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25.04.2016 |

EU-Parlament: Neue Allianz für Ernährungssicherheit birgt Risiko für Afrikas Kleinbauern

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Bauern in Malawi (Foto: Twin and Twin Trading/Flickr.com)

Die „Neue Allianz für Ernährungssicherheit“ der G8-Staaten stellt ein Risiko für Kleinbauern in Afrika dar und droht Landgrabbing Vorschub zu leisten. Davor warnt ein Bericht zur Rolle des Privatsektors in der Entwicklungszusammenarbeit, der vom Entwicklungsausschuss des Europäischen Parlaments am 20. April angenommen wurde. Der von der Grünen Europaabgeordneten Maria Heubuch initiierte Bericht betont, dass der Privatsektor den Grundsätzen der Marktwirtschaft entsprechend nicht das vorrangige Ziel der Armutsbekämpfung und der Gleichheit, sondern der Erzielung von Gewinnen hat. „Große Konzerne wie Monsanto, Cargill und Unilever agieren in erster Linie profitorientiert. Wie die Förderung dieser Großkonzerne durch die Neue Allianz zu lokaler Entwicklung beitragen soll, ist schwer nachvollziehbar - besonders wenn KleinbäuerInnen und Familienbetriebe nicht mitreden und mitentscheiden können“, erklärt Heubuch. Die Neue Allianz wurde 2012 von den G8-Staaten ins Leben gerufen mit dem Ziel, private Investitionen in die Landwirtschaft in Subsahara-Afrika zu fördern und so zur Hungerbekämpfung beizutragen. Die zehn Partnerländer der Allianz sind Äthiopien, Benin, Burkina Faso, die Elfenbeinküste, Ghana, Malawi, Mosambik, Nigeria, Senegal und Tansania. Nichtregierungsorganisationen kritisieren seither, die Allianz diene vorrangig den Geschäftsinteressen der beteiligten Unternehmen und fördere eine industrielle Landwirtschaft, die auf Mineraldünger und Hybridsaatgut setzt, Kleinbauern eher schade als nütze sowie Landvertreibungen begünstige. Die Europäische Union beteiligt sich an der Neuen Allianz mit einem Gesamtbetrag von 1,2 Milliarden Euro. Der Bericht unterstreicht die Risiken öffentlich-privater Partnerschaften (ÖPP) in der Landwirtschaft, „einschließlich willkürlicher Landnahme, denen vorgebeugt werden muss“ und „hebt die Bedeutung der zielgerichteten Unterstützung für Kleinbauern, insbesondere Frauen, hervor.“ Die Parlamentarier fordern die Kommission zudem auf, „alle ÖPP im Landwirtschaftssektor, in denen EU-Geld steckt, mit umfassenden Maßnahmen zu verbinden, um Kleinbauern, Viehhirten und andere gefährdete Landnutzer vor dem potenziellen Verlust des Zugangs zu Land und Wasser zu schützen.“ Als Grundlage des Berichtes diente eine Studie des ehemaligen UN-Sonderberichterstatters für das Recht auf Nahrung, Professor Olivier de Schutter, der vom EU-Parlament beauftragt wurde, die Risiken und Vorteile der Neuen Allianz zu überprüfen. Diese kam zu dem Schluss, dass die Allianz in den Bereichen Regierungsführung und Eigenverantwortung, Zugang zu Land, Vertragslandwirtschaft, Gesetzesreformen zu Saatgut, Ernährung und Geschlechtergerechtigkeit schwerwiegende Mängel aufweist. Notwendig seien Politiken, die die Lage von Kleinbauern verbessern und so zur ländlichen Entwicklung und Armutsbekämpfung beitragen. Heubuch fordert daher einen Richtungswechsel in der Agrar- und Entwicklungspolitik: „Jede/r sollte die Möglichkeit haben, zu entscheiden, welche Lebensmittel er oder sie anbauen und konsumieren möchte. Agrar-ökologische Methoden, Zugang zu lokalen Märkten und Ressourcen und ein angemessenes Einkommen für ihre Produkte sind nötig, damit afrikanische Kleinbauern und -bäuerinnen eine echte Perspektive haben.“ (ab)

22.04.2016 |

Klimaschutz erfordert Transformation der Landwirtschaft

Boden
Klimaretter Boden (Foto: NRCS/Flickr.com)

