitssystemen auszuweiten – alles Faktoren, die entscheidend für den Erfolg der neuen Nachhaltigkeitsagenda sind“, sagte John Wilmoth, der Leiter der UN-Bevölkerungsabteilung. Die Bevölkerungsprognosen wurden nach oben korrigiert, weil die Fruchtbarkeitsraten etwas langsamer sinken als erwartet und der Rückgang durch das starke Bevölkerungswachstum in einigen Staaten ausgeglichen wird. Dennoch geht die Zahl der Geburten pro Frau zurück, wodurch die Weltbevölkerung deutlich altert. Die Zahl der Menschen über 60 soll sich bis 2050 mehr als verdoppeln und bis 2010 gar verdreifachen. (ab)

28.07.2015 |

Bauern in Frankreich protestieren gegen Niedrigpreise

Radieschen
Radieschen aus Frankreich (The LEAF Project/flickr.com)

Französische Bauern protestieren schon seit Tagen gegen sinkende Erzeugerpreise und Wettbewerbsverzerrung. Am Montag blockierten Landwirte Straßen an der Grenze zu Deutschland und Spanien, um die Einfuhr von ihrer Ansicht nach zu billigen Agrarprodukten aus den Nachbarländern zu verhindern. Seit Sonntagabend wurden im Elsass rund 300 LKW mit Ware für den französischen Markt gestoppt, bis zu 1500 Bauern nahmen abwechselnd an den Aktionen teil, verkündete der Vorsitzende der regionalen Föderation der Bauerngewerkschaften (FDSEA), Franck Sander. Einige mit Lebensmitteln beladene Lastwagen mussten umkehren. Die Straßensperren reihen sich in die bereits seit Tagen anhaltenden Proteste gegen die nicht kostendeckenden Preise ein. Vergangene Woche waren Touristenattraktionen wie der Mont Saint Michel in der Bretagne Ziel von Blockaden. Auch Viehzüchter gehen schon seit Tagen gegen niedrige Erzeugerpreise für Fleisch und Milch auf die Straße. Die Bauern sehen als Ursache für das Preistief die Konkurrenz durch billige Agrarprodukte aus dem Ausland und sprechen von Wettbewerbsverzerrung. Durch den Einsatz von Erntehelfern aus Osteuropa hätten deutsche Landwirte niedrigere Arbeitskosten als ihre französischen Kollegen zu tragen, während die Bauern in Frankreich mit mehr Bürokratie und Auflagen im Bereich Umweltschutz zu kämpfen hätten. Verschärft würde die Lage durch das russische Embargo für Agrarerzeugnisse aus Europa, die sinkende Nachfrage aus China und das Ende der Milchquote. Regierungsangaben zufolge steht jeder zehnte Agrarbetrieb in Frankreich vor dem Ruin. Insgesamt haben die Landwirte einen Schuldenberg von einer Milliarde Euro angehäuft. Französische Bauerngewerkschaften warnen vor einer hoffungslosen Generation von Jungbauern im Land, die unter der Schuldenlast zunehmend von Depressionen und Selbstmordgedanken geplagt werde. Die Regierung kündigte am Mittwoch ein 600 Millionen Euro schweres Hilfsprogramm mit Steuererleichterungen, der Stundung von Abgaben und Lohngarantien an. Den Landwirten gingen die Maßnahmen jedoch nicht weit genug – die Proteste setzen sich fort. (ab)

24.07.2015 |

Landwirtschaft und Getreideanbau älter als bisher angenommen

Weizen
Landwirtschaft hat eine lange Tradition (Foto: Bernat Casero/flickr.com)

