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23.06.2020 |

FAO-Prognose fürs Pandemie-Jahr: Weniger Fleisch, mehr Getreide

Fleisch
Die Fleischproduktion sinkt 2020 (Foto: CC0)

Die Covid-19-Pandemie schlägt sich auch auf den Weltagrarmärkten nieder und wird 2020 zu einem Rückgang der globalen Fleischproduktion führen. Insgesamt ist der Agrar- und Lebensmittelsektor jedoch in Corona-Zeiten besser aufgestellt als während der Lebensmittelpreiskrise 2007-2008. Das geht aus einem Bericht der UN-Welternährungsorganisation (FAO) hervor, der am 11. Juni erschienen ist. Der „Food Outlook“ liefert Zahlen und Prognosen zu den meistgehandelten Agrarerzeugnissen, wie Getreide, Ölsaaten, Fleisch, Milchprodukte, Fisch und Zucker. „Die Folgen der Covid-19-Pandemie waren, in unterschiedlichem Ausmaß, in allen von der FAO bewerteten Lebensmittelsektoren spürbar. Obwohl Covid-19 eine ernsthafte Bedrohung für die Ernährungssicherheit darstellt, zeigt unsere Analyse insgesamt, dass sich die Agrarrohstoffmärkte aus globaler Sicht als widerstandsfähiger gegenüber der Pandemie erweisen als viele andere Sektoren. Angesichts der Größe der Herausforderung und der enormen Unsicherheiten, die damit verbunden sind, muss die internationale Gemeinschaft jedoch weiter wachsam und bereit sein, gegebenenfalls zu reagieren“, sagte der Leiter der FAO-Abteilung Handel und Märkte, Boubaker Ben-Belhassen.

Die Weltgetreideproduktion wird 2020 voraussichtlich auf 2,78 Milliarden Tonnen wachsen, ein Anstieg um 2,6% gegenüber dem bisherigen Rekordwert von 2,71 Milliarden Tonnen in 2019. Von den 2,68 Milliarden Tonnen Getreide, die 2019 verwendet wurden, dienten 43% oder 1,1 Milliarden Tonnen als Nahrungsmittel, während 36% an Tiere verfüttert wurde und 21% für andere Zwecke genutzt wurden, etwa für die Herstellung von Industrieprodukten oder Agrartreibstoffen. Die Produktion von Ölsaaten ließ 2019 nach, vor allem bei Soja und Raps. Die Sojaproduktion sank um 7,6% auf 337,9 Millionen Tonnen, da in den USA aufgrund widriger Wetterbedingungen deutlich weniger Soja angebaut wurde und die Erträge hinter den Erwartungen zurückblieben.

Die Weltfleischproduktion ging 2019 erstmals nach Jahren des Wachstums leicht zurück auf 338,9 Millionen Tonnen. Für 2020 erwartet die FAO einen erneuten Rückgang um 1,7% auf 333 Millionen Tonnen. Dies sei dem Einbrechen der Schweinebestände in China und anderen asiatischen Ländern geschuldet, wo die Afrikanische Schweinepest grassiert, sowie Marktstörungen infolge der Covid-19-Pandemie. „Eine Kombination aus COVID-19-bedingten wirtschaftlichen Notlagen, logistischen Engpässen und einem starken Nachfragerückgang im Lebensmittelsektor aufgrund der Lockdowns hat zu einem weltweiten Einbruch der Importnachfrage geführt“, schreiben die Experten. Das hat die Fleischpreise seit Januar um 8.6% einbrechen lassen. Da Restaurants und Caterer zeitweise kein Fleisch mehr benötigten, kam es zu einer Anhäufung von Fleischvorräten, wodurch die Exportverfügbarkeit erhöht wurde, obwohl die Fleischproduktion aufgrund des Arbeitskräftemangels in den Schlachthöfen, der Verarbeitung und Verpackung zurückging. Rein rechnerisch waren für jeden Menschen weltweit im Jahr 2018 noch 44,6 Kilo Fleisch verfügbar. Dieser Wert sank 2019 auf 43,6 Kilo und für das Jahr 2020 rechnet die FAO mit einem weiteren Absinken des Konsums auf 42,4 Kilo.

In einem Extrakapitel befasst sich der Bericht auch mit Parallelen und Unterschieden zwischen der aktuellen Corona-Pandemie und der Lebensmittelpreiskrise 2007-2009. Zunächst stellen die Autoren fest, dass es der Welt im Vergleich zur globalen Nahrungsmittelpreiskrise 2007-08 jetzt besser geht, da die Aussichten für die weltweite Nahrungsmittelproduktion positiv sind, die Nahrungsmittelpreise niedrig und die Lager gut gefüllt sind. Zu Beginn der Corona-Krise befanden sich die Bestände in den Getreidelagern mit 850 Millionen auf dem höchsten Stand seit Jahren und die Lager waren fast doppelt so gut gefüllt als 2007/08 mit 472 Millionen Tonnen. So sei man besser gegen Schocks gewappnet, wie etwa Extremwetterereignisse.

Doch obwohl es weltweit theoretisch genug Nahrung für alle gibt, hat sich der deutliche Rückgang des Wirtschaftswachstums aufgrund der Pandemie zu einem Problem entwickelt: Der Zugang zu Nahrungsmitteln sei für viele Menschen eingeschränkt und sie könnten sich nicht mit genügend und ausreichend nahrhaften Lebensmitteln versorgen. „Nicht alle Länder verfügen über die finanziellen Mittel, um die Auswirkungen der Pandemie zu bewältigen“, schreibt Josef Schmidhuber in dem Sonderfeature. Das gelte vor allem für die Länder, die in hohem Maße von Nahrungsmittelimporten abhängig sind. „Ebenfalls verwundbar sind schockanfällige Länder in Afrika südlich der Sahara, die von anderen Krisen wie Schädlingsbefällen und Krankheiten (Heuschrecken, afrikanische Schweinepest), ungünstigen Wetterbedingungen oder Sicherheitsproblemen (innere Unruhen) heimgesucht werden.“ Dort verlieren die Menschen ihre Einkommensmöglichkeiten und seien mit einer zunehmenden Bedrohung ihrer Lebensgrundlagen konfrontiert. Daher sei internationale Unterstützung unerlässlich, um die gefährdeten Bevölkerungsgruppen dieser Länder zu schützen und eine Verschärfung der Ernährungsunsicherheit zu vermeiden, schlussfolgert der Autor. (ab)

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