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07.04.2017 |

In der Kritik: EPA erteilt weiter Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen

Grst
Keine Patente auf Pflanzen aus konventioneller Züchtung (Foto: Andreas Hermsdorf/pixelio.de)

Trotz des Drucks von EU und Zivilgesellschaft erteilt das Europäische Patentamt (EPA) in München weiterhin Patente auf Pflanzen aus konventioneller Züchtung. Das zeigt eine Auswertung der 2016 erteilten Patente auf Pflanzen und Pflanzenzucht durch das NGO-Bündnis „Keine Patente auf Saatgut!“. Das EPA gab im letzten Jahr grünes Licht für rund 40 Patente auf Pflanzen aus konventioneller Züchtung – damit wächst die Gesamtzahl dieser Patente auf rund 200. Zudem wurden 60 Patente auf Verfahren zur gentechnischen Veränderung und Züchtung von Pflanzen erteilt, teilte das Bündnis mit. Die meisten Patente sahnten 2016 Konzerne wie Bayer, Monsanto und Co ab: Unter Einbeziehung der jeweiligen Firmenableger sind BASF und Monsanto mit 30 Patenten Spitzenreiter, gefolgt von Bayer mit 20 erfolgreichen Patentanträgen, DuPont und Dow AgroSciences mit 14 und Syngenta mit 8 erteilten Patenten. Die Zahl der europäischen Patente auf Nutzpflanzen insgesamt beläuft sich mittlerweile auf rund 3000. Das EPA schert sich offenbar nicht um die Kritik, die seit Langem an der Erteilung von Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen geübt wird, und hält Schlupflöcher offen, die es Konzerne und Patentanwälten ermöglichen, diese Patente dennoch durchzubringen, kritisiert „Keine Patente auf Saatgut!“.

Das europäische Patentrecht untersagt – anders als bei gentechnisch veränderten Pflanzen – Patente auf Pflanzen und Tiere, „die aus im Wesentlichen biologischen Verfahren“ gewonnen wurden. Das EPA legt dies anders aus: Seine Große Beschwerdekammer entschied im März 2015 in einer Grundsatzentscheidung zum „Brokkoli-Patent“, dass Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere weiterhin zulässig sind, auch wenn die Züchtungsverfahren als solche nicht patentierbar sind. Das EU-Parlament hatte dies im Dezember 2015 mit klarer Mehrheit zurückgewiesen. Auch die EU-Kommission unterstützte diese Ansicht mit einer Stellungnahme im November 2016. Erst im Februar hatte die EU-Mitgliedsstaaten nachgelegt: Der Europäische Rat für Wettbewerbsfähigkeit bestätigte, dass konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere nicht patentierbar sind und rief die EU-Staaten dazu auf, das EPA in die Schranken zu weisen. Das Amt schob daraufhin offenbar einige dieser Patente tatsächlich auf, doch den Unternehmen gelang es durch Anpassung der Patentanträge dennoch, ihre Patente durchzusetzen. „Es ist erschreckend, wie leicht es für Konzerne und Patentlobby ist, sich dem politischen Druck zu entziehen. Man formuliert einfach die Ansprüche etwas anders und kann sich weiterhin Patente vom Saatgut bis zur Ernte und damit die Kontrolle über die Lebensmittel-produktion und Landwirtschaft sichern“, kritisiert Christoph Then für „Keine Patente auf Saatgut!“

Der Auswertung zufolge behelfen sich die Konzerne häufig mit dem Trick, nicht länger den Züchtungsvorgang selber als Erfindung zu beanspruchen, sondern züchterische Merkmale wie genetische Veranlagungen oder Änderungen im Erscheinungsbild der Pflanzen. Solche Patente erstreckten sich dann auf alle Pflanzen mit diesen Merkmalen, ungeachtet dessen, wie sie hergestellt wurden. Zudem würden oft auch zufällige Mutationen als Erfindung deklariert – rund 65% der 2016 erteilten Patente auf konventionelle Züchtung basieren auf diesen Mutationen. Dabei hatte die Kommission klargestellt, dass nur gentechnische Verfahren patentierbar sind. Als Beispiel für das Ausnutzen von Schlupflöchern nennt das Bündnis Patente auf Bier der Firmen Carlsberg und Heineken, die basierend auf zufälligen Mutationen alle Gerstenpflanzen beanspruchen, die eine bestimmte Brauqualität haben. Sogar die jahrhundertealte Tradition des Brauens und Bier selbst wurden als Erfindung beansprucht. Die Auswertung für 2016 brachte ähnliche Patente auf zufällige Mutationen für die Firmen Bayer (Raps), Monsanto (Ölpflanzen) und DuPont (Mais) zum Vorschein. Das EPA soll den Firmen in seinen Prüfbescheiden sogar nahegelegt haben, Ansprüche abzuändern, um solche Patente auch künftig zu erhalten. Angesichts dieser Umgehung des Patentrechts fordert „Keine Patente auf Saatgut!“ die Vertragsstaaten des EPA auf, bei ihrer nächsten Sitzung im Juni die Weichen für lückenlose Verbote im Bereich der konventionellen Züchtung zu stellen. (ab)

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