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19.01.2016 | permalink
Soziale Ungleichheit wächst: 62 Menschen besitzen so viel wie die halbe Welt

Die weltweite Ungleichheit erreicht neue Extreme: Die reichsten 62 Menschen des Planeten besitzen so viel Vermögen wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung zusammen. Das zeigt ein neuer Bericht von Oxfam, der im Vorfeld des Weltwirtschaftsforums im Schweizer Davos veröffentlicht wurde. Demnach hat sich das Vermögen der ärmsten 3,5 Milliarden Erdenbewohner seit 2010 um eine Billion US-Dollar verringert – und das, obwohl im selben Zeitraum die Weltbevölkerung um 400 Millionen Menschen wuchs. Gleichzeit haben die 62 Superreichen ihr Reichtum um mehr als eine Halbe Billion auf 1,76 Billionen Dollar vermehrt, eine Zunahme um 44%. Oxfam stützte die Berechnungen auf die Forbes-Liste der Milliardäre. Das Reichtum, das dem der halben Weltbevölkerung entspricht, verteilt sich jedes Jahr auf immer weniger Taschen: 2010 entfiel es noch auf 388 Superreiche, im letzten Jahr waren es immerhin noch 80 Personen. „Es ist einfach nicht hinnehmbar, dass die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung so viel besitzt wie gerade mal ein Dutzend superreiche Menschen, die in einen Bus passen würden“, empörte sich Winnie Byanyima, Exekutivdirektorin von Oxfam International. Sie kritisiert, dass die Explosion des Vermögens der Superreichen auf Kosten der Mehrheit und vor allem der ärmsten Menschen der Welt erfolge. Denn auch wenn die Zahl der Menschen, die in extremer Armut leben, sich zwischen 1990 und 2010 halbiert habe, sei das durchschnittliche Jahreseinkommen der ärmsten 10 Prozent in den letzten 25 Jahren nur um 3 Dollar gestiegen – für jeden einen Cent pro Tag. Insbesondere Frauen seien überproportional von sozialer Ungleichheit betroffen. Oxfam sieht dringenden Handlungsbedarf, um das im September verabschiedete UN-Nachhaltigkeitsziel, die extreme Armut bis 2030 auszumerzen, zu erreichen. „Wir können nicht weiterhin zulassen, dass hunderte Millionen Menschen Hunger leiden, während die Ressourcen, die genutzt werden könnten, um ihnen zu helfen, von den Superreichen aufgesaugt werden“, so Byanyima. Als einen Grund für diese Entwicklung benennt Oxfam die unzureichende Besteuerung von großen Vermögen und Kapitalgewinnen sowie die Verschiebung von Gewinnen in Steueroasen. Investitionen von Unternehmen in Steuerparadiesen seien zwischen 2000 und 2014 um das Vierfache gewachsen. Entwicklungsländern gingen so jährlich mindestens 100 Milliarden US-Dollar an Steuereinnahmen verloren. „Konzerne dürfen sich nicht länger aus ihrer Verantwortung stehlen“, fordert auch Tobias Hauschild, Referent für Entwicklungsfinanzierung bei Oxfam Deutschland. „Sie müssen ihre Gewinne dort versteuern, wo sie sie erwirtschaften. Die Politik muss die Anliegen der Bevölkerungsmehrheit über die Interessen der Superreichen stellen.“ (ab)
17.01.2016 | permalink
23.000 Menschen demonstrieren in Berlin für eine Agrarwende

Tausende Menschen haben am Samstag in Berlin für eine Agrarwende hin zu einer bäuerlichen und ökologischeren Landwirtschaft demonstriert. Angeführt von mehr als hundert Traktoren zogen rund 23.000 Menschen unter dem Motto „Wir haben Agrarindustrie satt! Keine Zukunft ohne Bäuerinnen und Bauern“ vom Potsdamer Platz zum Bundeskanzleramt. Die Polizei sprach von 13.500 Menschen. Die aus dem ganzen Bundesgebiet angereisten Teilnehmer protestierten für eine umwelt- und klimafreundliche Form der Landwirtschaft ohne Gentechnik, die die Strukturen im ländlichen Raum erhält, artgerechte Tierhaltung ermöglicht und das Recht auf Nahrung aller Menschen weltweit sichert. Manche