Nachrichten

25.11.2014 |

Studie macht Biodiversitätsverlust verantwortlich für den Bienenschwund

Biene
Fleißige Bienen bei der Arbeit (Foto: Jack Wolf/flickr.com, http://bit.ly/1VUQfBx, https://creativecommons.org/licenses/by-nd/2.0/)

Der Rückgang der Bienenpopulationen in den letzten Jahrzehnten ist vor allem dem Verlust ihrer bevorzugten Pflanzen geschuldet. Zu diesem Fazit gelangt eine neue Studie, die am Montag im Fachjournal Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) erschien. Forschern der Universität Wageningen zufolge ist die abnehmende Pflanzenvielfalt ausschlaggebender für das Bienensterben als andere Faktoren, wie höhere Temperaturen infolge des Klimawandels. Die Wissenschaftler hatten Pollenreste an 57 Wildbienenarten analysiert, die vor 1950 in den Niederlanden gesammelt wurden, und so auf die bevorzugte Ernährung der Bienen geschlossen. Die Ergebnisse setzen sie mit Daten zur Entwicklung der Bienenbestände und ihrer Futterpflanzen im 20. Jahrhundert in Verbindung. Demnach verfügten die Bienen über bestimmte Lieblingspflanzen. „Wir haben die Bedeutung einer Reihe möglicher Faktoren für den Rückgang von Wildbienen untersucht und zeigen, dass der Verlust ihrer bevorzugten Wirtspflanzenarten einer der Hauptfaktoren für den Rückgang der Populationen in den Niederlanden darstellt”, so Dr. Jeroen Scheper vom Alterra Research Institute. Einfluss habe auch die Körpergröße, da größere Bienenarten mehr Pollen zum Überleben benötigen, der in landwirtschaftlich intensiv genutzten Gebieten mit geringer Pflanzenvielfalt schwerer zu finden ist. Laut den Forschern spielen die Vielfalt der Ernährung und andere mögliche Faktoren wie die Länge der Flugzeiträume und der Klimawandel keine bedeutende Rolle für die Entwicklung der Bienenpopulationen im 20. Jahrhundert. Entscheidend sei der Verlust natürlicher Lebensräume wie Wiesen, die zunehmend für die intensive Landwirtschaft genutzt werden, wodurch Wildblumen verschwinden und den Bienen ihre Nahrung entzogen wird. „Die Ergebnisse zeigen, dass Strategien um den Verlust von Wildbienen aufzuhalten, nur effektiv sein werden, wenn sie die bestimmten Futterpflanzen schwindender Bienenarten ins Visier nehmen“, schreiben die Forscher. Während über Ursachen des Bienensterbens heiß diskutiert wird, ist die Bedeutung der Bienen unumstritten: Sie sind unverzichtbar für die Landwirtschaft und bestäuben bis zu 80% der Pflanzen, die für die menschliche Ernährung grundlegend sind.

25.11.2014 |

Schulessen in Deutschland: Fleisch in Massen, Gemüse in Maßen

Lunch
Viel Fleisch, wenig Gemüse (Foto: Ishikawa Ken/flickr)

In deutschen Schulen kommt zu viel Fleisch und zu wenig Gemüse auf den Teller. Das zeigt eine Studie zur Schulverpflegung, die am Dienstag in Berlin vorgestellt wird. Im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft hat die Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften den Schulköchinnen und -köchen über die Schulter geschaut. „Nach wie vor kommt Fleisch noch zu häufig in den Gerichten vor“, zitiert die Welt vorab aus der Studie. Rund die Hälfte der untersuchten Speisepläne umfasse zu wenig Gemüse und zu viele Süßspeisen. Damit entsprachen sie nicht den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), die zu ausgewogener und überwiegend pflanzlicher Kost mit reichlich Getreideprodukten und Kartoffeln sowie viel Obst und Gemüse rät. Auch die Vielfalt auf den Tellern kommt zu kurz: Nur in 16% der Grundschulen und 27% der weiterführenden Schulen können die Kinder und Jugendlichen zwischen mehr als zwei Gerichten wählen. In jeder zweiten Grundschule ist sogar nur ein Menu im Angebot. In nur 39% der Schulen steht für die Mittagspause mehr als eine Dreiviertelstunde zur Verfügung, wie es die DGE-Standards empfehlen. Für die Studie befragten die Forscher deutschlandweit über 1500 Schulleitungen, 212 Schulträger und mehr als 12.000 Schüler im Primar- und Sekundarbereich. Die Folgen einer unausgewogenen Ernährung mit zu viel Fett und Zucker sind in Deutschland bereits unübersehbar: 15% aller Kinder und Jugendlichen sind übergewichtig, 6% der Kinder gelten gar als fettleibig.

