Nachricht

31.03.2020 |

Kakao und Zugvögel: Ökosystemleistungen überschreiten Grenzen

KAkap
Kein Kakao in deutschen Tassen ohne die Dienste der Natur in Westafrika (Foto: CC0)

Die Natur leistet für den Menschen eine Vielzahl an Diensten, von der Bereitstellung von sauberem Wasser über die Bestäubungsleistung der Insekten bis hin zur Speicherung von CO2 in Böden. Diese wichtigen Ökosystemleistungen sind bekannt und zu ihrer Bedeutung wurde viel geforscht und geschrieben. Nun befasst sich eine neue Studie, die im Fachjournal „Global Environmental Change“ veröffentlicht wurde, mit einem spannenden Aspekt: grenzüberschreitenden Ökosystemleistungs-Strömen. Das Team des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung und des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung zeigt auf, dass viele Länder von Ökosystemleistungen profitieren, die zuvor andernorts erbracht wurden. „Ökosystemleistungen kennen keine Grenzen“, sagt Mitautorin Prof. Aletta Bonn. „So profitiert etwa ein Land von landwirtschaftlichen Produkten aus anderen Erdteilen oder dem Schutz vor Hochwasser, den Auengebiete eines Nachbarlandes erbringen.“ Die Studie befasste sich damit, wie diese Ströme identifiziert, quantifiziert und auch zwischen einzelnen Ländern ausgeglichen werden könnten und untersucht, in welchem Ausmaß Deutschland Ökosystemleistungen nutzt, die in anderen Teilen der Welt erbracht werden.

Die Wissenschaftler unterteilen die Ökosystemleistungs-Ströme in verschiedene Kategorien und nahmen je ein Fallbeispiel genauer unter die Lupe. Bei der Analyse von Handelsströmen wählten sie das Beispiel deutscher Kakaoimporte und deren Auswirkungen auf die biologische Vielfalt in den produzierenden Ländern. „Es zeigte sich, dass rund 85 Prozent des importierten Kakaos aus nur fünf Ländern überwiegend Westafrikas stammen - der Elfenbeinküste, Ghana, Nigeria, Kamerun und Togo“, sagt eine weitere Autorin der Studie, Dr. Janina Kleemann. Die deutschen Kakaoimporte verzeichneten zwischen 2008 und 2015 mit 34% einen deutlichen Anstieg. Doch ohne die wertvollen Dienste der Natur gäbe es keinen Kakao in deutschen Tassen: In den Herkunftsländern hängt die Produktion von Ökosystemleistungen ab, allen voran der Bestäubung, die von einer begrenzten Zahl von wilden Insektenarten übernommen wird. Doch die Entstehung von Kakaoplantagen führt auch zum Verlust von Lebensräumen und trägt so zum Artensterben bei. „Erhebliche Auswirkungen auf die biologische Vielfalt sind vor allem in Kamerun und Ecuador durch den Kakaoexport nach Deutschland zu verzeichnen“, sagt Dr. Kleemann.

In der Kategorie „Wandernde Arten“ untersuchte das Team die Bedeutung von Zugvögeln für die deutsche Landwirtschaft. „Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass Afrikas tropische und subtropische Klimazonen der Mehrheit von Zugvogelarten einen Lebensraum bieten, die einen wichtigen Beitrag zur Schädlingsbekämpfung in deutschen Agrarlandschaften leisten“, betont Kleemann. Für die Studie wurde Deutschland als Empfängerregion dieser Ökosystemleistungen eingestuft, aber die Autoren weisen darauf hin, dass oft auch ein „interaktiver Austausch zwischen Regionen“ bestehe, wenn zum Beispiel Zugvögel sowohl in ihren Winterquartieren als auch in ihren Brutgebieten Leistungen erbringen. Ein weiteres Beispiel für die Dienste der Natur über Grenzen hinweg ist der Hochwasserschutz. Das Team gelangte zu dem Ergebnis, dass Deutschland zu zwei Dritteln von der Hochwasserregulierung in Auen anderer Länder profitiert, im Gegenzug aber auch rund 40% in nachgelagerte Nachbarländer wie zum Beispiel die Niederlande exportiert.

Den Autoren zufolge ist das Wissen um diese grenzüberschreitenden Leistungen ein erster Schritt hin zu einem fairen Ausgleich von Ökosystemleistungen, besserem Ressourcenmanagement und nachhaltigem Handeln. „Es wäre äußerst sinnvoll, die durch heimischen Konsum in anderen Ländern entstandenen Schäden und Umweltkosten zu erfassen“, sagt Aletta Bonn. So könnte jedes Land seine globale Verantwortung für den Schutz und Erhalt der biologischen Vielfalt wahrnehmen. „Wenn wir wissen, in welchem Maße wir mit unserem Konsum und unseren Handelsentscheidungen die Natur weltweit beeinflussen, können wir künftig bessere Konsumentscheidungen treffen und passgenaue Maßnahmen für ein nachhaltiges Handeln entwickeln“, so Bonn. „Diese Informationen könnten dann in politische Entscheidungen einfließen, wie etwa faire Handelsstandards, umwelt- und sozialverträgliche Zertifizierung oder finanzielle Ausgleichsmaßnahmen.“ (ab)

Zurück zu den Meldungen

Unterstützer

Unterstützer von www.weltagrarbericht.de Verlag der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V. Bioland biovision Brot für die Welt Brot für alle Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland Demeter Zukunftsstiftung Entwicklung in der GLS Treuhand Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz Heidehof Stiftung Mission EineWelt Misereor Naturland Public Eye | Erklärung von Bern Rapunzel - Wir machen Bio aus Liebe Swiss Aid, Ihr mutiges Hilfswerk tegut W-E-G Stiftung
English versionEnglish versionDeutsche Version