Demonstranten waren als Kühe oder Schweine verkleidet und wandten sich mit Transparenten mit der Aufschrift „Mein Schwanz bleibt ganz“ oder „Mein Schnabel bleibt meine Gabel“ gegen die Haltungsbedingungen großer Fleischbetriebe. Auch gegen das geplante EU-Freihandelsabkommen TTIP mit den USA richteten sich zahlreiche Banner. Zu der anlässlich der Grünen Woche bereits im sechsten Jahr stattfindenden Demonstration aufgerufen hatte ein breites gesellschaftliches Bündnis von über 100 Organisationen aus Landwirtschaft, Imkerei, Natur-, Tier- und Verbraucherschutz, Entwicklungsorganisationen und dem Lebensmittelhandwerk. „Wir wollen diesen Schulterschluss zeigen zwischen Verbraucherinnen und Verbrauchern und Bäuerinnen und Bauern. Die Bauern sind bereit, neue Wege zu gehen. Wir wollen ökologischere Landwirtschaft, wir wollen artgerechte Tierhaltung“, sagte Jochen Fritz, Landwirt und Sprecher der Demonstrations-Bündnisses der Tagesschau. „Die aktuelle Agrarpolitik zielt nur auf eine Steigerung der Exporte, dadurch sinken die Preise“, sagte der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Georg Janßen. Doch das hat nicht nur Folgen für die Landwirte in Europa: „In Burkina Faso unterbieten Milchexporte aus Europa den heimischen Milchpreis mittlerweile um über 60 Prozent. Diese Politik verursacht Armut und Hunger. Deswegen müssen wir die Exporte zu ‚Dumpingpreisen‘ in Länder des globalen Südens, die die Lebensgrundlage der Bauern vor Ort zerstören, sofort stoppen“, forderte Kerstin Lanje, Agrarexpertin von Misereor. Bereits am Vormittag hatten sich am Hauptbahnhof rund 500 Bauern unter dem Motto „Wir machen Euch satt“ zu einer Gegenkundgebung versammelt. Sie fühlen sich durch die Kritik der Tierschutz- und Umweltverbände diffamiert: „Wir haben in Deutschland immer noch eine bäuerliche Landwirtschaft, die angeprangerten Agrarfabriken gibt es nicht“, so ein Sprecher. Das sieht das ‚Wir haben es satt‘-Bündnis jedoch anders. „Die Landwirtschaft steht an einem Scheideweg. Entweder die Bauern gehen den Weg gemeinsam mit der Zivilgesellschaft oder mit der Agrarindustrie und Konzernen wie Tönnies, Wiesenhof und großen Molkereien. Jetzt muss die Politik die Weichen für eine Agrarwende stellen“, so Fritz im Interview mit der Tagesschau. (ab)
13.01.2016 | permalink
Studie: Industrielle Landwirtschaft heizt Artenschwund auf den Äckern an

Um die Artenvielfalt in Europas Agrarlandschaften ist es schlecht bestellt, denn die industrielle Landwirtschaft verdrängt mit ihrem Einsatz von Chemie, engen Fruchtfolgen, hoher Technisierung und überzogener Düngung viele Tier- und Pflanzenarten aus ihrem Lebensraum. So lautet das Fazit der Studie „Die (un-)heimliche Arten-Erosion“, die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Autor Stephan Börnecke wertete für die Bestandsaufnahme zahlreiche Studien und Berichte von Wissenschaftlern, Naturschutzorganisationen und Behörden aus. Der schleichende Artenschwund betreffe Insekten, Vögel, Säugetiere, aber auch Pflanzen wie Wildkräuter. So hätten sich die Bestände von 15 der 20 heimischen Brutvögel in landwirtschaftlich genutzten Lebensräumen kontinuierlich reduziert, bei drei Arten habe sich der Bestand seit 1980 gar mehr als halbiert. Vorzeigearten wie Kranich, Seeadler, Uhu oder Wanderfalke würden zwar „gehätschelt“, doch für „Allerweltsarten“ sehe es schlecht aus: So sei etwa in Hessen der Feldgrashüpfer aus der Agrarlandschaft, von der er abhängig ist, binnen weniger Jahre praktisch verschwunden. Genauso stelle sich die Lage der Blütenpflanzen der Agrarlebensräume dar: „Einzelne Arten haben seit den 1950er Jahren mehr als 99 Prozent ihres Bestands eingebüßt“, zitiert der Autor