20.11.2014 |

Welternährungskonferenz sagt Mangelernährung den Kampf an

Vielfalt
Vielfalt gegen Nährstoffmangel (Foto: Bioversity International)

Die internationale Gemeinschaft will ihren Kampf gegen Hunger und Mangelernährung intensivieren. Dies wurde auf der Konferenz zu Ernährung in Rom verkündet, auf der Vertreter von Regierungen, UN-Organisationen und der Zivilgesellschaft versammelt sind. Gleich bei der Eröffnung am Mittwoch verabschiedeten über 170 Staaten die „Erklärung von Rom zu Ernährung“ und ein Aktionsrahmenwerk mit Empfehlungen für Politiken und Programme in diesem Bereich. Noch immer hungern weltweit 805 Millionen Menschen und 2 Milliarden mangelt es an Nährstoffen und Vitaminen, während 1,5 Milliarden übergewichtig oder fettleibig sind. Die FAO betonte, dass Ernährungssysteme - die Art wie Lebensmittel produziert, verarbeitet, verteilt, vermarktet und zubereitet werden - im Kampf gegen die Mangelernährung eine wichtige Rolle spielen, weshalb einige der Handlungsempfehlungen darauf abzielen, dass diese Systeme nachhaltiger werden und eine vielfältige, gesunde Ernährung fördern. So rät Punkt 9 Regierungen, „die lokale Lebensmittelerzeugung und -verarbeitung zu stärken, vor allem von Kleinbauern und Familienbetrieben, mit besonderem Fokus auf die Gleichstellung von Frauen“. Zudem sollten „Programme körperliche Betätigung, eine diversifizierte Ernährung und den Konsums von Lebensmitteln fördern, die reich an Mikronährstoffen sind wie Obst und Gemüse, einschließlich traditioneller lokaler Lebensmittel.“ In der Erklärung geloben die Staaten zwar, den Hunger zu beenden und gegen alle Formen der Mangelernährung vorzugehen. Konkrete Maßnahmen und Verpflichtungen enthält sie aber nicht. Auch der Empfehlungskatalog ist freiwilliger Natur, wie gleich vorweg betont. Sascha Hach von „Brot für die Welt“ bezeichnete die Erklärung gegenüber der Deutschen Welle als „zahnlos“, allerdings könnten „Milchzähne wachsen, wenn die Zivilgesellschaft bei der Überwachung beteiligt werde. Brot für die Welt kritisierte zudem, die Konferenz vernachlässige, dass wenige Nahrungsmittel- und Agrarkonzerne das Angebot mit stark fett- und zuckerhaltigen Produkten dominieren, verstärkt auch Entwicklungsländer mit industriell gefertigten Lebensmitteln überschwemmen und so lokale Produkte mit hohem Nährstoffgehalt verdrängen. Nötig seien daher Handelsrichtlinien, die den lokalen Anbau gesunder Nahrungsmittel favorisieren. Doch das klammere der Aktionsplan aus. Die Konferenz dauert noch bis zum 21. November. Heute mahnte der Papst dort, dass der Kampf gegen Hunger und Unterernährung behindert werde durch die „Priorität des Marktes“ und den „Primat des Profits“, die Nahrungsmittel zu einem Handelsgut wie andere reduziert haben.

