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05.06.2019 |

NGOs: Deutsche Nachhaltigkeitspolitik zu lahm und lückenhaft

Nachhaltigkeit
Ob Energie oder Agrarpolitik: Deutschland hat Defizite bei der Nachhaltigkeit (Foto: CC0)

Bei der deutschen Nachhaltigkeitspolitik muss dringend nachgebessert werden, sonst werden die Ziele der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung verfehlt. Das mahnt ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis. Insgesamt 118 Organisationen aus ganz Deutschland wandten sich in einer gemeinsamen Erklärung an die Bundesregierung und machten ihrem Ärger über die bisherigen Versäumnisse und fehlenden Anstrengungen der Politik in puncto Nachhaltigkeit Luft. Vor fast vier Jahren im September 2015 beschloss die UN-Generalversammlung die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, auf die sich 193 Staaten geeinigt hatten. Angegangen werden sollten zentrale globale Herausforderungen, wie Armut, Hunger und Ungleichheit, Umweltzerstörung und Klimawandel oder Themen wie Bildung, Gesundheit und Energie. Herzstück ist ein Katalog von 17 Zielen: die Sustainable Development Goals (SDGs). Im September kommen die Staats- und Regierungschefs erneut in New York zusammen, um Bilanz zu ziehen. Doch schon heute ist klar, dass das bisherige Tempo bei weitem nicht ausreichen wird.

„Der erhoffte Weckruf durch die Verabschiedung der Agenda 2030“ verhallt „bisher nahezu ungehört“, kritisieren die Organisationen in ihrer Erklärung. „Die Welt steckt tief in mehreren, sich wechselseitig verstärkenden Krisen vom Klimawandel und Artensterben über zunehmende Ungleichheiten und Hunger, von gewaltsam ausgetragenen Konflikten bis hin zu einer sich abzeichnenden, neuen Finanz- und Schuldenkrise. Die Bundesregierung weiß das, handelt aber nicht entschieden genug.“ Die Organisationen betonen, dass das deutsche Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell nicht nachhaltig ist – weder ökologisch noch sozial oder wirtschaftlich – und mit globaler Gerechtigkeit nicht vereinbar. Würde die ganze Welt so leben und so viele Ressourcen verbrauchen wie Deutschland, wären drei Planeten notwendig. Erst kürzlich vermeldete die Forschungsorganisation „Global Footprint Network“, dass Deutschland rein rechnerisch bereits am 3. Mai sämtliche Ressourcen verbraucht hat, die die Erde in diesem Jahr nachhaltig zur Verfügung stellen kann.

„Die Bundesregierung kann die Augen nicht länger verschließen vor den Konsequenzen der eigenen Politikentscheidungen. Eine Kurswende hinzu nachhaltiger Entwicklung wird nicht durch einige Schönheitsreparaturen hier und da erreicht“, kritisierte Jürgen Maier, Geschäftsführer des Forums Umwelt und Entwicklung und Mitinitiator der Erklärung. „Mit der aktuellen Ausrichtung unserer Wirtschafts- und Handelspolitik, dem ungebremsten Profitstreben in der Agrarpolitik und den Fehlentscheidungen in der Energie- und Verkehrspolitik sind wir auch in 100 Jahren nicht auf dem Pfad in eine nachhaltige Zukunft.“ In Bezug auf die deutsche und europäische Agrarpolitik sind die Organisationen nicht zufrieden. Sie sei ein „Notstandsgebiet der Nachhaltigkeitspolitik“ heißt es in der Erklärung, da sie eine der Hauptursachen für das Artensterben sei. „Für die anstehende Reform der EU-Agrarpolitik muss daher der Grundsatz gelten: öffentliches Geld nur für öffentliche Leistungen. Staatliche Gelder sollen für eine umwelt- und klimaschonende Landwirtschaft eingesetzt werden.“

Zudem kritisieren die Organisationen, dass die deutsche bzw. europäische Agrar- und Handelspolitik noch immer zu Lasten der Menschen im Globalen Süden erfolge. „Wo lokale Märkte im Süden mit europäisch subventionierten, billigen Exportprodukten überschwemmt werden, werden Kleinbäuerinnen und Kleinbauern aus ihrem Markt gedrängt. Wir fordern eine Agrarpolitik, die globale Ungleichheiten und Armut nicht weiter verschärft und das Menschenrecht auf Nahrung fördert, nicht verletzt“, schreiben sie. Denn dies verstößt u.a. gegen das 2. SDG, das darauf abzielt, den Hunger weltweit zu beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung zu erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft zu fördern. Zudem wird in den Unterzielen von SDG2 konkretisiert, dass bis 2030 nicht nur alle Menschen das ganze Jahr über Zugang zu ausreichender und angemessener Nahrung haben und alle Formen der Mangelernährung beseitigt werden sollen, sondern auch die landwirtschaftliche Produktivität und das Einkommen von Kleinbauern verdoppelt werden soll. Doch nicht nur in der Agrarpolitik – in all ihren Entscheidungen müsse die Bundesregierung der Umsetzung der Agenda 2030 oberste Priorität einräumen, fordern die Organisationen. (ab)

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