eine vom Umweltbundesamt beauftragte Studie. Eine Hauptursache für die fortschreitende Abnahme der Biodiversität sei die zunehmende Intensivierung der Landwirtschaft. „Der ‚saubere Acker’, auf dem nur lebt, was dem kurzfristigen Profit nützt, ist für die Biodiversität ein fatales Leitbild der Landwirtschaft, weil es unmittelbar das Lebensrecht aller Nicht-Kulturarten in Frage stellt und damit zur Destabilisierung des immer artenverarmteren Öko-Systems beiträgt“, schreibt Börnecke. Die Studie geht mit der EU-Agrarpolitik und der Umsetzung der EU-Ziele zur Sicherung der Artenvielfalt hart ins Gericht. Die EU habe im Prinzip relativ ehrgeizige Biodiversitätsziele, doch mit den jetzigen Maßnahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) würden diese mit Sicherheit verfehlt. Die GAP sei nur um ein Quäntchen verändert worden, da unter anderem selbst in den ohnehin viel zu klein bemessenen ökologischen Vorrangflächen sogar Pestizide eingesetzt werden dürfen. So lasse sich Biodiversität nicht bewahren. Der Europa-Abgeordneten Martin Häusling (Grüne), der die Studie in Auftrag gegeben hat, fordert daher eine komplette Neuausrichtung der GAP. Zahlungen dürfe es nur noch für Landwirte geben, deren Methoden ein Höchstmaß an ökologischer Verträglichkeit und Tiergerechtheit beinhalten. Der Ökolandbau solle Leitbildfunktion erhalten. Zudem müsse der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft schnellstmöglich verringert werden. Das Zulassungsverfahren müsse strenger und die Entwicklung von chemiefreien Push-und Pull-Systeme sowie die Beratung zum biologischen Pflanzenschutz gefördert werden. Denn „mit dem Tunnelblick auf ein „Immer Mehr“ an Produktion scheint die aktuelle landwirtschaftliche Praxis völlig vergessen oder verdrängt zu haben, dass sie mitten in den Natur stattfindet, ja ein Teil von ihr ist – trotz sämtlicher technischer Optimierungs- und Überlistungsversuche“, gibt Häusling im Vorwort der Studie zu bedenken. (ab)
12.01.2016 | permalink
Studie: Dürre und Hitzewellen verringern Getreideernte um 10 Prozent

Zunehmende Dürren und extreme Hitze haben die Getreideproduktion in den letzten Jahrzehnten bereits stark beeinträchtig und werden künftig eine Bedrohung für Landwirte darstellen – vor allem wenn sie auf Monokulturen setzen. Darauf machen kanadische und britische Forscher im Fachjournal Nature aufmerksam. Ihre Ergebnisse zeigen, dass Dürre sowie extreme Hitzewellen zwischen 1964 und 2007 die Getreideernten in den betroffenen Ländern um 10% bzw. 9% einbrechen ließen, während Kälteeinbrüche oder Überflutungen keinen signifikante Einfluss auf die Ernten hatten. „Wir wussten immer schon, dass Extremwetter Ernteverluste verursacht“, sagt Navin Ramankutty, ein Professor für Ernährungssicherheit an der University of British Columbia in Kanada. „Doch bis jetzt wussten wir nicht exakt, wie viel der weltweiten Produktion aufgrund dieser extremen Wetterereignisse verloren ging und wie dies in den jeweiligen Weltregionen variierte.” Die Forscher werteten Daten der UN-Landwirtschaftsorganisation FAO für 16 Getreidearten in 177 Ländern aus und untersuchten die Folgen von 2.800 Wetterkatastrophen im Zeitraum 1964 bis 2007. Es zeigte sich, dass sich die Auswirkungen von Dürren auf Getreide wie Mais, Reis und Weizen in den letzten drei Jahrzehnten verstärkten: Ging zwischen 1964 und 1984 noch im Schnitt 6,7% der Getreideernte verloren, zerstörten Dürren zwischen 1985 und 2007 gar 13,7% der Getreideernte. Dürren führten seit 1964 zu Verlusten von insgesamt 3 Milliarden Tonnen Getreide – etwa die Maisproduktion von drei Jahren. Die Schäden fielen in Industrieländer stärker aus als in armen Ländern. Die