Nachrichten

09.12.2015 |

EPA bestätigt Patent auf konventionell gezüchtete Schrumpeltomate

Tomate
Verschrumpelte Tomaten (Foto: Tame Alien/Flickr.com)

Das Europäische Patentamt (EPA) hält am umstrittenen Patent auf die konventionell gezüchtete „Schrumpeltomate“ fest: Am Dienstag bestätigte die Technische Beschwerdekammer das vor über einem Jahrzehnt vom israelischen Landwirtschaftsministerium beantragte Patent EP1211926 mit verändertem Wortlaut. Patentiert wurde eine Tomate aus traditioneller Züchtung, die weniger Wasser enthält und sich daher besser zu Ketchup verarbeiten lässt. Die Frucht verbleibt „über den Punkt des normalen Reifens hinaus am Stängel“ und aufgrund der natürlichen Dehydratisierung schrumpelt die Haut der Tomate, ohne dass sie verdirbt, ist dem Antrag zu entnehmen. Das Patent umfasst nun jedoch nicht das Züchtungsverfahren. Das EPA erntet seit Jahren herbe Kritik, da seine Vergabepraxis gegen geltende Patentgesetze verstößt. Artikel 53 (b) des Europäischen Patentübereinkommens verbietet Patente auf Pflanzensorten sowie auf „im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen und Tieren“, bei denen keine Gentechnik zum Einsatz kam. Doch das EPA erteilt munter weiter Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen. So erhielt der Schweizer Agrarriese Syngenta kürzlich Patente auf eine samenlose Paprika und eine Tomate mit besonders vielen gesundheitsförderlichen Flavonolen. Im März fällte die Große Beschwerdekammer des EPA eine viel kritisierte Grundsatzentscheidung über die Auslegung der Patentgesetze: Während Verfahren der konventionellen Züchtung nicht patentierbar seien, sollen Pflanzen und Tiere, die aus dieser Züchtung stammen, patentiert werden können. „Die Politik muss jetzt beweisen, dass sie sich gegen die Patentmafia durchsetzen kann“, kommentierte Christoph Then für das Bündnis „Keine Patente auf Saatgut!“, das von hunderten Organisationen unterstützt wird. „An diesen Patenten verdienen das Europäische Patentamt, Anwälte und Konzerne – die Folgen aber betreffen die ganze Gesellschaft.“ Ein am Montag vorgestellter Bericht des Bündnisses beleuchtet das Ausmaß der Vergabepraxis und zeigt der Politik Handlungsoptionen auf, um die bestehenden Verbote wieder in Kraft zu setzen. In der Pflicht sehen die Organisationen die Bundesregierung, die sich im Koalitionsvertrag zu einer europaweiten Initiative gegen Patente auf konventionelle Züchtung verpflichtet hat, und allen voran der zuständige Justizminister Heiko Maas. „Etwa 120 Patente auf konventionelle Züchtung hat das EPA schon bewilligt. Diese Patente betreffen die Züchtungsmerkmale von etwa tausend Gemüsesorten“, kritisiert Ruth Tippe, Mitautorin des Berichts. Diese Patente sind oft weitreichend und erstrecken sich über die gesamte Kette der Lebensmittelerzeugung, vom Acker bis zum Verbraucher. Johann Zacherl von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft sieht die Wahlfreiheit der Bauern bedroht: „Damit steigt die Abhängigkeit von den Agrarkonzernen. Es darf nicht sein, dass Konzerngewinne in unserer Gesellschaft den Vorrang vor der Sicherung unserer Lebensmittelerzeugung bekommen.“ Auch Sophia Guttenberger vom Umweltinstitut München sieht das so: „Biopatente führen zu steigenden Preisen, vom Saatgut bis zum Lebensmittel, und tragen zu einer weiteren Marktkonzentration im Saatgutbereich bei.“ (ab)

07.12.2015 |

UN-Bericht: Weltweite Bodendegradation kann aufgehalten werden

Boden
Terrassen helfen gegen Erosion (Foto: Georgina Smith/CIAT)