Im Vorfeld der Unterzeichnung des Klimavertrags von Paris am 22. April in New York hat ein breites Bündnis von Organisationen an die Bundesregierung appelliert, die nationalen Klimaschutzziele zu verschärfen und einen „Klimaschutzplan 2050 der Zivilgesellschaft“ vorgelegt. Für das Jahr 2050 müsse das deutsche Klimaschutzziel auf mindestens 95 Prozent weniger CO2 im Vergleich zu 1990 angehoben werden und ambitionierte Maßnahmen ergriffen werden, damit Deutschland sein Reduktionsziel von 40% weniger CO2 bis 2020 erreichen kann. In ihrem Papier präsentieren die Umwelt-, Bauern- und Entwicklungsorganisationen Vorschläge für die Energiewirtschaft, Industrie, den Gebäudebereich, Verkehr und die Landwirtschaft, die der Bundesregierung einen angemessenen Rahmen für deren Klimaschutzplan 2050 bieten sollen, dessen Verabschiedung im Sommer ansteht. Thilo Hoppe, entwicklungspolitischer Beauftragter bei Brot für die Welt, fordert die Bundesregierung auf, beim globalen Klimaschutz eine Vorreiterrolle einzunehmen, damit nicht nur das 2-Grad-Ziel, sondern auch eine Begrenzung der Erderwärmung auf wenn möglich unter 1,5 Grad Celsius gelinge. „Ein halbes Grad weniger Erderwärmung bedeutet für die Menschen in verletzlichen Ländern weniger Zerstörung durch Wetterextreme wie Dürren und Hurrikans und schlicht eine höhere Chance, zu überleben“, so Hoppe. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, muss sich auch in der Landwirtschaft einiges tun: Im Jahr 2014 verantwortete die Landwirtschaft in Deutschland 66 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente bzw. 7,2% aller Treibhausgasemissionen. Die Emissionen der Landwirtschaft müssen bis 2050 um 60% reduziert werden, fordert das Papier. „Um dieses Ziel zu erreichen, müssen bereits heute wirksame Maßnahmen eingeleitet werden. Dazu gehören die Halbierung des Tierbestands, die konsequente Ausdehnung der ökologischen Landwirtschaft, die deutliche Reduzierung des Stickstoffeinsatzes, der Erhalt bzw. die Ausdehnung von Dauergrünland, die Renaturierung von Mooren, ein konsequenter Schutz kohlenstoffreicher Böden, der Humusaufbau in Ackerböden und die konsequente Nutzung der Senkenfunktion des Waldes. Darüber hinaus ist eine Halbierung des Konsums tierischer Produkte notwendig“, schreiben die Autoren. Der Vorsitzende des unterzeichnenden Bio-Dachverbandes Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft, Felix Prinz zu Löwenstein, betonte die Notwendigkeit einer Ausrichtung der Landwirtschaft auf eine ökologische, regenerative Landwirtschaft, die Kohlenstoff aus der Atmosphäre holen und dessen Konzentration durch Festlegung in Humus auf ein erträgliches Maß absenken kann: „Das große Potential ökologischer Landwirtschaftsmethoden als Klimaretter liegt nicht nur in Deutschland faktisch brach. In den Klimaschutzplan 2050 gehören deshalb wirksame und verbindliche Instrumente und Maßnahmen, die den Umbau hin zu einer ökologischen, klimafreundlichen Landwirtschaft forcieren.“ Neben dem positiven Klima-Effekt bedeute ein Mehr an Humus im Boden auch eine verbesserte Fruchtbarkeit, Wasserhaltefähigkeit und sichere Erträge. (ab)

20.04.2016 |

Studie: Welt ernähren, Wälder retten - weniger Fleisch machts möglich

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Brasilien: Wald weicht Rindern (Joelle Hernandez/Flickr.com)