Die Ursprünge der Landwirtschaft liegen deutlich länger zurück als gedacht – rund 23.000 Jahre. Während bisher angenommen wurde, dass die Menschen mit dem Ackerbau vor etwa 12.000 Jahren begannen, berichten Forscher im Fachblatt PLOS ONE nun, dass mit der Kultivierung von Pflanzen bereits 11.000 Jahre früher experimentiert wurde. Wissenschaftler mehrerer Universitäten untersuchten die Siedlung Ohalo II am See Genezareth, die überflutet und erst 1989 entdeckt wurde, als der Wasserstand des Sees zurückging. Sie fanden dort nicht nur Reste von Wildgetreide, sondern auch von Unkräutern, die mit dem Ackerbau einhergehen. „Während die vollwertige Landwirtschaft sich erst viel später entwickelte, zeigt unsere Studie, dass der versuchsweise Anbau schon weitaus früher begann, als wir bisher angenommen haben. Das gibt uns Grund dazu, die Fähigkeiten unserer Ahnen in einem neuen Licht zu sehen“, sagte Professor Marcelo Sternberg vom Department of Molecular Biology and Ecology of Plants, einer der Autoren der Studie. Anhaltspunkt für die frühe Kultivierung war das Auffinden von Überresten von Unkräutern im Camp von Ohalo II, wo Fischer, Jäger und Sammler eine menschliche Siedlung etablierten. „Da Unkräuter in kultivierten Feldern und bearbeitetem Boden bestens gedeihen, gilt eine signifikante Präsenz von Unkräutern in archäobotanischen Ansammlungen, die von neolithischen Anlangen und Siedlungen späteren Datums entnommen wurden, gemeinhin als Anzeichen für systematischen Anbau“, so die Studie. Aus etwa 150.000 Pflanzenproben bestimmten die Forscher, dass die frühen Menschen über 140 Pflanzenarten gesammelt hatten, einschließlich 13 Unkräuter, die mit essbaren Getreidesorten, wie wildem Emmer, wilder Gerste und Hafer vermischt waren. Die Wissenschaftler fanden eine Mahlplatte, ein Gerät aus Stein, mit dem die Getreidekörner entfernt wurden – ein Zeichen dafür, dass sie für den Verzehr verarbeitet wurden. Ein hoher Anteil dieser Getreidepflanzen wies Veränderungen an der Ähre auf, die die Forscher auf längerfristige Kultivierung zurückführen. „Bereits vor der Entstehung eines vollständig entwickelten Landbaus hatten Menschen grundlegende Kenntnisse von Landwirtschaft und - noch bedeutsamer - sie handelten vorausschauend und planten“, berichtet Professor Ehud Weiss von der Bar-Ilan University, der Hauptautor der Studie. (ab)

22.07.2015 |

Forscher warnen vor Zunahme der Mangelernährung durch Bienensterben

Biene
Biene bei der Arbeit (Foto: Bob Peterson/flickr.com)

Das Aussterben der Bienen hätte nicht nur gravierende Folgen für die Landwirtschaft, sondern auch für die menschliche Gesundheit, da die weltweite Mangelernährung zunehmen würde. Darauf macht eine neue Studie im Fachblatt The Lancet aufmerksam. Demnach würden der vollständige Wegfall der Bestäubungsleistung der Bienen jedes Jahr zusätzlich 1,4 Millionen Menschen das Leben kosten, da weniger Obst, Gemüse und Getreide geerntet würde und so der Mangel an Vitaminen und Mikronährstoffen zunähme. Wissenschaftler um Samuel Myers von der Harvard T.H. Chan Hochschule für Gesundheitswesen in Boston nahmen den Verzehr von 224 Nahrungsmitteln in 156 Ländern unter die Lupe. Sie bestimmten deren Nährstoffzusammensetzung sowie die Abhängigkeit von der Bestäubung durch Bienen und andere Insekten. Dann berechneten sie die Aufnahme von Vitamin A, Folsäure, Früchten, Gemüse und Nüssen pro Kopf in den einzelnen Ländern, um abschätzen zu können, wie sich Ernterückgänge bei diesen Lebensmitteln und der Ersatz der Kalorien durch andere Grundnahrungsmittel auf die menschliche Gesundheit auswirken. Das Aussterben der Bestäuber würde im Schnitt zu einem Rückgang von 23% bei der Ernte von Früchten, 16,3% bei Gemüse und 22,1% bei Nüssen und Samen führen. Die Folge wäre ein Mangel an Vitamin A und Vitamin B, der vor allem für Schwangere und Kinder fatal ist. Betroffen von Ernterückgängen wären gerade Lebensmittel, die vor nicht übertragbaren Krankheiten, wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und einigen Krebsarten schützen sollen. Zu den ohnehin 2 Milliarden Menschen, die weltweit an Mangelernährung leiden, könnten durch einen Totalausfall der Bestäuber in armen Ländern weiteren 71 Millionen Menschen mit Vitamin-A-Mangel hinzukommen. Von einem Folsäuremangel wären 173 Millionen neu betroffen. Durch Mangelernährung bedingte Krankheiten könnten somit 1,42 Millionen Todesfälle verursachen – eine Zunahme von 2,7%. Verschwände nur die Hälfte der Bestäuber, würden sich diese Zahlen in etwa halbieren. Die Wissenschaftler betonten, dass in den meisten Ländern die Gesundheitsfolgen durch mangelnde Nährstoffversorgung vorrangig von heimischen Pflanzen und Feldfrüchten abhängen und nicht von Importen. „Das bedeutet, dass die meisten Länder stark profitieren, wenn sie sich um ihre Bestäuberbestände kümmern und dadurch sowohl ihre öffentliche Gesundheit als auch ihre Ernteerträge schützen“, rät Matthew Smith, der Hauptautor der Studie. (ab)