20.11.2014 |

Bericht warnt vor hoher Grundwasserbelastung durch Nitrate in NRW

Gülle
Gülleausbringung (Foto: Chesapeake Bay Program/flickr)

Rund 40% der Grundwassergebiete in Nordrhein-Westfalen befinden sich aufgrund einer zu hohen Nitratbelastung derzeit in einem chemisch schlechten Zustand - in landwirtschaftlich intensiv genutzten Gebieten seit 20 Jahren auf gleichbleibend hohem Niveau. Zu diesem Ergebnis kommt ein Bericht des Umweltministeriums (LANUV), der am Dienstag in Düsseldorf vorgestellt wurde. Dazu wurden Daten von Messstellen für den aktuellen Zeitraum 2010-2013 sowie für die langjährige Entwicklung seit 1992 ausgewertet. Zwar gab es in einigen Gebieten kaum Überschreitungen des Grenzwerts von 50 Milligramm pro Liter, in Gegenden im Norden und Westen des Landes wurden hingegen hohe und gar steigende Nitratwerte gemessen. „In Gebieten mit Ackernutzung erreichen die aktuellen Nitratkonzentrationen im oberflächennahen Grundwasser Spitzenwerte bis über 300 mg/l“, so der Bericht. Ein Grund für die hohe Belastung sei ein zu großer Eintrag von Nährstoffen auf landwirtschaftlichen Flächen, insbesondere durch erhebliche Mengen von Gülle aus Schweine-, Rinder- oder Hühnerhaltung und Gärresten aus Biogasanlagen, erklärte Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) bei der Präsentation. Im Bericht heißt es: „Die Auswertungen zeigen eindeutig, dass das Belastungsniveau sowie auch die Häufigkeit der Qualitätsnormverletzungen bei den Messstellen mit hauptsächlicher Beeinflussung durch landwirtschaftliche Nutzflächen im Zustromgebiet (…) mit einem Anteil von aktuell ca. 22,2% landesweit signifikant höher ist als bei den übrigen Messstellen mit anderen Landnutzungseinflüssen.“ Zugleich präsentierte das Ministerium den Nährstoffbericht 2014, wonach gerade in einigen Kreisen des Münsterlands und am Niederrhein so viel Gülle anfalle, dass diese dort nicht umweltverträglich wieder in den Nährstoffkreislauf eingebracht werden könne. Insgesamt wurden in NRW etwa 140.000 Tonnen Stickstoff durch Gülle oder Festmist auf die Felder aufgebracht.

17.11.2014 |

Gentechnik-Verunreinigung: Monsanto zahlt $2,4 Millionen an US-Weizenfarmer

Weizen
Weizenfeld in Oregon (Foto: WebbShots/flickr.com)

Der US-Agrarkonzern Monsanto muss 2,4 Millionen Dollar zahlen, um Weizenproduzenten für finanzielle Einbußen zu entschädigen, die ihnen durch den Fund von nicht zugelassenem, gentechnisch verändertem Weizen des Konzerns entstanden sind. Am Mittwoch einigte sich Monsanto außergerichtlich mit Weizenfarmern aus den Bundesstaaten Oregon, Idaho und Washington State, die den Konzern 2013 verklagt hatten. Im Mai 2013 war eine von Monsanto entwickelte gentechnisch veränderte Weizensorte, die gegen das Herbizid Roundup Ready resistent ist und für die von den US-Behörden keine Genehmigung vorliegt, auf einem Feld in Oregon gefunden worden. Daraufhin stellten Südkorea und Japan vorübergehend die Weizenimporte ein, da sie eine gentechnische Verunreinigung befürchteten. Die Weizenproduzenten erlitten dadurch hohe Gewinneinbußen. Nun zahlt Monsanto im Rahmen des Vergleichs insgesamt 2,4 Milliarden US-Dollar - 2,1 Millionen davon an einen Fond für Weizenfarmer in den Staaten Washington, Oregon und Idaho, die zwischen Mai und November 2013 Weichweizen des Typs „Soft White Wheat“ verkauft hätten. Der Restbetrag geht an mehrere Erzeugerverbände. Damit sind drei Sammelklagen gegen den Konzern vom Tisch. Monsanto betonte jedoch, der Vergleich erkenne keine generelle Haftung an und gelte nur für die genannte Weizensorte. Wie genau der GVO-Weizen auf die Felder in Oregon gelangte, ist unklar, da Freilandversuche dort 2001 endeten. Es handelt sich nicht um den einzigen Fall: Das US-Landwirtschaftsministerium hatte im September auf einem Gelände der Universität des US-Bundesstaates Montana ebenfalls Gentechnik-Weizen von Monsanto gefunden, dort wurden von 2000 bis 2003 Feldversuche durchgeführt. Gentechnisch veränderter Weizen ist bisher nirgendwo auf der Welt für den kommerziellen Anbau zugelassen. Monsanto hatte zwar Freilandversuche durchgeführt, aber letztlich keine Marktgenehmigung beantragt.