Die Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung, auch mit Bio, und der gleichzeitige Erhalt der Wälder sind möglich – wenn die Menschen weniger Fleisch konsumieren würden. Das ist das Ergebnis einer Studie, die am Dienstag im Fachjournal NATURE Communications erschienen ist. Die Forscher um Karlheinz Erb von der Universität Klagenfurt untersuchten 500 Szenarien für das Jahr 2050 und berücksichtigten Aspekte wie Anbauintensivität, die Nutzung von Ackerland und Weideflächen und verschiedene Ernährungsweisen wie vegan, vegetarisch, geringer Fleischkonsum und die Fortführung des bisherigen Stils. Ihr Fazit: Dem Ernährungsverhalten der Menschen kommt eine Schlüsselrolle zu. „Würde sich die Weltbevölkerung vegan ernähren, wäre nur in einem Fall eine weitere Rodung von Wäldern notwendig. Bei der Annahme einer vegetarischen Ernährungsweise, sind mit 94 Prozent auch fast all unsere errechneten Szenarien machbar“, erläutert Karlheinz Erb. Je mehr Fleisch der Mensch esse, desto schwieriger der Erhalt von Waldflächen: Bei einer stark fleisch-orientierten Ernährung gelinge es nur noch mit 15 Prozent der Szenarien, keine weiteren Waldflächen abzuholzen. Denn die verfügbare Ackerfläche ist begrenzt. Eine fleischlastige Ernährung wie etwa in den USA würde bis zum Jahr 2050 gut 23.5 Millionen Quadratkilometer erfordern und damit den Flächenbedarf verdoppeln, während eine vegane Ernährung den Flächenbedarf im Vergleich zu heute stark senken würde. Doch ein völliger Verzicht auf Fleisch sei gar nicht notwendig, um den Fortbestand der Wälder zu gewährleisten, denn bei einem maßvollen Fleischkonsum wie ihn Ernährungswissenschaftler für gesund befinden wären immerhin noch zwei Drittel der Szenarien machbar. Zudem seien manche Flächen nicht für die Ackernutzung geeignet, könnten aber als Weidefläche zur Ernährungsproduktion beitragen. „Wenn man sich jedoch den Luxus gönnt, die Tiere von Ackerbauprodukten zu ernähren, die der Mensch selber auch essen könnte, geht der Vorteil der Viehwirtschaft rasch verloren“, so Erb. Was die Anbauintensität angeht berechneten die Forscher, dass bei einer vorwiegend vegetarischen oder veganen Lebensweise eine Versorgung der wachsenden Weltbevölkerung auch mit extensiveren Formen der Landwirtschaft, wie etwa dem Biolandbau, möglich sei, ohne die Waldflächen anzutasten. Auch in der Reduzierung der Lebensmittelverschwendung sieht die Studie einen wichtigen Hebel. Die Wissenschaftler betonen vor allem zwei Erkenntnisse: Zum einen sei es mit einem Weiter-wie-bisher nicht möglich, alle Menschen künftig ausreichend zu ernähren ohne die Landnutzung zu intensivieren oder in natürliche Grasländer wie Savannen auszuweiten. Doch zum anderen zeigten die Ergebnisse gerade auch mit Blick auf die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals), dass der Schutz der Wälder und des Klimas sowie die Ernährungssicherheit der Weltbevölkerung nicht im Widerspruch stehen müssen, wenn beim Fleischkonsum auf die Bremse getreten und beim Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung einen Gang zulegt würde. (ab)

18.04.2016 |

Studie: TTIP kostet Österreichs Landwirtschaft Jobs und heizt Höfesterben an

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Hof in Österreich (Foto: Tom Kelly/Flickr.com)

