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30.09.2015 | permalink
Gutachten entfacht Debatte über Einführung einer Pestizidsteuer in Deutschland

Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung haben eine Steuer auf Pestizide vorgeschlagen, um Hersteller, Händler und Anwender an den ökologischen und gesundheitlichen Folgekosten des Einsatzes von Ackergiften zu beteiligen. Die Forscher haben berechnet, dass eine im Schnitt 20-prozentige Abgabe auf Pestizide den Verbrauch in Deutschland langfristig um 35% senken könnte. Dabei soll sich die Höhe der Steuer an der Gefährlichkeit des Produkts orientieren, um den Umstieg auf weniger riskante Mittel anzuregen. Mit den Steuereinnahmen sollen Schutzmaßnahmen und die Forschung zu alternativen Pflanzenschutzkonzepten finanziert sowie gleichzeitig ein wirtschaftlicher Anreiz zur Senkung des Pestizideinsatzes gesetzt werden, ist in dem Mitte September veröffentlichten Gutachten zu lesen. In Dänemark, Frankreich und Schweden existiert bereits eine derartige Abgabe. Schleswig-Holsteins Agrarminister Robert Habeck, der das Gutachten in Auftrag gegeben hat, will nun am Montag in Berlin die Einführung einer solchen Steuer auch in Deutschland vorschlagen. „In der Landwirtschaft werden zu hohe Mengen an Pflanzenschutzmitteln ausgebracht“, sagt Habeck. Laut dem Helmholtz-Gutachten wurden 2013 in Deutschland 36,7% mehr Pestizide verkauft als noch 20 Jahre zuvor. „Pflanzenschutzmittel und ihre Abbauprodukte können die Qualität von Böden, Gewässern und Habitaten verschlechtern sowie die Gesundheit der Anwender und Verbraucher beeinträchtigen“, schreiben die Wissenschaftler. Direkte Kosten fallen zum Beispiel bei der Trinkwasseraufbereitung und der Lebensmittelüberwachung an, hinzu kämen schwer bezifferbare Kosten wie der Rückgang von Bodenfruchtbarkeit und Erträgen, der Verlust an Bienenvölkern sowie Erkrankungen von Menschen oder Tieren. Habeck will trotz der Steuer aber auch die „ökonomische Gesamtbelastung der Landwirtschaft“ nicht aus dem Blick zu verlieren. Der Bauernverband läuft Sturm gegen die Pläne: Eine Steuer sei für viele Betriebe wirtschaftlich ruinös, unsinnig, würde die Nahrungsmittelproduktion gefährden und es drohten gar „Resistenzen, wie sie sich jetzt schon durch den geringen Herbizid- und Insektizideinsatz bei einigen Unkräutern und Schädlingen entwickelt hätten“, zitiert die Lübecker Zeitung. „Sobald man an die Grundfesten der konventionellen Landwirtschaft rangeht, kommen solche Reaktionen“, kommentierte Susanne Haffmans vom Pestizid-Aktions-Netzwerk (PAN) gegenüber der taz. Die Gefahr von Resistenzen werde von den Bauern reflexhaft beschworen. „Eine Steuer ist kein Verbot“, so Haffmans. Zudem könne bei einer grundsätzlich ökologischeren Herangehensweise ganz auf Pestizide verzichtet werden. (ab)
28.09.2015 | permalink
UN-Ziele verabschiedet: Hunger bekämpfen, nachhaltige Landwirtschaft fördern

