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05.10.2018 |

Studie: Gentechnik-Soja in Südamerika schadet Umwelt und Gesundheit

Soja
Sojawüste in Südamerika statt Artenvielfalt (Foto: CC0)

Der Anbau von Gentechnik-Soja in Südamerika schadet der Umwelt, Artenvielfalt und der menschlichen Gesundheit und steht damit der Verwirklichung der UN-Nachhaltigkeitsziele entgegen. Die EU als wichtiger Importeur hat mit der Nachfrage nach Soja als Futtermittel erheblichen Einfluss auf die Ökosysteme in den Anbauländern und das Leben der ländlichen Bevölkerung. Dies zeigt eine von den Organisationen Germanwatch und Testbiotech Anfang Oktober veröffentlichte Studie. Zwischen 2005 und 2014 stieg die Sojaanbaufläche in Brasilien, Argentinien und Paraguay um 40% oder 15,5 Millionen Hektar, wie aus der UN-Datenbank FAOStat hervorgeht. In Brasilien wuchs die Fläche um 32% auf 30 Millionen Hektar, in Argentinien stieg sie um 37% auf 20 Millionen Hektar und in Paraguay um 78% auf 3,5 Millionen Hektar. Dies geschah meist auf Kosten von ökologisch wertvollem Weideland, Savannen und Regenwald.

Obwohl die Importmengen in den letzten 15 Jahren zurückgingen, geht immer noch ein Viertel der Sojaexporte aus Brasilien, Argentinien, Paraguay, Bolivien und Uruguay in die EU. Sie hatte 2014 einen Anteil von 35% an den gesamten Exporten Paraguays, bei Argentinien waren es 31% und Brasilien 22%. „Auf insgesamt rund 10 Millionen Hektar wird quasi nur für die EU produziert, denn 29 Millionen Tonnen Soja pro Jahr werden in die EU exportiert“, erklärt Tobias Reichert von Germanwatch, der die Studie mitverfasst hat. „Die Soja dient fast ausschließlich als Tierfutter. Die industrielle Massentierhaltung bei uns wirkt sich also direkt und massiv auf Menschen und Natur in Südamerika aus“, fügt Autor Christoph Then von Testbiotech hinzu. Über 90% der in Südamerika angebauten Soja ist gentechnisch so verändert, dass sie gegen das Herbizid Glyphosat resistent ist.

Die Studie untersucht, wie sich der Sojaanbau auf die UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) auswirkt, vor allem auf Ziel 3 (Gesundes Leben für alle), Ziel 6 (Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser) und Ziel 15 (Landökosysteme schützen). Sie zeigt, dass die Einführung der Gentechnik-Soja mittelfristig keine wesentliche Einsparung an Pestiziden brachte. Im Gegenteil stieg der Einsatz von Pestiziden durch das Aufkommen herbizidresistenter Unkräuter, mit negativen Folgen für die Wasserqualität und die Gesundheit der Landwirte. In Brasilien und Argentinien werden heute oft mehr als 4,5 Kilo Glyphosat pro Hektar eingesetzt – dreimal so viel wie bei Einführung der Gentechnik-Soja vor rund 20 Jahren. Wegen der Resistenzen werden weitere hochgiftige Herbizide eingesetzt. „Einige Unkräuter sind so resistent gegenüber Glyphosat geworden, dass sie nur mit giftigeren Herbiziden wie Paraquat bekämpft werden können“, so die Studie. Wegen gesundheitlicher Risiken für die Anwender wird der Stoff in der EU nicht mehr eingesetzt. „In Brasilien, Argentinien und Paraguay wird er dagegen großflächig angewendet, in Paraguay zum Teil sogar in höherer Dosis als Glyphosat.“

Der Sojaanbau in Südamerika geht zudem mit massiven Verlusten und Schäden an Ökosystemen (Urwäldern, Grasland und Feuchtgebieten) einher, schädigt die Bodenfruchtbarkeit und fördert Überschwemmungen und mittelfristig die Versalzung der Böden. Im Chaco, der sich über Argentinien, Bolivien und Paraguay erstreckt, wurden zwischen 2000 und 2012 etwa acht Millionen Hektar für die Ausweitung der landwirtschaftlichen Nutzung entwaldet, vor allem für den Sojaanbau. Dies steht SDG 15 mit seinen Unterzielen des Erhalts der Wälder und der biologischen Vielfalt klar entgegen.

Doch auch Gesundheit und Umwelt in Europa sind betroffen: „Die EU bleibt von den negativen Folgen nicht unberührt“, so Tobias Reichert. „Die durch Importsoja ermöglichte Massentierhaltung führt auch in Europa regional zu erheblichen Umweltschäden, zum Beispiel Gewässerbelastung durch Gülle.“ Die Studie verweist zudem darauf, dass Sojabohnen mit Pestizidrückständen belastet sind, die gesundheitsschädigend sein können. In Stichproben wurden 2013 Rückstandsmengen von über 100 Mg Glyphosat pro Kilo Soja gefunden, das Fünffache des erlaubten Grenzwerts. „Es gibt offensichtlich ganz extreme Belastungen für die Umwelt in den Anbaugebieten und gleichzeitig keine ausreichenden Daten, um die gesundheitlichen Risiken der Verfütterung der Gentechnik-Soja zu bewerten. Diese Produktionsprozesse sind völlig aus dem Ruder gelaufen“, kritisiert Christoph Then.

„Die EU muss neue Vereinbarungen mit den südamerikanischen Regierungen treffen. Dabei muss es auch darum gehen, den Handel in anderen Bereichen zu stärken, um die einseitige Abhängigkeit dieser Länder vom Sojaexport zu verringern“, fordert Reichert. „Insgesamt muss die europäische Landwirtschaftspolitik eine Kehrtwende weg von der industriellen Massentierhaltung machen. Dadurch würde die Nachfrage nach Soja deutlich sinken.“ Gleichzeitig müsse überlegt werden, wie mit vielfältigeren und nachhaltigeren Produktionssystemen Wertschöpfung und Beschäftigung in den ländlichen Räumen der Mercosur-Staaten gesteigert werden können. „Dabei sollen auch Vorschläge der Zivilgesellschaft, vor allem von Kleinbauern, indigenen Gemeinden und deren Organisationen aufgegriffen werden, die eine stärker auf Ernährungssicherheit und lokale Kreisläufe ausgerichtete Landwirtschaft fordern, die deutlich größere Synergien zu den SDG bietet“, lautet das Fazit. (ab)

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