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05.09.2016 |

Klimafreundlicher Konsum: Agrarbeiräte fordern höhere Fleischsteuer

Grill
Öfters mal Finger weg vom Fleisch, Männer! (Foto: CC0)

Deutschland kann seine Klimaschutzziele nur erreichen, wenn auch die Landwirtschaft und das Konsumverhalten der Bevölkerung klimafreundlicher werden. Daher fordern zwei Expertenbeiräte der Regierung nun unter anderem die Reduzierung des Fleischkonsums sowie die Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes für tierische Produkte. Der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz und der Beirat für Waldpolitik des Landwirtschaftsministeriums haben auf mehr als 400 Seiten Empfehlungen für einen wirksamen Klimaschutz in der Land-, Forst- und Holzwirtschaft sowie im Ernährungsbereich zusammengetragen. Den Experten zufolge entfielen 2014 mit 104 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten rund 11% der Emissionen in Deutschland auf die Landwirtschaft. Werden die Emissionen einbezogen, die bei der Herstellung, Vermarktung und Zubereitung der bundesweit verzehrten oder weggeworfenen Lebensmittel entstehen, verursachen Landwirtschaft und Ernährung ein Viertel der Emission. Wenn Deutschland und die EU also bis 2050 gut 80 bis 95% des Treibhausgas-Ausstoßes im Vergleich zu 1990 verringern wollen, besteht hier Handlungsbedarf, so die Wissenschaftler. Um zu vermeiden, dass die Produktion klimaschädlicher Lebensmittel und damit der CO2-Ausstoß ins Ausland verlagert werden, sei die Umstellung des Konsums auf klimafreundlichere Lebensmittel notwendig. „Die Beiräte sehen daher eine Reduzierung des Verzehrs tierischer Produkte bei denjenigen Personen, deren Verbrauch dieser Produkte über den ernährungswissenschaftlich basierten Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) liegt, als wichtige Stellschraube zur Reduktion von Treibhausgas-Emissionen an“, schreiben die Experten. Die höchsten Emissionen je Kilogramm verursachen dem Gutachten zufolge Butter, Rindfleisch, Käse und Quark, Schweine- sowie Geflügelfleisch, während pflanzliche Lebensmittel pro Kalorie bzw. pro Gramm Protein besser abschneiden. Gemäß den Empfehlungen der DGE sollte der Verzehr von Fleisch- und Fleischprodukten für gesunde Erwachsene bei nicht mehr als 600 Gramm pro Woche liegen. Doch das kümmert gerade die Männer hierzulande recht wenig. Im Schnitt vertilgen sie derzeit wöchentlich 1,1 Kilogramm Fleisch und Wurst, die Frauen kommen auf 600 Gramm. Würde die Bevölkerung zur Einhaltung der DGE-Empfehlungen bewegt, ließen sich im Jahr 22,3 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente einsparen. Zur Erreichung dieses Ziels empfehlen die Beiräte neben Informationskampagnen die Belegung tierischer Produkte mit dem vollen Mehrwertsteuersatz von 19% statt dem aktuell angewandten reduzierten Satz von 7%. Um negative Auswirkungen auf ärmere Bevölkerungsteile abzupuffern, seien flankierende sozialpolitische Maßnahmen erforderlich, z. B. die Anpassung des für Lebensmittel angesetzten Budgets im Rahmen sozialer Transferleistungen. Die öffentliche Gemeinschaftsverpflegung soll nach Ansicht der Beiräte eine Vorreiterrolle einnehmen: In Kitas und Schulen etwa soll mehr Gemüse statt Fleisch auf die Teller kommen. Das zweitgrößte Treibhausgas-Minderungspotenzial sieht das Gutachten in der Vermeidung von Lebensmittelabfällen. Verbraucher sollten verstärkt darüber aufgeklärt werden, dass es sich beim Mindesthaltbarkeitsdatum nicht um ein Verfallsdatum handelt. Als weitere auf einen klimafreundlicheren Konsum abzielende Maßnahmen nennen die Beiräte das Ersetzen von Mineralwasser durch Leitungswasser und eine starke Verringerung des Konsums von mit dem Flugzeug importierten Lebensmitteln. Doch nicht nur die Verbraucher sollen in die Pflicht genommen werden. Eine Verschärfung des Düngerechts und die Einführung einer Abgabe, wenn Stickstoff-Überschüsse nicht hinreichend reduziert werden, lautet ein Vorschlag. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt, dem das Gutachten am Freitag in Berlin überreicht wurde, kündigte an, sein Ministerium werde das Papier intensiv prüfen. (ab)

