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10.01.2019 |

Agrar-Atlas fordert Agrarwende: Größere Töpfe für kleinere Betriebe

Geld
Wohin fließen die Milliarden? (Foto: CC0)

Die aktuelle EU-Agrarpolitik ist unökologisch, ungerecht und ineffektiv. Von den fast 60 Milliarden Euro, die die EU jährlich für die Landwirtschaft ausgibt, wird nur ein geringer Teil für jene Ziele verwendet, die den meisten Bürgerinnen und Bürgern wichtig sind, etwa den Schutz von Umwelt, Klima und Biodiversität oder den Erhalt kleiner und mittlerer Betriebe. Das zeigt der „Agrar-Atlas 2019“, der am Mittwoch vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Heinrich-Böll-Stiftung vorgestellt wurde. Für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) zahlt jeder Europäer jährlich 114 Euro Steuergelder. Im Förderzeitraum 2014 bis 2020 machen die Direktzahlungen 72% des gesamten GAP-Budgets aus. Doch 80% dieser Direktzahlungen gehen an nur 20% der Berechtigten. Gerade einmal 131.000 der insgesamt 6,7 Millionen Betriebe erhielten mehr als 30% der Gesamtsumme. „Ein Prozent der Betriebe in Deutschland bekommt etwa zwanzig Prozent der Subventionen – und das ohne größere ökologische Auflagen“, kritisiert Barbara Unmüßig, Vorsitzende der Heinrich-Böll-Stiftung. „Wir brauchen genau das Gegenteil von dem, was wir haben: eine mutige Agrarpolitik mit klaren, verbindlichen Zielen, die den Wandel zu einer ökologischen Landwirtschaft fördert und lebenswerte, demokratische ländliche Regionen in Europa unterstützt.“

Einer im Agrar-Atlas veröffentlichten repräsentativen Forsa-Umfrage zufolge wünschen sich 49% der Befragten, dass zwar alle Betriebe finanziell unterstützt werden, aber mehr Fördergelder für besondere Leistungen der Landwirtschaft, wie Naturschutz, Gewässerschutz oder Klimaschutz, fließen sollen. Weitere 39% waren der Ansicht, dass Landwirte nur für besondere Leistungen Gelder erhalten sollten. Zudem bereitete das Höfesterben in Deutschland 76% der Befragten große Sorge: 73% sind dafür, dass gerade mittlere und kleine Betriebe besonders stark staatlich unterstützt werden sollten. „Wir müssen weg von pauschalen Zahlungen pro Fläche. Davon profitieren die Großbetriebe, die viel Land haben“, sagte Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND. „Die kleinen und mittleren Betriebe sind die Leidtragenden dieser verfehlten Politik und werden nur unzureichend unterstützt. Wir wollen, dass Fördergelder für das ausgegeben werden, was wir als Gesellschaft von der Landwirtschaft einfordern, wofür Bäuerinnen und Bauern aber kein Geld am Markt bekommen: Die artgerechte Haltung von Tieren, der Schutz von Vögeln und Insekten, von Gewässern und des Trinkwassers.“

Die Herausgeber des Agrar-Atlas fordern daher eine zukunftsfähige Ausrichtung der EU-Agrarpolitik, die sich am Gemeinwohl und den Wünschen der Bürgerinnen und Bürger orientiert. „Kürzungen des Agrarhaushaltes sind keine Lösung, denn eine bäuerliche, umwelt- und klimafreundliche Landwirtschaft gibt es nicht zum Null-Tarif“, erklärte Unmüßig. „Wie die Forsa-Umfrage zeigt, möchte eine Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger eine Agrarpolitik, die gestaltet, die verbindliche Ziele formuliert und diese mit wirkungsstarken Maßnahmen und Geld hinterlegt.“ Dafür müsse die zweite Säule der GAP mit ihren ökologischen Programmen zum Kernelement einer neuen europäischen Agrarpolitik definiert und erheblich besser ausgestattet werden. Unmüßig äußerte sich enttäuscht über die vorliegenden Reformvorschläge der EU-Kommission, da sie „so dürftig, teilweise sogar kontraproduktiv und schädlich“ ausfielen. Aktuell werden die Vorschläge im EU-Parlament und im EU-Rat der Agrarministerinnen und Agrarminister diskutiert. „Die Bundesregierung muss die falsche EU-Förderpolitik angehen und sich für eine ambitionierte EU-Agrarreform einsetzen“, forderte Weiger.

Doch die Herausgeber rufen auch jeden Einzelnen zum Handeln auf. „Landwirtschaftspolitik geht uns alle an, sie hat Einfluss auf unser Leben, unsere Landschaften und bestimmt, welche Lebensmittel in den Handel gelangen. Wir dürfen nicht warten, bis die europäischen Regierungen die gesellschaftliche Akzeptanz für die Agrarpolitik verspielt haben“, sagte Weiger. In Berlin werden am 19. Januar wieder Tausende Menschen auf die Straße gehen und lautstark Alarm für die Agrarwende schlagen. Unter dem diesjährigen Motto „Der Agrarindustrie den Geldhahn abdrehen!“ wird die „Wir haben es satt!“-Bewegung im neunten Jahr infolge für den Umbau hin zu einer bäuerlichen und ökologischeren Landwirtschaft demonstrieren. (ab)

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