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14.04.2020 |

Carlsberg meldet erneut Patente auf Gerste und Bier an

Gerste
Wer hat es erfunden? (Foto: CC0, Fine Mayer/Pixabay)

Der Brauereikonzern Carlsberg hat weitere Patente auf Gerste aus konventioneller Züchtung und das daraus gebraute Bier angemeldet. Das ergaben Recherchen des Bündnisses „Keine Patente auf Saatgut!“. Schon 2016 hatte die Firma für Empörung gesorgt, als sie beim Europäischen Patentamt (EPA) in München gemeinsam mit dem Konzern Heineken erfolgreich Patente auf Gerstenpflanzen aus konventioneller Züchtung beantragte, die für die Produktion von Bier und anderen Getränken verwendet werden. Gegen die Patente EP2384110 und EP2373154 hatte „Keine Patente auf Saatgut!“ 2017 gemeinsam mit rund 40 anderen Organisationen Einspruch eingelegt. Die erste Anhörung dazu fand im Oktober 2018 in München statt, doch die endgültige Entscheidung steht noch aus. Nun startete die Firma Carlsberg 2019 einen neuen Anlauf, um Saatgut, Gerste und Bier zu ihrer Erfindung zu deklarieren und meldete drei weitere Patente auf Gerste an (WO2019129736, WO2019129739, WO2019134962).

Dies wird von den Mitgliedsorganisationen von „Keine Patente auf Saatgut!“ heftig kritisiert. Sie sehen eine große Gefahr in der zunehmenden Anzahl von Patenten auf Pflanzen, Saatgut und Nutztiere und deren Auswirkungen auf Landwirte, Züchter, Innovation und Biodiversität. Derartige Patente seien ein Missbrauch des Patentrechtes und gefährdeten den Zugang zu grundlegenden Ressourcen in der Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion. „Patente schaffen Monopole. Wenn konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere als patentierte ‚Erfindungen‘ beansprucht werden, können sie ohne die Zustimmung des Patentinhabers nicht für die weitere Züchtung genutzt werden“, warnt Christoph Then, der Sprecher des Bündnisses. „Der Patentinhaber kann den Zugang zur biologischen Vielfalt von Pflanzen und Tieren kontrollieren, behindern und sogar blockieren. In der Folge können große Konzerne eine umfassende Kontrolle über die Grundlagen unserer Ernährung erhalten“, so Then.

Bei den drei Patentanmeldungen auf Gerste handelt es sich wie bei den bereits vom EPA erteilten Patenten weder um technische Erfindungen noch wurden Verfahren zur gentechnischen Veränderung genutzt, was einen Patentierung rechtfertigen würde. „Stattdessen wurden alt bekannte Verfahren eingesetzt, um zufällige Mutationen auszulösen: Saatgut von Gerstenpflanzen wurde mit bestimmten Chemikalien in Kontakt gebracht, um die Mutationsrate und die genetische Vielfalt zu erhöhen. Danach wurden per Kreuzung und Selektion die gewünschten Eigenschaften herausgezüchtet. Körner der Gerste mit einer veränderten Zusammensetzung der Stärke sollen das Bierbrauen vereinfachen“, informiert „Keine Patente auf Saatgut!“ in einer Pressemitteilung. Obwohl das im Patent beschriebene Verfahren weder neu noch technisch sei, beanspruche Carlsberg das entsprechende Saatgut, die Pflanzen, ihre Ernte sowie daraus hergestellte Lebensmittel und Getränke als eigene Erfindung.

Die Gerstenpatente sind ein Paradebeispiel für das rechtliche Chaos und die fragwürdige Patentvergabepraxis des EPA mit seinen 38 Vertragsstaaten. Das Europäische Patentrecht verbietet ausdrücklich Patente auf Pflanzensorten und Tierrassen sowie auf Pflanzen und Tiere aus „im Wesentlichen biologischen Verfahren“. Nichtsdestotrotz erteilte das EPA Tausende solcher Patente auf Pflanzen und Tiere aus konventioneller Züchtung. Der EPA-Verwaltungsrat hatte 2017 nach öffentlichen Protesten und Druck der EU beschlossen, dass Patente auf Pflanzen und Tiere aus herkömmlichen Züchtungsverfahren, bei denen keine Gentechnik zum Einsatz kommt, verboten sind. Allerdings war dieser Beschluss rechtlich lückenhaft. Patente auf zufällige genetische Veränderungen wurden nicht ausgenommen. Im Dezember 2018 erklärte die Große Beschwerdekammer des EPA, dass Pflanzen und Tiere aus konventioneller Züchtung doch grundsätzlich als patentierbare ‚Erfindungen‘ gelten sollen. In Reaktion darauf wurden Anfang 2019 alle weiteren Patentverfahren im Bereich der konventionellen Züchtung ausgesetzt. Eine Entscheidung der Großen Beschwerdekammer wird noch im ersten Halbjahr 2020 erwartet. (ab)

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