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17.07.2017 |

FIAN-Studie: Europäische Akteure mischen kräftig beim globalen Landraub mit

Bagger
Europäische Akteuren mischen beim globalen Landraub mit (Foto: CC0)

In der EU ansässige Akteure spielen eine wichtige Rolle bei Landgrabbing und den damit verbundenen Menschenrechtsverstößen im Globalen Süden, doch die Politik hat darauf noch keine angemessenen Antworten gefunden. Dies ist die Kernbotschaft einer Studie über Landgrabbing-Fälle unter Beteiligung europäischer Firmen und Finanzinvestoren, die am 13. Juli von der Menschenrechtsorganisation FIAN veröffentlicht wurde. Die Publikation beleuchtet unter anderem Landgrabbing in Sambia, Uganda, Kongo und Mosambik und zeigt die Folgen großflächiger Agrar-Investitionen für die Menschen vor Ort auf. Gerade in den Ländern, in denen ein Großteil der Bevölkerung auf die kleinbäuerliche Landwirtschaft angewiesen ist, verlieren sehr viele Menschen durch den Flächenhunger von Agrarinvestoren ihre Existenzgrundlage. „Vor genau zehn Jahren berichteten die Medien erstmals über moderne Landnahmen, auch Landgrabbing genannt“, erinnert Roman Herre, Agrar-Referent von FIAN Deutschland. „Private und staatliche Investoren sind seitdem ständig auf der Suche nach riesigen Landflächen, um Agrartreibstoffe anzubauen, Nahrungsmittel zu exportieren oder um damit schlicht zu spekulieren. Oftmals werden hierdurch örtliche Gemeinden von ihrem Land vertrieben.“ Daher sieht Herre die jüngste Absage von Bundeskanzlerin Merkel an die „klassische Entwicklungshilfe“ und die Ankündigung einer verstärkten Zusammenarbeit mit Konzernen und Finanzinvestoren kritisch und befürchtet, dass dies für die Landwirtschaft „wenig Gutes erwarten“ lasse.

Bei der FIAN-Publikation handelt es sich um eine deutschsprachige Zusammenfassung einer im Mai 2016 im Auftrag des Europäischen Parlaments veröffentlichten Studie. Diese hatte gezeigt, dass die Rolle von Akteuren aus EU-Mitgliedsstaaten bei Landnahmen und Menschenrechtsverletzungen noch weitgehend unbeachtet bleibt, während Länder wie China, die Golfstaaten oder Südkorea bei der globalen Jagd nach fruchtbarem Ackerland häufig im Rampenlicht der Medienberichterstattung stehen. Die Zusammenfassung von FIAN betont, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten es bisher versäumt haben, das weltweite Landgrabbing durch europäische Akteure einzudämmen. Die EU habe zwar auf Menschenrechtsverletzungen in Zusammenhang mit Landgrabbing mittels einer Reihe von Strategien und Initiativen reagiert, doch sie komme damit ihren menschenrechtlichen Verpflichtungen nicht ausreichend nach. Gerade Konzepte zur Selbstregulierung der Wirtschaft und der sozialen Verantwortung von Unternehmen können die Folgen von Landgrabbing nicht vermeiden.

„Bis heute fehlen viele Grundlagen wie konkrete Handlungsanleitungen für Botschaftspersonal, um Fällen von Landgrabbing aktiv nachzugehen, diese zu dokumentieren und an Regierungen und Parlamente zu übermitteln“, erklärt Brigitte Reisenberger, Geschäftsleiterin von FIAN Österreich. Auch die Arbeit des EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte müsste sehr viel konkreter werden, etwa durch eine systematische Auswertung der zahlreichen Berichte über Landkonflikte sowie die engere Zusammenarbeit mit den UN-Menschenrechtsexperten, forderte Reisenberger. Welch geringen Stellenwert internationale Finanzinvestoren den sozialen Auswirkungen ihrer Aktivitäten beimessen, zeige das Beispiel der vielgelobten „UN-Prinzipien für verantwortungsvolle Investitionen“. Laut einer aktuellen Untersuchung des Think- Tank E3G stellen die knapp 1000 dort beigetretenen Konzernen und Investoren im Schnitt gerade einmal eine Person pro 14 Milliarden US-Dollar verwaltetem Vermögen an, um die ökologischen und sozialen Auswirkungen der Investitionen zu überwachen. „Es ist absurd anzunehmen, dass auf diese Weise ein relevanter Beitrag gegen Umweltschäden oder Menschenrechtsverstöße geleistet wird“, kritisiert Roman Herre. „Die Zahlen belegen die Notwendigkeit einer internationalen Regulierung anstelle freiwilliger Selbstverpflichtungen.“ (ab)

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