Bodenfruchtbarkeit und Erosion

Eine Handvoll Ackerboden enthält mehr Organismen als Menschen auf diesem Planeten leben. Die dünne Erdkrume, in und auf der sich das Landleben unseres Planeten abspielt, ist das Produkt jahrhundertelanger, permanenter Zersetzungs-, Umwandlungs- und Aufbauprozesse unzähliger, größtenteils sehr kleiner Lebewesen, von denen uns bis heute nur ein Bruchteil bekannt sind.„Boden, die Nährstoffgrundlage des Pflanzenwachstums, ist selbst Produkt organischer Lebensprozesse, also ökologisches Grundkapital der Landwirtschaft. Der Zustand der Böden ist sehr verschieden, aber nach globalen Schätzungen sind 23% allen Nutzlandes mehr oder weniger geschädigt: ein Grund zu ernster Besorgnis. Zu den wichtigsten Degradierungsprozessen gehören Erosion, Versalzung, Staunässe, Verdichtung, Verhär- tung, Versauerung, Verlust organischer Substanz, Nährstoff- verlust, biologische Verarmung und Vergiftung des Bodens. Sie alle werden von der Landwirtschaft beeinflusst.“ (Global, S. 39)Dass gesunder Boden, seine langfristige Fruchtbarkeit, Widerstands- und Regenerationsfähigkeit eine sehr empfindliche Grundlage aller Landwirtschaft ist, haben menschliche Zivilisationen seit dem Übergang zum Ackerbau immer wieder schmerzhaft erfahren.

Fehler bei seiner Bewirtschaftung und Pflege machten sich oft zu spät bemerkbar, um die Folgen noch abwenden zu können. Manche bewährten Methoden – etwa die Brandrodung, mit der traditionell Waldflächen für begrenzte Zeit in Äcker verwandelt und dabei Nähr- stoffe in den Boden eingearbeitet wurden, oder mehr- jährige Brache zur Erholung des Bodens – sind dem heutigen Bedarf einer wachsenden Bevölkerung an fruchtbaren Flächen nicht mehr angemessen.„Bodenverschlechterung in der einen oder anderen Form findet in praktisch allen Ländern der Welt statt. Etwa 2 Milliarden Hektar sind davon betroffen. Wasser- und Winderosion sind für 84% der Erosionsschäden verantwortlich, die größtenteils auf unangemessene Bodenbewirtschaftung sowohl in Subsistenz- systemen als auch in mechanisierten zurückzuführen sind.“ (Global, S. 24)Tropische Böden, bei denen der größte Teil der organischen Substanz auf und über der Oberfläche auf einer besonders dünnen Bodenkrume lebt, sowie die ältesten Böden der Welt in den subtropischen, trockenen Ebenen Afrikas, gehören zu den empfindlichsten Ackerflächen. Dagegen sind die hiesigen, tiefgründigeren und humusreicheren Böden widerstandsfähiger und belastbarer.„Wissenschaftler taxieren die globalen Kosten der Bodenero- sion auf über 400 Milliarden US-Dollar jährlich. Dies beinhaltet die Kosten für Bauern ebenso wie indirekte Schäden an Wasserwegen, Infrastruktur und Gesundheit.“ (Global, S. 518)

