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05.05.2017 | permalink
Brasilien: Gewalt gegen Indigene aufgrund von Landkonflikten eskaliert
Die Gewalt gegen indigene Völker in Brasilien nimmt zu und meist sind Landkonflikte die Ursache. Streitigkeiten um Land haben in Brasilien im letzten Jahr 61 Todesopfer gefordert, die meisten von ihnen Kleinbauern und Indigene. Darauf machte die bei der katholischen Kirche angesiedelte „Comissão Pastoral da Terra“ (CPT) in ihrem Mitte April veröffentlichten Jahresbericht 2016 aufmerksam. Die Zahl der Landkonflikte in Brasilien stieg von 1.217 Auseinandersetzungen im Jahr 2015 auf 1.536 Fälle an, ein Zuwachs von 26%. Bei 1.079 Konflikten wurde Gewalt angewendet, es kam zu 74 Mordversuchen. Die Zahl der Todesopfer ist der höchste Wert seit 2003, erklärte die CPT. Die meisten der Konflikte drehten sich um Landstreitigkeiten und reichten von der Vertreibung von Kleinbauern über Drohungen bis hin zu Morden. Doch auch der Zugang zu Wasser war Anlass für mehrere Konflikte. Besonders die Vertreibung von Kleinbauernfamilien nahm stark zu: 2.539 Fälle wurden gezählt, ein Anstieg um 232% im Vergleich zu den 795 dokumentierten Vertreibungen im Vorjahr. Haupturheber seien Großgrundbesitzer und die Agrarindustrie, die Kleinbauern von den von ihnen bestellten Feldern vertreiben.
In der Amazonasregion leben Kleinbauern und Indigene besonders gefährlich. „Amazonien vereint praktisch bei allen Gewaltstatistiken die meisten Fälle auf sich: Morde, Mordversuche, Morddrohungen, Vertreibungen und Räumungen. Amazonien ist der Ort, wo das Kapital über den Rechten der Gemeinschaften und indigenen Völker steht, die vor Ort leben“, sagte Antônio Canuto von der Landpastorale dem Sender Radioagência Nacional. Doch auch das Jahr 2017 weist bereits eine blutige Bilanz auf. Bei einem Massaker an Kleinbauern in Taquarussu do Norte im brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso sind am 20. April mindestens neun Menschen ermordet worden. Sie wurden mit Stich- und Schusswaffen auf dem Land getötet, das sie bearbeitetet hatten. Die Polizei vermutet einen Landkonflikt mit Farmern in der Gegend. Brasilianische Medien äußerten den Verdacht, dass Auftragsmörder von Großgrundbesitzern angeheuert worden sein könnten. Im Bundesstaat Mato Grosso, wo großflächig Soja für den Export als Tierfutter nach Europa und in andere Regionen der Welt angebaut wird, sind Landkonflikte keine Seltenheit. Immer wieder ereignen sich Vertreibungen oder Wälder werden gerodet, um neue Flächen für den Sojaanbau zu gewinnen.
Am 30. April kam es erneut zu schweren Angriffen gegen Indigene: Im Bundesstaat Maranhão im Nordosten des Landes wurden mindestens 13 Mitglieder des Gamela-Volkes zum Teil schwer verletzt, als sie von Männern mit Stöcken, Macheten und Gewehren angegriffen wurden. Einem Indigenen wurden die Hände abgetrennt. Laut dem Katholischen Missionsrat für Indigene (CIMI) hatten die Gamela ihr angestammtes Land besetzt, um dies von Rinderzüchtern zurückzufordern. Als sie sich bereits aufgrund der angespannten Lage zurückzogen, wurden sie von den Männern attackiert. (ab)
- CPT: Conflitos no campo aumentam 26% e batem recorde
- Amerika21: Zehn Tote bei Massaker an Landlosen in Brasilien
- Radioagência Nacional: Violência no campo bate recorde em 2016; Amazônia concentra maioria dos casos
- CIMI: Ataque a tiros e facadas fere cerca de uma dezena de indígenas Gamela
- news.ORF.at: Blutige Attacken auf Indigene