23.08.2016 |

Adios Monsanto: Gentechnik-Saatgutfabrik in Argentinien gestoppt

Malvinas
Die Aktivisten feiern bereits den Abzug von Monsanto (Foto: Malvinas Lucha por la Vida)

Zu viel Widerstand, zu geringe Profitaussichten: Der US-Agrarriese Monsanto hat den Bau einer Fabrik für gentechnisch verändertes Maissaatgut in der argentinischen Provinz Córdoba scheinbar aufgegeben. Wie argentinischen Medien Anfang August berichteten, wurden Bauteile und Maschinen bereits vom Gelände in der Kleinstadt Malvinas Argentinas abgezogen. Seit September 2013 hatten Aktivisten die Zufahrtswege zu dem Gelände blockiert, um den Bau der Anlage zu verhindern. Eine offizielle Stellungnahme von Monsanto zu den Abzugsplänen steht noch aus, doch ein nicht namentlich genannter Monsanto-Mitarbeiter bestätigte gegenüber der Zeitung iProfesional den Rückzug. Als Grund führte er wirtschaftliche Motive mit Blick auf aktuelle Anbauentwicklungen in der argentinischen Landwirtschaft an. „Die Anlage war darauf ausgerichtet, Saatgut im Umfang von 3,5 Millionen Hektar Mais aufzubereiten, im letzten Jahr wurden aber kaum mehr als 2,5 Millionen angebaut. Eine derartige Investition ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht sinnvoll.“ Monsanto könne die Nachfrage auch mit dem bereits bestehenden Werk in Rojas in der Provinz Buenos Aires bedienen. „Wie die Dinge momentan stehen, reicht dieses Werk allein vermutlich für die nächsten fünf Jahre aus“, zitierte iProfesional den Mitarbeiter. Dieser räumte auch ein, dass der jahrelange Widerstand von Bewohnern und Umweltschützern, durch den das Bauvorhaben zum Erliegen gekommen war, da notwendige Materialien fehlten, ebenfalls zum Investitionsstopp beigetragen hatte. Trotz Räumungsversuchen hatten die Aktivisten vor dem Grundstück gecampt. Im Januar 2014 verfügte ein Gericht der Provinz Córdoba dann einen Baustopp, da keine ausreichende Umweltverträglichkeitsstudie für die Anlage vorlag und keine öffentliche Anhörung stattgefunden hatte. „Die Gerechtigkeit hat gesiegt. Das Unternehmen hätte schon längst diese Entscheidung zu gehen treffen sollen“, erklärte Vanesa Sartori von der Protestvereinigung Asamblea Malvinas Lucha por la Vida. „Wir werden jedoch weiter wachsam sein und aus der Nähe beobachten, wie der Ausgang dieser Geschichte sein wird bis Monsanto die letzte Schraube vom Gelände entfernt hat und endgültig verschwunden ist“, kündigte Sartori an. Auch Sofia Gatica, die federführend an dem Protest beteiligt war, zeigte sich erleichtert. „Seit drei Jahren sind wir hier, morgens, nachmittags, abends, uns war kalt und wir hatten Hunger, es gab kein Licht und keine Toiletten. Wir haben hier unzählige Menschen aus allen Himmelsrichtungen im Camp versammelt. Ehen sind daran zerbrochen, da unsere Ehepartner uns vor die Wahl stellten: entweder Monsanto oder ich.“ Doch die Gentechnik-Gegner harrten aus. Sogar Kinder seien im Protestcamp zur Welt gekommen. Nun scheint Monsanto also Malvinas den Rücken zu kehren. „Wenn sich der Widerstand von unten regt, bringt das die oben zu Fall. Die Bevölkerung hat es hier geschafft“, sagte Sofía Gatica dem lokalen Nachrichtensender CBA24n. (ab)

22.08.2016 |

Intensivierung der Landwirtschaft setzt Europas Feldvögeln zu

Vogel
Feldvögel in Europa - bald eine Seltenheit? (Foto: CC0)

