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07.11.2017 |

Konzentration im Agrarsektor: Risiko für Bauern, Verbraucher und Umwelt

Soja
Megafusionen im Agrarsektor befördern die industrielle Landwirtschaft (Foto: CC0)

Immer weniger und immer größere Unternehmen eignen sich zunehmend die Kontrolle über die ganze Lebensmittelkette vom Acker bis zum Teller an. Für Lebensmittelproduzenten, Verbraucher und die Umwelt birgt dies hohe Risiken, warnt der Agrifood Atlas. Die englische Version des Konzernatlas wurde Ende Oktober von Friends of the Earth Europe, der Heinrich-Böll-Stiftung und der Rosa-Luxemburg-Stiftung veröffentlicht. Dem Bericht zufolge fanden zwischen 2015 und 2016 fünf der zwölf größten Fusionen börsennotierter Unternehmen im Lebensmittel- und Agrarsektor statt – mit einem Gesamtwert von fast 500 Milliarden US-Dollar. „Übernahmen und Fusionen wie Monsanto mit Bayer, Kraft mit Heinz und Dow mit DuPont sind nur die Spitze des Eisbergs“, schreiben die Autoren. „Eine Flut von Unternehmenshochzeiten führt zu Machtkonzentrationen an allen Punkten der Lebensmittelkette.“ Im Lebensmittel- und Agrarsektor hätten einzelne Konzerne so viel Einfluss gewonnen, dass sie dazu in der Lage seien, Märkte und Politiken zu prägen. „Die zunehmende Größe und Macht der Agrifood-Konzerne bedroht die Qualität unserer Lebensmittel, die Arbeitsbedingungen derer, die sie herstellen, und unsere Fähigkeit, künftige Generationen zu ernähren“, sagte Mute Schimpf von Friends of the Earth Europe.

Die Herausgeberorganisationen des Berichts fürchten, dass die wachsende Machtkonzentration eine geringere Wahlfreiheit für die Verbraucher bewirken könnte, da sich die Lebensmittelkette aufgrund der zunehmenden Monopole in immer weniger Händen befindet. Der Atlas besagt, dass gerade einmal zehn Supermarktketten fast die Hälfte aller in der EU verkauften Lebensmittel auf sich vereinen, während 50 lebensmittelverarbeitende Unternehmen die Hälfte aller Lebensmittel weltweit verkaufen. Zudem wirken sich die Marktmonopole negativ auf Jobs und Arbeitsbedingungen aus: „Agrifood-Konzerne treiben eine Industrialisierung entlang der gesamten Wertschöpfungskette vom Hof bis zum Teller voran. Ihre Kauf- und Verkaufspolitiken fördern eine Form der Landwirtschaft, die sich nur um Produktivität dreht“, so der Bericht. „Der Kampf um Marktanteile wird auf Kosten der schwächsten Glieder in der Kette ausgetragen: Landwirte und Arbeiter. Der von Supermärkten und Lebensmittelkonzernen ausgeübte Preisdruck ist eine der Hauptursachen für schlechte Arbeitsbedingungen und Armut am Anfang der Kette.“

Fusionen und Marktkonzentration im Agrarsektor befördern auch die weitere Ausbreitung der industriellen Landwirtschaft und die damit einhergehenden Auswirkungen auf die Umwelt und das Klima. Der Verlust von Bodenfruchtbarkeit und Artenvielfalt, die Meeresverschmutzung und der Ausstoß von Treibhausgasen – all dies ist teilweise auf die industrielle Landwirtschaft zurückzuführen. „Infolge dessen sind die weltweite Biodiversität sowie die Vielfalt und Unabhängigkeit in unserer Lebensmittelkette in Gefahr. Aktivisten, die für das Recht auf Zugang zu Wasser, Land und Saatgut kämpfen, wird auf der ganzen Welt zunehmend mit gewalttätiger Repression von privater und öffentlicher Seite aus begegnet“, beklagt Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung. Den Herausgebern zufolge steht die Europäische Kommission gerade vor der kritischen Entscheidung, ob sie grünes Lich für die Fusion von Bayer und Monsanto geben soll. „Die EU kann eine entscheidende Rolle dabei spielen, diese Marktkonzentrationen zu verhindern. Ein alternatives Ernährungssystem ist möglich und wird durch Lebensmittelproduzenten und Bürger in ganz Europa auf lokaler Ebene aufgebaut“, fügt Mute Schimpf hinzu. (ab)

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