Der Zustand der Böden weltweit verschlechtert sich aufgrund von Bodenerosion und anderen Bedrohungen - doch es gibt Auswege, um die Grundlage unserer Ernährung zu bewahren. Das verkündet ein neuer UN-Bericht, der im Vorfeld des Weltbodentags am 5. Dezember veröffentlicht wurde, mit dem das Internationale Jahr des Bodens 2015 zu Ende geht. Das 650 Seiten starken Werk fasst die Erkenntnisse von 200 Bodenexperten aus 60 Ländern zusammen. Demnach sind die meisten Böden in einem schlechten oder sehr schlechten Zustand und die Lage spitzt sich weiter zu. Die Welternährungsorganisation FAO schätzt, dass etwa 33% aller Böden bereits degradiert sind – durch Bodenerosion, Versalzung, Verdichtung, Versauerung und chemische Verschmutzung. Das hat fatale Folgen, denn Böden sind die Basis der Lebensmittelproduktion, filtern und säubern jedes Jahr zehntausende Kubikkilometer Wasser und speichern Kohlenstoff im Boden, womit sie einen großen Beitrag zur Regulierung von Treibhausgasemissionen leisten. „Ein weiterer Verlust produktiver Böden würde die Lebensmittelproduktion und Ernährungssicherheit erheblich gefährden, Schwankungen bei den Lebensmittelpreisen verstärken und möglicherweise Millionen Menschen in Hunger und Armut stürzen“, schreibt FAO-Generaldirektor José Graziano da Silva in seinem Vorwort. Als Hauptursachen für den Verlust fruchtbarer Böden benennen die Autoren Bevölkerungswachstum, Verstädterung und Klimawandel: Zur Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung wurden Böden für den Ackerbau oder das Weiden von Tieren ihrer natürlichen Vegetation beraubt. Die Ausbreitung der Städte hat zur dauerhaften Versiegelung von Flächen geführt. Höhere Temperaturen und extreme Wetterereignisse infolge des Klimawandels wirken sich negativ auf die Bodenfruchtbarkeit aus, indem sie Feuchtigkeit entziehen oder nährstoffreichen Oberboden abtragen. Der Bericht beleuchtet zehn Gefahren für Bodenfunktionen genauer: Bodenerosion, Versauerung, der Verlust organisch gebundenen Kohlenstoffs, Nährstoffungleichgewichte, Verdichtung, Kontamination, Staunässe, Versiegelung, Versalzung und Biodiversitätsverlust. Geschätzte 760.000 Quadratkilometer sind weltweit von Versalzung betroffen – ein Gebiet größer als die Ackerfläche Brasiliens. Bodenerosion trägt jährlich etwa 25-40 Milliarden Tonnen Oberboden ab und mindert so Erträge sowie die Fähigkeit des Bodens, Kohlenstoff, Nährstoffe und Wasser zu speichern. Doch zielgerichtete Maßnahmen können den Verlust wichtiger Bodenfunktionen aufhalten, schreibt die FAO. Bodenerosion kann durch die Aufgabe oder Verringerung der Bodenbearbeitung vermieden werden, aber auch durch die Verwendung von Ernteresten zum Schutz der Oberfläche vor Wind- und Wassererosion. Mit Ernteresten und anderem organischen Material, der Ausweitung von Fruchtfolgen und dem Anbau stickstoffbindender Leguminosen können dem Boden Nährstoffe wieder zugeführt und Erträge erhöht werden. Wenn alle Beteiligten von der Regierung bis zum Kleinbauer sich für ein nachhaltiges Bodenmanagement einsetzen, kann der Zustand der Böden verbessert werden, betont die FAO zuversichtlich. (ab)

02.12.2015 |

Höfesterben in der EU: 27,5% der Landwirtschaftsbetriebe gaben seit 2003 auf

Farm
Tschechische Republik: Farm (Foto: MartinSojka/Flickr)