Europas Feldvögel leiden unter der Intensivierung der Landwirtschaft - doch Naturschutzmaßnahmen allein werden ins Leere laufen, wenn nicht auch die EU-Agrarpolitik grundlegend auf die Bewahrung der Biodiversität ausgerichtet wird. Dies ist das Fazit einer neuen Studie von acht Forschungseinrichtungen und Verbänden, die in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins Conservation Letters veröffentlicht wurde. Die Wissenschaftler untersuchten den Zusammenhang zwischen dem seit Jahren zu verzeichnenden Rückgang der Feldvögelbestände in Europa und der Naturschutz- und Agrarpolitik der Europäischen Union. Ihr Augenmerk galt 39 EU-weit vorkommenden Feldvogelarten und deren Entwicklung von 1981 bis 2012. Die Studie zeigte zwar, dass Naturschutzinstrumente und Agrarumweltprogrammen der EU einen wichtigen Beitrag zum Erhalt vieler Vogelarten auf Feldern und Wiesen leisten, zum Beispiel durch die Ausweisung von Vogelschutzgebieten oder die Zuweisung eines hohen Schutzstatus für einzelne Arten durch die EU-Vogelschutzrichtlinie. Doch diese Maßnahmen reichen den Forschern zufolge nicht aus, um den dramatischen Artenschwund zu bremsen, da ihre Wirkung durch eine immer intensiver werdende Landwirtschaft ausgehebelt wird – ein Trend, der durch die EU-Agrarförderung weiter verstärkt wird. „Wieder einmal halten wir einen eindringlichen Beleg in Händen: Die EU setzt mit ihrer Agrarpolitik des "Immer mehr und immer größer" die falschen Signale“, erklärte NABU-Präsident Olaf Tschimpke. „Europa braucht dringend einen Richtungswechsel, hin zu einer Agrarpolitik, die Naturschutzleistungen der Landwirte fördert und angemessen honoriert“, forderte der Verband in einer Pressemitteilung. „Solange die EU ihre Agrarpolitik nicht ändert, werden ihre Anstrengungen zum Naturschutz mitunter verpuffen. Die EU muss dringend dafür sorgen, dass die biologische Vielfalt in der Agrarlandschaft nicht unter die Räder kommt“, so Tschimpke weiter. Auch in Deutschland ist es um die Feldvögel schlecht bestellt. Die Bestände fast aller Feldvogelarten sind stark geschrumpft in den letzten Jahren. Nach Angaben des NABU sind seit 1990 sind ein Drittel der Feldlerchen, 75 Prozent der Kiebitze und 94 Prozent der Rebhühner verschwunden. (ab)

11.08.2016 |

Forscher: Landwirtschaft kann Förderer statt Hauptfeind der Artenvielfalt werden

Wald
Abholzung von Wäldern für die Landwirtschaft zerstört wichtige Lebensräume (Foto: CC0)

Die Landwirtschaft und die Ausbeutung von Tier- und Pflanzenarten stellen eine weitaus größere Bedrohung für die Artenvielfalt dar als der Klimawandel. Das zeigt eine am 11. August im Fachjournal Nature erschienene Studie. Ein Team unter Leitung von Wissenschaftlern der University of Queensland in Australien gelangte zu dem Ergebnis, dass fast drei Viertel der weltweit bedrohten Arten am stärksten unter diesen klassischen Gefahren leiden, während Klimaveränderungen nur für 19 Prozent der Arten eine Bedrohung darstellen. „Es ist entscheidend, die Übernutzung sowie landwirtschaftliche Aktivitäten ins Visier zu nehmen, um beim Artenschwund eine Kehrtwende einzuleiten“, erklärt Hauptautor Sean Maxwell von der University of Queensland. Die Wissenschaftler hatten gemeinsam mit der Wildlife Conservation Society und der Weltnaturschutzunion (IUCN) insgesamt 8.688 auf der roten Liste der IUCN stehende Tier- und Pflanzenarten unter die Lupe genommen und Informationen zu 11 Hauptgefahren quantifiziert: Ausbeutung, landwirtschaftliche Aktivitäten, Urbanisierung, Invasion und Krankheit, Veränderung des Ökosystems, Klimawandel, menschliche Eingriffe, Transport und Energieproduktion. Die Auswertung ergab, dass 72 Prozent oder 6.241 Arten durch Übernutzung bedroht sind. Das bedeutet, dass sie der Natur schneller entnommen werden als sie nachwachsen oder sich vermehren können, zum Beispiel durch das Fällen von Bäumen, durch Jagen, Fischen oder das Sammeln wilder Arten. Am eigenen Leib erfuhren dies zum Beispiel das Sumatra-Nashorn, der Westliche Gorilla und das nachtaktive Chinesische Schuppentier, die wegen ihres Fleisches oder Körperteilen gejagt werden. Als zweithäufigsten Faktor identifizierten die Forscher die Landwirtschaft, die eine Gefahr für 62 Prozent der Arten darstellt. Der Haarnasenotter in Asien, der afrikanische Gepard und der Südandenhirsch in Lateinamerika sind nur einige der Tierarten, deren Lebensraum durch Ackerbau, Viehzucht, Aquakultur oder Holzplantagen bedroht wird. Doch die Wissenschaftler betonen auch, dass es effektive Ansätze gibt, um Schäden durch landwirtschaftliche Praktiken zu begrenzen. „Die Geschichte hat uns gelehrt, dass die Minimierung der Auswirkungen von Übernutzung und Landwirtschaft eine Vielzahl an Schutzmaßnahmen erfordert, aber dass dies möglich ist“, sagt Mitautor James Watson von der University of Queensland. „Maßnahmen wie gut verwaltete Schutzzonen, die Durchsetzung von Jagdbeschränkungen und die Förderung einer Art der Landwirtschaft, die bedrohten Arten ein gleichzeitiges Überleben ermöglicht – all das spielt eine wichtige Rolle bei der Eindämmung der Biodiversitätskrise.“ Als weitere Maßnahmen empfehlen die Autoren die Regulierung des Einsatzes von Pestiziden und Düngern sowie die Zertifizierung nachhaltiger landwirtschaftlicher Praktiken. „Diese Aktivitäten müssen ausreichend finanziert werden und in allen Bereichen Priorität haben, in denen die Bedrohung für die Biodiversität reduziert werden kann“, unterstreicht James Watson. (ab)

