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29.03.2018 |

Bodendegradation: Bedrohung für die Menschheit und die Artenvielfalt

Dürre
Fruchtbare Böden werden knapper (Foto: CC0)

Der Verlust fruchtbarer Böden gefährdet das Wohlergehen von 3,2 Milliarden Menschen weltweit und lässt den Planeten aufgrund des resultierenden Rückgangs der Artenvielfalt auf das sechste Massensterben zusteuern. Das ist die düstere Botschaft eines UN-Berichts, der am 26. März in Medellín, Kolumbien verabschiedet wurde. Er prognostiziert, dass Bodendegradation und Klimawandel gemeinsam bis 2050 die Ernteerträge im Schnitt 10% einbrechen lassen und bis zu 700 Millionen Menschen dazu zwingen könnten, ihre Heimat zu verlassen. Der Weltbiodiversitätsrats IPBES, ein unabhängiges zwischenstaatliches Gremium, nennt menschliche Aktivitäten, allen voran die Landwirtschaft, als Hauptursache für die Auslaugung der Böden. „Die rasche Ausweitung und nicht nachhaltige Bewirtschaftung von Acker- und Weideland ist die größte direkte Ursache für Bodendegradation und verursacht erhebliche Verluste an Artenvielfalt und Ökosystemleistungen – Ernährungssicherheit, Wasseraufbereitung, Energieversorgung und andere für den Menschen wichtige Beiträge der Natur“, betont der Rat. In vielen Teilen der Welt sei bereits ein kritisches Niveau erreicht. Die Kosten der Bodendegradation beziffern die Experten allein im Jahr 2010 auf 10% des jährlichen Bruttoinlandsprodukts der Welt durch den Verlust von Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen.

An dem von 129 IPBES-Mitgliedsstaaten abgesegneten Bericht arbeiteten mehr als 100 führende Experten aus 45 Ländern über drei Jahre lang. Er stützt sich auf mehr als 3.000 wissenschaftliche, staatliche, indigene und lokale Wissensquellen und durchlief ein umfassendes Peer-Review. Die Bodendegradation wird den Autoren zufolge angeheizt durch den konsumgeprägten Lebensstil in den reichen Ländern in Kombination mit wachsendem Konsum in Entwicklungs- und Schwellenländern. „Ein hoher und steigender Pro-Kopf-Verbrauch, verstärkt durch das anhaltende Bevölkerungswachstum in vielen Teilen der Welt, kann zu einer nicht nachhaltigen Ausweitung der Landwirtschaft, zum Abbau natürlicher Ressourcen und Rohstoffe und zu Verstädterung führen – was in der Regel Bodendegradation befördert. Acker- und Weideland bedeckt heute mehr als ein Drittel der Landfläche der Erde. Natürliche Lebensräume wie Wälder, Wiesen und Feuchtgebiete wurden dafür gerodet, gerade in den artenreichsten Ökosystemen der Erde. Bis 2014 wurden mehr als 1,5 Milliarden Hektar natürliche Ökosysteme in Ackerland umgewandelt. „Feuchtgebiete hat es besonders stark getroffen“, sagte Dr. Luca Montanarella, der Ko-Präsident des Berichts. „Seit Beginn der Neuzeit sind 87% der Feuchtgebiete verlorengegangen – davon 54% seit 1900.

Der Bericht folgert, dass Bodendegradation wesentlich zum Klimawandel beiträgt. Allein die Entwaldung steuert 10% aller vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen bei. Ein anderer Faktor ist die Freisetzung von Bodenkohlenstoff: Auf das Konto der Bodendegradation gehen jährliche Emissionen von bis zu 4,4 Milliarden Tonnen CO2 weltweit zwischen 2000 und 2009. Dabei könnten Böden aufgrund ihrer Eigenschaft als Kohlenstoffspeicher einen wichtigen Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels leisten. Laut den Autoren könnte durch Vermeidung, Verringerung und Umkehrung von Bodendegradation bis 2030 mehr als ein Drittel der Treibhausgasemissionen eingespart werden, die verhindert werden müssen, um die globale Erwärmung auf unter 2°C zu begrenzen. „Bodendegradation, Biodiversitätsverlust und Klimawandel sind drei verschiedene Gesichter der gleichen zentralen Herausforderung: die zunehmend gefährliche Auswirkung unserer Entscheidungen auf die Intaktheit der natürlichen Umwelt“, sagte IPBES-Chef Robert Watson, der auch Direktor des Weltagrarberichts war. „Wir können es uns nicht leisten, diese Bedrohungen isoliert anzugehen – jede einzelne erfordert höchste Priorität und sie müssen zusammen angegangen werden.“

Der Bericht enthält Empfehlungen für den Kampf gegen den Bodenverlust. Nötig seien politische, zwischen den unterschiedlichen Ministerien koordinierte Maßnahmen zur Förderung nachhaltigerer Praktiken des Konsums und der Produktion land-basierte Rohstoffen. Die Autoren raten zur Abschaffung „perverser Anreize“, die Landdegradierung anheizen und im Gegenzug zur Förderung positiver Anreize, die nachhaltiges Landmanagement belohnen: In jedem Ökosystem gebe es Erfolgsbeispiele für Renaturierung und es gebe viele erprobte Praktiken und Techniken, sowohl traditionelle als auch moderne, um die Auslaugung der Böden zu vermeiden und umzukehren. Optionen für Ackerflächen seien z.B. die Reduzierung von Bodenverlust und die Verbesserung der Bodengesundheit, die Nutzung salzresistenter Pflanzen, bodenschonende Landwirtschaft und integrierte Systeme mit Ackerbau, Tierhaltung und Forstwirtschaft. Verbraucher könnten das Vordringen der Landwirtschaft in natürlich Lebensräume vermeiden durch die Umstellung auf Ernährungsweisen, die Böden weniger auslaugen, wie eine Ernährung mit mehr pflanzlichen Lebensmitteln und weniger tierischem Eiweiß aus nicht nachhaltigen Quellen, sowie eine Reduzierung von Lebensmittelverlusten und -verschwendung. „Der Einsatz des ganzen Werkzeugkastens an bewährten Methoden, um Bodendegradation zu stoppen und umzukehren, ist nicht nur nötig, um Ernährungssicherheit zu gewährleisten, den Klimawandel zu reduzieren und die Artenvielfalt zu bewahren“, sagte Dr. Montanarella. „Es ist auch aus wirtschaftlicher Sicht vernünftig und zunehmend dringlich. (ab)

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