Produktion in den „technisch fortschrittlichen“ Agrarsystemen Nordamerikas, Europas und Australiens brach bei Dürren im Schnitt um 19,9% ein – doppelt so stark wie im globalen Schnitt. „In den Kornkammern Nordamerikas etwa sind die Anbaumethoden über riesige Gebiete hinweg einförmig. Wirkt sich also eine Dürre auf eine dieser Feldfrüchte aus, werden alle darunter leiden“, erklärt Hauptautor Corey Lesk von der McGill University. „In den meisten Entwicklungsländern hingegen sind die Anbausysteme ein Flickenteppich aus kleinen Feldern mit verschiedenen Pflanzen. Wenn eine Dürre auftritt, werden vielleicht einige der Feldfrüchte zerstört, aber andere könnten es überstehen.“ Die Autoren wollen mit der Studie Einblicke in die Klimafolgen für die Landwirtschaft liefern und dazu beitragen, dass Schwerpunkte im Bereich Landwirtschaft bei der Katastrophenrisikominderung und Strategien zur Anpassung richtig gesetzt werden. Landwirte in reicheren Ländern, die nicht auf die Ernte zur direkten Ernährung angewiesen sind und Zugang zu Ernteausfallversicherungen haben, können es sich erlauben, auf eine Maximierung der Erträge zu setzen, schreiben die Autoren. Doch dieses Risiko einzugehen kann für Bauern in armen Ländern verheerende oder gar tödliche Folgen haben. (ab)
07.01.2016 | permalink
Die Deutschen wollen aufs tägliche Fleisch nicht verzichten

Die meisten Deutschen wollen auf ihr tägliches Fleisch nicht verzichten: Bei 83% der Bundesbürger kommen mehrmals die Woche Fleischprodukte auf den Tisch. Das zeigt der Ernährungsreport 2016, der vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft am 5. Januar in Berlin vorgestellt wurde. Rund 47% der Männer und 22% der Frauen gaben in der zugrunde liegenden Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa an, jeden Tag ein- oder sogar mehrmals Fleisch und Wurst zu essen. Dazu kommen 42% der Männer und 55% der Frauen, die mehrere Male pro Woche zu Steak, Salami und Co. greifen. Die Männer sind dementsprechend unter den Vegetariern schwach vertreten: Während sechs Prozent der Frauen nie Fleisch oder Wurst essen, ernährt sich nur ein Prozent der männlichen Bevölkerung völlig fleischlos. Obwohl die Mehrheit der Deutschen auf regelmäßigen Fleischkonsum nicht verzichten will, rangiert das Schnitzel auf der Skala der Leibgerichte mit 11% im Mittelfeld. Als Lieblingsgericht nannten 35% der Deutschen Pasta, gefolgt von Gemüse- und Kartoffelgerichten, Fisch und Salat. Die Frauen ernähren sich nach eigenen Angaben deutlich gesünder: 85% der weiblichen Bevölkerung achten darauf, täglich Obst und Gemüse zu essen, während das nur zwei Drittel der Männer tun. Beim Einkauf ist es 76% der Deutschen wichtig, dass die Lebensmittel aus ihrer Region kommen. Für 58 Prozent ist es vor allem entscheidend, dass die Produkte preiswert sind. Dennoch gaben 45% der Befragten an, sie wären auf jeden Fall bereit, mehr Geld für Fleisch auszugeben, das aus artgerechter Haltung stammt. Auch zum Thema Lebensmittelverschwendung wurden die Deutschen befragt: 42% gaben an, mindestens einmal pro Woche Lebensmittel wegzuwerfen. Mit 69% ist der Anteil bei Schülerinnen und Schülern besonders hoch, bei Älteren und Alleinlebenden ist er hingegen besonders niedrig. Hauptgründe für die Entsorgung sind, dass die Lebensmittel verdorben waren (70%), Reste nicht aufgegessen wurden (43%) oder das Mindesthaltbarkeitsdatums (43%) abgelaufen war. Verbesserungspotenzial in der landwirtschaftlichen Lebensmittelproduktion sehen die Deutschen bei der Situation der Landwirte: 86% der Befragten halten es für nötig, dass Bauern besser bezahlt werden. Neun von zehn (88 %) wünschen sich eine artgerechte Haltung von Nutztieren und 70% eine bessere Umweltverträglichkeit der Landwirtschaft. Darüber, dass zwischen den Wünschen der Verbraucher und der in Wirklichkeit in diese Richtung getätigten Kaufentscheidung oft Welten liegen, trifft der Ernährungsreport keine Aussage. (ab)
