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01.02.2019 |

Metastudie: Ökolandbau bringt Vorteile für Umwelt‐ und Ressourcenschutz

Sonne
Insekten fliegen auf Bio (Foto: A. Beck)

Der Ökolandbau bringt vor allem beim Umwelt‐ und Ressourcenschutz deutliche Vorteile gegenüber der konventionellen Landwirtschaft. Zu diesem Ergebnis gelangt eine umfassende Metaanalyse unter Leitung des staatlichen Thünen-Instituts und der Universität Kassel, die am 21. Januar veröffentlicht wurde. Ziel des interdisziplinären Verbundprojekts von acht Universitäten und Forschungseinrichtungen war es, die gesellschaftlichen Leistungen des Ökolandbaus für Wasserschutz, Bodenfruchtbarkeit, Biodiversität, Klimaschutz, Klimaanpassung, Ressourceneffizienz und Tierwohl zu bewerten. Dies taten die 22 Wissenschaftler anhand von insgesamt 33 Indikatoren und werteten dafür 528 Vergleichsstudien mit 2.816 Einzelvergleichen aus. Das Resultat zeigt über alle Indikatoren hinweg, dass die ökologische Bewirtschaftung gegenüber der konventionellen Variante im Bereich des Umwelt‐ und Ressourcenschutzes bei 58% der analysierten Vergleichspaare Vorteile aufwies und bei 28% gleichauf war. Nur bei 14% der Vergleichspaare war die konventionelle Variante vorteilhafter. Der Ökolandbau punktete insbesondere in den Bereichen Wasserschutz, Bodenfruchtbarkeit, Biodiversität, Klimaanpassung und Ressourceneffizienz.

„Die Ergebnisse verdeutlichen, dass der Ökolandbau ein hohes Potenzial zum Schutz von Grund- und Oberflächenwasser zu zuschreiben ist“, lautet das Fazit in puncto Gewässerschutz. „Positiv wirkt sich der Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel aus. Im Mittel vermindert eine ökologische Bewirtschaftung in den ausgewerteten Untersuchungen die Stickstoffausträge um 28%. Durch den Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel wird der Eintrag von Wirkstoffen mit einer potenziell hohen Umwelttoxizität unterbunden.“ Auch bei Tierarzneimitteln sei wegen der Produktionsvorschriften für die ökologische Tierhaltung von deutlich geringeren Einträgen auszugehen. Bei der Bodenfruchtbarkeit bringt der Ökolandbau ebenfalls Vorteile: „Die Abundanzen (Häufigkeiten) und Biomassen von Regenwurm-Populationen waren hier im Mittel um 78 bzw. 94% höher. Bei 62% der Vergleichspaare war die ökologische Wirtschaftsweise im Oberboden mit einer geringeren Versauerung verbunden“, teilten die Forscher mit. Beim Gehalt an pflanzenverfügbarem Phosphor im Oberboden konnte hingegen keine eindeutige Tendenz festgestellt werden.

Ganz eindeutig punktet der Ökolandbau hingegen bei der Artenvielfalt. Im Mittel lagen die Artenzahlen der Ackerflora um 95% höher, bei den Feldvögeln um 35% und bei blütenbesuchenden Insekten um 23% höher. Zu berücksichtigen sei aber, dass die Landschaftsstruktur einen erheblichen Einfluss auf die Artenvielfalt habe und diese die Effekte der Landnutzung stark überlagern könne. Auch beim Klimaschutz brachte der Ökolandbau positive Effekte, doch die Wissenschaftler differenzierten hier nach Emissionen pro Hektar und pro Tonne. Durch eine höhere Kohlenstoffspeicherungsrate – die Forscher sprechen von einem im Schnitt 10% höheren Gehalt an organischem Bodenkohlenstoff und eine um 256 kg C/Hektar höhere jährliche Kohlenstoffspeicherungsrate – sowie verminderte Lachgasemissionen stießen Ökobetriebe laut Studie im Mittel 1.082 kg weniger CO2‐Äquivalente pro Hektar und Jahr aus. „Aufgrund des niedrigeren Ertragsniveaus im Ökolandbau sind die ertragsbezogenen Klimaschutzleistungen im Vergleich zur konventionellen Landwirtschaft jedoch vermutlich vergleichbar.“ Geschlagen geben musste sich Bio bei einem Indikator: Die ökologische Rinderhaltung erbringe bezüglich stoffwechselbedingter Methanemissionen pro kg Milch vermutlich niedrigere Leistungen als die konventionelle. Doch die Gesamtemissionen pro kg Milch aus ökologischer und konventioneller Produktion werden wiederum als vergleichbar eingestuft.