Die UN-Entwicklungsagenda für die Zeit bis 2030 und die neuen Nachhaltigkeitsziele wurden am Freitag feierlich offiziell verabschiedet. Zum Auftakt des Gipfels am Wochenende in New York segneten die 193 UN-Mitgliedstaaten die Agenda mit den 17 SDGs (Sustainable Development Goals) und 169 Unterzielen ab. Bis 2030 sollen nicht nur Hunger und Armut beseitigt, sondern auch Ungleichheit bekämpft, der Klimawandel aufgehalten und Gewässer, Böden und die Artenvielfalt bewahrt werden. Neben Staats- und Regierungschefs war von Papst bis Shakira die Prominenz stark vertreten. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon betonte, die wahre Herausforderung sei nun die Umsetzung: „Die Agenda 2030 zwingt uns, über nationale Grenzen und kurzfristige Interessen hinwegzusehen und solidarisch und langfristig zu handeln. Wir können es uns nicht länger leisten, isoliert zu denken und zu arbeiten.“ Das sieht das evangelische Hilfswerk Brot für die Welt ähnlich: „Die neue Agenda mit den 17 globalen Zielen hat das Potenzial, die Welt zu verändern – aber nur dann, wenn alle Länder nach dem großen Event in New York jetzt auch ihre Hausaufgaben machen“, erklärt dessen Präsidentin Cornelia Füllkrug-Weitzel. Auch die Schweizer Organisation Biovision hob dies hervor: „Der UNO-Nachhaltigkeitsgipfel in New York vergangenes Wochenende war zwar der Schlusspunkt eines langen und breit abgestützten Verhandlungsprozesses, aber viel wichtiger ist nun, wie diese Ziele auch real erreicht werden können – es ist der Start einer neuen Ära der nachhaltigen Entwicklung bis 2030.“ Biovision hatte sich vor allem für Ziel 2 eingesetzt, das sich mit seinen acht Unterzielen der Beseitigung des Hungers und der Förderung von Ernährungssicherheit und nachhaltiger Landwirtschaft widmet. FAO-Generaldirektor José Graziano da Silva betonte den hohen Stellenwert dieses Ziels, da die Beseitigung des Hungers für die Erreichung vieler anderer Ziele eine Grundvoraussetzung sei. Weltweit leiden immer noch fast 800 Millionen Menschen an Unterernährung. „Wir haben uns die enorme Aufgabe gestellt, die mit der historischen Verpflichtung beginnt, nicht nur Armut und Hunger zu reduzieren, sondern auf nachhaltige Weise auszumerzen“, sagte er in seiner Rede. Doch hier sieht Brot für die Welt das Problem, dass die gegenwärtig praktizierte Form der Landwirtschaft durch die starke Inanspruchnahme von Flächen in Entwicklungsländern für den Anbau von Futtermitteln dort zu einer Verschärfung des Hungerproblems beitrage. Zwar verankert ein Unterziel von SDG 2 die Schaffung nachhaltiger Ernährungssysteme und die Anwendung widerstandsfähiger landwirtschaftlicher Methoden. Jedoch befürchtet auch die Umweltorganisation Greenpeace, die vage Formulierung könne dazu führen, dass ein „Weiter wie bisher“ in der Landwirtschaft statt eines Kurswechsels folge. Ziel 2 dürfe nicht dazu dienen, eine chemiebasierte Landwirtschaft mit Pestiziden, Gentechnik und Mineraldünger zu fördern, sondern solle in breite Unterstützung für die Verbreitung der ökologischen Landwirtschaft münden, um so die Ökosysteme zu bewahren, die Bodenqualität zu verbessern und zugleich die Produktivität sowie die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel zu erhöhen. (ab)
25.09.2015 | permalink
Verabschiedung UN-Nachhaltigkeitsziele: Hohe Erwartungen und Skepsis

