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09.08.2021 |

IPCC: Folgen des menschengemachten Klimawandels teils schon unumkehrbar

Duere
Dürren werden zunehmen (Foto: CC0)

Der Klimawandel ist eindeutig vom Menschen verursacht, er schreitet rasant voran und Veränderungen wie der Eisverlust in der Arktis oder der Anstieg des Meeresspiegels werden für Jahrhunderte oder gar Jahrtausende unumkehrbar sein. Es drohen wegen der steigenden Temperaturen deutlich mehr extreme Wetterereignisse wie Überschwemmungen und Hitzewellen und bereits in den nächsten 20 Jahren könnte sich die Erde im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter um 1,5 Grad erwärmt haben. Das sind nur einige der düsteren Fakten und Prognosen, die der Weltklimarat (IPCC) in seinem neusten Bericht zusammengetragen hat. Der am 9. August veröffentlichte Beitrag der Arbeitsgruppe I zum Sechsten IPCC-Sachstandsbericht (AR6-WGI) befasst sich mit den naturwissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels. 234 Wissenschaftler*innen aus 66 Ländern haben dafür in den letzten Jahren über 14.000 Studien ausgewertet, mehr als 78.000 Kommentare von Expert*innen und Regierungen gesichtet und auf fast 4.000 Seiten den aktuellsten Wissensstand zusammengefasst. Vom 26. Juli bis 6. August diskutierten dann die Delegierten der 195 IPCC-Mitgliedsländer das Ergebnis auf einer Online-Sitzung und stimmten die Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger (SPM) Zeile für Zeile in einem mühseligen Prozess ab.

Der am Montag der Öffentlichkeit präsentierte Bericht lässt keinen Zweifel an den Verursachern des Klimawandels: „Es ist eindeutig, dass der Einfluss des Menschen die Atmosphäre, den Ozean und die Landflächen erwärmt hat. Es haben weitverbreitete und schnelle Veränderungen in der Atmosphäre, dem Ozean, der Kryosphäre und der Biosphäre stattgefunden“, lautet eine der Hauptaussagen des Berichts. Das Ausmaß der jüngsten Veränderungen im gesamten Klimasystem sei „beispiellos“ und viele Veränderungen seien mittlerweile für Jahrzehnte, wenn nicht gar Jahrhunderte so gut wie unumkehrbar. So werden die Gletscher Grönlands in diesem Jahrhundert so gut wie sicher weiter schrumpfen, und auch das Sommereis der Arktis wird weiter schwinden. „Wir haben bisher immer gesagt, wir können den eisfreien Zustand der Arktis noch verhindern. Jetzt haben wir zum ersten Mal den Fall, dass es dafür voraussichtlich zu spät ist, und wir nur noch die Häufigkeit von eisfreien Sommern begrenzen können“, erklärt Dirk Notz vom Max-Planck-Institut für Meteorologie (MPI-M), Leitautor des Kapitels über Ozean, Kryosphäre und Meeresspiegel. „Für mich ist das ein Zeichen, wie weit der Klimawandel fortgeschritten ist“, betont Notz.

Bei allen betrachteten Emissionsszenarien wird die globale Oberflächentemperatur bis mindestens Mitte des Jahrhunderts weiter ansteigen. Eine globale Erwärmung von 1,5 °C und 2 °C werde im Laufe des 21. Jahrhunderts überschritten werden, außer es erfolgten in den kommenden Jahrzehnten drastische Reduktionen der CO2- und anderer Treibhausgasemissionen. Eigentlich hatte sich die Weltgemeinschaft im Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 das Ziel gesetzt, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Niveau (1850-1900) auf deutlich unter 2 Grad zu begrenzen, möglichst aber auf 1,5 Grad. Doch bereits jetzt beträgt die Erwärmung laut IPCC im globalen Schnitt rund 1,1 Grad. Zwar besteht immer noch die Chance, den Klimawandel zu begrenzen, aber das würde entschlossenes und schnelles Handeln erfordern: „Die einzige Chance, das eine oder das andere Ziel zu erreichen, ist, wenn wir schnell die Emissionen herunterfahren. Das muss praktisch in diesem Jahrzehnt passieren“, sagt Jochem Marotzke, Direktor am MPI-M und koodinierender Leitautor des Kapitels über die Zukunft des globalen Klimas. „Wir müssen, um die Begrenzung auf 1,5 Grad Erwärmung zu erreichen, bis Mitte des Jahrhunderts die CO2-Emissionen auf Netto-Null reduziert haben.“ Um 2 Grad nicht zu überschreiten, müsste der CO2-Ausstoß bis 2070 auf Netto-Null sinken.

Der Bericht betont auch, dass es auf jedes Zehntel Grad ankommt, denn je wärmer es wird desto heftiger fallen die Folgen und Extremwetterereignisse aus. „Mit jedem zusätzlichen Anstieg der globalen Erwärmung werden die Veränderungen bei den Extremen stärker ausfallen“, heißt es in der Zusammenfassung. „Zum Beispiel wird jede zusätzliche Erhöhung der Erderwärmung um 0,5 °C zu einer deutlich erkennbaren Zunahme der Intensität und Häufigkeit von Hitzeextremen, einschließlich Hitzewellen (sehr wahrscheinlich) und Starkniederschlägen (hohes Vertrauen), sowie zu landwirtschaftlichen und ökologischen Dürren in einigen Regionen (hohes Vertrauen) führen. Bei mehr als zwei Grad dürften extreme Wetterereignisse kritische Toleranzschwellen für die Landwirtschaft und die menschliche Gesundheit überschreiten. „Wir sind dem Klimawandel nicht passiv ausgeliefert, wir steuern ihn. Wir haben nach wie vor die Wahl, in welchem Szenario wir landen werden“, mahnt Notz. Beim UN-Klimagipfel (COP26) in Glasgow im November bietet sich für die Staatengemeinschaft wieder die Möglichkeit, gemeinsam zu handeln. „Das Pariser Abkommen gibt uns den Weg vor, der UN-Klimagipfel in Glasgow in drei Monaten ist der entscheidende Moment, in dem die Weltgemeinschaft liefern muss“, sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze anlässlich der Vorstellung des IPCC-Berichts am Montag in Berlin. „Wir brauchen von möglichst vielen weiteren Staaten ambitionierte Klimaziele und bei den offenen Verhandlungspunkten absoluten Einigungswillen.“ Noch sei es nicht zu spät dafür: „Wie wir den Treibhausgasausstoß senken können, wissen wir.“ Das Wissen über das Ausmaß des Klimawandels und Maßnahmen zu seiner Begrenzung sind nicht erst seit diesem Bericht des Weltklimarates vorhanden – doch noch nie haben es die Wissenschaftler*innen so deutlich zu Papier gebracht, welches Unheil droht, wenn die Chance zum Handeln erneut nicht ergriffen wird. (ab)

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