In der EU haben zwischen 2003 und 2013 mehr als ein Viertel aller Höfe aufgegeben, während die durchschnittliche Betriebsgröße um 38% zunahm. Das zeigen die ersten Ergebnisse der letzten EU-Betriebsstrukturerhebung, die Eurostat, das statistische Amt der Europäischen Union, Ende November veröffentlichte. Demnach gab es 2013 rund 10,8 Millionen landwirtschaftliche Betriebe in der EU, die insgesamt 174,6 Millionen Hektar Boden bewirtschafteten (landwirtschaftlich genutzte Fläche). Da die Fläche im Zeitraum 2003-2013 fast gleich blieb, ist das Schwinden der Höfe ein deutliches Anzeichen für den fortschreitenden Strukturwandel in der Landwirtschaft und die zunehmende Konzentration von Ackerland in der EU, schreibt die Statistikbehörde. Seit 2003 verschwanden in der EU rund 4 Millionen Höfe, ein Rückgang um rund 27,5%. Die Zahl der Betriebe war in allen Mitgliedstaaten rückläufig, nur Irland verzeichnete ein leichtes Plus von 2,9%. In dem Zehnjahreszeitraum sank die Betriebszahl hingegen in der Slowakei um satte 67,1% und in Bulgarien um 61,8%. Eine stark schwindende Betriebszahl war auch in Italien (-48,6%), Estland (-47,9%), der Tschechischen Republik (-42,6%), Litauen (-36,9%), Ungarn (-36,5%), Lettland (-35,4%), Polen (-34,2%) und dem Vereinigten Königreich (-34,0%) festzustellen. Den höchsten Anteil an der landwirtschaftlichen Nutzfläche in der EU haben Frankreich und Spanien, die zusammen 30% der Fläche auf sich vereinen. Auf das Vereinigte Königreich entfällt 9,9% der landwirtschaftlich genutzten Fläche, gefolgt von Deutschland mit 9,6%. Die durchschnittliche Betriebsgröße wuchs von 11,7 Hektar im Jahr 2003 auf 16,1 Hektar im Jahr 2013. Die größten Höfe sind mit 133 Hektar in der Tschechischen Republik und im Vereinigten Königreich mit 93,6 Hektar zu finden, gefolgt von der Slowakei (80,7 ha), Dänemark (67,5 ha), Luxemburg (63,0 ha), Frankreich (58,7 ha) und Deutschland (58,6 ha). In der Slowakei wuchsen die Höfe in nur einem Jahrzehnt um 170%, in der Tschechischen Republik um 68% und in Deutschland immerhin um 42%. Vergleichsweise winzig hingegen sind die landwirtschaftlichen Betriebe in Malta (1,2 ha), Zypern (3,1 ha) und Rumänien (3,6 ha). Die Erhebung zeigt auch, dass die europäischen Bauern im älter werden. Bei fast 3,5 Millionen (31,1%) der Betriebe in der EU war die Leitung mindestens 65 Jahre alt und bei weiteren 2,6 Millionen (24,7%) im Alter von 55 bis 64. Nur 6% der Höfe waren in der Hand von jungen Bauern unter 35 Jahre. (ab)

01.12.2015 |

Kohlenstoffspeicher Boden - mit regenerativer Landwirtschaft den Klimawandel bremsen

SOil
Boden - ein Speicher (NRCS Soil Health/Flickr.com)

Bei der Begrenzung des Klimawandels spielt es eine entscheidende Rolle, welche Art der Landwirtschaft betrieben wird. „Wer den Klimawandel bremsen will, muss Landwirtschaft auf regenerative Systeme umbauen“, fordert Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) anlässlich der am Montag in Paris eröffneten Weltklimakonferenz. Dort werden die 195 Staaten der UN-Klimarahmenkonvention noch bis 11. Dezember um ein neues rechtlich bindendes Klimaabkommen ringen, um die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, denn das Kyoto-Protokoll läuft 2020 aus. Wenn man die fatalen Wirkungen des Klimawandels wie Dürren oder Überschwemmungen bekämpfen wolle, genüge es nicht, Emissionen aus der Landwirtschaft zu reduzieren, betont der Ökoverband in einer Pressemitteilung. Nur wenn es gelinge, schädliche Treibhausgas-Emissionen aus der Atmosphäre zu holen und in den Böden zu speichern, würden Klimaziele erreicht und lebenswichtige Ressourcen erhalten. Statt der von der Agrarindustrie propagierten „Climate Smart Agriculture“, die lediglich „eine neue Verpackung für dasselbe System der industriellen Landwirtschaft“ sei, das die aktuellen Probleme verursacht hat, sieht Löwenstein die regenerative Landwirtschaft als Ausweg. Wie diese Landwirtschaft funktioniert, hat Íñigo Alvarez de Toledo von Ideaa Regeneration Systems in einer Studie aufgezeigt. Demnach liegt der Schlüssel zur Kohlenstoffspeicherung in lebendigen Böden: „Auf den Humus kommt es an“, so der spanische Landwirtschaftsberater. Dieser entstehe, wenn organisches Material von Bodenorganismen abgebaut wird. „Je größer der Humusanteil im Boden, desto mehr Kohlenstoff kann im Boden festgesetzt und dort für Jahrtausende gespeichert werden.“ Doch Humusböden leisten nicht nur wertvolle Dienste fürs Klima: Mehr Humus bedeutet auch mehr Nährstoffe, eine bessere Wasseraufnahme und eine hohe Wasserbindungsfähigkeit – der Grundstein für stabile Erträge sowie Schutz vor Trockenheit, Überschwemmungen und Erosion. Der Ökolandbau trage entscheidend zum Aufbau von Humus und Bodenfruchtbarkeit bei – die Politik stehe daher in der Pflicht, gezielt regenerative Anbaumethoden zu unterstützen, indem Forschungsgelder und Agrarfördermittel dem Ökolandbau zugute kommen. „Wir haben die Wahl“, betont auch Benny Haerlin von der Zukunftsstiftung Landwirtschaft und Regeneration International. „Wir können Täter bleiben und weiter eine Landwirtschaft betreiben, die 30% aller klimaschädlichen Emissionen verursacht. Oder wir setzen zukünftig auf regenerative Bewirtschaftungsformen, die effizient, schnell, einfach, erschwinglich und hoch produktiv den Kohlenstoff in den Boden zurückbringen, wo er fehlt und gleichzeitig den CO2-Überschuss aus der Atmosphäre und den Weltmeeren entfernen.“ (ab)