05.01.2016 | permalink
Saatgutgesetz: Venezuela verbannt Gentechnik vom Acker

Venezuela hat dem Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen eine klare Absage erteilt: Am 23. Dezember verabschiedete das scheidende Parlament ein neues Saatgutgesetz, bevor am 5. Januar eine oppositionelle Parlamentsmehrheit die Legislative übernimmt. Das aus 71 Artikeln bestehende Gesetz untersagt den Import, Verkauf, die Verbreitung und Verwendung von gentechnisch verändertem Saatgut. Fast drei Jahre lange war das Gesetz debattiert worden, das von Präsident Nicolás Maduro noch im alten Jahr unterzeichnet wurde. Vizepräsident Jorge Arreaza begrüßte die Verabschiedung des „Ley de Semillas“ und teilte mit, es trage zur Förderung der biologischen Vielfalt bei und stärke „die Ernährungssicherheit und Ernährungssouveränität des Landes“. Das Saatgutgesetz sieht die Förderung einer ökologischen Landwirtschaft, den Schutz des traditionellen Saatguts der Bauern und die Ausweitung der venezolanischen Saatgutproduktion vor. Eine eigens dafür eingerichtete Institution soll die Einhaltung des Gesetzes überwachen und Saatgutbestände kontrollieren, damit Verstöße gegen das Gentechnik-Verbot aufgedeckt werden. Außerdem sollen Banken für Saatgut und genetische Ressourcen geschaffen werden. Das Gesetz stützt sich auf Artikel 305 der Verfassung Venezuelas, der festlegt, dass der Staat eine „nachhaltige Landwirtschaft für die umfassende ländliche Entwicklung fördern muss, um die Ernährungssicherheit zu garantieren“. Außerdem verbietet das Gesetz Patente auf Leben: Artikel 4 bezeichnet Saatgut „als Lebewesen und fundamentalen Bestandteil der Mutter Erde“. In seiner wöchentlichen TV-Sendung sagte Maduro, das neue Gesetz schaffe die Grundlagen, um „Lebensmittel unter einem agrarökologischen Modell zu produzieren, dass die Mutter Erde und das Recht unserer Kinder respektiere, gesund aufzuwachsen und sich gesund zu ernähren.“ (ab)
- La Ley de Semillas consolida la soberanía alimentaria y “abre paso a un modelo ecosocialista”
- teleSUR: Ley de Semillas en Venezuela asegura soberanía agroalimentaria
- latinapress: Lateinamerika: Venezuela verbannt endgültig gentechnisch verändertes Saatgut
- teleSUR English: Venezuela to Soon Approve Seed Law to Ban GMO Seeds
30.12.2015 | permalink
Fleischsteuer: Umweltbundesamt will ökologische, klimagerechte Ernährung fördern

Das Umweltbundesamt fordert eine stärkere Besteuerung umwelt- und klimaschädlicher Lebensmittel und Produktionsweisen und will den Konsum tierischer Erzeugnisse und die Verschwendung von Lebensmitteln in Deutschland verringern. Das geht aus der Mitte Dezember veröffentlichten Broschüre „Umwelt, Haushalte und Konsum“ hervor, in dem die Behörde Umweltbelastungen durch die Konsum- und Ernährungsgewohnheiten der Deutschen beleuchtet. „Unsere Klimaschutzziele werden wir nur erreichen, wenn wir auch über unser Konsumverhalten nachdenken. Das macht auch vor liebgewonnenen Gewohnheiten nicht halt“, teilte UBA-Präsidentin Maria Krautzberger mit. „Die Produktion tierischer Produkte, allen voran Fleisch, belastet die Umwelt in hohem Maße – durch Ressourcen- und Flächenverbrauch, aber auch Nitratbelastung von Böden und Gewässern und hohe Treibhausgas-emissionen.