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16.05.2017 |

Ausgezwitschert: Vögel der Agrarlandschaft in Deutschland verschwinden

Kiebitz
Bald allein auf weiter Flur: der Kiebitz (Foto: Dr. Georg Wietschorke, CC0)

Auf den Feldern wird es immer stiller, da die Bestände der Vögel der Agrarlandschaft in Deutschland schrumpfen. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen von Anfang Mai hervor. Zwischen 1990 und 2013 verschwanden in Deutschland zum Beispiel 80 Prozent aller Kiebitze, 63 Prozent aller Braunkehlchen und 61 Prozent der Uferschnepfen. Rebhühner sind nur noch mit viel Glück zu beobachten: Ihre Bestände sind in Deutschland zwischen 1990 bis 2015 um 84 Prozent gesunken. Bei der Hälfte der Vögel der Agrarlandschaft sind seit Mitte der 1980er Jahre deutliche Bestandsrückgänge zu vermelden, teilt die Bundesregierung unter Berufung auf den nationalen Vogelschutzbericht 2013 mit. In den letzten 12 Jahren habe sich die Situation mit einem geringeren Anteil moderater und starker Abnahmen nur punktuell verbessert, zum Beispiel für Großtrappe und Raubwürger. Zugleich habe sich jedoch die Lage bei Feldlerche und Goldammer verschlechtert. EU-weit wird der Rückgang der Vögel in der Agrarlandschaft zwischen 1980 und 2010 auf mindestens 300 Millionen Brutpaare veranschlagt.

„Es droht ein stummer Frühling“, warnt Steffi Lemke, naturschutzpolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion. Als Ursache für das Schwinden der Vögel der Agrarlandschaft macht die Bundesregierung eine „Vielzahl von Gefährdungsursachen“ aus. Eine detaillierte Analyse der Gefahren für Tiere, die auch die Agrarvögel einschließen soll, sei geplant. Eine grobe Auswertung der aktuellen Roten Liste der Brutvögel zeige jedoch, dass Lebensraumveränderungen, die Verringerung des Nahrungsangebotes (insbesondere Rückgang der Insektenbiomasse) und direkte Verfolgung eine große Rolle spielen. Vor allem der Pestizideinsatz in der Landwirtschaft gefährde viele Vogelarten, wie eine vom Umweltbundesamt beauftragte Studie ergab, für die sämtliche verfügbare wissenschaftliche Literatur zur Relevanz der Auswirkungen von Pestiziden auf die Gefährdungslage von 27 Vogelarten und 22 Säugetierarten der Agrarlandschaften ausgewertet wurde. „Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass viele Feldvogelarten durch eine zunehmende Einschränkung der Verfügbarkeit an Nahrung und Bruthabitaten in Ackerlebensräumen gefährdet werden und der Einsatz insbesondere von Breitbandherbiziden und –insektiziden dabei einen relevanten Einflussfaktor darstellt“, schreibt die Bundesregierung.

„Ausgeräumte Landschaften, der Einsatz von Pestiziden und der Rückgang von Nahrung schwächen die Populationen. Das Arten- und Vogelsterben schreitet voran, doch die Bundesregierung bleibt tatenlos“, kritisiert jedoch Lemke. „Wir brauchen eine Agrarwende, die es ernst meint mit einer Landwirtschaft im Einklang mit der Natur, die Schluss macht mit dem massiven Gifteinsatz auf den Feldern und die monotone Agrarlandschaft abschafft.“ Das sieht auch der Naturschutzbund Deutschland so, der die „fachlich fundierte Antwort der Bundesregierung“ begrüßte. Der NABU macht für den dramatischen Artenschwund ebenfalls eine durch die EU-Agrarförderung immer intensiver werdende Landwirtschaft verantwortlich. Die Förderung erfolge meist nach dem Gießkannenprinzip mittels pauschaler Flächenprämien ohne konkrete Natur- und Umweltleistungen für die Gesellschaft. „Damit muss endlich Schluss sein“, forderte NABU-Vizepräsident Thomas Tennhardt. “Öffentliche Gelder dürfen nur noch für öffentliche Leistungen vergeben werden. Dafür muss sich die Bundesregierung in Brüssel einsetzen. Ohne Druck aus Deutschland wird es keine ökologische Agrarreform geben“, so Tennhardt. (ab)

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