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22.11.2017 |

Fitness-Check: EU-Agrarpolitik leistet zu wenig für Umwelt und kleine Betriebe

Acker
Die GAP verfehlt Umweltziele (Foto: CC0)

Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union ist enorm ineffizient, versagt beim Umweltschutz und unterstützt kleinere Betriebe nicht ausreichend. Dies ist das ernüchternde Fazit einer internationalen Studie, die am 21. November in Brüssel präsentiert wurde. Im Auftrag des Naturschutzbund Deutschland, des Europäischen Umweltbüros und BirdLife Europe unterzog ein Team von Ökonomen, Soziologen und Ökologen die EU-Agrarpolitik einem „Fitness Check“. Obwohl die EU mit diesem Instrument viele ihrer Rechtsakte selbst auf den Prüfstand stellt und die Agrarpolitik mit 60 Milliarden Euro fast 40% des EU-Haushaltes ausmacht, kam die GAP bisher ungeschoren davon. Daher wandten die Autoren selbst die Kriterien für Fitness-Checks der EU-Kommission an und werteten 450 wissenschaftliche Publikationen aus. Aber auch der Beitrag der GAP zum Erreichen der UN-Nachhaltigkeitsziele wurde unter die Lupe genommen.

Was die Effizienz und innerer Kohärenz betrifft, stellen die Wissenschaftler ein schlechtes Zeugnis aus. „Unsere Literaturstudie zeigt, dass die GAP in ihrer jetzigen Form die selbst gesteckten Ziele nicht erfüllt. Vor allem die Direktzahlungen der Ersten Säule erzeugen eine Reihe von Problemen“, sagte Sebastian Lakner, einer der Studienautoren. Zwar erhöhten die pauschalen Flächenprämien der sogenannten 1. Säule die Einnahmen von Betrieben. Doch angesichts der dafür eingesetzten rund 44 Milliarden Euro jährlich trage dies „eklatant wenig zu einem angemessenen Lebensstandard der Landwirte und dem Abbau von Ungleichheiten im ländlichen Raum bei“, obwohl dies wesentliche Ziele der GAP seien. Zudem würden die Direktzahlungen massiv die Abhängigkeit der Landwirte von Subventionen befeuern, Produktionsentscheidungen beeinflussen und die Effizienz der Betriebe verringern. Stark zu kritisieren sei auch die Ineffizienz und Ungleichheit in der Zahlungsverteilung, die weder die Bedürfnisse der Landwirte noch die Meinungen aus der Gesellschaft berücksichtige. So gingen im Jahr 2015 rund 80% der Zahlungen an nur 20% der Empfänger. Bei Zahlungen über 50.000 Euro entfielen 32% der Gelder auf lediglich 1,5% der Betriebe. „Eine ungleiche Verteilung der Direktzahlungen an die Landwirte zeigt, dass die GAP dabei versagt, jene zu unterstützen, denen sie eigentlich helfen soll“, sagte Dr. Raphael Weyland, Referent für EU-Naturschutzpolitik beim NABU.

Aber auch bei der Erreichung von Umweltzielen fällt die EU-Agrarpolitik durch: „Die wirksamsten Instrumente der GAP, die gezielten Agrarumweltmaßnahmen, erhalten nur einen Bruchteil der Finanzierung, die in das hochbürokratische und ökologisch kaum wirksame „Greening“ fließt. Zudem sei das aktuelle System nicht in der Lage, den Verlust der Artenvielfalt zu stoppen. Gleiches gelte für die Vermeidung von Umweltschäden wie die zu hohe Nitratbelastung des Grundwassers“, fasst der NABU die Ergebnisse zusammen. „Die EU sollte sich auf die Frage besinnen, welche Ziele die GAP tatsächlich erfüllen soll“, sagte Sebastian Lakner. „Meiner Ansicht nach sollten drei wichtige Ziele angegangen werden: Die landwirtschaftliche Produktion muss nachhaltiger werden, der Verlust der Artenvielfalt gestoppt und der Kampf gegen den Klimawandel auch im Agrarbereich angegangen werden. Dazu sollte die EU-Kommission nun einen ambitionierten Reformvorschlag vorlegen.“ EU-Agrarkommissar Phil Hogan wird am 29. November seine Pläne für die künftige EU-Agrarpolitik vorstellen, doch momentan sieht es danach aus, dass er etwa an den pauschalen Direktzahlungen festhalten möchte. Der NABU fordert hingegen, dass die EU ab 2020 das Fördersystem umbaut. „Landwirte muss es in die Lage versetzen, umweltfreundlicher zu produzieren und zugleich höhere Einkommen zu erzielen. Dazu müssen die Pauschalsubventionen mit dem Gießkannenprinzip ersetzt werden durch Investitionen in bessere Tierhaltung und Ackerbau.“ (ab)

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