13.11.2014 |

Studie: Ernährungswandel käme Gesundheit und Umwelt zugute

Gemüse
Gut für Gesundheit und Umwelt (Foto: Olearys/flickr.com)

Eine gesündere Ernährung könnte zugleich die Umweltbelastung durch die Lebensmittelproduktion erheblich reduzieren. Dies zeigt wieder einmal eine Studie, die am Mittwoch im Fachjournal Nature erschien. Wissenschaftler der Universität Minnesota werteten Daten der letzten 50 Jahre zu den 100 bevölkerungsreichsten Ländern aus. Sie nahmen Ernährungstrends, die Umweltfolgen der Landwirtschaft, ernährungsbedingte Krankheiten und das Bevölkerungswachstum unter die Lupe. „Wir zeigen, dass die gleichen Änderungen der Ernährungsgewohnheiten, die unser Leben ein Jahrzehnt verlängern können, auch massiven Umweltschäden vorbeugen würden“, sagt Ökologie-Professor G. David Tilman. Mit steigenden Einkommen seit 1961 konsumierten die Menschen in weiten Teilen der Welt mehr Fleisch und „leeren Kalorien“ in Form von nährstoffarmen Produkten mit hohem Energiegehalt. Diese aktuellen Trends verknüpften die Forscher mit Prognosen zur Bevölkerung und Einkommen. Demnach essen die Menschen bis 2050 weniger Obst und Gemüse, aber 60% mehr „leere Kalorien“ und 25-50% mehr Schweine-, Geflügel- und Rindfleisch, Milchprodukte und Eier. Dies begünstigt das Auftreten von Typ-2-Diabetes, Herzkrankheiten und anderen nichtübertragbaren Erkrankungen, die die Lebenserwartung senken. Ein Weiter wie bisher in der Ernährung würde bis 2050 zu einem Anstieg der Treibhausgasemissionen aus der Lebensmittelproduktion um 80% und zur Zerstörung von Lebensräumen durch Abholzung für die Landwirtschaft führen. Die Studie verglich die omnivore Ernährung mit der traditionellen mediterranen Küche, einer Ernährung mit nur Fisch als tierisches Protein und Vegetarismus. Ein Wechsel zu dieser alternativen Ernährung könnte das Auftreten von Diabetes-Typ-2 um 16-41%, Krebs um 7-13% und Todesfälle aufgrund von Herzkrankheiten um bis zu 20% senken im Vergleich zur Allesfresser-Ernährung. Zugleich könnten diese Ernährungsformen die Steigerung der Treibhausgasemissionen und die Zerstörung von Lebensräumen, die durch die Fortführung gegenwärtiger Ernährungstrends und Bevölkerungswachstum drohen, größtenteils bis komplett verhindern. „Die Umsetzung von Lösungen bei der Ernährung für das eng verknüpfte Trilemma Ernährung-Umwelt-Gesundheit ist eine globale Herausforderung und eine bedeutende Chance für die Umwelt und öffentliche Gesundheit“, schreiben die Forscher.