“ So entstehen bei der Produktion von einem Kilo Rindfleisch zwischen sieben und 28 Kilo Treibhausgasemissionen, wobei es bei Obst und Gemüse weniger als ein Kilo sind. Bei der Fleischproduktion schlägt zusätzlich die Futtermittelproduktion negativ zu Buche. So werden zum Beispiel für den Sojaanbau in Südamerika große Flächen benötigt, die durch die Abholzung des Regenwaldes geschaffen werden. Zwar sinke der Fleischkonsum in Deutschland leicht, doch der Export stieg stark an. So wurde 2013 im Vergleich zum Jahr 2000 mehr als das Dreifache an Fleisch von Deutschland exportiert. Jedoch sind nicht nur die Emissionen bei der Lebensmittelproduktion ein Problem, sondern auch jene, die beim Transport entstehen. Lange Transportwege zum Beispiel für Erdbeeren im Winter stellen eine Belastung für das Klima dar. Gerade leichtverderbliche Lebensmittel werden mit dem Flugzeug transportiert, welches immer noch die schlechteste Treibhausgasbilanz aufweist. Krautzberger empfiehlt: „Wer beim Einkauf auf saisonale Produkte aus der Region achtet, kann sich vielfältig ernähren und die Umwelt schonen.“ Das Umweltbundesamt appellierte an die Bundesregierung, national eine Vorreiterrolle bei der Transformation des Ernährungssystems einzunehmen. „ Eine ökologische, klimagerechte Ernährung soll durch ökonomische und steuerliche Instrumente privilegiert werden. Dies bedeutet, dass für umwelt- und klimaschädliche Produkte und Verfahren die Mehrwertsteuer erhöht oder entsprechende Steuern erhoben werden sollten. Flankiert werden sollten diese Maßnahmen durch Bildungs- und Beratungsmaßnahmen zur Förderung des nachhaltigen Konsumverhaltens sowie Maßnahmen zur Stärkung des Absatzes von Bioprodukten und zur Entwicklung von Speiseplänen mit reduziertem Angebot tierprodukthaltiger Speisen“, ist in der Broschüre nachzulesen. (ab, L)
28.12.2015 | permalink
Studie: Rückgang der Wildbienen gefährdet die US-Agrarproduktion

Wildbienen sind in vielen landwirtschaftlichen Gebieten der Vereinigten Staaten von einem starken Rückgang betroffen, zeigt eine neue Studie. Dies könnte Landwirten erhebliche Kosten bescheren und die Lebensmittelproduktion in den USA aus dem Gleichgewicht bringen, warnte ein Team von Wissenschaftlern im Fachjournal Proceedings of the National Academy of Sciences. Die erste landesweite Karte der Wildbienenbestände zeigt, dass die Populationen in den USA zwischen 2008 und 2013 um 23% zurückgingen. Die Forscher identifizierten 139 Countys in den Hauptagrarregionen des Landes, in denen das Missverhältnis zwischen dem Bedarf an Bestäubungsleistungen und dem Rückgang der Wildbienenbestände besonders frappierend ist. Dies betrifft zum Beispiel Kalifornien, den Pazifischen Nordwesten der USA, den oberen Mittleren Westen und die Great Plains sowie Westtexas. „Vor dieser Studie gab es keine nationale Übersicht zur Lage der Wildbienen und deren Beitrag zur Bestäubung“, so Insu Koh, Wissenschaftler am Gund Institute for Ecological Economics der University of Vermont. Die Bestandsaufnahme erfasst 39% aller US-Anbauflächen, die auf Bestäubung angewiesen sind. In diesen Countys werden etwa Mandeln, Kürbisse, Wassermelonen, Pfirsiche und Äpfel angebaut, die stark von fleißigen Bestäubern abhängig sind. „Bei diesen Früchten ist die Wahrscheinlichkeit am höchsten, dass es zu Problemen mit der Bestäubung kommt, sei es durch höhere Kosten für gesteuerte Bestäubung oder instabile Erträge“, warnt Taylor Ricketts, Leiter des Gund Institute. Doch die Karte erfasst auch Anbaugebiete, die nicht so viel Bestäubung benötigen, da Soja, Raps und Baumwolle angebaut werden. Wildbienen, von denen es in den USA allein 4000 verschiedene Arten gibt, sind neben bewirtschafteten Honigbienen-Kolonien von großer Bedeutung für die Landwirtschaft und wild wachsende Pflanzen. Bestäuber schöpfen Schätzungen zufolge einen jährlichen Wert von 3 Milliarden US-Dollar