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22.03.2022 |

UN-Weltwasserbericht plädiert für besseren Schutz des Grundwassers

WAsser
Bewässerung: oft mit Grundwasser (Foto: CC0)

Grundwasser ist von zentraler Bedeutung für die Armutsbekämpfung, die Ernährungs- und Wassersicherheit, die Schaffung menschenwürdiger Arbeitsplätze, die sozioökonomische Entwicklung sowie die Anpassungsfähigkeit von Gesellschaften und Volkswirtschaften an den Klimawandel. Diese natürliche Ressource wird jedoch oft nur unzureichend verstanden und folglich übernutzt und verschmutzt. Die Vereinten Nationen versuchen, dies zu ändern, indem sie Grundwasser zum Thema des diesjährigen Weltwassertags am 22. März und der neusten Ausgabe des Weltwasserberichts (WWDR 2021) machten. Der Bericht mit dem deutschen Titel „Grundwasser: Unsichtbares sichtbar machen“, der am 21. März von der UNESCO veröffentlicht wurde, beschreibt die Herausforderungen und Chancen, die mit der Grundwassernutzung in der ganzen Welt verbunden sind. Er fordert eine weltweit nachhaltige Nutzung der Grundwasservorräte sowie höhere Investitionen und bessere Regulierung durch Regierungen zum Schutz des Grundwassers, um aktuelle und künftige Wasserkrisen besser zu bewältigen.

Dem Bericht zufolge entfallen 99% des gesamten flüssigen Süßwassers auf der Erde auf das Grundwasser. Es ist die Quelle von etwa der Hälfte des weltweit durch Privathaushalte genutzten Wassers. Die Bewässerung in der Landwirtschaft hängt zu etwa 25% von Grundwasser ab, heißt es in der deutschen Zusammenfassung. Die Autor*innen des WWDR schätzen, dass der Wasserverbrauch in den nächsten 30 Jahren aufgrund von Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum sowie veränderten Konsumgewohnheiten jährlich um etwa 1% steigen wird – vor allem auch, da wegen des Klimawandels immer weniger Oberflächenwasser verfügbar sei. Diese wichtige natürliche Ressource unterliegt jedoch bereits jetzt großen Herausforderungen: „In vielen Gebieten wird Grundwasser übernutzt, indem mehr Wasser aus den Grundwasserleitern entnommen wird, als durch Regen und Schnee nachgespeist wird. Anhaltende Übernutzung führt schließlich zur Erschöpfung der Ressource“, heißt es in dem Bericht. Grundwasser ist zudem in vielen Gegenden verschmutzt und die Wiederaufbereitung ist oft ein langer und schwieriger Prozess. „Immer mehr Wasserressourcen werden durch den Menschen verschmutzt, übernutzt und ausgetrocknet, manchmal mit irreversiblen Folgen“, warnte UNESCO-Generaldirektorin Audrey Azoulay. „In vielen Weltregionen wird Grundwasser ohne Rücksicht auf die Folgen übermäßig aus der Erde gepumpt. Teils erneuern sich die Vorräte nicht, teils sinkt dadurch der Boden ab“, beklagt auch Ulla Burchardt, Vorstandsmitglied der Deutschen UNESCO-Kommission. In anderen Gegenden könne man hingegen mehr Grundwasser nutzen und so die Ernährungssicherheit erhöhen. In Deutschland wiederum würden die Grenzwerte für Nitrat im Grundwasser an jeder sechsten Messstelle überschritten. „Gerade die Landwirtschaft als wichtigster Verursacher der Nitratkonzentrationen hierzulande muss endlich eine echte Transformation durchlaufen“, fordert Burchardt.