12.11.2014 |

Deutsche misstrauen Absichten von Agrarkonzernen bei Hungerbekämpfung

Pestizide
Neue Abnehmer für Pestizide? (Foto: IRRI Photos/flickr)

Zwei Drittel der Deutschen sind der Auffassung, dass Agrar- und Chemiekonzerne sich lediglich aus Profitinteressen in Initiativen zur Hungerbekämpfung betätigen. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts forsa, die Oxfam in Auftrag gegeben hatte. Nur 28% der Befragten glauben, dass hinter dem Engagement von Konzernen wie Bayer und BASF soziale Aspekte stehen. Das Bundesentwicklungsministerium (BMZ) kooperiert seit einem Jahr in der German Food Partnership (GFP) mit deutschen Agrarriesen. Die Kampagne „Keine Entwicklungshilfe für Agrarkonzerne“ kritisiert, die GFP unterstütze statt Kleinbauern Konzerne dabei, ihre Absätze zu steigern und sich neue Märkte zu erschließen. Zwar befürwortete die Mehrheit der von forsa Befragten generell die Zusammenarbeit der Bundesregierung mit der Privatwirtschaft, um den weltweiten Hunger zu bekämpfen, doch die Art der Landwirtschaft sei entscheidend. Zur Hungerbekämpfung eine Landwirtschaft zu verfolgen, die auf eine Steigerung der Produktion durch entsprechenden Maschinen- oder Düngemitteleinsatz setzt, lehnte die Mehrheit der Befragten ab. Rund 85% befürworteten „eine Landwirtschaft, die traditionelle Anbaumethoden bewahrt und Böden und Ressourcen schon“. Doch Oxfam zufolge drücken die Konzerne im Rahmen der GFP massiv ihr Hightech-Saatgut und die dazu passenden Pestizide auf den Markt. Während das BMZ von „produktneutralen Schulungen“ der Bauern spricht, tauchte Anfang Oktober ein Clip für eine TV-Reality Show in Thailand auf, in der zwei Bauernteams um die höchsten Erträge konkurrieren - gefördert durch Chemiekonzern BASF und die GFP mit Geldern der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Bauern sollen so im sicheren Umgang mit Pestiziden geschult werden, Alternativen zur Chemiekeule bleiben außen vor. Oxfam kritisiert auch fehlende Transparenz: „Niemand weiß, was das BMZ mit den Konzernen vereinbart hat, wohin die Steuergelder fließen und wer mit wem in welchen Projekten kooperiert“, so Oxfam-Wirtschaftsexperte David Hachfeld. Am Dienstag übergab Oxfam dem BMZ mehr als 65.000 Unterschriften gegen die Unterstützung von Agrarkonzernen in der GFP.

10.11.2014 |

FAO-Konzept der Familienlandwirtschaft erntet Kritik

Soja
Laut FAO ein Familienbetrieb? (Foto: United Soybean Board)