09.08.2016 |

Rechte indigener Völker haben Vorrang vor Interessen der Agrarindustrie

FIAN
Frauen der Guarani-Kaiowá in Brasilien (Foto: FIAN)

Hunger und Vertreibung sowie die systematische Verletzung ihrer Rechte ist für viele indigene Gemeinschaften weltweit an der Tagesordnung. Darauf macht die Menschenrechtsorganisation FIAN Deutschland anlässlich des Internationalen Tags der indigenen Völker am 9. August aufmerksam. Gerade in Lateinamerika werden individuelle und kollektive Rechte von Indigenen mit Füßen getreten – oft auch, da indigene Gruppen den Interessen der Agrarindustrie im Wege stehen, die es auf deren traditionelle Territorien abgesehen hat, um dort Sojafelder und Palmölplantagen anzulegen oder Viehzucht zu betreiben. „Die indigene Bevölkerung Lateinamerikas stirbt einen langsamen, aber sicheren sozialen und kulturellen Tod. Hierfür ist in erster Linie der fehlende Zugang zu ausreichenden Land-Ressourcen verantwortlich“, beklagt Almudena Abascal, Lateinamerika-Referentin von FIAN. Vielerorts sind indigene Territorien großen landwirtschaftlichen Nutzflächen gewichen. Für indigene Gemeinschaften bedeutet der Verlust ihres angestammtes Landes oft jedoch nicht nur die Vertreibung aus ihrem traditionellen Lebensraum, sondern beraubt sie häufig auch der Möglichkeit, sich selbst zu ernähren. Als Beispiel nennt FIAN den Kampf der Guarani-Kaiowá im brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso do Sul, die nach und nach aus ihren traditionellen Gebieten vertrieben wurden, um Platz für die Landwirtschaft zu machen. Ohne ihr Land können die Kaiowá nicht mehr wie einst fischen, jagen, Wildfrüchte sammeln oder Ackerbau betreiben, um sich zu ernähren. Viele Guarani-Kaiowá hausen unter miserablen Bedingungen am Rande von Bundesstraßen, leiden unter Hunger oder Ernährungsunsicherheit. Allein im Jahr 2014 starben 55 Kinder an Unterernährung. Der Landverlust geht meist einher mit gewaltsamen Auseinandersetzungen bei Räumungen sowie systematischer Repression und Kriminalisierung indigener Völker. FIAN appelliert daher an die Staatengemeinschaft, ihren nationalen und internationalen Verpflichtungen nachzukommen und den Schutz indigener Völker zu garantieren. An feierlichen Bekenntnissen mangelt es nicht: Die von den UN-Staaten 2007 verabschiedete Erklärung über die Rechte indigener Völker enthält einen ausführlichen Katalog der besonderen Rechte indigener Gemeinschaften. Auf UN-Ebene steht der Tag der indigenen Völker dieses Jahr ganz im Zeichen des Themas Bildung. Denn Indigenen, insbesondere Kindern und Jugendlichen, bleibt der Zugang zu Bildung häufig verwehrt. Selbst wenn sie eine Schule besuchen können, ist der Erwerb von Bildung erschwert. „Sie müssen sich eine andere Sprache aneignen, ihre Identität verstecken. Ich glaube aber fest daran, dass wir unsere eigene Identität weiterhin bewahren und praktizieren müssen“, sagte die indigene, guatemaltekische Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchú im Interview mit der österreichischen Tageszeitung Der Standard. (ab)