27.11.2015 |

Jagd auf EU-Äcker: Flächenkonzentration bedroht bäuerliche Landwirtschaft

Rumänien
Begehrtes Land in Rumänien (Foto: Camelia TWU/Flickr.com)

Europas Bauern verlieren den Boden unter den Füßen: Der Aufkauf großer Flächen durch Kapitalanleger und der damit einhergehende Prozess zunehmender Landkonzentration untergraben die bäuerliche Landwirtschaft und gefährden damit die Zukunft einer vielfältigen und nachhaltigen Bodenbewirtschaftung in Europa. Darauf macht eine neue Studie aufmerksam, die von der grünen Europa-Abgeordneten und Milchbäuerin Maria Heubuch am Freitag auf einer Veranstaltung in Berlin vorgestellt wurde. Moderne „Landjäger“ – so auch der Titel der Publikation – kaufen verstärkt Land in den EU-Staaten auf. Denn Boden ist ein knappes Gut, das in Zeiten historischer Niedrigzinsen als eine der wenigen sicheren Geldanlagen gilt und bei künftigen Preissteigerungen von Lebensmitteln und Rohstoffen hohe Gewinne verspricht. „Beim Schlagwort Landgrabbing denkt man in erster Linie an Afrika, an Korruption oder Palmölplantagen in Asien, doch die neue Jagd nach fruchtbaren Böden hat auch Europa erreicht“, betont Heubuch. „Land ist nicht mehr nur ein Produktionsfaktor, sondern eine Geldanlage, ein Spekulationsobjekt.“ Doch die beängstigende Beschleunigung der Konzentration landwirtschaftlicher Flächen in den Händen weniger, großer Agrarunternehmen und Holdings werde von der EU-Kommission bisher beschönigt und nicht einmal sauber dokumentiert. „Landübernahmen sehen in Europa anders aus als in Afrika, es geht mehr oder weniger mit rechten Dingen zu – nicht wie in Afrika und Asien, wo es um die Verletzung von Menschenrechten geht, um die Vertreibung vom Land“, erläutert Studienautor Benedikt Haerlin. Doch kleineren Betrieben und jungen Landwirten wird der Zugang zu Land fast unmöglich gemacht. Die Preise für landwirtschaftliche Nutzflächen haben sich in den letzten 10 Jahren in vielen Regionen der EU mehr als verdoppelt. In Deutschland stiegen sie im Schnitt von 8.692 Euro je Hektar im Jahr 2005 auf 18.099 Euro in 2014. Dabei klafft eine Spanne zwischen 9.430 Euro in Thüringen und 41.440 € in Bayern. Wer neu in die Landwirtschaft einsteigen will und nicht von den Eltern erbt, hat kaum noch eine Chance, Land zu erwerben – erst recht nicht im Wettstreit mit großen Agrarbetrieben wie KTG Agrar und Konsorten. Der prozentuale Anteil des Pachtlandes an der landwirtschaftlichen Fläche schreitet in Europa seit Langem stetig voran. Das heißt der größte Teil des Landes gehört nicht jenen, die es bearbeiten. In Deutschland sind 70% der landwirtschaftlichen Flächen Pachtland. Ob das Land einem Bauer selbst gehört oder ob er alle paar Jahre fürchten muss, sein Land zu verlieren, wirkt sich auch auf die Art der Bewirtschaftung aus, berichtet Heubuch aus ihrer eigenen Erfahrung als Landwirtin. Angesichts der zunehmenden Landkonzentration bestehe akuter Handlungsbedarf. „Die Landfrage und Landbesitz werden entscheiden, wie die Landwirtschaft der Zukunft aussieht, denn Land ist nicht nur die ökonomische Grundlage der Bauern, sondern die Lebensgrundlage aller Menschen.“ Antworten auf den Klimawandel, das Artensterben, Bodenfruchtbarkeit, Ressourcenverknappung, Nutzungskonkurrenz, auf Migration und Flucht, die daraus folgen, betreffen alle auch Grundeigentumsfragen. (ab)