Am Freitag verabschiedet die UN-Vollversammlung feierlich die 17 Nachhaltigkeitsziele, mit denen die Weltgemeinschaft bis 2030 so ziemlich alle globalen Probleme beseitigen soll, allen voran Armut und Hunger. Die Sustainable Development Goals (SDGs), die 169 Unterziele enthalten, sind Teil eines 35-Seiten starken Dokuments mit dem ambitionierten Titel ‚Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung‘. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verkündete im Vorfeld des Gipfels: „Es ist ein Fahrplan, um Armut weltweit zu beseitigen, jedem Menschen ein würdevolles Leben zu ermöglichen und niemanden zurück zu lassen.“ Doch dass dies wie geplant gelingen wird, bezweifeln deutsche Nichtregierungsorganisationen. Ziel 2 mit seinen acht Unterzielen widmet sich der Beseitigung des Hungers und der Förderung von Ernährungssicherheit und einer nachhaltigen Landwirtschaft. Die Menschenrechtsorganisation FIAN etwa ist skeptisch mit Blick auf die Misserfolge der Ende des Jahres auslaufenden Millennium-Entwicklungsziele (MDGs) in puncto Hungerbekämpfung. „Ambitionierte Ziele sind gut, aber man muss angesichts der vergangenen Erfahrungen schon die Glaubwürdigkeit solcher Versprechen hinterfragen“, gibt FIAN- Agrarreferent Roman Herre zu bedenken. Die Welternährungsorganisation FAO schätzt, dass heute immer noch 795 Millionen Menschen an chronischem Hunger leiden. Das erste MDG sah vor, bis 2015 in Entwicklungsländern den Anteil der Unterernährten an der Bevölkerung gegenüber 1990 zu halbieren. Dieser sank zwar von 23,3% auf 12,9%, nicht zuletzt begünstigt durch den Anstieg der Weltbevölkerung und einen starken Rückgang in China. Zudem änderte die FAO ihre Methode zur Berechnung und schätzte die Ausgangsbasis mit einer Milliarde Hungernder deutlich düsterer ein als zuvor mit 850 Millionen. Das SDG 2 will nun bis 2030 allen Menschen das ganze Jahr über Zugang zu angemessener Nahrung verschaffen, alle Formen der Mangelernährung beseitigen und Produktivität und Einkommen kleiner Nahrungsmittelproduzenten verdoppeln. FIAN kritisiert, das neue Ziel setzte zu einseitig auf Produktionssteigerung in der Landwirtschaft. Wie viele Nahrungsmittel in einer Region erzeugt werden, spiele jedoch bei der Hungerbekämpfung nur eine untergeordnete Rolle. „Hunger ist und bleibt eine Frage der Verteilungsgerechtigkeit“, so Herre. „Leider wird genau diese Frage bei der neuen Zielsetzung ausgeklammert.“ Das sieht die Entwicklungsorganisation Oxfam ähnlich: In einer neuen Studie zeigt sie auf, dass ohne Strategien zur Bekämpfung sozialer Ungleichheit im Jahr 2030 noch über 200 Millionen Menschen in extremer Armut leben werden und damit das SDG 1 nicht umsetzbar sei. Selbst bei optimistischen Wachstumsprognosen komme bei derzeitiger Verteilung der Mittel nicht genug bei den Ärmsten an, hat Oxfam anhand von Weltbank-Daten berechnet. „Wir können extreme Armut beenden, aber dafür müssen wir die Verteilungslücke zwischen den Reichen und dem Rest schließen. Die Gewinne aus wirtschaftlichem Wachstum sickern nicht von selbst zu denen durch, die sie am dringendsten brauchen“, sagte Oxfams SDG-Experte Tobias Hauschild. (ab)
23.09.2015 | permalink
Kolumbien bekämpft Koka-Anbau mit Land für Kleinbauern statt Glyphosat

Kolumbien setzt im Kampf gegen die Drogen auf Landumverteilung und die Förderung der kleinbäuerlichen Agrarproduktion. Am Dienstag kündigte Präsident Juan Manuel Santos seine neue Strategie an, mit der er verhindern will, dass die Bauern weiterhin Koka anbauen. In den Departamentos Nariño y Putumayo im Süden des Landes, die sehr stark vom Drogenhandel dominiert sind, sollen zunächst 26.000 Familien Lebensmittel statt Koka anbauen. Dafür sollen die Bauern umfassende staatliche Unterstützung bekommen: „Sie werden Begleitung, Finanzierung und Beratung erhalten, damit sie sich anderen landwirtschaftlichen Projekten