für die US-Landwirtschaft. Doch Pestizide, der Klimawandel und Krankheiten machen den Bienen zu schaffen. Die neue Studie zeigt zudem, dass die Umwandlung natürlicher Lebensräume der Wildbienen zu Ackerland auch ein entscheidender Faktor sein könnte: In 11 Bundesstaaten mit sinkenden Bienenbeständen hat zwischen 2008 und 2013 die Fläche, die für den Anbau von Mais der Bewirtschaftung zugeführt wurde, um 200% zugenommen. Dadurch wurden Wiesen und Weiden umgewandelt, die Wildbienen zuvor als Lebensraum dienten. Für die Zerstörung dieser natürlichen Habitate machen die Autoren die steigende Nachfrage nach Mais für die Produktion von Biosprit verantwortlich. „Durch das Aufzeigen der Regionen mit Habitatsverlusten für Wildbienen können Regierungsbehörden und private Institutionen ihre Anstrengungen auf die Unterstützung dieser wichtigen Bestäuber sowie nachhaltigerer Agrar- und Naturlandschaften konzentrieren“, so Rufus Isaacs, einer der Autoren der Studie. (ab)
23.12.2015 | permalink
FiBL: Lebensmittel statt Kraftfutter vom Acker für eine nachhaltige Welternährung

Eine Abkehr vom Futtermittelanbau auf Ackerland würde Platz für den Anbau von Lebensmitteln für die menschliche Ernährung schaffen und sich positiv auf die Umwelt auswirken. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie des Forschungsinstitutes für biologischen Landbau (FiBL), die in der Fachzeitschrift „Interface“ der Royal Society erschienen ist. Würden Tiere Gras von Weideflächen und Abfallprodukte aus der Lebensmittelerzeugung fressen statt Weizen, Mais und Soja vom Acker, nähme die Konkurrenz zwischen Futter- und Nahrungsmittelproduktion ab und eine wachsende Weltbevölkerung von 10 Milliarden Menschen könnte auch im Jahr 2050 nachhaltig ernährt werden, schreiben die Forscher. Aktuell wird ein Drittel der Ackerfläche dafür genutzt, um Tierfutter herzustellen; über ein Drittel der globalen Getreideernte landet in Futtertrögen. Diese Umwandlung von pflanzlichen zu tierischen Kalorien geht mit großen Verlusten einher. Seit Jahren wird die Verbindung zwischen dem Fleischkonsum und durch die Landwirtschaft verursachte Umweltschäden heiß diskutiert, so das FiBL in seiner Pressemitteilung. Studien zum Thema Effizienz und Futterverwertung kämen häufig zu der Schlussfolgerung, dass die Tierhaltung weiter intensiviert werden muss, was zur Folge hätte, dass noch mehr energiereiches Kraftfutter auf den Äckern produziert werden würde. Suffizienzstrategien hingegen fordern eine Reduzierung des Fleischkonsums, erläutern die Autoren. Doch das FiBL analysiert mit der Option des Verzichts auf Futtermittel vom Feld einen dritten Weg, der diese Strategien ergänzen könne. Zusammen mit der Welternährungsorganisation FAO, der Alpen-Adria Universität in Wien und der Universität Aberdeen erstellten die Forscher ein globales Modellsystem, mit dem verschiedene Szenarien berechnet werden können, die die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln und die Umweltauswirkungen der Nahrungsmittelproduktion einbeziehen. So stützen die Modellrechnungen die Prognosen der Welternährungsorganisation, dass die negativen Umweltwirkungen der Landwirtschaft bis zum Jahr 2050 weiterhin zunehmen werden, wenn sich nicht bald etwas ändert. Ein wichtiger Faktor stelle die Intensivierung der Nutztierhaltung dar. Dadurch, dass das sowieso schon knappe Ackerland immer intensiver für die Futtermittelproduktion genutzt werde, trete der Anbau von Kraftfutter in direkte Konkurrenz mit Nahrungsmitteln zur menschlichen Ernährung. Würde jedoch vollkommen auf die Futtermittelproduktion auf Ackerland verzichtet werden, könnte deutlich mehr pflanzliche Nahrung produziert werden. Im Gegenzug würde sich der Anteil tierischer Produkte an der menschlichen Ernährung bis 2050 global etwa halbieren, vor allem das Angebot an Schweinefleisch, Geflügel und Eiern ginge stark zurück. Das hätte auch gleichzeitig weitere positive Effekte wie die Schonung der Umwelt, eine Abnahme der Treibhausgasemissionen und des Stickstoffüberschusses sowie eine Verringerung des Pestizid- und Wassereinsatzes. (L)