25.11.2015 |

Retortenrinder: China baut Fabrik zum industriellen Klonen von Nutztieren

Kuh
Aus eins mach zwei (Foto: Shahrokh Dabiri/Flickr.com)

In China wird eine riesige Fabrik zum Klonen von Nutztieren im industriellen Maßstab gebaut, in der auch Hunde und Rennpferde geklont werden sollen. In der Hafenstadt Tianjin im Norden des Landes entstehe bereits das erste Gebäude, das in der ersten Jahreshälfte 2016 in Betrieb genommen werden soll, vermeldete die amtliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua am Montag. Sinica, ein Tochterunternehmen der Boyalife Group, die auf Stammzellen und regenerative Medizin spezialisiert ist, hat vergangene Woche mit einem von der Regierung unterstützten Gewerbepark einen Vertrag über den Anlagenbau geschlossen. Anfangs sollen 100.000 Rinderembryonen jährlich produziert werden, doch Xu Xiaochun, Vorsitzender der Boyalife Group, hat große Pläne: Bis zu einer Million Retortenrinder sollen jährlich entstehen, wenn das Projekt erst einmal am Laufen ist. An der Fabrik, in deren Bau 200 Millionen Yuan (fast 30 Millionen Euro) fließen sollen, sind neben Sinica auch das Institut für Molekularmedizin der Peking University und das südkoreanische Unternehmen Sooam Biotech beteiligt. Letzteres war 2004 in die Schlagzeilen geraten, als Gründer Hwang Woo Suk behauptete, erstmals Stammzelllinien aus einem geklonten menschlichen Embryo entwickelt zu haben, was sich im Nachhinein als unwahr herausstellte. In der neuen Megafabrik wollen die Wissenschaftler letztendlich nicht nur Fleisch für die Teller der Verbraucher produzieren: Auch Spürhunde und Rennpferde sollen im großen Stil reproduziert werden – ebenso wie Haustiere für jedermann. Seit Schaf Dolly as weltweit erste Klontier 1996 in Großbritannien das Licht der Welt erblickte, forschen Wissenschaftler mit Mäusen, Rindern und anderen Tieren an der Verbesserung der Technologie. Doch bisher mit eher begrenztem Erfolg. Die Sterblichkeitsrate bei Klontieren ist hoch, oft müssen mehreren Muttertieren Klonembryonen eingepflanzt werden, um einen Klon zu erhalten, Anomalien und Fehlgeburten sind häufig. Doch in China hält sich der Glauben an die Technologie: Seit 2000 klonen chinesische Forscher bereits Schafe, Rinder und Schweine. Im August hat erstmals eine geklonte und genetisch veränderte Kuh Nachwuchs bekommen. Väter des Projekts waren Wissenschaftler der Landwirtschaftsuniversität Peking, die mit den Klonkühen die Qualität von chinesischem Rindfleisch verbessern und das Land weniger abhängig von teuren Importen aus Südamerika machen wollen. Außerdem haben chinesische Forscher mithilfe der Gentechnik ein Kalb produziert, das laktosearme Milch geben soll und transgene Kühe gezüchtet, die Milch liefern, die der menschlichen Muttermilch ähnelt, mehrere Proteine enthält und so Säuglinge vor Infektionen schützen soll. (ab)