Das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP würde sich negativ auf den Landwirtschafts- und Lebensmittelsektor in Österreich auswirken und das Bauernsterben beschleunigen. Das zeigt eine neue Studie des Instituts für Höhere Studien (IHS) und der Österreichischen Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung (ÖFSE) zu den Beschäftigungseffekten des geplanten Abkommens zwischen den USA und der EU, die am Mittwoch in Wien präsentiert wurde. Die Ergebnisse legen dar, dass die österreichische Wirtschaft durch TTIP nicht maßgeblich profitieren würde, die Landwirtschaft und der Nahrungsmittelsektor aber Arbeitsplätze einbüßen würden. „Langfristig ist durch TTIP mit einer Verstärkung des Strukturwandels in Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion zu rechnen“, so die Autoren. Die Studie untersuchte zwei Szenarien: ein kurzfristiges Szenario über fünf bis zehn Jahre mit einer Abschaffung der Zölle, aber nur einer Zollsenkung um 75% für sensible Produkte wie Fleisch, Milchprodukte und Getreide. Das zweite, langfristige Szenario mit einem Zeithorizont von 15 bis 20 Jahren beinhaltet die tiefe Integration mit einer kompletten Abschaffung aller Zölle. Kurzfristig würden in Österreich durch TTIP etwa 730 Arbeitsplätze in der Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion verloren gehen, langfristig jedoch 4670 bzw. 2,37 Prozent der Arbeitsplätze – 670 davon gingen auf den durch TTIP verursachten Strukturwandel zurück. „Kleinere familiäre landwirtschaftliche Betriebe würden noch stärker unter Druck geraten. Noch mehr Betriebe als dies ohnehin schon der Fall ist müssten ihre Tore für immer schließen“, warnt Gertraud Grabmann von BIO AUSTRIA. Der Verband österreichischer Biobetriebe hatte die Studie gemeinsam mit SPAR und Greenpeace Österreich in Auftrag gegeben. „Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass den langfristigen Beschäftigungsverlusten durch TTIP in Österreich keine markanten gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfungsgewinne gegenüberstehen“, schlussfolgern die Studienverfasser. Zusätzlich bestünden Risiken für eine Verschlechterung der regulatorischen Rahmenbedingungen für eine qualitätsorientierte Entwicklung im Landwirtschafts- und Nahrungsmittelsektor. „Durch TTIP wird der mit niedrigeren ökologischen Standards produzierenden US-Wirtschaft Tür und Tor geöffnet“, so Alexander Egit, Geschäftsführer von Greenpeace Österreich. „Bei TTIP gibt es für die Bäuerinnen und Bauern und für die Umwelt nichts zu gewinnen, aber alles zu verlieren“, warnte er. Doch nicht nur in der Alpenrepublik gibt es Bedenken zu den Auswirkungen von TTIP auf die Landwirtschaft. Eine im Januar veröffentlichte Studie des Verbandes UnternehmensGrün warnte, das Abkommen berge erhebliche Risiken für kleinere und mittlere Betriebe in der europäischen Agrar- und Ernährungswirtschaft und werde das Hofsterben in Deutschland beschleunigen. (ab)

14.04.2016 |

Gentechnikanbau 2015 rückläufig, 96% der Agrarfläche bleibt gentechnikfrei

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Soja in Reih und Glied (Foto: United Soybean Board, https://bit.ly/3TzlpzR, https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/)

Weltweit wurden 2015 auf 179,7 Millionen Hektar gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut – ein leichter Rückgang gegenüber dem Vorjahr. Das besagt der Jahresbericht der als gentechnikfreundlich geltenden Organisation „International Service for the Acquisition of Agri-Biotech Applications“ (ISAAA), der am Mittwoch veröffentlicht wurde. Die Organisation zieht darin Bilanz zu 20 Jahren Gentechnik auf dem Acker und muss erstmals rückläufige Hektarzahlen vermelden. Grund sei eine geringere Gesamtanbaufläche bei den wichtigsten Gentechnik-Pflanzen wie Mais und Baumwolle aufgrund sinkender Preise, weshalb manche Landwirte auf Hülsenfrüchte, Sonnenblume oder Sorghum umgestiegen seien. Während die Organisation feiert, dass sich die Anbaufläche seit 1996, als der kommerzielle Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen begann, verhundertfacht habe, offenbart ein Blick in die letzten Jahresberichte, dass das Wachstum an Fahrt verliert: 2010 nahm die Anbaufläche im Vergleich zum Vorjahr noch um 10% zu, während es 2012 rund 6% waren und sich 2014 lediglich ein Plus von 3,6% ergab. Mit 90% der Anbaufläche entfiel der Löwenanteil 2015 auf gerade einmal fünf Länder. Die USA führen mit 70,9 Millionen Hektar, gefolgt von Brasilien (44,2 Mio. ha), Argentinien (24,5 Mio. ha), Indien (11,6 5 Mio. ha) und Kanada (11,0 5 Mio. ha). Im einstelligen Millionen-Bereich folgen China, Paraguay, Pakistan, Südafrika und Uruguay. Die wichtigste Gentechnik-Pflanze bleibt Soja, die auf gut der Hälfte der Gentechnik-Anbaufläche wächst, gefolgt von Mais, Baumwolle und Raps. Die Pflanzen weisen entweder eine Herbizidtoleranz auf (53%), Gene zur Produktion eines eigenen Insektengifts (14%) oder beides (33%) auf. Weltweit sollen 2015 rund 18 Millionen Bauern Gentechnik-Pflanzen angebaut haben, 90% von ihnen seien ärmere Kleinbauern in Entwicklungsländern. Dank Gentechnik hätten jedes Jahr 16,5 Millionen Kleinbauern und ihre Familien Hunger und Armut entrinnen können. Das seien insgesamt 65 Millionen Menschen, rechnet ISAAA vor, zu dessen Sponsoren laut Webseite Monsanto und die Agrarindustrievereinigung CropLife International gehören. Egal ob man den ISAAA-Zahlen Glauben schenken mag oder nicht - die gute Nachricht ist, dass immer noch mindesten 87% der weltweiten Ackerfläche von 1,4 Milliarden Hektar und 96,4% der 4,92 Milliarden Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche weiterhin gentechnikfrei sind! (ab)

