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14.06.2017 |

Urbane Landwirtschaft: Städte können Ernährungssysteme transformieren

Sanfran
Urbaner Acker in San Francisco (Foto: SPUR, Sergio Ruiz, bit.ly/4_CC_BY_2-0, bit.ly/SRuiz)

Städte weltweit spielen eine immer wichtigere Rolle in Ernährung und Landwirtschaft und gehen mit innovativen Ansätzen und politischen Maßnahmen erfolgreich Probleme der globalen Ernährungssysteme an. Das ist die Botschaft eines neuen Berichts des International Panel of Experts on Sustainable Food Systems (IPES-Food), einem Team von Wissenschaftlern und Experten unter dem Ko-Vorsitz des Ex-UN-Sonderberichterstatters für das Menschenrecht auf Nahrung, Olivier De Schutter. Der am 12. Juni erschienene Bericht präsentiert am Beispiel von fünf Städten oder Regionen – Belo Horizonte, Nairobi, Amsterdam, Detroit und der kanadischen Metropolregion Golden Horseshoe – ganz unterschiedliche ernährungspolitische Ansätze in Städten. „Städte nehmen die Dinge selbst in die Hände, um den Versuch zu unternehmen, Probleme im Ernährungssystem zu beheben“, sagte Hauptautorin Corinna Hawkes, Leiterin des „Centre for Food Policy“ an der City University London. „Hunderte von Städten weltweit setzen auf gemeinsames politisches Handeln – sei es um den Zugang zu angemessenen, nahrhaften Lebensmitteln für alle zu gewährleisten, bäuerliche Existenzen zu sichern oder den Klimawandel abzuschwächen.“

Dem Bericht zufolge ist Belo Horizonte in Brasilien weltbekannt als Pionier was eine Politik auf Stadtebene zur Bekämpfung von Ernährungsunsicherheit angeht. 1992 wurde in der Stadtverwaltung eine Ernährungsstelle eingesetzt, das Secretariat for Food and Nutrition Security (SMASAN). Dieses Sekretariat brachte ein einheitliches Paket politischer Maßnahmen und Programme zur Schaffung von staatlich unterstützten alternativen Ernährungssystemen auf den Weg, die qualitativ hochwertige, nahrhafte und sichere Lebensmittel für die Stadtbewohner bereitstellen. Der Ansatz von Belo Horizonte hat sich seit 25 Jahren bewährt. Der Bericht enthält auch eine Fallstudie Nairobi, wo die städtischen Behörden eine wahre Kehrtwendung vollzogen haben sollen von anfänglicher Ablehnung hin zu aktiver Unterstützung und Regulierung einer urbanen Landwirtschaft. In den späten 1970er Jahren erlebte die kenianische Hauptstadt einen massiven Zustrom aus ländlichen Gebieten. Für die armen und teils hungernden Familien wurde die städtische Landwirtschaft überlebenswichtig, sei es zur Produktion von Lebensmitteln für den eigenen Bedarf oder um sich ein Zubrot zu den niedrigen Einkommen zu verschaffen. Doch über Jahrzehnte hinweg war dies illegal, denn die Stadtverwaltung war strikt gegen Landwirtschaft in der Stadt, da sie diese als Bedrohung für die öffentliche Gesundheit und Landrechte betrachtete. 2015 verabschiedeten die städtischen Behörden jedoch ein Gesetz, das darauf abzielte, die Ernährungssicherheit durch Lebensmittelproduktion in der Stadt zu verbessern, Jobs zu schaffen, Wertschöpfungsketten zu fördern und die Lebensmittelsicherheit zu schützen. Die Stadtverwaltung ist nun sogar verantwortlich für die Ausbildung von Landwirten, die Sicherstellung des Zugangs zu organischen Abfällen und die Entwicklung von Vermarktungsstrukturen.

Auch wenn die städtischen Ernährungspolitiken in ganz verschiedenen Kontexten entwickelt wurden, so haben sie jedoch einige für den Erfolg verantwortliche Punkte gemeinsam: „Die untersuchten Städte waren extrem innovativ, wenn es darum ging, Faktoren auszunutzen, die Politik voranbringen und Hürden überwinden“, sagte Hawkes. „Sie haben Möglichkeiten gefunden, Budgets auszuweiten, um eine vollständige Umsetzung des Programms zu ermöglichen und Politiken zu institutionalisieren, die Wahlperioden überdauerten. Sie haben sogar neue Befugnisse errungen, wenn sie keine Macht hatten, um das gewünschte Programm zu entwickeln und umzusetzen. Die IPES-Experten wollen es mit den Erkenntnissen und Einsichten des Berichts anderen ermöglichen, von den fünf Städte zu lernen. „Das Teilen dieser Erfahrungen ist entscheidend. Darauf zu blicken, was andernorts gemacht wurde, kann für Städte jeglicher Größe hilfreich sein, die daran arbeiten, ihre Ernährungssysteme zu verbessern – von der Kleinstadt, die gerade erste Schritte hin zu einer Ernährungspolitik unternimmt bis zu Großstädten, die bereits über ausgeklügelte und umfassende Programme verfügen.“ (ab)

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