23.11.2015 |

TTIP-Studie: Größere Gewinne für US-Landwirte, sinkende EU-Agrarpreise

Trade
Braucht der transatlantische Handel TTIP? (Foto: Louis Vest/Flickr.com)

Landwirte in den USA würden von einem Transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP) stärker profitieren als EU-Erzeuger. Das haben Agrarökonomen des wissenschaftlichen Dienstes des US-Landwirtschaftsministeriums in zwei Studien zu den möglichen Effekten des geplanten Abkommens errechnet. Alleine die Abschaffung von Zöllen und Mengenbeschränkungen würden den USA durch zusätzliche Agrarexporte ein Plus in Höhe von 5,5 Milliarden US-Dollar (5,1 Milliarden Euro) im Vergleich zum Basisjahr 2011 einbringen. Vor allem bei den Ausfuhren von Rindfleisch und Milchprodukten nach Europa gebe es deutliches Potenzial. Die EU-Agrarexporte hingegen würden lediglich um 0,8 Milliarden US-Dollar (0,7 Milliarden Euro) wachsen. Insgesamt rechnen die Wissenschaftler mit einem Anstieg der US-Exporte von 2% und der Importe von 1%, wohingegen die EU bei den Ausfuhren sogar ein Minus von 0,25% und bei den Einfuhren ein Plus von 0,5% verzeichnen dürfte. Außerdem nahmen die Experten in einem zweiten Schritt die Auswirkungen einer Beseitigung nichttarifärer Handelshemmnisse unter die Lupe. Dazu gehören Gesundheitsvorgaben und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen zum Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit, zum Beispiel das EU-Verbot für hormonelle Leistungsförderer wie das Wachstumshormon Ractopamin in der US-Schweinemast oder die Chlorbehandlung von Geflügelfleisch. Aber auch Importbeschränkungen der EU für gentechnisch veränderte Organismen sowie strengeren Vorgaben für Pestizid-Rückstände in Obst und Gemüse sind den Autoren zufolge Hürden für den Handel. Eine Beseitigung dieser Handelshemmnisse würde den US-Landwirten einen weiteren Zugewinn von 4,1 Milliarden Dollar bescheren, der Löwenanteil entfiele mit 2,4 Milliarden auf Schweinefleischexporte. Die EU würde weitere Agrargüter im Wert von 1,2 Milliarden Dollar in die USA ausführen können, vorrangig Obst und Gemüse. Unter dem Strich rechnen die Ökonomen mit einem Anstieg der Agrarpreise in den USA, während eine umfassende Liberalisierung in der EU die Preise für Agrarerzeugnisse weiter drücken dürfte. Die von Befürwortern als Hauptargument für das Abkommen angeführte Steigerung des Bruttoinlandsprodukts wäre laut den Experten für beide Seiten insgesamt gering: „Die Veränderungen beim BIP fallen durchweg bescheiden aus mit 0,33 Prozent oder weniger“, so das Fazit. (ab)

20.11.2015 |

Biopiraterie: Indigene und Kleinbauern gehen beim Stevia-Boom leer aus

Stevia
Begehrte Stevia-Pflanze (Foto: tJj hebam 3000/Flickr.com)