widmen, aber nicht irgendeiner Art, sondern dem Anbau von Agrarerzeugnissen, die für die Produktion in den jeweiligen Gegenden geeignet sind“, sagte Santos in seiner Fernsehansprache. Auch bei Lagerung, Verkauf und Vermarktung der Erzeugnisse stellte er Begleitung in Aussicht. Den Bauern, die mehr als fünf Jahre lang legale Agrarprodukte anbauen, werden Landtitel zuerkannt werden, wodurch sie zu den rechtlichen Besitzern der bewirtschafteten Ackerflächen werden, versprach Santos. „Heute beginnt eine neue Etappe im Kampf gegen den Drogenhandel in unserem Land. Wenn wir erfolgreich sind, lassen wir den traurigen Rekord hinter uns, der größte Exporteur von Kokain auf dem Weltmarkt zu sein und werden zu einem Land, das die Umwelt schont, zur Ernährungssicherheit beiträgt und seinen Kleinbauern Chancen eröffnet“, so Santos. Den Vereinten Nationen zufolge wurde 2014 in Kolumbien auf 69.000 Hektar Koka angebaut. Das sind zwar 100.000 Hektar weniger als noch im Jahr 2000, doch in den letzten beiden Jahren hat die Fläche wieder stark zugenommen. Seit 1994 werden die Kokapflanzen mit Unterstützung der USA aus der Luft mit Glyphosat besprüht, um sie zu zerstören. Nachdem die WHO das Unkrautvernichtungsmittel als wahrscheinlich krebserregend für den Menschen eingestuft hatte, kündigte Santos im Mai den Verzicht auf die Glyphosat-Anwendung an. Am 1. Oktober tritt das Verbot nun in Kraft. In etwa 204 der mehr als 1100 Gemeinden in Kolumbien wird Koka angebaut, 81% der Produktion konzentriert sich allein auf sechs Departamentos. Zwei Drittel des Anbaus findet in Naturschutzgebieten statt, wo die Anwendung von Glyphosat aus der Luft ohnehin verboten war. Somit geht die Regierung neue Wege und versucht, statt die Kokaernte lediglich zu zerstören den Anbau anderer Agrarerzeugnisse einträglicher zu machen. (ab)
23.09.2015 | permalink
Wegweiser zu Grenzen des Planeten: Rockström erhält Umweltpreis

Der schwedische Nachhaltigkeitsexperte Prof. Dr. Johan Rockström erhält für seine wegweisende Arbeit zu den ökologischen Belastungsgrenzen der Erde den Deutschen Umweltpreis. Diesen teilt er sich mit dem Kieler Klima- und Meeresforscher Mojib Latif, der die Berichte des Weltklimarates IPCC mitverfasst hat. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) will mit dem Preis ein Signal an die internationale Staatengemeinschaft setzen, „bei den 2015 noch anstehenden Konferenzen in New York und Paris die Weichen in Richtung Zukunftssicherung der Menschheit auf einem stabilen Planeten zu stellen“, wie ihr Generalsekretär Dr. Heinrich Bottermann betonte. Bei der UN-Generalversammlung werden diese Woche die UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) verabschiedet, Ende November soll bei der UN-Klimakonferenz in Paris ein globales Abkommen mit verbindlichen Klimazielen als Nachfolger des Kyoto-Protokolls festgelegt werden. „Wir stehen also an einer Wegscheide. Entschlossenes Handeln ist jetzt gefragt!“, mahnt Bottermann. Rockström leitet seit 2007 das Stockholm Resilience Centre und hat sich intensiv mit den Grenzen der Belastbarkeit des Ökosystems Erde beschäftigt sowie dem Risiko, dass unumkehrbare Umweltveränderungen die Bewohnbarkeit der Erde für die Menschheit einschränken könnten, wenn die Grenzen überschritten werden. Diese neun planetare Grenzen veröffentlichte Rockström 2009 mit Kollegen im Fachmagazin Nature: Kritische Bereiche sind Klimawandel, Biodiversitätsverlust und Artensterben, Stickstoff- und Phosphorkreislauf, Versauerung der Ozeane, Süßwassernutzung, Landnutzungsänderungen, Abbau der Ozonschicht, atmosphärische Aerosole und Verschmutzung durch Chemikalien. 