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31.08.2018 |

Supermärkte ignorieren Wasserrisiken in der Lieferkette

Obst
Wasserrisiken im Herkunftsland - meist kein Thema für deutsche Supermärkte (Foto: CC0)

Das meiste Obst und Gemüse wird in Deutschland importiert - oft aus Regionen mit Wasserknappheit. Doch im Lebensmitteleinzelhandel fehlt es an Bewusstsein für das Wasserrisiko. Das ergab eine Umfrage der Naturschutzorganisation WWF unter 17 Unternehmen. Befragt wurden neben den klassischen Vollsortimentern auch Discounter, Bio- und Online-Händler zu ihren Obst- und Gemüselieferketten. Das Ergebnis: Supermärkte kennen in der Regel die Wasserrisiken ihrer Produkte kaum, wählen Produktzertifizierungen nicht nach nachhaltigen Wasserkriterien aus und auch für Branchenorganisationen spielt das Thema bisher kaum eine Rolle. „In den Obst- und Gemüseabteilungen deutscher Supermärkte stammt die Ware oft aus trockenen Regionen mit künstlicher Bewässerung. Und auch andere Lebensmittel sind durstig“, erklärte Johannes Schmiester, Süßwasser-Experte vom WWF Deutschland. „Doch in den Chefetagen der deutschen Supermarktketten wird das Thema bislang noch ausgeklammert. Dabei trägt der Lebensmitteleinzelhandel eine große Verantwortung – seine Einkaufsentscheidungen beeinflussen die Verfügbarkeit und Qualität von Wasser in den weltweiten Anbaugebieten.“

Der Großteil der deutschen Verbraucher kauft Obst und Gemüse im Supermarkt. 80% des Obstes und 67% des Gemüses wird aus dem Ausland importiert. „China, Indien, Ägypten, Türkei, Südafrika, Chile, Peru, die USA und Mexiko sind nur einige der Länder, in denen Wasser ein knappes Gut ist und deren Nahrungsmittel dennoch täglich auf deutschen Tellern landen“, schreibt Jörg-Andreas Krüger, Geschäftsleiter Naturschutz des WWF, im Vorwort des Berichts. „Unsere landwirtschaftlichen Lieferketten reichen in Regionen, die unter Wasserknappheit, -verschmutzung, Überflutungen, schlechter Regulierung und Konflikten um Wasser leiden.“ Jeder im Lebensmitteleinzelhandel umgesetzte Euro hat einen Wasserfußabdruck von rund 47 Liter. Daher sind die Supermärkte durch ihre Nachfrage auch Treiber von Wasserknappheit, -verschmutzung und den damit verbundenen Konflikten in den Anbaugebieten, betont der WWF. Doch das Bewusstsein im Lebensmittelhandel fehlt. „In der Praxis sehen wir ein verantwortliches, strategisches Handeln beim Thema Süßwasser leider bislang nur sehr wenig“, so Krüger.

Der Bericht zeigt, dass die Händler die Herkunft ihrer Obst- und Gemüseware meist bis zur Ebene der Region kennen – dennoch mangelt es an Verständnis für lokale Wasserrisiken in den Flussgebieten. Nur drei der zehn Handelsketten, die antworteten, können ihre Wasserrisiko-Hotspots benennen: Edeka, Netto und Rewe. Ein allgemeines Risikobewusstsein zeigten zumindest Edeka, Aldi Nord, Aldi Süd, Netto und Tegut. Die meisten Handelsketten führen keine regelmäßigen, flächendeckenden und methodisch fundierten Wasserrisikoanalysen durch. Dabei wäre es gar nicht so schwer, die Wassernutzung im Anbau und die daraus entstehenden Probleme in Strategien und Einkaufprozesse einzubeziehen. Als Beispiel nennt der WWF zusätzliche Anforderungen an Produzenten mit hohen Wasserrisiken oder der Verzicht auf Ware aus extrem trockenen Regionen. Doch die meisten Supermärkte sind noch nicht dazu übergegangen, Einkaufsanforderungen anzupassen, Zertifizierungen anzufragen, sich mit den Produzenten in den betroffenen Flussgebieten zu engagieren, Konsumenten aufzuklären und Transparenz herzustellen.

Der WWF fordert den Lebensmitteleinzelhandel auf, ein Bewusstsein für Wasserrisiken in seinen Lieferketten zu entwickeln und Süßwasser strategisch im Unternehmen zu verankern, um das Wasserrisiko zu mindern. Notwendig sei eine bessere Zusammenarbeit mit anderen Akteuren in der Lieferkette, vor allem Landwirten, und Engagement für ein nachhaltigeres Wassermanagement in den betroffenen Flussgebieten. „Durch die große Abhängigkeit vom blauen Gold trägt die Branche, nicht zuletzt aus Eigeninteresse, eine große Verantwortung für den Erhalt nachhaltiger Flussgebiete weltweit“, sagt Krüger. Denn Wasserrisiken in den Herkunftsregionen können mit Lieferausfällen, Preisschwankungen und Reputationsschäden auch die Branche treffen. (ab)

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