21.12.2015 | permalink
Nachhaltigkeitsbericht: Deutschland hat Nachholbedarf bei Natur- und Artenschutz

Deutschland muss sich gewaltig anstrengen, um die Hauptziele der Nachhaltigkeitsstrategie noch zu erreichen - vor allem im Bereich Landwirtschaft besteht Nachholbedarf. Das zeigt die Bundestagsdebatte vom 18. Dezember, die den Bericht des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung zum Gegenstand hatte. Dieser stellt Deutschland ein schlechtes Zeugnis in puncto Nachhaltigkeit aus: „Der Indikatorenbericht 2014 des Statistischen Bundesamtes zeigt, dass wesentliche Ziele der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie noch nicht erreicht sind und ihre Umsetzung bis 2020 unsicher oder nahezu unmöglich ist.“ Der SPD-Abgeordnete Carsten Träger wies am Freitag besonders auf Handlungsbedarf im Natur- und Artenschutz hin. Zwar gebe es in Deutschland eine Biodiversitätsstrategie, um die Belange der Landwirtschaft und des Artenschutzes zu stärken, doch werde Biodiversitätspolitik nicht als Querschnittsaufgabe verstanden. Der aktuelle Nachhaltigkeitsbericht nennt als eine wichtige Ursache für den Rückgang der Artenvielfalt die „intensive land- und forstwirtschaftliche Nutzung“. Der Stickstoffüberschuss habe „nachteilige Auswirkungen u.a. auf das Grund- und Trinkwasser sowie die Luft- und Bodenqualität.“ Deutschland könne die Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie nicht einhalten. Obwohl die Überschüsse seit 1990 von 148 auf 95 Kilogramm/Hektar in 2013 gesenkt wurden, lägen sie weit über dem Zielwert von 80 kg/ha. Regionale Stickstoffüberschüsse seien „die Folge von intensiver Tierhaltung und der zunehmenden geografischen Trennung zwischen Anbau von Nutzpflanzen und der Haltung von Tieren.“ Carsten Träger plädierte für die Schaffung eines Konsumindikators. „Der Preis muss die Wahrheit sagen“, man müsse „sich bei billigem Fleisch fragen, ob dies auch ohne oder mit veränderten Subventionen – etwa zur Unterstützung des Naturschutzes – zu produzieren wäre.“ Dem Nachhaltigkeitsbericht zufolge bringt der ökologische Landbau Vorteile für Ressourcen- und Klimaschonung, Artenvielfalt und Luftqualität, doch die Zunahme der Flächeanteile stocke. Die Steigerungsraten seien zu marginal, um das Ziel der Bundesregierung, die Ökofläche auf 20% zu steigern, in absehbarer Zeit zu erreichen. Der hohe Import von ökologisch erzeugten Lebensmitteln zeuge davon, dass Deutschland hier Potenzial verschenke und anderen Ländern hinterherhinke: Beim Anteil der Ökofläche war Österreich 2012 Spitzenreiter in der EU, gefolgt von Schweden, Estland und Tschechien. Als Hürde für den Ökolandbau in Deutschland nennt der Bericht zudem die Konkurrenz um Pachtflächen für den Anbau von Energiepflanzen einerseits und die Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln andererseits. Dr. Valerie Wilms von den Grünen ist optimistisch, dass die Nachhaltigkeitspolitik mit der Verabschiedung der 17 UN-Entwicklungsziele (SDGs) und dem Klimavertrag von Paris neuen Schwung, bekomme. Beide Verträge bedeuteten aber auch vermehrte Umsetzungsanstrengungen: „Da fehlt noch viel.“ Die Bundesregierung, so ihre Forderung, solle nicht nur „im Bordrestaurant des in die richtige Richtung fahrenden Zuges sitzen, sondern mitsteuern“. (ab)