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20.01.2020 |

27.000 Menschen demonstrieren für eine Agrar- und Ernährungswende

WHS
Agrarwende anpacken (Foto: Fabian Melber/www.wir-haben-es-satt.de)

Tausende Menschen haben am Samstag in Berlin für eine Agrar- und Ernährungswende demonstriert. Angeführt von 170 Traktoren zogen rund 27.000 Menschen unter dem Motto „Agrarwende anpacken, Klima schützen!“ vom Brandenburger Tor durch das Regierungsviertel. Die „Wir haben es satt!“-Großdemonstration findet bereits zum 10. Mal am Rande der Grünen Woche und der Agrarminister-Konferenz in Berlin statt. Bei schönem Winterwetter ging eine bunte Menschenmenge aus Natur-, Klima- und Tierschützern, Bäuerinnen und Bauern, Jung und Alt auf die Straße und forderte unter anderem einen konsequenten Klimaschutz, mehr Unterstützung für Bauernhöfe und effektive Maßnahmen gegen das Insektensterben. Die teils aus ganz Deutschland angereisten Demonstranten trugen selbstgebastelte Plakate, waren als Schweine, Hühner oder Bienen verkleidet oder verliehen mit Kochtöpfen und Trommeln ihrem Ärger über die Agrarpolitik der Bundesregierung lautstark Ausdruck. „Wir haben die Alibi-Politik des Agrarministeriums gehörig satt!“, äußert die Sprecherin des „Wir haben es satt!“-Bündnisses, Saskia Richartz. „Die Bundesregierung trägt die Verantwortung für das Höfesterben und den Frust auf dem Land. Seit 2005, als Angela Merkel Kanzlerin wurde, mussten 130.000 Höfe schließen – im Schnitt gab ein Familienbetrieb pro Stunde auf.“

Schon am Vormittag überreichten die Bäuerinnen und Bauern, die auf ihren Treckern aus dem ganzen Bundesgebiet angereist waren, eine Protestnote, die sich an die bei der Internationalen Agrarministerkonferenz vertretenen Ministerinnen und Minister aus aller Welt richtet. Ihre Botschaft lautet: Statt mit unfairen Freihandelsabkommen neue Märkte für Auto- und Chemie-Konzerne zu erschließen, braucht es gerechten Handel, die Durchsetzung von Bauernrechten und Schutz von bäuerlichen Betrieben auf der ganzen Welt. Das Demobündnis forderte ein Veto Deutschlands gegen das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten. „Kein Mercosur! Für Vielfalt in Feld und Flur“ war auf einem der Trecker auf der Demo zu lesen. Der brasilianische Uniprofessor und Agrarexperte Antonio Andrioli erläutert: „Das geplante Freihandelsabkommen (…) wäre fatal für die bäuerliche Landwirtschaft auf beiden Seiten des Atlantiks. Damit würde sich das agrarindustrielle Modell mit Gentechnik, Pestiziden und Tierfabriken noch mehr verfestigen. Wir freuen uns, dass auch in Deutschland der Protest gegen das Abkommen wächst.“ Deutschland müsse ein Veto einlegen, auch damit die Brandrodungen im Amazonas eingedämmt werden. Bundesagrarministerin Julia Klöckner nahm die Protestnote persönlich entgegen und wandte sich, balancierend auf einer Milchkanne, mit einer kurzen Rede an die Demonstranten.

Das Bündnis fordert von der Bundesregierung ein Umsteuern bei der EU-Agrarreform. Deutschland komme bei der EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte eine zentrale Rolle bei der Gestaltung der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) zu. Das Bündnis fordert, die rund 60 Milliarden an Fördergeldern pro Jahr für eine sozial-gerechte und ökologische Agrarreform einzusetzen und mit gezielten Subventionen für artgerechte Tierhaltung und mehr Klima- und Umweltschutz zu sorgen. „EU-Geld nützt, wenn‘s die Umwelt schützt“ oder „Agrarwende jetzt: Gerechte Preise und eine bäuerlich ökologische Agrarförderung“ war auch auf den Schildern der Demonstranten zu lesen. „Ja, wir werden eine andere europäische Agrarpolitik bekommen, denn die Bürger, der Steuerzahler wird nicht mehr bereit sein, mehr Geld in die Hand zu nehmen für eine Politik, die in der Vergangenheit finanziert worden ist“, sagte Klöckner. „Wenn es mehr Geld geben sollte, dann nur für eine Politik mit neuen Ansätzen und die bedeuten Ecoschemes, Umweltleistungen, die Abgeltung der Mehrleistung im Sinne des Allgemeinwohls.“ Doch den Demonstranten ging es nicht um mehr Geld, sondern darum, dass die bisherigen Agrarmilliarden für mehr Klima- und Umweltschutz eingesetzt wird. „Reden reicht nicht, die Zeit der Ankündigungen ist vorbei“, betonte Richartz. „Wir messen Agrarministerin Klöckner daran, was bei ihrer Politik unter dem Strich für Bauernhöfe, Tiere und das Klima herauskommt. Bislang ist diese Ministerin in dieser Hinsicht eine Nullnummer!“ (ab)

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