Die Stevia-Pflanze wird aufgrund ihrer süßenden Eigenschaft als der neue Zuckerersatz gehypt. Doch bei der zunehmenden Vermarktung handelt es sich um Biopiraterie und damit um eine Verletzung der Rechte indigener Gruppen in Brasilien und Paraguay. Das zeigt ein neuer Bericht, den das das Hilfswerk MISEREOR gemeinsam mit der Uni Hohenheim, der Erklärung von Bern und anderen Organisationen veröffentlicht hat. Tausende von Produkten mit aus der traditionellen Nutzpflanze industriell hergestellten Steviolglykosiden sind bereits auf dem Markt: PepsiCo und Coca Cola haben damit gesüßte Cola- Getränke herausgebracht, aber auch vielen Tees, Säften, Joghurts, Milchmixgetränken und kohlesäurehaltigen Erfrischungsgetränken verleihen Steviolglykoside die gewünschte Süße. „Die Grundlage des Stevia-Booms, mit dem Wirtschaftsunternehmen Milliarden-Summen verdienen, ist das jahrhundertealte Wissen indigener Guarani-Gruppen im Grenzland zwischen Paraguay und Brasilien über die Eigenschaften der Pflanze. Wenn Konzerne wie Coca Cola oder Cargill Stevia zu einer lukrativen Einnahmequelle machen, müssen sie das Mitspracherecht der Guarani achten“, betont Benjamin Luig, Referent für Agrar- und Ernährungspolitik bei MISEREOR und Mitautor der Studie. Denn es gibt da noch die internationale Biodiversitätskonvention und das Nagoya-Protokoll gegen Biopiraterie von 2014. Dieses verankert, dass die Träger traditionellen Wissens das Recht haben, über dessen Verwendung mitzubestimmen und an wirtschaftlichen Vorteilen beteiligt zu werden, wenn dieses Wissen kommerziell genutzt wird. Doch die Guarani gingen bisher leer aus. Weltweit gibt es bereits über 1000 Patentanmeldungen auf Steviolglykoside, doch die indigenen Gemeinschaften wurden niemals konsultiert. Ein klarer Fall von Biopiraterie, so Luig, und diese könnte noch größere Ausmaße annehmen. Denn bereits 2016 will Cargill mit seinem Produkt „Eversweet“ einen Süßstoff auf den Markt bringen, der Steviolglykoside enthält, die mithilfe von synthetischer Biologie hergestellt werden. Sollte sich diese Produktionsform durchsetzen, könnte dies das Ende des Marktes für Stevia-Blätter bedeuten, denn gegenwärtig können Länder wie Paraguay zumindest durch den Anbau von Stevia-Pflanzen als Rohstoff für die Herstellung von Steviolglykosiden noch ein kleines Stück des Kuchens ab. Die Studienherausgeber fordern, dass die Konzerne in Verhandlungen mit den Guarani treten und deren Ansprüche anerkennen. So sehe die brasilianische Gesetzgebung klar vor, dass der Anspruch der Guarani rückwirkend und selbst dann gelte, wenn die Pflanze außerhalb des Landes angebaut wird. Zudem kritisieren die Autoren, dass die Konzerne zu Vermarktungszwecken die Indigenen als superglückliche Menschen darstellen, die 'im Einklang mit der Natur' leben“. Doch sie leben meist perspektivlos in Armut und Hunger und müssten, wie die Guarani Kaiowá in Brasilien, gegen Großinvestoren um ihr Land kämpfen – oft mit tödlichem Ausgang für die Indigenen. (ab)

18.11.2015 |

Weltrisikobericht: Ernährungssicherheit schützt vor Folgen von Naturkatastrophen

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Auf Dürren folgt oft Hunger (Alosh Bennett/Flickr.com)

Naturkatastrophen wie Dürren, Erdbeben oder Wirbelstürme wirken sich weniger verheerend auf die Bevölkerung aus, wenn in einem Land die Ernährungssicherheit gewährleistet ist. Das betont der aktuelle Weltrisikobericht, der vom „Bündnis Entwicklung Hilft“ und dem Institut für Umwelt und menschliche Sicherheit der Universität der Vereinten Nationen am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. „Wer Hunger hat, ist verletzlicher bei Katastrophen, Kriegen und Konflikten“, warnt Peter Mucke, Geschäftsführer des Bündnisses. Der Bericht benennt einen sehr hohen Handlungsbedarf für eine bessere Ernährungssicherheit unter anderem in den stark durch extreme Naturereignisse gefährdeten Ländern Bangladesch, Burundi, Guinea-Bissau, Haiti, Kambodscha, Kamerun, Simbabwe und Tschad. Andere Länder wie Japan und Kuba seien zwar ebenfalls stark durch Wetterextreme gefährdet, aber die Risiken seien durch eine sehr gute Ausgangslage bei der Versorgung mit Nahrungsmitteln und sauberem Trinkwasser geringer. Denn zwischen Ernährungssicherheit und Katastrophenrisiko besteht eine klare Wechselwirkung, erklärt Dr. Matthias Garschagen, der wissenschaftliche Leiter des Berichts: Eine schlechte Ernährungslage erhöht die Anfälligkeit für Katastrophen, aber Dürren, Hochwasser- oder Wirbelstürme beeinträchtigen wiederum die Lebensmittelproduktion und damit die Ernährungssicherheit der Menschen. Weltweit hängt das Leben von 2,5 Milliarden Menschen unmittelbar von der Landwirtschaft ab. Wenn ihre Ernten, Viehbestände oder Transportwege von einem extremen Naturereignis zerstört werden, sind sie existenziell bedroht. Im schlimmsten Fall führe dies zu einer fatalen Abwärtsspirale, in der die betroffenen Menschen von einer Krise in die nächste geraten. Besonders bedroht sei Afrikas südlich der Sahara, wo Konflikte, Hunger und die Folgen des Klimawandels die Ernährungssicherung vor große Herausforderungen stellen wird. Daher warnt Dr. Bröckelmann-Simon vom Bündnis-Mitglied Misereor, dass selbst weitreichende Strategien zum Katastrophenschutz nicht ausreichen werden, wenn sich die Staatengemeinschaft nicht zu einer mutigen Klimapolitik durchringe, die die Situation der am stärksten betroffenen Gruppen und Länder beachte. „Das Ziel von Politik und Praxis muss es daher sein, die Ernährungssicherung krisenfester zu gestalten“, fordert er. Denn Studien der Welternährungsorganisation FAO hätten gezeigt, dass Investitionen in die Landwirtschaft für die Reduzierung von Armut und Hunger fünfmal effizienter seien als Maßnahmen in jedem anderen Sektor. (ab)

