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16.08.2022 |

Studie bescheinigt Veggie-Produkten bessere Umweltbilanz als Fleisch

Tofu
Gemüse & Tofu toppt Wurst & Co (Foto: CC0)

Wer beim Einkauf im Supermarkt Klima und Umwelt einen Gefallen tun möchte, sollte vor allem zu Obst, Gemüse und vegetarischen Produkten greifen und fürs Grillen Tofuwürstchen statt Steaks besorgen. Darauf machen Wissenschaftler*innen der Universität Oxford und Aberdeen aufmerksam. In einer Studie, die am 8. August in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlicht wurde, untersuchten sie mehr als 57.000 im Supermarkt erhältliche Produkte, darunter auch viele hochverarbeitete Produkte mit mehreren Zutaten. Ihr Ergebnis: Der Verzehr von pflanzlichen Lebensmitteln ist besser für die Umwelt als der von Fleisch- und Milchprodukten. Die Umweltauswirkungen vieler Fleischersatzprodukte, wie Würstchen oder Burger auf pflanzlicher Basis, waren um ein Fünftel bis Zehntel geringer im Vergleich zu den tierischen Originalen. Zudem schauten sich die Forscher*innen den Zusammenhang zwischen dem ökologischen Fußabdruck und dem Nährwert der Lebensmittel an. Sie fanden heraus, dass nachhaltigere Produkte tendenziell auch nahrhafter sind. Natürlich gibt es auch hier Ausnahmen, wie zuckerhaltige Getränke, die zwar eine geringe Umweltbelastung aufwiesen, aber in puncto Nährwert schlecht abschnitten. „Durch die standardisierte Abschätzung der Umweltauswirkungen von Lebensmitteln und Getränken haben wir einen wichtigen ersten Schritt unternommen, um Informationen bereitzustellen, die es ermöglichen, fundierte Kaufentscheidungen zu treffen“, sagte der Hauptautor der Studie, Dr. Michael Clark.

Die Studie nutzt öffentlich zugängliche Informationen. Für die am häufigsten in Supermärkten verkauften Lebensmittel und Getränke wurden die Umweltbilanz berechnet mit einem standardisierten Wert auf einer Skala von 0 bis 100. Der Fokus lag auf Produkten mit mehreren Inhaltsstoffen. „Während frühere Analysen die Auswirkungen von Lebensmitteln wie Obst, Weizen und Rindfleisch verglichen, enthalten die meisten Nahrungsmittel zahlreiche Zutaten. Da die Menge jeder einzelnen Zutat in einem Produkt jedoch oft nur der Hersteller kennt, war es bisher schwierig, die Folgen für die Umwelt zu bewerten“, schildern die Autor*innen im Abstract die Hauptschwierigkeit beim Berechnen der Bilanz. „Diese Arbeit ist sehr aufregend – erstmals haben wir eine transparente und vergleichbare Methode zur Bewertung des ökologischen Fußabdrucks von verarbeiteten Lebensmitteln mit mehreren Inhaltsstoffen gefunden. Diese Art von Lebensmitteln machen den größten Teil unserer Supermarkteinkäufe aus, aber bisher konnten wir ihre Umweltbilanz nicht direkt vergleichen“, betont Pete Scarborough, Professor für Bevölkerungsgesundheit an der Universität Oxford.

Die Forscher*innen ermittelten die einzelnen Inhaltsstoffe und ihr prozentualer Anteil am Endprodukt durch die Analyse des Zutatenverzeichnisses auf der Verpackung, wo die Zutaten der Menge nach aufgelistet sind. Die Informationen zu jeder einzelnen Zutat wurden dann mit Umwelt- und Ernährungsdatenbanken abgeglichen. Die Analyse stützt sich auf foodDB, eine große Datenmengen umfassende Forschungsplattform, die täglich Daten zu allen in 12 Online-Supermärkten im Vereinigten Königreich und in Irland erhältlichen Lebensmitteln und Getränken sammelt und verarbeitet, sowie auf eine umfassende Auswertung von 570 Studien über die Umweltauswirkungen der Lebensmittelproduktion, die Daten von 38.000 landwirtschaftlichen Betrieben in 119 Ländern enthält. Basierend auf dem prozentualen Anteil der Zutaten wurden dann die Umweltauswirkungen und die Nährwertqualität jedes einzelnen Produkts geschätzt. Die Umweltfolgen umfassen vier Indikatoren: Treibhausgasemissionen, Landnutzung, Wasserstress und Eutrophierungspotenzial (die Anreicherung von Gewässern mit zu vielen Nährstoffen und die daraus resultierende Algenbildung). Aus diesen vier Werten wurde ein Gesamtwert für die Umweltauswirkungen pro 100 g des Produkts gebildet. Die Mandelproduktion etwa verursacht relativ geringe Treibhausgasemissionen, ist aber in der Regel mit hohem Wasserstress verbunden, während der Fang von Krustentieren in der Fischerei große Mengen an Treibhausgasen ausstößt, aber kaum Landnutzung erfordert.