Bei der Klimaanpassung zeigt die Studie den Beitrag des Ökolandbaus zur Erosionsvermeidung und zum Hochwasserschutz auf. „Der Gehalt an organischem Kohlenstoff im Boden – vereinfacht gesagt der Humusgehalt – und die Aggregatstabilität waren im Ökolandbau im Mittel 26% bzw. 15% höher; bei der Infiltration wurde ein Unterschied von 137% festgestellt. Dadurch werden Oberflächenabfluss und Bodenabtrag vermindert“, vermeldet das Thünen-Institut. Auch bei der Ressourceneffizienz lag er Ökolandbau vorn: Der sparsame Ressourcenverbrauch im Ökolandbau spiegelt sich unter anderem in der Stickstoff- und Energieeffizienz wider. Im Pflanzenbau war die Stickstoffeffizienz im Mittel 12% und die Energieeffizienz 19% höher als im konventionellen Landbau. Doch die Wissenschaftler betonen auch: „Eine der größten Herausforderungen im Ökolandbau ist die nachhaltige Steigerung der Erträge und der Energiebindung sowie die Verminderung der „Ertragslücke“ (yield gap) zu konventionellen Systemen. Hierzu sind unterschiedliche Ansätze zu verfolgen, vor allem die Züchtung leistungsfähiger, an die Bedingungen des Ökolandbaus adaptierter Sorten.“

Kein klares Bild zeigte sich beim Tierwohl. Bei 46% der Vergleichspaare wurden keine eindeutigen Unterschiede zwischen ökologischer und konventioneller Tierhaltung festgestellt. Die ökologische Wirtschaftsweise wies bei 35% der Vergleichspaare Vorteile auf. Bei der Tiergesundheit schien das Management entscheidender zu sein als die Wirtschaftsweise. Die Wissenschaftler verweisen darauf, dass nur wenige Studien bisher neben der Tiergesundheit weitere Dimensionen des Tierwohls, d. h. Tierverhalten und emotionales Befinden berücksichtigen. Die vorhandenen Studien deuten hier Vorteile der ökologischen Tierhaltung an, z. B. da Bio-Tiere mehr Platz im Stall und Auslauf haben.

Die Autoren schlussfolgern, dass der ökologische Landbau „einen relevanten Beitrag zur Lösung der umwelt‐ und ressourcenpolitischen Herausforderungen dieser Zeit leisten kann und zu Recht als eine Schlüsseltechnologie für eine nachhaltige Landnutzung“ gelte. „Die Studie zeigt, dass Ökolandbau beim Umwelt- und Ressourcenschutz deutliche und messbare Vorteile bringt“, kommentierte Felix Löwenstein, Vorsitzender des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft. „Doch Ressourcenschutz kostet Geld. Es ist sehr entscheidend, dass Bauern, die enkeltaugliche Landwirtschaft betreiben, dafür honoriert werden. Hier ist die Politik am Zug.“ Er forderte Landwirtschaftsministerin Klöckner und ihre Kollegen in Bund und Ländern auf, „die agrarpolitischen Weichen noch entschiedener auf Öko stellen“. Die Reform der EU-Agrarpolitik biete dafür jetzt die beste Gelegenheit. (ab)

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