13.04.2016 |

Masseneinspruch gegen Syngentas Patent auf konventionell gezüchtete Tomate

Einspruch
Kein Patent auf Leben: Einspruch gegen Syngentas Tomaten-Patent (Foto: Randi Boice/Flickr.com)

Der Schweizer Agrarriese Syngenta hält ein Patent auf konventionell gezüchtete Tomaten - doch damit soll bald Schluss sein, denn das europaweite Bündnis „Keine Patente auf Saatgut!“ hat nun zu einem massenhaften Einspruch aufgerufen. Im August 2015 erteilte das Europäische Patentamt (EPA) Syngenta das Patent auf eine Tomate, die besonders viele Flavonole enthält - sekundäre Pflanzenstoffe, denen eine gesundheitsfördernde Wirkung zugeschrieben wird und die Krebs vorbeugen sollen. Das Patent EP1515600 erstreckt sich auf die Pflanzen, das Saatgut und die Tomatenfrüchte und wurde unter der sperrigen Bezeichnung „Flavonolexprimierende domestizierte Tomate und Herstellungsverfahren“ am 12. August im Europäischen Patentblatt veröffentlicht. Die Tomate stammt aus einer Kreuzung wilder Tomaten aus Lateinamerika mit bereits gezüchteten Sorten – dies wird als „Erfindung“ gelten gemacht. Die Tomate ist somit nicht gentechnisch verändert. Damit verstößt das Patent eigentlich gegen europäische Patentgesetze, die Patente auf Pflanzensorten ebenso wie auf klassische Züchtungsverfahren untersagen. Doch das EPA erteilt munter weiter Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen. Bisher wurden etwa 1400 Anträge eingereicht, etwa 180 sind bereits erteilt. Im März fällte die Große Beschwerdekammer eine viel kritisierte Grundsatzentscheidung über die Auslegung der Patentgesetze: Während Verfahren der konventionellen Züchtung nicht patentierbar seien, sollen Pflanzen und Tiere, die aus dieser Züchtung stammen, patentiert werden können. Doch das sieht das NGO-Bündnis anders: Bis zum Ende der Einspruchsfrist gegen das Patent am 12. Mai sollen Tausende den Sammeleinspruch unterzeichnen, der dann anlässlich einer Tagung des Ausschusses Patentrecht am EPA übergeben werden soll. „Wir hoffen, dass sich möglichst viele BürgerInnen an den Einsprüchen beteiligen werden und einen Stopp der Politik des Ausverkaufs unserer Lebensgrundlagen fordern. Die Großkonzerne missbrauchen das Patentrecht, um die Kontrolle über unsere Lebensmittelversorgung zu übernehmen“, kommentierte Christoph Then für Keine Patente auf Saatgut!. „Wir müssen das jetzt stoppen.“ Die Organisatoren appellieren schon seit Langem an die Bundesregierung, über die politischen Kontrollgremien des EPA aktiv zu werden und endlich die Patentierung von Pflanzen und Tieren zu stoppen. (ab)

12.04.2016 |

Süddeutsche: Bundesregierung will Glyphosat weiterhin erlauben

Chafer (https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/, https://www.flickr.com/photos/chafermachinery/)
Ja zu Glyphosat auf dem Acker? (https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/, https://www.flickr.com/photos/chafermachinery/)