Die Studie ergab, dass Produkte, die aus Obst, Gemüse, Zucker und Mehl hergestellt werden, wie z.B. Suppen, Salate, Brot und viele Frühstückscerealien, geringe Umweltauswirkungen aufweisen. Viele der Produkte mit den geringsten Auswirkungen bestehen vor allem aus Wasser, daher auch die „gute“ Bilanz von Softdrinks. Zu den Produkten mit mittleren Umweltauswirkungen gehören viele Desserts und Backwaren. Produkte, die aus Fleisch, Fisch und Käse hergestellt werden, rangierten am oberen Ende der Skala. Dörrfleisch, Biltong und andere getrocknete Fleischprodukte, wie BiFi, die oft mehr als 100 g Frischfleisch pro 100 g des Endprodukts enthalten, hatten die mieseste Umweltbilanz. Bei bestimmten Lebensmittelkategorien wie Fleisch und Fleischalternativen, Lasagne, Keksen oder Pestos traten innerhalb ein- und derselben Lebensmittelart große Unterschiede zutage. Oft verursachten jene Produkte mit der besten Bilanz oft nur die Hälfte bis zu einem Zehntel der Umweltauswirkungen von den Produkten mit einem schlechteren Fußabdruck. Bei Würstchen etwa gab es einen deutlichen Unterschied bei den Auswirkungen, je nachdem, welches Fleisch im Endprodukt Hauptbestandteil war. Würste, die vor allem Rind- oder Lammfleisch enthielten, hatten im Durchschnitt eine um 240% höhere Umweltbelastung als jene aus Schweinefleisch, welche wiederum eine um 100% höhere Belastung als Würste aus Hühner- und Putenfleisch hatten, die wiederum eine um 170% schlechtere Bilanz als vegane oder vegetarische Würste hatten. Eine Limitation der Studie besteht darin, dass in den Zutatenlisten keine Infos über die Herkunft der Zutaten, wie z.B. das Herkunftsland oder die landwirtschaftliche Produktionsmethode, enthalten sind, wodurch die Umweltauswirkungen noch zuverlässiger eingeschätzt werden könnten. So hat etwa brasilianisches Rindfleisch einen ganz anderen ökologischen Fußabdruck als Rindfleisch aus Europa von Tieren aus Weidehaltung.

Den Autor*innen zufolge ist „die Bewertung und Kommunikation der Umweltauswirkungen von Lebensmitteln eine wesentliche Voraussetzung für die Umgestaltung unserer Ernährungssysteme, die dringend nötig ist, um die rasch voranschreitende Zerstörung der Umwelt zu verhindern.“ Sie kommen zu dem Schluss, dass der Ersatz von Fleisch, Milchprodukten und Eiern durch pflanzliche Alternativen dort große Vorteile für Umwelt und Gesundheit haben könnte, wo der Verbrauch dieser Lebensmittel hoch ist. Es gebe mehrere Möglichkeiten, Ernährungsweisen umzustellen. Dazu gehört der direkte und umfangreiche Ersatz tierischer Produkte (z.B. von Rindfleisch durch Bohnen) oder kleinerer Umstellungen zwischen gleichartigen Produkten. Die Wissenschaftler*innen räumen ein, dass in einigen Fällen große Substitutionen aufgrund von geschmacklichen Vorlieben, kulturellen Normen oder dem fehlenden Zugang zu geeigneten Alternativen schwierig sein können, während „kleinere Umstellungen leichter schmackhafter gemacht werden könnten“. „Diese Arbeit kann zur Unterstützung von Instrumenten dienen, die Verbraucher*innen dabei helfen, umweltverträglichere Entscheidungen beim Lebensmittelkauf zu treffen. Noch wichtiger ist, dass sie Einzelhändler und Lebensmittelhersteller dazu veranlassen könnte, die Umweltauswirkungen ihres Angebots zu verringern und uns allen eine gesündere, nachhaltigere Ernährung zu ermöglichen“, so Professor Scarborough. Nach Ansicht der Autor*innen liegt der Schlüssel für den Übergang zu ökologisch nachhaltigen Ernährungssystemen darin, die Umweltauswirkungen von Lebensmitteln zu verstehen und sie richtig zu kommunizieren. „Wir müssen noch herausfinden, wie wir diese Informationen am effektivsten vermitteln können, um Verhaltensänderungen hin zu mehr Nachhaltigkeit zu erzielen, aber die Bewertung der Umweltbilanz von Produkten ist ein wichtiger Schritt nach vorn“, fügte Dr. Michael Clark hinzu. (ab)

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