Die Welternährungsorganisation FAO vermittelt ein geschöntes Bild der Lage von Kleinbauern und vernachlässigt den „wichtigsten Faktor, der die Fähigkeit von Kleinbauern beeinflusst, Nahrung zu produzieren: den fehlenden Zugang zu Land.“ Das ist das Fazit eines von Reuters publizierten Artikels, in dem die Nichtregierungsorganisation GRAIN das FAO-Konzept der Familienlandwirtschaft kritisiert. Die UN hat 2014 zum Jahr der Familienbetriebe erklärt und ein FAO-Bericht von Oktober widmet sich dem Thema: Demnach bewirtschaften Familienbetriebe 70-80% der landwirtschaftlichen Nutzfläche und produzieren weltweit 80% der Lebensmittel. Eine umfassende Studie von GRAIN ergab jedoch kürzlich, dass Kleinbauern zwar die Welt ernähren, aber nur über 24% der Agrarflächen verfügen bzw. lediglich 17%, wenn China und Indien ausgeklammert werden. Verwirrung schaffe das FAO-Konzept der Familienlandwirtschaft, das Betriebe umfasse, die von einer Einzelperson oder Familie geleitet werden. Dies könne auch riesige industriell bewirtschaftete Sojaplantagen in Argentinien oder den USA umfassen. GRAIN zufolge verschleiert das Kriterium des Familienbesitzes „alle Ungleichheiten, Ungerechtigkeiten und Kämpfe, in die Kleinbauern und andere kleine Lebensmittelproduzenten weltweit verstrickt sind.“ Der FAO-Bericht selbst stellt fest, dass 1% aller Betriebe weltweit, die mehr als 50 Hektar bewirtschaften, rund 65% der landwirtschaftlichen Nutzfläche kontrollieren. Statt „Lippenbekenntnisse zugunsten der Familienlandwirtschaft“ müsse die FAO den Zugang zu Land für Kleinbauern verbessern. Denn diese Kleinstbetriebe verfügten zwar über immer weniger Land, sind aber oft sehr produktiv. Wären in Kenia alle Großbetriebe so ertragreich wie die kleinen Höfe, würde sich Kenias Agrarproduktion verdoppeln, so GRAIN. Auch der Themendienst Globe Spotting erachtet den Begriff Familienlandwirtschaft als „Trugbild“, da winzige Felder und riesige Monokulturen, „elende Subsistenzwirtschaft und profitable Agrarunternehmen“ in einem Topf landen: „Die Eigentumsform sagt wenig bis gar nichts über Betriebswirtschaft oder Kommerzialisierungsgrad aus, über eine Orientierung auf Ernährungs-sicherung, auf die Vermeidung von Pestiziden und Agrargiften, auf die Erhaltung tradierten Wissens oder kultureller Traditionen.“ Aufhorchen ließ auch die Ernennung des Ex-Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes Gerd Sonnleitner zum Sonderbotschafter des UN-Jahres. In einem Interview hatte er die Notwendigkeit der Stärkung kleinbäuerlicher Strukturen infrage gestellt. „Kann es denn sinnvoll sein, in einen zwei, drei oder vier Hektar großen Betrieb zu investieren? Wer soll das tun? Den Fokus auf den Schutz kleinbäuerlicher Landwirtschaft zu richten ist nicht die Lösung“, sagte er Agrar-Europe.

06.11.2014 |

Gates-Stiftung vergibt Großteil der Agrarförderung an reiche Länder

AfrikaBauer
Gates-Gelder für Bauern? (Foto: Neil Palmer/CIAT)

Die Bill & Melinda Gates Stiftung vergibt den Großteil ihrer Gelder im Kampf gegen den Hunger in Afrika an Organisationen in den reichen Ländern des Nordens. Das zeigt eine am Dienstag veröffentlichte Studie der Nichtregierungsorganisation GRAIN, die die Zuwendungen der Stiftung im Bereich Landwirtschaft in Höhe von 3 Milliarden US-Dollar seit 2003 genauer unter die Lupe nahm. Demnach floss im letzten Jahrzehnt die Hälfte der Gelder in die globale Agrarforschung und an große internationale Organisationen. Hauptempfänger in dieser Gruppe war CGIAR, ein Konsortium von 15 internationalen Agrarforschungszentren, die mehr als 720 Millionen US-Dollar erhielten. Zudem sprudelten die Millionen an internationale Organisationen, darunter die Weltbank oder UN-Organisationen. Auch die Allianz für eine Grüne Revolution in Afrika (AGRA) oder die African Agricultural Technology Foundation (AATF) kamen in den Genuss der Gates-Gelder. Der zweite Batzen (rund 1,5 Milliarden US-Dollar) ging an hunderte Forschungseinrichtungen und entwicklungspolitische Organisationen, 80% davon mit Sitz in den USA oder Europa, während nur 10% der Gelder Organisationen in Afrika zugute kamen. Das Nord-Süd-Gefälle wird noch deutlicher bei der Mittelvergabe an Nichtregierungsorganisationen: Von den 669 Milliarden, die Gates NGOs für die Arbeit im Bereich Landwirtschaft zu Verfügung stellte, erhielten 75% NGOs in den USA während nur 4% an Gruppen in Afrika flossen. GRAIN kritisiert die mangelnde Unterstützung „für Programme in Forschung und Technologieentwicklung, die von Bauern durchgeführt werden oder auf dem Wissen von Landwirten basieren - trotz der Vielzahl an in Afrika existierenden Initiativen.“ Dem Bericht zufolge hat „steckt die Stiftung durchweg ihr Geld in Top-down-Strukturen der Wissensbeschaffung und -verbreitung, in denen Bauern die reinen Empfänger von Technologien sind, die im Labor entwickelt wurden und ihnen von Konzernen verkauft werden.“ Die Stiftung wies die Vorwürfe von sich und bezeichnete den Bericht als irreführend: „Die Grundannahme ist, dass nur Organisationen aus Afrika afrikanischen Bauern Nutzen bringen können, und wir halten das für nicht zutreffend“, teilte sie in einer Erklärung mit.