Die Bundesregierung will für die Neuzulassung des umstrittenen Herbizids Glyphosat grünes Licht geben, wie die Süddeutsche Zeitung in ihrer Ausgabe vom Dienstag berichtet. Dies gehe aus einem Schreiben des Agrarministeriums im Namen Deutschlands an die EU-Kommission hervor. „Mit seiner Zustimmung möchte Deutschland dazu beitragen, das Verfahren zur Wiedergenehmigung des Wirkstoffs Glyphosat ... erfolgreich abzuschließen“, zitiert die Zeitung einen Brief des Leiters des Referats Pflanzenschutz des Ministeriums, der Ende März an die Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit der EU-Kommission in Brüssel gerichtet wurde. In der EU steht die Entscheidung über die weitere Zulassung von Glyphosat an, da die derzeitige Genehmigung im Sommer ausläuft. Die Kommission hatte für eine Neuzulassung bis 2031 plädiert. Eine Abstimmung darüber war im März dieses Jahres verschoben worden, da sich keine ausreichende Mehrheit der Mitgliedsstaaten abzeichnete. Mitte Mai wollen die EU-Länder nun in einem erneuten Anlauf über die Neuzulassung entscheiden. Seit Monaten tobt zwischen Wissenschaftler, Behörden und in der Öffentlichkeit ein erbitterter Streit über die Gesundheitsgefahren durch Glyphosat. Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation hatte im März 2015 Glyphosat als „wahrscheinlich“ krebserregend für den Menschen eingestuft. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit Efsa und das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) halten den Wirkstoff für „wahrscheinlich“ nicht krebserregend.“ Auch zwischen den zuständigen Ministerien herrschte keine Einigkeit: Während Agrarminister Christian Schmidt (CSU) ein Verbot ablehnt, hatte sich Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) dafür ausgesprochen. In dem Schreiben, auf das sich die Süddeutsche Zeitung beruft, heißt es nun: „Deutschland unterstützt daher die Risikobewertung der Efsa, auf welcher der Verordnungsvorschlag im Wesentlichen beruht.“ Umwelt- und Verbraucherschützer machen sich seit Langem für ein Verbot von Glyphosat stark, auch die Mehrheit der Verbraucher ist skeptisch. Eine am Dienstag veröffentlichte Umfrage zeigt, dass 70% der deutschen Bevölkerung ein Verbot des Pestizids fordern. Die vom Meinungsforschungsinstitut YouGov durchgeführte Umfrage ergab, dass die Deutschen mit ihrer Ablehnung an zweiter Stelle nach Italien folgen, wo mit 76% die Ablehnung am größten ist. Auch 60% der Franzosen und 56% der Briten lehnen eine erneute Zulassung ab, berichtet der Guardian. (ab)

11.04.2016 |

Studie: Lebensmittelverschwendung beenden für Klima und Ernährungssicherheit

Tonne
Oft vermeidbar: Tonne statt Teller (Foto: Starr/Flickr.com)

Würde der Verschwendung von Lebensmitteln Einhalt geboten werden, könnte künftig ein Zehntel aller Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft vermieden werden. Das zeigt eine neue Studie, für die Wissenschaftler des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) die Nahrungsmittelverluste für die Länder der Erde einschätzten und die damit einhergehenden Emissionen berechneten. Weltweit gelangt ein Drittel aller produzierten Lebensmittel nicht vom Feld in die Mägen der Menschen. „1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel werden derzeit verschwendet“, sagt Ko-Autor Jürgen Kropp vom Forschungsbereich Klimawirkung und Vulnerabilität. Während Lebensmittelverluste überwiegend auf weniger effiziente landwirtschaftliche Infrastrukturen in Entwicklungsländern zurückgehen, werden in reichen Ländern Lebensmittel meist verschwendet. Und es steht zu befürchten, dass sich dies künftig noch verstärkt: „Für Schwellenländer wie China und Indien ist ein Anstieg der Lebensmittelverschwendung zu erwarten – als Konsequenz aus weitreichenden Lebensstiländerungen, wachsendem Wohlstand und einem Ernährungswandel hin zu mehr Produkten aus Tierhaltung. Dies könnte gleichzeitig jedoch Bemühungen zum Klimaschutz unterminieren“, so Kropp. Die Forscher gehen davon aus, dass die landwirtschaftlichen Emissionen bis 2050 auf bis zu 18 Gigatonnen CO2-Äquivalente hochschnellen werden. Etwa ein Zehntel dieser Emissionen könnte allein die Verschwendung von Nahrungsmitteln ausmachen. Der Studie zufolge könnten die damit verbundenen Emissionen von heute 0,5 auf 1,9-2,5 Gigatonnen CO2-Äquivalente bis 2050 ansteigen. „Die Emissionen, die auf verschwendete Nahrungsmittel zurückgehen, sind daher nur die Spitze des Eisbergs“, erklärt Ko-Autor Prajal Pradhan. „Dennoch ist es erstaunlich, dass bis zu 14 Prozent der Emissionen aus der Landwirtschaft relativ einfach vermieden werden könnten, zum Beispiel durch eine bessere Nutzung und Verteilung von Nahrungsmitteln.“ Die Ergebnisse der Forscher zeigten, dass die Lebensmittelverfügbarkeit in den letzten 50 Jahren stark angestiegen ist, obwohl der Nahrungsmittelbedarf pro Person im globalen Mittel fast konstant bleibt. In vielen Ländern werde mehr Nahrung konsumiert als gesund sei oder eben verschwendet. Dass einige Entwicklungsländer weiterhin mit Unterernährung und Hunger zu kämpfen haben, führt Prajal Pradhan auf das Problem der ungleichen Verteilung und die Verschwendung zurück. „Die Vermeidung von Nahrungsmittelverlusten könnte deshalb ein Hebel sein, der gleich mehrfach greift: für die Minderung der landwirtschaftlichen Folgen für Klima und Umwelt, für die Schonung von Ressourcen in der landwirtschaftlichen Produktion, und zur Verbesserung lokaler, regionaler und globaler Lebensmittelsicherheit“, lautet das Fazit von Kropp. (ab)

