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22.03.2021 |

UN-Bericht: Wasser muss ein höherer Stellenwert zukommen

Wasser
Wasser - nicht wegzudenken aus der Landwirtschaft (Foto: CC0)

Es mangelt vielfach an Bewusstsein für den wahren Wert von Wasser, wodurch die kostbare Ressource weltweit viel zu oft als selbstverständlich angesehen, privatisiert, verschmutzt und verschwendet wird. Darauf macht der Weltwasserbericht 2021 aufmerksam, der anlässlich des Weltwassertages am 22. März veröffentlicht wurde. Der von der UNESCO im Auftrag der Vereinten Nationen verfasste Bericht betont, dass Wasser einen höheren Stellenwert erhalten müsse – und zwar nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Praxis. Denn genau hier bestehe ein Missverhältnis: Es sei zwar das Bewusstsein vorhanden, dass sauberes Wasser die Grundlage für Gesundheit, Hygiene, Landwirtschaft und Industrie ist und sicheres Wasser und sanitäre Dienstleistungen ein Menschenrecht sind, doch im politischen Alltag fehlen Aufmerksamkeit und Investitionen für die Ressource. „In Sonntagsreden sind wir uns über den Wert des Wassers einig, im Alltag vergessen wir ihn. Man kann die Bedeutung von Wasser eben nicht mit dem Preis der Bereitstellung für Industrie, Landwirtschaft und Haushalte gleichsetzen. Vor allem muss auch berücksichtigt werden, welchen Wert Wasser für Ökosysteme und damit als menschliche Lebensgrundlage hat. Eine echte Transformation ist erforderlich“, fordert Ulla Burchardt, Vorstandsmitglied der Deutschen UNESCO-Kommission. Das sei besonders wichtig vor dem Hintergrund von zunehmender Wasserknappheit, Bevölkerungswachstum und Klimawandel.

Der Bericht betont die Notwendigkeit, unsere Vorstellung vom „Wert“ von Wasser auszuweiten und ihn nicht mit „Preis“ oder „Kosten“ zu verwechseln. “Im herkömmlichen wirtschaftlichen Rechnungswesen, das für politische Entscheidungen oft die Grundlage bildet, wird der Wert von Wasser meist nur begrenzt anerkannt, da er häufig wie bei den meisten anderen Produkten durch die bei wirtschaftlichen Transaktionen anfallenden Preise und Kosten ermittelt wird“, heißt es in der deutschen Zusammenfassung des Berichts. „Im Fall von Wasser ist die Beziehung zwischen Preis und Wert jedoch alles andere als klar. Der den Verbrauchern in Rechnung gestellte Preis, falls es überhaupt einen Preis gibt, spiegelt meist den Versuch einer Kostendeckung wider, nicht den gelieferten Wert.“ Daher müssten umfassendere Ansätze der Bewertung entwickelt werden, die auch soziale und kulturelle Dimensionen einbeziehen. Das Defizit aktueller Werkzeuge und Methoden basiere oft auf dem rein ökonomischen Aspekt, doch dies hat den Nachteil, dass andere Aspekte oft unterschätzt oder gar außen vorgelassen werden, die schwer zu beziffern sind. „Wie können wir die Bedeutung von 443 Millionen Schultagen quantifizieren, die aufgrund von mit Wasser in Verbindung stehenden Krankheiten jedes Jahr verpasst werden?“, lautet eine der aufgeworfenen Fragen im Bericht. Der Weltwasserbericht wirbt daher dafür, den Wert von Wasser mit neuen Methoden zu bemessen, um eine bessere Grundlage für konkrete politische Entscheidungen zu erhalten.

Der Bericht stellt aktuelle Methoden und Ansätze zur Bewertung von Wasser in fünf miteinander verbundenen Perspektiven gruppiert vor: (1) Die Bewertung von Umwelt, Natur und Ökosystemen als Quelle von Wasser; (2) die Bewertung wasserwirtschaftlicher Infrastruktur, (3) die Bewertung von Wasserversorgung, Sanitärversorgung und Hygiene (WASH), (4) von Wasser für Ernährung und Landwirtschaft, Energie, Industrie und Gewerbe und (5) weitergehende soziokulturelle Werte von Wasser. Im Kapitel zu Ernährung und Landwirtschaft wird zunächst auf die Bedeutung von Wasser für diesen Bereich hingewiesen. Im weltweiten Schnitt verbraucht die Landwirtschaft 69% der Wasservorräte aus Flüssen, Seen und Grundwasserleitern. Da die Weltbevölkerung weiter wächst, bräuchte es bei unveränderten Trends 50% mehr Bewässerung in der Landwirtschaft bis 2050, doch dafür fehlt das Wasser. Vielerorts wird Wasser zudem ineffizient genutzt - einer der Hauptgründe für Umweltzerstörung, die sich in der Erschöpfung von Grundwasserleitern, der Verringerung des Abflusses von Flüssen, der Zerstörung von Lebensräumen für Wildtiere und Schadstoffbelastung niederschlage. Daher ist in der Landwirtschaft eine viel effizientere Wassernutzung nötig als bisher, was gerade auch eine andere Bewertung von Wasser erforderlich macht.

Dem Bericht zufolge gibt es verschiedene Bewirtschaftungsoptionen, um die vielfältigen Werte von Wasser für die Nahrungsmittelproduktion zu maximieren. Als Beispiele nennen die Autor*innen eine bessere Bewirtschaftung von regengespeisten Anbauflächen, die Bereitstellung von Wasser gerade aus naturnahen und nicht-konventionellen Quellen für die Bewässerung, die Verbesserung der Wassernutzungseffizienz, die Reduzierung der Nachfrage nach Nahrungsmitteln und des damit verbundenen Wasserverbrauchs sowie die Verbesserung des Wissens und des Verständnisses der Wassernutzung für die Nahrungsmittelproduktion. „Höhere Wassersicherheit für die Nahrungsmittelproduktion sowohl in regengespeisten als auch in bewässerten Systemen kann (…) dazu beitragen, Armut zu mindern und Geschlechtergleichstellung zu erreichen“, heißt es in der Zusammenfassung. „Zu den direkten Wirkmechanismen gehören höhere Erträge, ein geringeres Risiko von Ernteausfällen und eine größere Vielfalt des Anbaus, höhere Löhne durch verbesserte Beschäftigungsmöglichkeiten sowie vor Ort eine stabile Nahrungsmittelproduktion und -preise.“ Höhere, stabilere Einkommen tragen dazu bei, den Bildungserfolg und die Fähigkeiten von Frauen zu verbessern und damit ihre aktive Teilhabe an Entscheidungsprozessen zu fördern, so der Bericht. (ab)

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