Nachricht
02.05.2017 | permalink
Bis 2. Mai in Deutschland produzierte Lebensmittel waren für die Tonne
Alle bis 2. Mai in Deutschland produzierten Lebensmittel gelangten theoretisch nicht in die Mägen der Verbraucher, sondern wurden für die Tonne angebaut. Darauf machte die Naturschutzorganisation WWF aufmerksam, um das Ausmaß der Lebensmittelverschwendung hierzulande zu verdeutlichen. Denn in der Bundesrepublik geht laut WWF gut ein Drittel des aktuellen Nahrungsmittelverbrauchs von 54,5 Millionen Tonnen auf dem Weg vom Acker zum Teller verloren oder wird verschwendet - insgesamt 18 Millionen Tonnen meist noch perfekt genießbare Lebensmittel. „Umgerechnet sind alle Nahrungsmittel, die wir in den ersten vier Monaten von 2017 produziert haben, auf dem Müll gelandet“, erklärt Tanja Dräger de Teran, WWF-Referentin für Landwirtschaft. Die 2015 veröffentlichte WWF-Studie „Das große Wegschmeißen“ rechnete vor, dass pro Sekunde in Deutschland 313 Kilo genießbare Nahrungsmittel unnötigerweise weggeworfen werden. Bei einigen Produkten ist die Verschwendung besonders hoch. Eine andere WWF-Studie hatte ergeben, dass etwa 35% der deutschen Kartoffeln nicht auf die Teller der Verbraucher gelangen, da ihr Äußeres nicht den strengen Anforderungen des Handels genügt. Jedes Jahr werden so 1,5 Millionen Tonnen Kartoffeln verschwendet – etwa 60.000 LKWs mit einem Füllgewicht von 25 Tonnen.
Das Traurige an der Lebensmittelverschwendung ist vor allem, dass der Großteil davon vermeidbar wäre. „Bereits heute können wir auch ohne den Einsatz neuer Technologien, 10 der 18 Millionen Tonnen Lebensmittelverluste vermeiden - etwa durch ein verbessertes Management entlang der Wertschöpfungskette, nachhaltigere Marketingstrategien und veränderte Konsumgewohnheiten“, betont Dräger de Teran. Den WWF-Berechnungen zufolge werden jährlich 2,6 Millionen Hektar landwirtschaftliche Fläche – in etwa die Fläche von Mecklenburg-Vorpommern und dem Saarland zusammen – in Deutschland für die später weggeworfenen Lebensmittel umsonst bewirtschaftet. Hinzukommen unnötig freigesetzte Treibhausgasemissionen in Höhe von 48 Millionen Tonnen.
Angesichts dieses verheerenden Ausmaßes der Verschwendung appelliert der WWF an die Bundesregierung, endlich Worten Taten folgen zu lassen und das Problem konsequent anzugehen. „Seitens der Bundespolitik hat es in der Vergangenheit viele Ankündigungen gegeben. Aber bis heute fehlt es an einer fundierten Erfassung der Lebensmittelverluste. Damit ist es auch nicht möglich nachzuweisen, ob überhaupt und was konkret erreicht worden ist“, kritisiert Dräger de Teran. Und Fortschritte erzielt werden müssen hier, denn Deutschland hat sich zu den UN-Nachhaltigkeitszielen verpflichtet. Sustainable Development Goal (SDG) 12 sieht bis 2030 die Halbierung der Lebensmittelverschwendung im Handel und auf Verbraucherebene und die Reduzierung von Verlusten in der Produktion und der Lieferkette, einschließlich Nachernteverluste, vor. „Wir brauchen endlich eine abgestimmte nationale Strategie zur Verminderung von Lebensmittelverlusten, die klare und verbindliche Zielvorgaben vom Produzenten über die Lebensmittelindustrie bis hin zum Handel und der Gastronomie erarbeitet“, fordert Dräger de Teran. Zur Bündelung der Maßnahmen sei zudem eine schlagkräftige Koordinierungsstelle notwendig. (ab)