16.11.2015 |

Wachsendes Problem: 38% der US-Amerikaner sind fettleibig

Fett
USA: Fettleibigkeit bei Frauen - ein wachsendes Problem (Foto: Tony Alter/Flickr.com)

In den USA werden die Menschen trotz öffentlicher Kampagnen immer dicker: Der Anteil fettleibiger Menschen an der Bevölkerung stieg 2013-2014 auf 38,3% und lag damit deutlich höher als noch vor einem Jahrzehnt, als 32% der US-Amerikaner als fettleibig galten. Das geht aus dem Nationalen Gesundheits- und Ernährungsbericht hervor, den die U.S. Centers for Disease Control and Prevention am Donnerstag veröffentlichten. „Das sind erstaunliche Ergebnisse“, die nahelegen, dass sich die als stabil eingeschätzte Lage verschlechtert hat, so Dr. William Dietz, ein Experte für Adipositas von der George Washington University. Der Bericht zeigt auch, dass sich ein klares Gefälle bei den Geschlechtern auftut: Mit 38,3% leiden heute deutlich mehr Frauen an Fettleibigkeit als Männer mit 34,3%. „Das ist eine neue Erkenntnis“, sagte Cynthia L. Ogden, die Hauptautorin des Berichts, denn während der Anteil in den letzten zehn Jahr fast gleich war, haben nun die Frauen die Männer wieder überholt. Frappierende Unterschiede stellten die Autoren auch bei den verschiedenen ethnischen Minderheiten fest. Mit einem Anteil von 57% war Fettleibigkeit im Zeitraum 2011-2014 unter schwarzen Frauen am stärksten verbreitet, gefolgt von 46% der Hispano-Amerikanerinnen und 39% der Hispanos. Das geringste Problem mit den überflüssigen Pfunden hatte die asiatische Bevölkerung in den USA mit einem Anteil Fettleibiger von gerade einmal 12%. Der Anstieg ist für Wissenschaftler und die Regierung ein herber Rückschlag, mit zahlreichen Aufklärungskampagnen hatten sie in den letzten Jahren versucht, die Bevölkerung von den Vorteilen einer gesunden Ernährung und sportlicher Betätigung zu überzeugen und den Konsum von zuckerhaltigen Softdrinks und Fast Food einzudämmen. Zumindest nicht ganz so schlimm dürfte die Bilanz für die Kampagne „Let’s Move“ von Präsidentengattin Michelle Obama ausfallen, die besonders darauf abzielt, Kinder zu mehr Bewegung zu animieren. Denn immerhin hat sich bei Kindern und Jugendlichen die Lage nicht weiter verschlechtert: In den Jahren 2013-2014 galten 17% der US-Amerikaner im Alter zwischen zwei und 19 Jahren als fettleibig – ein ebenso hoher Anteil wie noch ein Jahrzehnt zuvor. Als fettleibig stuft die Studie Menschen mit einem Body-Mass-Index (BMI) von mehr als 30 ein. Für den BMI wird das Gewicht durch die Körpergröße zum Quadrat geteilt. In Deutschland ist die Lage noch nicht ganz so verheerend: Gut 23% der Männer und knapp 24% der Frauen gelten als adipös. (ab)

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