04.11.2014 |

Verlust von Lebensräumen lässt Europas Vogelbestände schrumpfen

Vogel
Genug gezwitschert? (Foto: Ian Sane/flickr)

„Alle Vögel sind schon da” könnte bald der Vergangenheit angehören, denn Amsel, Drossel, Fink und Star geht es schlecht: In den letzten 30 Jahren gingen Europas Vogelbestände um 421 Millionen Tiere zurück, da die industrielle Landwirtschaft und der zunehmende Verlust natürlicher Lebensräume den Vögeln zusetzt. Dies ist das Ergebnis einer im Fachjournal Ecology Letters erschienenen Studie, die Daten zu 144 Vogelarten aus tausenden Erhebungen in 25 Ländern zusammentrug. Demnach betreffen 90% der seit 1980 verzeichneten Rückgänge die 36 gewöhnlichsten Arten, darunter Spatz, Feldlerche und Star. „Es ist besorgniserregend, dass die häufigsten Vogelarten so schnell zurückgehen, denn von diesen Vogelgruppen profitiert der Mensch am meisten“, warnt Dr. Richard Inger, ein Ökologe der Universität Exeter, der die Studie leitete. Denn Vögel stellen wichtige Ökosystemleistungen bereit: Sie kontrollieren Schädlingen und Insekten und tragen zur Bestäubung und der Verbreitung von Samen wichtiger Nutzpflanzen bei. Die Studie führt den Rückgang auf die Intensivierung in der Landwirtschaft und den Verlust natürlicher Lebensräume der Vögel zurück, wodurch Gebiete zur Nahrungsbeschaffung und zum Nisten verloren gehen. Während seltene Arten wie Störche von Schutzmaßnahmen in den letzten Jahren profitierten und ihre Bestände wieder wachsen, werden häufige Arten vernachlässigt. Dabei müssten häufige Arten besonders geschützt werden, gerade traditionelle Vögel der Agrarlandschaft, da sie in großen Zahlen vorkommen und so eine wichtigere Rolle beim Erhalt der Ökosysteme spielen. Die Autoren schlagen zum Vogelschutz eine Veränderung landwirtschaftlicher Praktiken, die Umsetzung effektiver Agrarumweltmaßnahmen und die Schaffung von mehr Grünflächen in Städten vor. Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz fordert angesichts der erschreckenden Studienergebnisse bessere politische Rahmenbedingungen: Öffentliche Mittel sollten nur für Leistungen für das Allgemeinwohl fließen. Statt für naturschädigende Bewirtschaftung müssen Fördergelder künftig gezielt dem Ökolandbau, schonenden Anbauformen und landwirtschaftlichen Naturschutzprogrammen zugute kommen, so der BUND.

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