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09.12.2015 |

EPA bestätigt Patent auf konventionell gezüchtete Schrumpeltomate

Tomate
Verschrumpelte Tomaten (Foto: Tame Alien/Flickr.com)

Das Europäische Patentamt (EPA) hält am umstrittenen Patent auf die konventionell gezüchtete „Schrumpeltomate“ fest: Am Dienstag bestätigte die Technische Beschwerdekammer das vor über einem Jahrzehnt vom israelischen Landwirtschaftsministerium beantragte Patent EP1211926 mit verändertem Wortlaut. Patentiert wurde eine Tomate aus traditioneller Züchtung, die weniger Wasser enthält und sich daher besser zu Ketchup verarbeiten lässt. Die Frucht verbleibt „über den Punkt des normalen Reifens hinaus am Stängel“ und aufgrund der natürlichen Dehydratisierung schrumpelt die Haut der Tomate, ohne dass sie verdirbt, ist dem Antrag zu entnehmen. Das Patent umfasst nun jedoch nicht das Züchtungsverfahren. Das EPA erntet seit Jahren herbe Kritik, da seine Vergabepraxis gegen geltende Patentgesetze verstößt. Artikel 53 (b) des Europäischen Patentübereinkommens verbietet Patente auf Pflanzensorten sowie auf „im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen und Tieren“, bei denen keine Gentechnik zum Einsatz kam. Doch das EPA erteilt munter weiter Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen. So erhielt der Schweizer Agrarriese Syngenta kürzlich Patente auf eine samenlose Paprika und eine Tomate mit besonders vielen gesundheitsförderlichen Flavonolen. Im März fällte die Große Beschwerdekammer des EPA eine viel kritisierte Grundsatzentscheidung über die Auslegung der Patentgesetze: Während Verfahren der konventionellen Züchtung nicht patentierbar seien, sollen Pflanzen und Tiere, die aus dieser Züchtung stammen, patentiert werden können. „Die Politik muss jetzt beweisen, dass sie sich gegen die Patentmafia durchsetzen kann“, kommentierte Christoph Then für das Bündnis „Keine Patente auf Saatgut!“, das von hunderten Organisationen unterstützt wird. „An diesen Patenten verdienen das Europäische Patentamt, Anwälte und Konzerne – die Folgen aber betreffen die ganze Gesellschaft.“ Ein am Montag vorgestellter Bericht des Bündnisses beleuchtet das Ausmaß der Vergabepraxis und zeigt der Politik Handlungsoptionen auf, um die bestehenden Verbote wieder in Kraft zu setzen. In der Pflicht sehen die Organisationen die Bundesregierung, die sich im Koalitionsvertrag zu einer europaweiten Initiative gegen Patente auf konventionelle Züchtung verpflichtet hat, und allen voran der zuständige Justizminister Heiko Maas. „Etwa 120 Patente auf konventionelle Züchtung hat das EPA schon bewilligt. Diese Patente betreffen die Züchtungsmerkmale von etwa tausend Gemüsesorten“, kritisiert Ruth Tippe, Mitautorin des Berichts. Diese Patente sind oft weitreichend und erstrecken sich über die gesamte Kette der Lebensmittelerzeugung, vom Acker bis zum Verbraucher. Johann Zacherl von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft sieht die Wahlfreiheit der Bauern bedroht: „Damit steigt die Abhängigkeit von den Agrarkonzernen. Es darf nicht sein, dass Konzerngewinne in unserer Gesellschaft den Vorrang vor der Sicherung unserer Lebensmittelerzeugung bekommen.“ Auch Sophia Guttenberger vom Umweltinstitut München sieht das so: „Biopatente führen zu steigenden Preisen, vom Saatgut bis zum Lebensmittel, und tragen zu einer weiteren Marktkonzentration im Saatgutbereich bei.“ (ab)

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