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17.01.2018 |

Kritik an EPA: Schluss mit Patenten auf konventionell gezüchtete Pflanzen

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Keine Patente auf Sonnenblumen! (Foto: A. Beck)

Das Europäische Patentamt (EPA) erteilt weiterhin Patente auf Pflanzen und Tiere aus konventioneller Züchtung. Rund 25 dieser Patente wurden 2017 vergeben, unter anderem auf Salat, Zwiebeln, Tomaten, Kartoffeln, Gurken, Sonnenblumen, Sorghum und Soja. Das geht aus einem Bericht des Bündnisses „Keine Patente auf Saatgut!“ hervor, der am 16. Januar veröffentlicht wurde. „Wenn dieser gegenwärtige Trend nicht gestoppt wird, werden Konzerne wie Bayer, Monsanto, DowDu-Pont, Syngenta und andere Konzerne mehr und mehr Macht bekommen, darüber zu entscheiden, was in Europa und anderen Regionen der Welt angebaut und geerntet und als Lebensmittel zur Verfügung gestellt wird“, warnt der Bericht. Die Zahl der Patentanmeldungen auf konventionelle Züchtungen hat in den letzten 10 bis 15 Jahren stetig zugenommen: Das Bündnis berichtet von über 1500 Anmeldungen und mehr als 200 erteilten Patenten in diesem Bereich.

Das EPA hatte im Juni 2017 in Reaktion auf den Druck der EU und Zivilgesellschaft neue Regeln für die Auslegung der europäischen Patentrechte beschlossen. Diese untersagen – anders als bei gentechnisch veränderten Pflanzen – eigentlich Patente auf Pflanzen und Tiere, „die aus im Wesentlichen biologischen Verfahren“, das heißt konventioneller Züchtung, stammen. Doch das EPA legte dies anders aus: Seine Große Beschwerdekammer entschied 2015 in der „Brokkoli“-Grundsatzentscheidung, dass Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere weiterhin zulässig sind, auch wenn die Züchtungsverfahren als solche nicht patentierbar sind. Im Juni regelte der Verwaltungsrat jedoch neu, dass durch konventionelle Züchtung gewonnene Pflanzen und Tiere von der Patentierbarkeit ausgeschlossen sind. Damals hatte „Keine Patente auf Saatgut!“ schon vor Schlupflöchern gewarnt. Denn nach der Neuregelung sind Pflanzen und Tiere patentierbar, bei denen genetische Veranlagungen und zufällige Mutationen identifiziert werden, die für die Züchtung wichtig sind.

Ein Beispiel sind die Patente auf Gerste und Bier für die Brauereikonzerne Carlsberg und Heineken. Die 2016 vom EPA gewährten Patente umfassen Gerstenpflanzen aus konventioneller Züchtung, ihre Verwendung im Brauverfahren sowie das daraus gebraute Bier. Die Patente basieren auf zufälligen Mutationen im Genom der Gerste. „Getreidekörner wurden mit Chemikalien in Kontakt gebracht, um eine größere Bandbreite an genetischen Variationen hervorzurufen. Dann wurden daraus spezifische Mutationen, deren Nutzen bereits bekannt war, durch Standardverfahren selektiert“, erklärt der NGO-Bericht. Die Getreidekörner sind angeblich besser zum Bierbrauen geeignet, das Bier soll seinen frischen Geschmack länger bewahren. Andere 2017 vom EPA erteilten Patente betreffen Sonnenblumen mit einer Herbizidresistenz, die mit oder ohne Gentechnik erzielt werden kann, oder Salat mit einer durch zufällige Mutationen erzielte Resistenz gegen rötlich-braune Fleckenbildung. „Derartige Patente haben nichts mit dem ursprünglichen Kern des Patentrechts zu tun oder mit der Idee, einen fairen Anreiz für Innovation und Erfindungen zu liefern. Oft basieren diese Patente nur auf der Grundlage von trivialen technischen Entwicklungen und sind nichts anderes als ein rechtlicher Trick, um die Grundlagen unserer Ernährung in das „geistige Eigentum“ einiger großer Konzerne zu verwandeln“, so der Bericht.

Die Saatgut-Konzerne versuchen gar, ihr Geschäftsfeld noch auszuweiten: Syngenta will, dass bestehende Beschränkungen im Patentrecht abgeschafft werden und hat daher eine Beschwerde beim EPA eingereicht, die am 17. Januar verhandelt wird. Aber auch der Widerstand gegen die EPA-Vergabepraxis wächst. „Keine Patente auf Saatgut!“, der Weltdachverband des Ökolandbau IFOAM und der Zusammenschluss der EU-Bauernverbände COPA/ COGECA hat die EU-Kommission in einem gemeinsamen Brief zum Handeln aufgefordert. Zudem wurde unter anderem Einspruch eingelegt gegen die Patente auf Gerste und Bier für Carlsberg und Heineken. „Patente auf konventionelle Züchtung werden die Situation von Landwirten, Gemüseanbauern und Züchtern dramatisch verändern“, warnen die Organisationen hinter „Keine Patente auf Saatgut!“. „In Zukunft werden Landwirte, Gemüseanbauer oder Züchter, die keine Verträge mit den Patentinhabern unterzeichnen, keinen Zugang zu patentiertem Saatgut haben – weder für den Anbau noch für die Vermehrung oder weitere Züchtung.“ Sie fordern, dass die Politik die großen Konzerne daran hindern muss, die Grundlagen unserer Ernährung noch weiter zu monopolisieren.“ (ab)

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