15.07.2015 |

Studie: Agrarinvestitionen in Tansania fördern Landraub statt Kleinbauern

Tansania
Landbearbeitung in Tansania (Foto: Geoff Sayer/Oxfam)

Statt Kleinbauern zu unterstützen und Armut zu mindern, leisten großangelegte Agrarinvestitionen in Tansania vermehrt Landkonflikten und Landgrabbing Vorschub. Das dokumentiert eine am Montag veröffentlichte Studie des Hilfswerks MISEREOR. Im Rahmen der 2012 von den G7-Staaten geschaffenen „Neuen Allianz für Ernährungssicherung in Afrika“ sollte im Süden Tansanias mithilfe privater Investitionen aus dem Ausland eine moderne Landwirtschaft auf den Weg gebracht werden. Die Schaffung des landwirtschaftlichen Wachstumskorridors SAGCOT (Southern Agricultural Growth Corridor of Tanzania) sollte zwei Millionen Menschen aus der Armut zu befreien. „Das Ziel von SAGCOT ist es, integratives, wirtschaftlich erfolgreiches Agribusiness zu fördern, das den Kleinbauern der Region zugute kommt und damit die Ernährungssicherheit verbessert, ländliche Armut verringert und umweltverträglich ist“, verkündet die Webseite. Doch eben diese Zielgruppe scheint nun als Verlierer dazustehen: „Die Studie zeigt auf, dass Kleinbauern bislang kaum von den Produktionssteigerungen und den in Aussicht gestellten Zugängen zu nationalen und internationalen Absatzmärkten profitieren und häufig ihr Land durch die Schaffung von Großplantagen verlieren“, betont Kerstin Lanje, Expertin für Welthandel und Ernährung bei MISEREOR. Auch die Schaffung von Arbeitsplätzen kristallisiere sich oft als leeres Versprechen heraus. Statt fester Anstellungen mit sicheren Einkommen böten die Investoren auf den Plantagen der umliegenden Dörfer nur unsichere Jobs als Tagelöhner. „Das Versprechen, Kleinbauern als Vertragsbauern einzubinden und ihnen Absatzmärkte zu sichern, wird ebenfalls viel zu selten eingelöst“, erklärt Lanje. Auch Zusagen wie der Bau von Straßen oder eine bessere Ausstattung von Schulen und Gesundheitseinrichtungen im Gegenzug für die Übertragung von Land würden zum Teil gar nicht oder nur unzureichend umgesetzt. Dagegen drohen Landkonflikte aufzukeimen, sagt Benedict Mongula, Professor am Institut für Development Studies (IDS) der Universität Dar Es Salaam und Mitherausgeber der Studie: „Mit zunehmender Landknappheit werden Viehhalter und Kleinbauern vermehrt um das Land, das die Investoren in Tansania übrig lassen, kämpfen.“ Was nun auf dem Land angebaut wird, dient laut der Studie immer weniger der Ernährung der Bevölkerung. „Statt Grundnahrungsmittel anzubauen und so den Grundbedürfnissen der Menschen nachzukommen, setzen die Investoren auf den Export von Kaffee oder Jatropha und versuchen gleichzeitig, Tansania als Markt für die eigenen Produkte wie Saatgut, Pestizide, Herbizide und chemische Düngemittel zu erschließen“, kritisiert MISEREOR. Das Hilfswerk fordert die Bundesregierung und die an SAGCOT beteiligten Akteure dazu auf, sich an den Bedürfnissen der Kleinbäuerinnen und -bauern zu orientieren, die sie vorgeblich unterstützen wollen. (ab)

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