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15.06.2015 | permalink
Gärtnern ohne Glyphosat: Frankreich will Roundup verbieten
Frankreich will die Abgabe von Glyphosat in Gartencentern und Baumärkten stoppen. Umweltministerin Ségolène Royal kündigte am Sonntag ein Verkaufsverbot für das von US-Konzern Monsanto unter dem Markennamen Roundup vertriebene Unkrautvernichtungsmittel an. Dessen Hauptwirkstoff Glyphosat steht im Verdacht, krebserregend zu sein. „Frankreich muss beim Kampf gegen Pestizide in die Offensive gehen“, erklärte die Ministerin gegenüber dem Fernsehsender France 3. Das betreffe auch den Einsatz von Pestiziden in privaten Gärten. Royal rief die französischen Gartencenter dazu auf, das Produkt aus dem Sortiment zu nehmen. Wie sie genau durchsetzen will, dass Roundup nicht mehr über die Ladentheken geht, erläuterte sie noch nicht näher. Zudem möchte Royal Hobbygärtnern systematisch Informationen an die Hand geben, um über Alternativen zum Chemieeinsatz aufzuklären. Mit den Verbotsplänen reagiert Frankreich auf Warnungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO): Deren Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) hatte im März Glyphosat als „wahrscheinlich“ krebserregend beim Menschen eingestuft. Schon vor der Ankündigung am Sonntag hatte die Umweltministerin gemeinsam mit Landwirtschaftsminister Stéphane Le Foll Pläne vorgelegt, den Verkauf von Pflanzenschutzmitteln an Hobbygärtner auf zertifizierte Verkaufsstellen zu beschränken. Dies sollte jedoch ursprünglich erst ab dem Jahr 2018 greifen, ab 2022 sollen die Pestizide vollständig aus französischen Gärten verbannt werden. Doch nicht nur bei den Kleingärtnern will Frankreich ein Umdenken erreichen: Auch der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft sollte deutlich reduziert werden. Die Vorgängerregierung hatte sich 2007 das ehrgeizige Ziel gesteckt, bis 2018 den Pestizideinsatz in Frankreich um die Hälfte zu reduzieren. Damit scheiterte sie jedoch, der Einsatz von Ackergiften erhöhte sich zwischen 2009 und 2013 sogar um fünf Prozent. Daraufhin verkündete Stéphane Le Foll im Januar, die Halbierung des Pestizideinsatzes solle bis 2025 erreicht werden. In Deutschland hatten die Verbraucherschutzminister im Mai die Bundesregierung zu einem Verbot von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Glyphosat aufgefordert. Das Landwirtschaftsministerium äußerte, für ein Verbot fehle noch die Rechtsgrundlage, da die Ergebnisse des noch laufenden EU-Bewertungsverfahrens abgewartet werden müssten. Einige Baumärkte hatten bereits angekündigt, freiwillig auf den Verkauf von Produkten mit dem Wirkstoff Glyphosat zu verzichten. (ab)
- Reuters: French minister asks shops to stop selling Monsanto Roundup weedkiller
- IBT Media Inc: Segolene Royal Calls For French Ban On Monsanto's Roundup Herbicide
- Le Monde: Ségolène Royal veut stopper la vente du désherbant Roundup de Monsanto
- Le Figaro: Royal veut interdire la vente libre d'un désherbant jugé cancérogène
10.06.2015 | permalink
Studie: Regionale Lebensmittel könnten die USA ernähren
Die meisten US-Bürger könnten sich von Lebensmitteln ernähren, die weniger als 160 Kilometer von ihrem Wohnort entfernt angebaut wurden. Darauf macht eine neue Studie der University of California, Merced, aufmerksam, die Anfang Juni in der Fachzeitschrift Frontiers in Ecology and the Environment erschien. Das Team unter Leitung von Professor Elliott Campbell untersuchte das Potenzial aller Städte in den USA, sich mit in ihrer Region erzeugten Lebensmitteln zu versorgen. In fast allen Teilen des Landes könnten sich rund 90% der Bewohner fast vollständig mit Produkten ernähren, die aus einem Umkreis von 80 km stammen. Campbell zufolge legen immer mehr Menschen Wert darauf, