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19.03.2021 |

Klimaschutz: 450 NGOs fordern Stopp des EU-Mercosur-Abkommens

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Stoppt die Sojawüsten (Foto: CC0)

Am 19.3. ist globaler Klimastreik angesagt und die Bewegung Fridays For Future und Menschen weltweit protestieren wieder für mehr Klimaschutz. Doch schon im Vorfeld erhoben Nichtregierungsorganisationen ihre Stimme gegen einen Deal, der fatale Folgen für das Klima haben könnte: das geplante Handelsabkommen der EU mit den Mercosur-Staaten. Ein Bündnis aus rund 450 europäischen und südamerikanischen Organisationen rief am Montag dazu auf, den Vertrag zu stoppen. „Die Ziele und Kernelemente dieses Abkommens stehen in direktem Widerspruch zu Klimaschutz, Ernährungssouveränität und der Wahrung von Menschenrechten und Tierschutz“, warnen sie in ihrer Erklärung „Stopp EU-Mercosur“. Am Montag fand zudem eine Protestaktion vor der Brasilianischen Botschaft in Berlin statt, bei der Vertreter*innen einiger der Organisationen mit Plakaten, Trecker und Sojaschrotsäcken auf die negativen Auswirkungen für Mensch und Umwelt aufmerksam machten, die das Abkommen mit sich bringen würde. Ein zentrales Ziel des Mercosurs ist es, die Importe von Fleisch, Soja und Ethanol in die EU zu erhöhen, während im Gegenzug die Exportbedingungen für die deutsche Automobilindustrie verbessert werden sollen. „Das EU-Mercosur-Abkommen ist ein Paradebeispiel für Klimazerstörung. Wer Autos für Rindfleisch tauscht, verdrängt Artensterben, Klimakrise und Menschenrechtsverletzungen“, kritisiert Ludwig Essig vom Umweltinstitut München.

Das geplante EU-Mercosur-Abkommen steht schon seit Langem auf beiden Seiten des Atlantiks in der Kritik. Nach mehr als zwei Jahrzehnten Verhandlungen hatten sich im Sommer 2019 die Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay und die EU auf ein Freihandelsabkommen geeinigt, mit dem Zölle in Höhe von mehr als 4 Milliarden Euro pro Jahr wegfallen sollten. Zunächst müssen aber die EU-Regierungen und nationalen Parlamente die von der EU-Kommission ausgehandelte Einigung billigen. Doch hier werden Zweifel und Kritik laut, vor allem angesichts der problematischen Haltung von Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro zu Klimaschutz und Menschenrechten und der Bilder von Brandrodungen im Amazonas. Österreich hat bereits sein Veto eingelegt, da das Freihandelsabkommen im Widerspruch zu den Zielen des Green Deal der EU und des Pariser Klimaabkommens stehe, und Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler bekräftigte dies Anfang März in einem Brief an die portugiesische EU-Präsidentschaft. Diese hingegen will die Ratifizierung des Abkommens bis Ende Juni abschließen.

Die Organisationen aus den Mercosur-Staaten und der EU, darunter auch knapp 50 Organisationen aus Deutschland, fordern dagegen einen Stopp des Handelsabkommens. Es gehöre zu einer überholten Handelspolitik des 20. Jahrhunderts, das den Planeten zerstört, und diene Konzerninteressen auf Kosten der planetarischen Grenzen, unhaltbarer sozialer Ungleichheiten und des Tierschutzes, erklären sie. Die NGOs befürchten, dass das Freihandelsabkommen die Artenvielfalt des Amazonas, des Cerrado und des Gran Chaco weiter beeinträchtigen wird. Wenn mehr Fleisch, Soja und Ethanol in die EU exportiert wird, drohe eine weitere Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes, der bereits jetzt durch Brände und Abholzungen bedroht ist. Doch nicht nur die Wälder sind in Gefahr: „Das Handelsabkommen wird sowohl in Europa als auch in Südamerika Lebensgrundlagen zerstören und Kleinbauernfamilien und Arbeiter in die Knie zwingen“, heißt es in der Erklärung. „Es erhöht den Handel mit Agrarrohstoffen auf der einen und den Handel mit umweltschädlichen Autos auf der anderen Seite, und stellt daher eine unmittelbare Bedrohung für Arbeitsplätze in den Mercosur-Ländern dar. Es führt die Pfadabhängigkeit der südamerikanischen Volkswirtschaften als billige Exporteure von Rohstoffen fort, die durch die Zerstörung lebenswichtiger natürlicher Ressourcen gewonnen werden, anstatt die Entwicklung gesunder, diversifizierter und widerstandsfähiger Ökonomien zu fördern.“

Die Organisationen warnen auch, dass die Ratifizierung des Abkommens ein verheerendes politisches Signal aussenden würde, dass schreckliche Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit den Lieferketten, die in diesem Abkommen angelegt sind, akzeptabel seien. Sven Hilbig, Handelsexperte von Brot für die Welt, fürchtet, dass das EU-Mercosur-Abkommen die Menschenrechtslage in Brasilien noch weiter verschärfen würde. „Besonders betroffen wären Indigene und Kleinbauern, die durch die Regierung Bolsonaro vertrieben werden, um Platz für Sojaanbau und Rohstoffausbeutung zu schaffen.“ Er verweist darauf, dass nach Einschätzung der Vereinten Nationen Menschenrechte in Brasilien bereits jetzt systematisch durch die Regierung Bolsonaro mit Füßen getreten werden. „Wenn die Friedensnobelpreisträgerin EU eine wertegeleitete Handelspolitik verfolgen will, darf dieses Abkommen nicht zustande kommen.“ Laut einer EU-weiten repräsentativen Umfrage von September 2020 sieht das offenbar auch die Mehrheit der Bevölkerung so: 75% der von YouGov Befragten äußerten, dass der Deal gestoppt werden müsse, wenn er zu Abholzungen und Umweltzerstörung führe. (ab)

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