08.08.2016 |

Menschheit lebt auf Pump: Ressourcen für 2016 am 8. August verbraucht

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Ups, schon alle - die nächste bitte (Foto: CC0)

Auf den 8. August fällt dieses Jahr der Erdüberlastungstag – das Datum, an dem die Menschheit die für 2016 zur Verfügung stehenden Ressourcen verbraucht hat und die Erde stärker belastet, als sie sich regenerieren kann. Den „Earth Overshoot Day“ berechnet die internationale Nachhaltigkeitsorganisation Global Footprint Network aus den USA jährlich neu. Während die Erde im Jahr 2000 am 1. Oktober die Belastungsgrenze erreichte, sind die Ressourcen dieses Jahr so früh erschöpft wie noch nie – 5 Tage früher als noch 2015. Die Berechnungen berücksichtigen den Bedarf an Acker-, Weide- und Bauflächen, die Entnahme von Holz, Fasern oder Fisch, aber auch den Ausstoß von CO2 oder die Müllproduktion. Laut dem Global Footprint Network beansprucht die Menschheit mittlerweile rein rechnerisch 1,6 Erden, um ihren Bedarf an Rohstoffen, Ackerland, Wasser und Wäldern zu decken – auf Kosten künftiger Generationen. „Würden alle Länder weltweit so wirtschaften wie Deutschland, wären sogar 3,1 Erden notwendig“, so Julia Otten von der Entwicklungsorganisation Germanwatch, eine der deutschen Nichtregierungsorganisationen, die auf die verschwenderische Wirtschaftsweise aufmerksam macht. Deutschland lebt bereits seit dem 29. April „auf Pump“ und überlastet die Erde vor allem durch hohe CO2-Emissionen in den Bereichen Energie, Verkehr und industrielle Landwirtschaft sowie durch einen sehr hohen Flächenbedarf, vor allem für die Fleischproduktion, erklärt Germanwatch. Die USA gehen noch unachtsamer mit ihren Ressourcen um: Bei einem weltweiten Konsum- und Lebensstil wie in den USA wären 4,8 Erden notwendig, Australien schafft es gar auf 5,4 Erden. Die Schweiz steht mit einem Verbrauch von 3,3 Erden an dritter Stelle und hat schon am 22. März ihr Budget an natürlichen Ressourcen aufgebraucht. Die weltweit anfallenden „Schulden“ dieser ökologischen Kontoüberziehung zeigen sich immer deutlicher in Form von Entwaldung, Dürren, Süßwassermangel, Bodenerosion, Artensterben und dem Ausstoß von Treibhausgasen in der Atmosphäre. Macht die Menschheit weiter wie bisher, wären die Ressourcen im Jahr 2030 schon am 28. Juni aufgebraucht und wir bräuchten zwei Erden. Der CO2-Ausstoß ist nach den Berechnungen des Global Footprint Networks der am schnellsten wachsende Anteil des ökologischen Overshoots. Der CO2-Fußabdruck macht heute 60% des ökologischen Fußabdrucks aus: „Das Klimaabkommen von Paris ist bis jetzt das deutlichste Zeichen für die Notwendigkeit, den CO2-Fußabdruck drastisch zu reduzieren. Am Ende haben wir die Wahl zwischen Stabilität oder Kollaps “, sagte Mathis Wackernagel vom Global Footprint Network. „Wir empfehlen Nationen, Städten und Individuen vehement in Aktion zu treten und die Pariser Ziele zu einer greifbaren Realität zu machen.“ (ab)

03.08.2016 |

Entwaldung und Biodiversitätsverlust: Studie stellt Palmöl an den Pranger

Wald
Einst Wald, heute eine Palmölplantage (Foto: CC0)

