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16.11.2018 |

Zivilgesellschaft präsentiert Maßnahmenkatalog zum Klimaschutz

Oink
Geringere Tierbestände, Klasse statt Masse (Foto: CC0)

Deutschland muss in allen Sektoren schnell und entschlossen gegensteuern, um zumindest seine Klimaziele für 2030 noch zu erreichen. Mehr als 60 Organisationen der Zivilgesellschaft haben nun einen umfassenden Maßnahmenkatalog zum Klimaschutz vorgelegt, der am Donnerstag in Berlin präsentiert wurde. Kernforderungen der Klima-Allianz sind ein baldiger Kohleausstieg, die schnelle Umsetzung der Verkehrs- und Agrarwende sowie ein ambitionierter CO2-Preis. Dass dies dringend notwendig ist, zeigt der in Kürze erscheinende Klimaschutzbericht 2018, in dem die Bundesregierung eine Lücke von acht Prozentpunkten zum Erreichen des Klimaziels für 2020 eingestehen muss. „Deutschland wird das Klimaziel 2020 drastisch verfehlen. Für das 2030-Ziel ist das keine Option“, erklärte Antje von Broock vom Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland. „Der Klimawandel wartet nicht auf politische Entscheidungen. Bis Mitte des Jahrhunderts müssen wir weitgehende Treibhausgasneutralität erreichen. Die Bundesregierung ist dringend gefragt, ihrerseits geeignete Maßnahmen vorzulegen und sofort mit der Umsetzung zu beginnen“, fordert sie.

Das zivilgesellschaftliche Bündnis beleuchtet im „Maßnahmenprogramm Klimaschutz 2030“ unter anderem die Handlungsfelder Energie, Gebäude, Verkehr, Industrie und Landwirtschaft aus dem Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung. Der Agrarsektor trägt erheblich zum Klimaproblem bei: 2016 verursachte die Landwirtschaft fast 60% der Methan- und 80% der Lachgasemissionen – in absoluten Zahlen stieß der Sektor 72 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente aus. Laut Klimaschutzplan 2050 sollen diese Emissionen bis 2030 um 31 bis 34% im Vergleich zu 1990 auf 58 bis 61 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente sinken. „Damit fällt das mittelfristige Reduktionsziel für den Sektor Landwirtschaft weniger ambitioniert aus als in allen anderen Sektoren“, kritisieren die Autoren. Ein Großteil der Emissionen stammt aus der Tierproduktion. Die Herausforderung liege daher in einer deutlichen Verringerung der Tierbestände, so die Organisationen. Vor allem an den Hotspots mit hohen Bestandsdichten müsse angesetzt werden. „Um einen Umbau der Nutztierhaltung einzuleiten, muss die Bundesregierung verbindliche Schritte im Rahmen der nationalen Nutztierstrategie festlegen“, heißt es. Zudem müssten die gesetzlichen Grundlagen dafür geschaffen werden, dass Tierhaltungsanlagen ohne entsprechende Flächen keine Genehmigung erhalten und eine flächengebundene Tierhaltung von maximal zwei Großvieheinheiten pro Hektar verbindlich sei.

Doch laut Gerald Wehde von Bioland werde eine Reduzierung der Tierbestände nur gelingen, wenn sowohl der Konsum in Deutschland als auch der Export tierischer Lebensmittel erheblich gesenkt werden. Die Verantwortung liege hier nicht allein bei den Verbrauchern. Gefragt sei vielmehr eine staatliche Hilfestellung in Form von Anreizen, die es den Menschen erleichtern, weniger Fleisch zu essen und weniger Lebensmittel wegzuwerfen. „Als Richtschnur können die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung herangezogen werden. Die DGE empfiehlt unter anderem weniger Fleischkonsum, aus dem sich – würden sich alle an eine solche Reduzierung halten – eine Treibhausgasreduktion von etwa 22,3 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten pro Jahr ergäbe“, so die Autoren. Um die Verschwendung von Lebensmitteln entlang der gesamten Wertschöpfungskette deutlich zu reduzieren, brauche es eine nationale Strategie gegen die Verschwendung unter Einbindung der Wirtschaft. Auf Basis gesetzlicher Regelungen und Branchenverpflichtungen sollte bis 2030 eine Reduzierung der Wegwerfverluste um 60% erreicht werden.

Der Ökolandbau weist Wege aus vielen mit der traditionellen Landwirtschaft verbundenen Problemen, betont das Papier. Er diene sowohl dem Schutz des Klimas, als auch der Biodiversität, des Bodens und des Wassers sowie nicht zuletzt den Landwirten und Kunden. „Dem Motto ‚Klasse statt Masse‘ folgend muss der ökologische Landbau als klimafreundliches Anbausystem konsequent ausgebaut werden. Wir brauchen weniger Stickstoffeinsatz, mehr Dauergrünland und eine an die Fläche angepasste Zahl von Tieren sowie vielfältige Fruchtfolgen auf dem Acker“, fordert Wehde. Ende 2017 betrug der Flächenanteil jedoch erst 8%. Der Ökolandbau müsse ausgebaut und das Ziel, einen Flächenanteil von 20% zu erreichen, klar an die Zeitvorgabe 2030 geknüpft werden, betont die Klima-Allianz. Dafür brauche es die konsequente Umsetzung der Zukunftsstrategie Ökologischer Landbau mit einer Aufstockung des Budgets. Ab 2019 sollten das Budget des Bundesprogramms Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN) auf 60 Millionen Euro aufgestockt und am Bedarf des Ökolandbaus ausgerichtet werden. Die Allianz fordert auch einen schnellen Ausbau des Anteils der öffentlichen Agrarforschungsmittel für den Ökolandbau. Wehde betont zudem die Notwendigkeit, alle Hebel auf EU-Ebene in Bewegung zu setzen. „Eine Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU nach 2020 muss Umweltleistungen, eine artgerechte Tierhaltung und den Erhalt vielfältiger bäuerlicher Strukturen in den Fokus der Mittelverwendung stellen. Dies bedingt eine langfristig sichere Finanzierung der Umstellungs- und Beibehaltungsprämien für ökologischen Landbau durch die EU, den Bund und die Bundesländer“, heißt es im Maßnahmenkatalog. (ab)

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