2015 wurde die Arbeit gestützt auf zahlreiche Kommentare der Fachwelt aktualisiert. Bei vier Belastungsgrenzen hat die Menschheit bereits den „sicheren Betriebsbereich“ verlassen: Klimawandel, Biodiversitätsverlust, den Einträgen von Stickstoff und Phosphor in die Biosphäre und Landnutzungsänderungen. Die DBU würdigte Rockström als „Ingenieur der Zukunft“, der mit seinen wissenschaftlich fundierten Konzepten einen „Handlungsrahmen für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft entwickelt“ und die Grenzen aufgezeigt habe, „innerhalb derer eine verträgliche öko-soziale Entwicklung auch für die Zukunft möglich bleibe“. Rockström blickt zuversichtlich in die Zukunft und auf die neuen Nachhaltigkeitsziele: „Die Welt hat die riesige Chance, die globalen Risiken anzugehen und für gerechte Lösungen zu sorgen. Mit Leidenschaft und Engagement können wir die richtigen Rahmenbedingungen für ein auch langfristiges Wohlergehen der Menschheit in den Grenzen des Planeten schaffen.” Der Deutsche Umweltpreis wird am 8. November offiziell verliehen und ist mit insgesamt 500.000 Euro dotiert. (ab)
21.09.2015 | permalink
NGO-Bündnis fordert Agrarökologie statt „klimasmarte” Landwirtschaft

Zehn Wochen vor Beginn der UN-Klimakonferenz in Paris hat ein internationales Bündnis der Zivilgesellschaft davor gewarnt, falsche Hoffnungen auf das Konzept der klimasmarten Landwirtschaft zu setzen und ein klares Bekenntnis zur Agrarökologie gefordert. Mehr als 350 Nichtregierungs-, Bauern-, Umwelt- und kirchliche Organisationen betonten in einer am Montag veröffentlichten Erklärung, das unter dem Schlagwort „Climate-Smart Agriculture” (CSA) beworbene Konzept trage nicht zur Förderung von Klimaschutz und Ernährungssicherheit bei, sondern stehe einer dringend notwendigen Umgestaltung der gegenwärtigen Landwirtschafts- und Ernährungssysteme im Wege. 2014 war die Global Alliance for Climate Smart Agriculture beim UN-Klimagipfel in New York aus der Taufe gehoben worden. Die Allianz will „die Herausforderungen für Ernährungssicherheit und Landwirtschaft in Zeiten des Klimawandels“ angehen und die klimasmarte Landwirtschaft verbreiten. Doch unter den 100 Mitgliedern sind vorwiegend Industrieländer und die Privatwirtschaft vertreten, die eng mit der Düngemittelindustrie verbandelt ist, z.B. der Agrarchemie-Konzern Yara oder der Verband Fertilizers Europe. Auch transnationale Konzerne, die nicht unbedingt bekannt sind für ihre positive Umweltbilanz, wie Monsanto, Walmart oder McDonalds, haben eigene klimasmarte Programme ins Leben gerufen. Das NGO-Bündnis kritisiert CSA als nichtssagendes Konzept ohne klare Definitionen, Kriterien und Standards, mit dem sich Konzerne ein grünes Image verpassen. Unternehmen, die Mineraldünger oder Pestizide verkaufen sowie industrielle Fleischproduktion und Landwirtschaft betreiben – mit negativen Folgen für Klima und Umwelt - können dies als klimasmart verkaufen. Mit Blick auf neue Finanzierungsinstrumente für den Klimaschutz, in die Milliarden fließen werden, drohe die Gefahr, dass Programme unterstützt werden, die kontraproduktiv für den Klimaschutz