Aufbau, Erhalt und Pflege der Fruchtbarkeit der welt- weit höchst unterschiedlichen Bodentypen unter diversen klimatischen Bedingungen gehören zu den komplexesten Aufgaben der Landwirtschaft. Dreh- und Angelpunkt ist meist der Humusgehalt des Bodens. Nur bei ausreichendem Anteil dieser abgestorbenen organischen Substanz ist die Vielzahl der erforder- lichen Nährstoffe so verfügbar, dass sie im Wasser gelöst und von den Pflanzen aufgenommen werden kann.„Innovatives Boden- und Anbaumanagement kann den Anteil der organischen Substanz erhöhen und so die Ernte erhalten oder steigern. Dieser Anteil an organischer Substanz beträgt typischerweise 50-65% des Anteils vor ihrer Kultivierung. Zu den Strategien zur Steigerung des organischen Anteils gehören die Integration von Pflanzen- und Tierproduktion in kleinen Gemischtsystemen; pfluglose Bearbeitung; Gründüngung, Gülle- und Schlammausbringung; verbesserte Beweidung; Gewässerschutz und Wasserernte, effektive Bewässerung und Agroforstwirtschaft.“ (Global, S. 175)An der Bodengare, dem optimalen Zustand zur Bepflanzung, haben Generationen von Landwirten und Bodenkundlern der verschiedenen Kulturen geforscht und getüftelt. Tierische und menschliche Exkremente, stickstofffixierende Leguminosen, Mulchtechniken, Kompost und geeignete Fruchtfolgen spielen dabei eine ebenso wichtige Rolle wie Aufbereitung und Schutz der Bodenstruktur, Durchwurzelung, Belüftung, Schatten, Wasseraufnahme und -speicherung, Windschutz, Vermeidung von Abschwemmung, Terrassierung und vor allen Dingen die Vielzahl der Bodenbewohner von Würmern, Springschwänzen und Asseln bis zur richtigen Mischung von Bodenbakterien und Pilzen. >>mehr

Fakten & Zahlen

Mehr als 24 Milliarden Tonnen Boden gehen weltweit jedes Jahr durch Erosion verloren – das sind jährlich mehr als 3 Tonnen Boden je Erdbewohner!

Etwa 970 Millionen Tonnen fruchtbarer Boden gehen in der Europäischen Union jedes Jahr durch Wassererosion verloren – genug Erde, um die gesamte Stadt Berlin einen Meter anzuheben.

Die Kosten der Bodendegradation belaufen sich weltweit auf 6,3 bis 10,6 Billionen US-Dollar jährlich - etwa 10 bis 17% der Weltwirtschaftsleistung. Denn die Bodenzerstörung verursacht Verluste an Ökosystemleistungen durch Landressourcen, z.B. für die Lebensmittelproduktion, Nährstoffkreisläufe und Wasserfiltration oder für das Klima aufgrund der Bedeutung von Böden als Kohlenstoffsenke.

Etwas weniger als 10% des Ackerlandes der Erde liegen in China, doch die Volksrepublik verwendet etwa ein Drittel des Kunstdüngers weltweit. Chinas Getreideproduktion hat sich zwischen 1980 und 2008 um das 1,5-fache vergrößert. Während sich die Ackerlandfläche dabei stetig verringert hat, verdreifachte sich der Düngemitteleinsatz.

Während der letzten 60 Jahre hat sich die Siedlungs- und Verkehrsfläche in Deutschland mehr als verdoppelt. Im Jahr 2014 wurde täglich eine Fläche von 69 Hektar neu ausgewiesen - meist zulasten der Landwirtschaft und fruchtbarer Böden. Das entspricht etwa der Größe von 100 Fußballfeldern. Das Ziel der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie, bis 2020 die Neuinanspruchnahme von Flächen für Siedlungen und Verkehr auf 30 Hektar pro Tag zu verringern, rückt in weite Ferne.

Etwa 98% des Kalorienverbrauchs in Afrika stammt von lokalen Böden. Diese speichern ca. 200 Gigatonnen organischen Kohlenstoff – 2,5-mal so viel, wie die Pflanzen des Kontinents enthalten.

Grundlagen

Bewegung

  • Rettet unsere Böden Kampagne von vielen NGOs und Unternehmen anlässlich des Internationalen Jahr des Bodens
  • Bodenwelten Internetportal zur Information über die Vielfalt der Böden
  • FiBL Forschungsschwerpunkt Bodenwissenschaften
  • NABU Die Bodenfruchtbarkeit erhalten: Basisinfos zum Ökologischen Landbau

Literatur

Videos: Boden

Let's talk about soil (dt.)

Video zum Jahr des Bodens

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