Die wachsende globale Nachfrage nach Palmöl gefährdet tropische Regenwälder und Tier- und Pflanzenarten auf vier Kontinenten, warnen Wissenschaftler der Duke University in einer am 27. Juli im Fachjournal PLOS ONE erschienenen Studie. Die Ausdehnung der Palmölproduktion von Südostasien auf Gebiete in Südamerika und Afrika habe in 43 Ländern zur Umwandlung großer Flächen tropischen Regenwaldes in Palmölplantagen geführt. „Fast alle Ölpalmen werden an Orten angebaut, die einst tropischer Regenwald waren. Die Abholzung dieser Wälder bedroht die Artenvielfalt und erhöht den Ausstoß von Treibhausgasemissionen“, betont Varsha Vijay, eine Doktorandin an der Duke’s Nicholas School of the Environment, die die Studie leitete. Dass jedes Jahr Millionen Hektar Wald brennen, um Platz für den Anbau von Ölpalmen zu machen, ist keine neue Erkenntnis, doch Vijay und ihr Team haben die durch den Palmölboom angeheizte Abholzung systematisch für vier Weltregionen untersucht, indem sie hoch aufgelöste Satellitenbilder von Google Earth und Landsat der letzten 25 Jahre auswerteten. Die Bilder für Südostasien, Afrika, Südamerika und Mittelamerika verglichen die Forscher dann mit Daten der Weltlandwirtschaftsorganisation FAO zu Entwicklungen bei der mit Ölpalmen bepflanzten Fläche in einzelnen Ländern. Das Ergebnis: Die höchste Entwaldungsrate gab es in Südostasien und Südamerika zu verzeichnen, insbesondere in Indonesien, Ecuador und Peru. In diesen Ländern wächst mehr als die Hälfte aller Ölpalmen auf Flächen, die seit 1989 entwaldet wurden. In Südostasien standen damals auf 45% der heute von Palmölplantagen belegten Fläche noch Wälder, in Südamerika waren es 31%. In Mittelamerika und Afrika ist der Raubbau für Palmöl noch nicht ganz so stark fortgeschritten – dort mussten seit 1989 nur je 2% bzw. 7% der Waldfläche den Ölpalmen weichen. Die Wissenschaftler warnen jedoch, dass in den Wäldern aller vier von der Palmölproduktion betroffenen Regionen zahlreiche bedrohte Tier- und Pflanzenarten leben. „Während es im Amazonas und in Indonesien viele weltweit vom Aussterben bedrohte Säugetiere und Vögel gibt, sind in anderen Gebieten wie dem Kongobecken und den Küstenwäldern Kolumbiens Arten mit geringer geographischer Reichweite beheimatet, die durch den Verlust ihres Lebensraums besonders verletzlich sind“, erklärt Mitautor Stuart Pimm. Da die Auswirkungen des ausufernden Ölpalmenanbaus auf die Biodiversität von Land zu Land und Region zu Region unterschiedlich sind, müssen Naturschutzstrategien vor Ort jeweils speziell auf die besonderen Risiken für die jeweilige Region zugeschnitten sein, um gefährdeten Arten zu schützen, betonen die Autoren. (ab)

01.08.2016 |

Land-Fußabdruck: EU konsumiert auf Kosten anderer

Land
Sojaproduktion: die EU lagert die Folgen aus (Foto: CC0)