seien. Daher fordern die Unterzeichner, zu denen in Deutschland u.a. Brot für die Welt, Misereor, FIAN und Save Our Seeds gehören, politische Entscheidungsträger dazu auf, CSA abzulehnen und die Agrarökologie zum Grundpfeiler von Politiken im Bereich Landwirtschaft und Klima zu machen. Die Agrarökologie ist ein ganzheitlicher landwirtschaftlicher Ansatz, der auf ökologischen Konzepten sowie den Prinzipien von Ernährungssicherheit und -souveränität beruht. Sie zielt darauf ab, Agrarökosysteme zu verbessern, indem sie die lokal verfügbaren natürlichen Ressourcen nutzt und wiederverwertet, statt von externen Inputs abhängig zu sein. Zudem fördert die Agrarökologie die lokale Lebensmittelproduktion von Kleinbauern und Familienbetrieben, setzt auf das traditionelle Wissen und Innovationen der Bauern und trägt so zur Bewahrung von Biodiversität und Bodenfruchtbarkeit bei. (ab)
18.09.2015 | permalink
China will mit Gentech-Klonkuh unabhängiger von Importen werden

In China hat eine geklonte und genetisch veränderte Kuh erstmals Nachwuchs bekommen. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtet kam das Kalb bereits am 28. August zur Welt. Forscher der Pekinger Landwirtschaftsuniversität wollen mit den Klonkühen die Qualität von chinesischem Rindfleisch verbessern und das Land weniger abhängig von teuren Importen aus dem Ausland machen. Die Mutterkuh namens Niu Niu ist eine von zwei Klonen, die 2012 zur Welt kamen und mit einem Gen ausgestattet wurde, das den Fettanteil der Muskeln erhöht. Dieses Gen wurde nun auch beim Nachwuchs der Kuh nachgewiesen. Ni Hemin, der das Forschungsprojekt leitet, wertete dies als großartigen Durchbruch, der zeige, dass gentechnisch veränderte Tiere sich vermehren können. Die Kühe sollen es China ermöglichen, hochwertiges Rindfleisch im großen Stil zu produzieren und damit unabhängiger von teuren Importen aus Südamerika zu werden. In den letzten 30 Jahren ist der Fleischverbrauch in China enorm gestiegen, von knapp 15 Kilo pro Kopf Anfang der Achtziger Jahre auf mittlerweile 60 Kilogramm. Den größten Anteil macht zwar immer noch Schweinefleisch mit fast 40 Kilogramm aus, doch der Hunger der Chinesen auf Rindfleisch nimmt zu. Kam Rindfleisch früher kaum zuhause auf den Tisch und wurde vorwiegend außerhalb gegessen, verzehren die Chinesen nun 5 Kilogramm im Jahr – Tendenz steigend. Das einstige Heimatland der Sojabohne ist heute zum weltweit größten Importeur von Soja geworden, um seine Viehbestände zu mästen. Niu Niu und ihr Kalb sind nicht die ersten Experimente der Chinesen mit geklonten und gentechnisch veränderten Tieren. Forscher haben unter anderem mithilfe der Gentechnik ein Kalb produziert, das laktosearme Milch geben soll und transgene Kühe gezüchtet, die Milch geben, die der menschlichen Muttermilch ähnelt und mehrere Proteine enthält, die Säuglinge vor Infektionen schützen sollen. (ab)
16.09.2015 | permalink
EU-Kommission will Glyphosat-Zulassung um halbes Jahr verlängern