07.04.2016 |

Dickes Problem: 2025 wird jeder fünfte Mensch weltweit fettleibig sein

Fett
Jeder zehnte Mann ist fettleibig (Foto: Kyle May/Flickr.com)

Die Weltbevölkerung hat ein gewichtiges Problem: Noch nie zuvor gab es so viele fettleibige Menschen – bis zum Jahr 2025 könnte die Zahl die Milliardengrenze sprengen. Davor warnt ein internationales Forscherteam in einer neuen Studie, die fünf Tage vor dem heutigen Weltgesundheitstag im Fachmagazin The Lancet erschien. Demnach galten 2014 mehr als 640 Millionen Erwachsene – jeder achte Mensch – als adipös. Mit einem Anteil von rund 59 Prozent sind Frauen besonders stark betroffen. Vor 40 Jahren litten lediglich 105 Millionen Menschen an Fettleibigkeit. Seit 1975 wurde die Weltbevölkerung alle zehn Jahre um 1,5 Kilogramm schwerer. Sollte sich der aktuelle Trend fortsetzen, könnten im Jahr 2025 über 1,1 Milliarden Menschen fettleibig sein, 18% aller Männer und 21% aller Frauen. Für die Studie werteten die Wissenschaftler um Majid Ezzati vom Imperial College Daten aus rund 1700 Studien mit mehr als 19,2 Millionen Teilnehmern aus, die 186 Länder und damit 99% der Weltbevölkerung erfassen. Grundlage ist der teils umstrittene, aber dennoch universell für Studien dieser Art zugrunde liegende Body-Mass-Index (BMI), bei dem Körpergröße und Gewicht ins Verhältnis gesetzt werden. Als übergewichtig gilt, wer einen BMI von über 25 aufweist, als fettleibig jeder mit einem Wert von über 30. Rund 58 Millionen Männer und 126 Millionen Frauen gelten mit einem BMI von über 35 sogar als stark fettleibig – 2025 könnten 6% aller Männer und 9% aller Frauen weltweit betroffen sein. Fettleibigkeit ist besonders in der reichen, englischsprachigen Welt ein Problem mit einem Anteil von 18,4%, gefolgt vom Nahen Osten und Nordafrika mit einem Anteil von 13,9%. „Ebenso wie die wirtschaftliche Ungleichheit hat auch die Ungleichheit beim Gewicht weltweit zugenommen“, schreibt der britische Gesundheitsforscher George Davey Smith in einem Begleitkommentar zur Studie. „Was Fettleibigkeit angeht, so sind in Ländern mit hohem Einkommen arme Menschen eher betroffen als reichere. Jedoch ist in vielen Ländern der Welt das Gegenteil der Fall und die Armen sind zu untergewichtig und zwar in einem Maße, das ihre Gesundheit und die wirtschaftliche Produktivität beeinträchtigt.“ Die notwendigen Bemühungen der Staaten im Kampf gegen Übergewicht dürften daher nicht dazu führen, dass der Kampf gegen die Unterernährung vernachlässigt werde. Doch auch ein Zuviel an Nahrung macht krank: Übergewicht gilt als Risikofaktor unter anderem für Herz-Kreislauf-Krankheiten, Diabetes und bestimmte Arten von Krebs. Der Weltgesundheitsorganisation zufolge hat sich die Zahl der Menschen, die mit Diabetes leben, seit 1980 fast vervierfacht. 422 Millionen Menschen, vor allem in Entwicklungsländern, sind betroffen. Zu den Hauptfaktoren zähle der dramatische Anstieg von Übergewicht und Fettleibigkeit. (ab)