Die EU nutzt weitaus mehr Agrarfläche als ihr zusteht und lagert so Umweltfolgen und soziale Konflikte in andere Weltregionen aus. Darauf macht ein am 27. Juli erschienener Bericht von Friends of the Earth Europe aufmerksam. Demnach benötigt die EU fast 270 Millionen Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche, um ihre Lebensmittelproduktion und nicht nachhaltige landwirtschaftliche Praktiken aufrechtzuerhalten. Gut 40% des Landes liegt außerhalb der EU – etwa eine Fläche so groß wie Italien und Frankreich zusammen. Dem Bericht zufolge entfallen 151 Millionen Hektar oder 56% der Fläche auf Ackerland. Jeder EU-Bürger verbraucht 3100 Quadratmeter Ackerland – 1,5 Mal mehr als weltweit im Durchschnitt für jeden Menschen zur Verfügung steht. Denn teilt man die globale Ackerfläche von 1,4 Milliarden Hektar durch die Weltbevölkerung von 7 Milliarden, gibt es für jeden Menschen nur 2000 m². Damit heizt die EU die ungleiche Verteilung von Land an und überschreitet die planetaren Grenzen, so der Bericht. „Der Überkonsum frisst immer mehr Land auf – oft mit fatalen Folgen. Es ist ungerecht, unverantwortlich und nicht nachhaltig, dass wir weiterhin mehr als unseren gerechten Anteil an der globalen Landfläche verbrauchen und mehr als ein Drittel der mit dem Landverbrauch verbundenen Auswirkungen auf Ökosysteme und Gemeinschaften außerhalb der EU verlagern,“ kritisiert Meadhbh Bolger von Friends of the Earth Europe. Der Landfußabdruck der EU verursacht Umweltkosten, da für die Landwirtschaft bisher unberührte Natur in Ackerfläche umgewandelt wird. Das gefährdet Ökosysteme, treibt die Umwandlung von Wäldern in Plantagen voran, verringert die Kohlenstoffspeicherkapazität von Wäldern und verursacht Landdegradation und Biodiversitätsverlust, warnt der Bericht. Zudem führt der EU-Flächenbedarf zu Landgrabbing und Vertreibungen und beraubt so lokale Gemeinschaften weltweit ihres Zugangs zu Land und Ressourcen. Der Großteil des Landbedarfs der EU entsteht durch den Konsum tierischer Produkte: Auf Fleisch und Milchprodukte entfallen 70% der Fläche oder 196 Millionen Hektar Land, ein Drittel davon auf den Fleischkonsum. Die zweitgrößte Produktgruppe sind Pflanzenöle, gefolgt von Weizen, Früchten, Gemüse und Gewürzen, Alkohol, Kaffee, Tee und Kakao. Stanka Becheva von Friends of the Earth Europe fordert eine radikale Umgestaltung der Art und Weise, wie wir Land nutzen, um den unfairen Fußabdruck zu reduzieren. „Die industrielle Landwirtschaft und globale Lebensmittelketten verschlingen Land rund um den Globus, schaden der Umwelt und ländlichen Gemeinden. Wir brauchen zügig einen fairen Übergang zu einer nachhaltigeren Art der Landwirtschaft, die für alle Menschen und den Planeten funktioniert.” Die Autoren des Berichts empfehlen die Entwicklung von Politiken und Anreizen, die auf eine Verringerung des Konsums landintensiver Lebensmittel oder von Produkten mit negativen Folgen für die Umwelt abzielen, insbesondere tierischer Produkte. (ab)

27.07.2016 |

Gutachten: Ökologisch bewirtschaftete Böden speichern mehr Wasser

WAsser
Hier klappts nicht mit der Versickerung (Foto: CC0)

Ökologisch bewirtschaftete Böden speichern deutlich mehr Wasser als Flächen konventioneller Betriebe und können daher Überschwemmungen besser vorbeugen. Zu diesem Ergebnis kommt die Kommission Bodenschutz beim Umweltbundesamt (KBU) in ihrem Positionspapier „Böden als Wasserspeicher“. Wasserspeicherung und Versickerung sind wichtige Ökosystemleistungen von Böden, betont das Gutachten: Funktionierende Böden können Regenwasser rasch aufnehmen, große Mengen davon speichern und später den Pflanzen zur Verfügung stellen sowie die Grundwasserneubildung sicherstellen. Doch Eingriffe des Menschen können diese wertvollen Bodenfunktionen stark beeinträchtigen. Gerade in Städten findet Regenwasser oft nur schwer einen Weg in den Boden, da die hohe Flächeninanspruchnahme durch Siedlung und Verkehr die Versickerung und Wasserspeicherfähigkeit reduziert. Doch auch die Art der landwirtschaftlichen Bodenbewirtschaftung beeinflusst die Wasserrückhaltekapazität von Böden. Eine schleichende negative Veränderung des Bodengefüges entsteht etwa durch die Verschlämmung und Verdichtung des Bodens, bedingt durch den Einsatz immer größerer und schwererer Maschinen, so die Bodenexperten. Auch wenn Wälder und Dauergrünland mehr Wasser speichern können als Ackerflächen, machen landwirtschaftliche Böden etwa die Hälfte der für Versickerung und Wasserspeicherung zur Verfügung stehenden Landfläche aus, schreibt die Kommission Bodenschutz unter Berufung auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes. In Betrieben des ökologischen Landbaus sei die Versickerungsrate mehr als doppelt so hoch als in konventionellen Betrieben. „Hauptursache hierfür ist eindeutig die signifikant höhere biologische Aktivität ökologisch bewirtschafteter Böden und nicht allein deren Gehalt an organischer Bodensubstanz“, lautet das Fazit der Gutachter. Eine wichtige Rolle spiele „das von Wurzeln und Regenwürmern gebildete krümelige Bodengefüge und stabile Makroporen, die Niederschlagswasser rasch in die Tiefe ableiten und damit im Unterboden eine größere Wasserspeicherkapazität erschließen können.“ Zwar tummeln sich Regenwürmer auch auf konventionell bewirtschafteten Flächen, doch Vergleichsuntersuchungen in Abhängigkeit vom Produktionssystem belegten, dass die Anzahl der Regenwürmer in ökologisch bewirtschafteten Böden deutlich höher ist. Die Kommission Bodenschutz empfiehlt den Ökolandbau aufgrund der erhöhten Infiltrationsleistung gezielt und mit ausreichenden Anreizen zu fördern. Ein Vorschlag sind Kompensationsmaßnahmen für Flächenverbrauch: „Zum Ausgleich könnte für jede durch Versiegelung verloren gegangene Fläche im Einzugsgebiet die Umstellung der doppelten Fläche auf Ökologischen Landbau angestrebt werden“, empfehlen die Gutachter. Der Verband ökologischer Erzeuger Bioland begrüßte die Idee: „Neben der notwendigen Minderung der Flächenversiegelung von Agrarflächen wäre mehr Biofläche eine geeignete Kompensationsmaßnahme für Flächenverbrauch und Bodenversiegelung. Darüber hinaus leistet der Biolandbau auch viel für mehr Biodiversität in der Agrarlandschaft“, betonte Bioland-Präsident Jan Plagge. (ab)