Die EU-Kommission will angeblich die Zulassung des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat verlängern. Mehrere Zeitungen und Nachrichtenagenturen vermelden, dass die Brüsseler Behörde den Mitgliedsstaaten vorschlagen will, die Ende des Jahres auslaufende Marktzulassung für Glyphosat erst einmal bis Ende Juni 2016 auszuweiten, da sich eine Stellungnahme der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit Efsa zur Neuzulassung des Herbizids verzögere. Ende März hatte die Internationale Krebsforschungsagentur IARC, die zur Weltgesundheitsorganisation WHO gehört, Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend für den Menschen“ eingestuft. Die Efsa wolle sich nun ausreichend Zeit nehmen, um den vollständigen IARC-Bericht von Ende Juli zu prüfen. Dadurch werde ihre Empfehlung zu einer Neuzulassung nun nicht wie geplant Mitte August vorliegen, sondern sich wahrscheinlich um mehrere Monate verzögern. Umweltorganisationen reagierten empört auf die aktuelle Ankündigung der EU-Kommission. „Es ist inakzeptabel, dass die EU-Kommission Europas Bevölkerung weiter einer Substanz aussetzen will, die von der WHO als 'wahrscheinlich krebserzeugend' eingestuft wurde“, kritisierte Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Bundesagrarminister Christian Schmidt wirft er fehlende Entschlossenheit vor: „Aus unserer Sicht stellt sich Minister Schmidt nicht seiner Verantwortung. Insgesamt muss sich die Bundesregierung vorwerfen lassen, dass sie dem Schutz der Bevölkerung weniger Bedeutung beimisst als den Profitinteressen von Glyphosat-Herstellern wie Monsanto“, sagte Weiger. Glyphosat ist ein oft eingesetzter Wirkstoff bei Unkrautvernichtungsmitteln, unter anderem von Monsantos Roundup Ready, das meistverkaufte Herbizid weltweit. (ab)
15.09.2015 | permalink
UN-Studie warnt vor dem hohen Preis der Bodendegradation

Bodenzerstörung verursacht weltweit jedes Jahr enorme Kosten und wird künftig Millionen Menschen dazu zwingen, ihre Heimat zu verlassen. Davor warnt ein am Dienstag erschienener UN-Bericht, der den Wert der Ökosystemleistungen von Böden beziffert, z.B. für Klima, Lebensmittelproduktion, Nährstoffkreisläufe und Wasser, aber auch die Armutsreduzierung. Demnach entstehen durch die Versiegelung der Böden und Auswirkungen der intensiven Landwirtschaft, etwa durch Überdüngung und Überweidung, weltweit Verluste in Höhe von 6,3 bis 10,6 Billionen Dollar (ca. 5,6 bis 9,4 Billionen Euro) jährlich. Das entspricht 10-17% der Weltwirtschaftsleistung, rechnet der Bericht der Initiative Economics of Land Degradation (ELD) vor. „Unsere Botschaft ist, dass sich nachhaltige Landwirtschaft wirklich lohnt“, betont Mitautor Mark Schauer von der Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit. „Herkömmliche Landwirtschaft ist für die Volkswirtschaft eine Minusrechnung. Der Boden wird degradiert und die Ökosysteme in der Umgebung auch.“ Als Beispiel nennt er den Baumwollanbau im westafrikanischen Benin, der den Böden Nährstoffe und Wasser entziehe. Zudem könnte die Bodenzerstörung in den nächsten zehn Jahren rund 50 Millionen Menschen zur Flucht zwingen, da die Böden in ihrer Heimat sie nicht mehr ernähren können, schätzt das UN-Übereinkommen zur Bekämpfung der Wüstenbildung (UNCCD). „Bodendegradation trägt unser fruchtbares Land ab. Es handelt sich um unsere gemeinsame Rohstoffbasis, doch wir schätzen unsere Landressourcen nicht“, mahnte UNCCD-Exekutivsekretärin Monique Barbut. Etwa 52% der landwirtschaftlich genutzten Flächen sind teils oder stark von Bodendegradation betroffen. Doch nicht nur die Landwirtschaft ist dem Bericht zufolge durch Ernteeinbußen betroffen. Böden sind nach den Ozeanen die die zweitgrößte Kohlenstoffsenke, während die Landwirtschaft und Landnutzungsänderungen die