05.04.2016 |

Neue UN-Dekade soll Hunger und Mangelernährung aus der Welt schaffen

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159 Millionen Kinder sind chronisch unterernährt (Foto: Steve Evans/Flickr.com)

Die UN-Generalversammlung hat eine „Dekade für Ernährung“ ausgerufen mit dem Ziel, Hunger und Mangelernährung zu beseitigen. Eine entsprechende Resolution nahmen die Regierungen der 193 Mitgliedsstaaten am 1. April in New York an. Die Dekade wird von 2016 bis 2025 andauern und soll verschiedenen Akteuren und Initiativen als Rahmen dienen, um Maßnahmen im Bereich Ernährung und Hungerbekämpfung zu koordinieren. „Es wird eindeutig nicht genug unternommen, um das grundlegende Recht auf Nahrung zu sichern”, sagte Antonio de Aguiar Patriota, Brasiliens Ständiger Vertreter bei den Vereinten Nationen anlässlich der Verabschiedung. Es sei schlichtweg inakzeptabel, dass chronischer Hunger, Mangelernährung und Ernährungsunsicherheit in einer Welt vorkämen, die genug Lebensmittel für die gesamte Menschheit produziert. Weltweit gelten rund 800 Millionen Menschen immer noch als chronisch unterernährt und zwei Milliarden leiden an Mikronährstoffdefiziten. Zugleich sind 1,9 Milliarden von Übergewicht betroffen – 600 Millionen von ihnen sind fettleibig. Die UN-Dekade will auch ein spezielles Augenmerk auf die 159 Millionen Kinder unter fünf Jahren richten, die aufgrund chronischer Unterernährung unterentwickelt (stunted) und zu klein für ihr Alter sind, sowie die 50 Millionen Kinder, die aufgrund akuter Unterversorgung für ihre Größe zu wenig wiegen. „Kinder können die Vorteile des Schulbesuchs nicht voll nutzen, wenn sie nicht die benötigten Nährstoffe erhalten, und Schwellenländer werden ihr Potenzial nicht voll ausschöpfen, wenn ihre Arbeiter chronisch müde sind, da ihre Ernährung unausgewogen ist. Deshalb begrüßen wir die Dekade zum Handeln für Ernährung und freuen uns darauf, zu ihrem Erfolg beizutragen“, sagte José Graziano da Silva, Generaldirektor der UN-Landwirtschafts- und Ernährungsorganisation (FAO). Die FAO und die Weltgesundheitsorganisation WHO sollen die Umsetzung der Dekade anleiten. „Diese Resolution stellt Ernährung ins Zentrum von nachhaltiger Entwicklung und erkennt an, dass die Verbesserung der Ernährungssicherheit und Ernährung grundlegend für das Erreichen der gesamten Agenda 2030 ist“, fügte da Silva hinzu. Ziel Nummer 2 der Sustainable Development Goals (SDGs), die im Herbst von den Staats- und Regierungschefs der UN-Mitgliedsstaaten verabschiedet wurden, will den Hunger beseitigen, Ernährungssicherheit erzielen und die Ernährung verbessern sowie eine nachhaltige Landwirtschaft fördern. Doch heere Ziele hatte die Weltgemeinschaft schon 1996, als sie sich auf dem Welternährungsgipfel in Rom vornahm, bis 2015 die Zahl der Hungernden zu halbieren. Davon blieben die Staaten meilenweit bzw. 285 Millionen Menschen entfernt. Und selbst das erste Millenniumsentwicklungsziel, das lediglich die Reduzierung des Anteils der Hungernden an der Weltbevölkerung vorsah, wurde verfehlt. In Afrika südlich der Sahara ist die Zahl der unterernährten Menschen sogar angestiegen. Höchste Zeit also, den Worten Taten folgen zu lassen und die UN-Nachhaltigkeitsziele konsequent umzusetzen. (ab)

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