25.07.2016 |

EU-Kommission lässt Gentechnik-Soja von Monsanto und Bayer zu

So
Mehr Gentechnik-Soja für EU-Futtertröge (Foto: CC0)

Die EU-Kommission hat den Weg für noch mehr Gentechnik-Soja in Europas Futtertrögen freigemacht und drei neue Sojasorten der Konzerne Monsanto und Bayer für die Einfuhr in die Europäische Union zugelassen. Wie die Kommission am Freitag mitteilte, erhielten die Sojabohnen MON 87708 x MON 89788, MON 87705 x MON 89788 und FG 72 die Genehmigung für die Verwendung in Lebens- und Futtermitteln. Die Genehmigung erstreckt sich nicht auf den Anbau. Da sich die Mitgliedstaaten in den zuständigen Fachausschüssen zuvor wieder einmal nicht auf eine gemeinsame Position einigen konnten, gab die EU-Kommission nun grünes Licht für die Einfuhr der Gentechnik-Sorten. Die Sojabohnen können mit Glyphosat in Kombination mit Herbiziden wie Dicamba oder Isoxaflutol gespritzt werden. Monsanto bezeichnete die Einfuhrgenehmigung als einen Meilenstein. Im Februar hatte bereits der wichtigste Sojaimporteur China die drei Sorten durchgewunken. Die Organisation Testbiotech reagiert hingegen weniger erfreut auf die Nachricht und betonte, dass Bedenken zu den gesundheitlichen Risiken der mit den Sojasorten verwendeten Herbizide nicht ausgeräumt seien. Laut eines kürzlich veröffentlichten Testbiotech-Gutachten bestehe ein erhöhtes Risiko, dass Rückstände – vor allem aus der kombinierten Anwendung dieser Spritzmittel – erbgutverändernd seien und Vergiftungen der Leber sowie Tumore auslösen könnten. Es gebe derzeit weder verlässliche Grenzwerte für die Rückstände, die von diesen Herbiziden stammen, noch wurde ihre Kombinationswirkung von der EFSA untersucht, kritisiert die Organisation. Zudem erhebt Testbiotech den Vorwurf, dass die Zulassung unter massivem Druck der Konzerne erfolgte. „Diese Zulassung wirkt wie eine Generalprobe für TTIP und CETA. In Brüssel regiert die Gentechnik-Industrie offensichtlich schon jetzt mit“, sagt Christoph Then von Testbiotech. „Die EU-Kommission riskiert ihre Glaubwürdigkeit für die Interessen von Monsanto und Bayer. Angeblich wurde die Zulassung der Soja bereits vor Wochen im Rahmen der Freihandelsgespräche zugesagt.“ Derzeit sind 64 genetisch veränderte Lebens- bzw. Futtermittel in der EU zugelassen während nur die Maissorte MON810 für den Anbau genehmigt ist. (ab)

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