Mit der Rolle von Grundwasser in der Landwirtschaft, dem größten Nutzer der Ressource weltweit, befasst sich ein ganzes Kapitel. Da Bevölkerungswachstum und steigende Einkommen die Nachfrage nach einer intensiveren Lebensmittelproduktion anheizen, werden Bewässerungslandwirtschaft, Viehzucht und die damit verbundene industrielle Nutzung, einschließlich der Lebensmittelverarbeitung, laut Bericht zunehmend abhängig von Grundwasser. Etwa 70% der weltweiten Grundwasserentnahme gehen in die landwirtschaftliche Produktion von Nahrungsmitteln, Fasern, Vieh und Industriepflanzen – in ariden und semiariden Regionen ist es sogar noch mehr. Nordamerika und Südasien sind die Regionen, die in besonders hohem Maße Grundwasser für die Bewässerung nutzen: Dort wird Grundwasser auf 59% bzw. 57% der für Bewässerung ausgestatteten Flächen genutzt. In Subsahara-Afrika sind die Möglichkeiten der dort riesigen flachen Grundwasserleiter noch weitgehend ungenutzt: Lediglich 3% der Fläche sind für Bewässerung ausgestattet und auf nur 5% der bewässerten Flächen wird Grundwasser eingesetzt. Ein Problem, vor allem in wasserarmen Ländern, besteht laut dem Bericht darin, dass die Bereitstellung billiger Energie zum Abpumpen von Grundwasser für die Bewässerungslandwirtschaft zu einer Erschöpfung des Grundwassers und einer Verschlechterung der Wasserqualität führen kann. Eine weitere Bedrohung für die Grundwasserqualität sind Dünger und Pestizide aus der Landwirtschaft. Nitrat aus chemischen und organischen Düngemitteln sei der weltweit häufigste vom Menschen eingebrachte Schadstoff im Grundwasser. Zudem können Insektizide, Herbizide und Fungizide das Grundwasser mit krebserregenden und anderen giftigen Stoffen belasten. Die Autor*innen gelangen zu dem Schluss, dass bestehende Gesetze und Verordnungen zur Verhinderung oder Begrenzung der Verschmutzung von Grundwasser durch die Landwirtschaft und ihre Durchsetzung eher schwach sind. Hier bestehe dringender Handlungsbedarf.

Der WWDR betont, dass Grundwasser enorme soziale, wirtschaftliche und ökologische Vorteile biete, gerade auch für die Anpassung an den Klimawandel. Die Qualität des Grundwassers sei im Allgemeinen gut, was bedeutet, dass es sicher und kostengünstig genutzt werden kann, ohne dass viel Aufbereitung erforderlich ist. Grundwasser ist oft die kosteneffizienteste Möglichkeit, die Wasserversorgung von Dörfern in ländlichen Gegenden zu sichern. Angesichts des Klimawandels ist es auch von Vorteil, dass Grundwasserleiter die Fähigkeit besitzen, saisonale bzw. episodische Wasserüberschüsse zu speichern, da sie weniger Verdunstungsverluste aufweisen als Stauseen und andere Oberflächenspeicher. So sei Wasser über das ganze Jahr hinweg besser verfügbar. Der Bericht enthält auch Empfehlungen, was getan werden muss, um das volle Potenzial des Grundwassers zu erschließen. Erstens sei es notwendig, mehr Daten und Wissen über das Grundwasser zu sammeln. Viele Daten liegen bereits vor, allerdings eher dem Privatsektor, wie Unternehmen der Öl-, Gas- und Bergbauindustrie. Die Autor*innen appellieren an diese, im Zuge der „sozialen Unternehmensverantwortung“ diese Daten und Informationen mit den Fachleuten des öffentlichen Sektors zu teilen.

Zweitens müssen die Umweltvorschriften verschärft werden, um Verschmutzung zu unterbinden. Laut WWDR erfordert die Vermeidung von Verunreinigungen eine geeignete Flächennutzung und angemessene Umweltvorschriften, gerade in Grundwasseranreicherungsgebieten. Zu den im Bericht genannten Präventionsmaßnahmen gehören: das Verbot oder die Einschränkung bestimmter verschmutzender und wasserintensiver Tätigkeiten, die Begrenzung des Einsatzes von Pestiziden, Herbiziden und Düngemitteln, die Einschränkung bestimmter Anbausysteme, die Verringerung der Weideintensität und die Rückgewinnung landwirtschaftlicher Flächen. Drittens sei es notwendig, die personellen, materiellen und finanziellen Ressourcen aufzustocken. In vielen Ländern wird eine wirksame Bewirtschaftung von Grundwasser durch den Mangel an Fachleuten in Institutionen und lokalen und nationalen Behörden sowie durch unzureichende Mandate, Finanzierung und Unterstützung von für Grundwasser zuständigen Abteilungen oder Institutionen behindert. Regierungen sollten die begrenzten finanziellen Mittel durch maßgeschneiderte Initiativen effizienter einsetzen. Vielerorts tragen öffentlich finanzierte Aktivitäten in anderen Sektoren zur Erschöpfung oder Verschmutzung der Grundwasserressourcen bei, z.B. Agrarsubventionen, die den Anbau von Pflanzen mit hohem Wasserbedarf fördern. Hier seien Reformen nötig, um schädliche Subventionen abzuschaffen. „Um das Potenzial des Grundwassers voll auszuschöpfen, bedarf es starker und konzertierter Bemühungen, um eine nachhaltig Bewirtschaftung und Nutzung sicherzustellen. Und alles beginnt damit, das Unsichtbare sichtbar zu machen“, lautet das Fazit der Autor*innen. (ab)

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