zweitgrößte Quelle von Treibhausgasemissionen darstellen. Die Bekämpfung der Bodendegradation sowie ihrer Ursachen könnte somit Treibhausemissionen gleich doppelt reduzieren. Möglichkeiten, der Bodendegradation entgegenzuwirken, gebe es viele, sei es Wiederaufforstung oder ein Übergang zu nachhaltigen landwirtschaftlichen Praktiken. Der Politik stünden zum Schutz des Bodens viele Instrumente zur Verfügung, so die Autoren, etwa das Verbot von umweltschädlichen Pestiziden, Zahlungen für Ökosystemdienstleistungen oder das Besteuern von Produkten, deren Herstellung und Konsum Böden und Umwelt schaden. Auch die UN-Nachhaltigkeitsziele, die nächste Woche offiziell verabschiedet werden, widmen sich mit Ziel 15 ausdrücklich dem Schutz der Böden und der Bekämpfung von Bodendegradation. (ab)
14.09.2015 | permalink
Ungesunde Ernährung weltweit Hauptursache für vorzeitigen Tod

Ungesunde Ernährung ist weltweit der größte Risikofaktor für ein vorzeitiges Ableben. Das zeigt eine Aktualisierung der 2010 veröffentlichten Studie Global Burden of Disease, die als die umfassendste Untersuchung zu globalen Gesundheitsgefahren gilt. Vermeidbare Risikofaktoren führten 2013 zu 57% aller vorzeitigen Todesfälle. Ungesunde Essgewohnheiten, sprich eine Ernährung mit wenig Obst, Gemüse und Vollkorn, aber reich an rotem Fleisch, zuckerhaltigen Getränken, Natrium und trans-Fettsäuren, wurden für 21% dieser Todesfälle verantwortlich gemacht, da eine derartige Ernährung die koronare Herzkrankheit, Schlaganfälle und Diabetes fördert. Die am 11. September im Fachblatt The Lancet veröffentlichte Studie wurde unter Federführung des Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME) der Universität Washington durchgeführt. „Es gibt ein großes Potenzial, die Gesundheit zu verbessern, indem man bestimmte Risikofaktoren wie Rauchen und eine ungesunde Ernährung vermeidet und Umweltrisiken wie Luftverschmutzung bekämpft“, sagt IHME-Direktor Dr. Christopher Murray. „Die Herausforderung für politische Entscheidungsträger ist, unser Wissen zu nutzen, um Präventionsbemühungen und Gesundheitspolitiken anzuleiten.“ Die Wissenschaftler analysierten Daten für den Zeitraum 1990 bis 2013 aus 188 Ländern und weiteten die Zahl der Risikofaktoren für einen vorzeitigen Tod von bisher 67 auf 79 aus. Eine Kombination von 14 ernährungsbedingten Risikofaktoren verursachte die höchste Zahl an Todesfällen weltweit. Ernährungsrisiken werden 11,3 Millionen Todesfälle zugeschrieben. Die systolische Hypertonie ist der häufigste individuelle Risikofaktor und kostete 10,4 Millionen das Leben. Unterernährung von Kindern oder Müttern wird für 1,7 Millionen Todesfälle verantwortlich gemacht. Mit dem Rauchen schaufeln sich 6,1 Millionen Menschen jährlich das Grab, Luftverschmutzung verursacht 5,5 Millionen Todesfälle. Der Studie zufolge sind die Risiken je nach Region und Land unterschiedlich. In Lateinamerika und dem Nahen Osten war Fettleibigkeit die Hauptursache für Gesundheitsbeschwerden. Alkoholmissbrauch ist die zweithäufigste Todesursache in Russland, Rauchen in vielen Ländern mit hohem Einkommen, einschließlich Großbritannien. Die Lage ist anders in Subsahara-Afrika, wo eine tödliche Kombination aus Unterernährung im Kindesalter, einer unsicheren Wasser- und Sanitärversorgung sowie ungeschütztem Geschlechtsverkehr und Alkoholmissbrauch die Lebenszeit verkürzt. (ab)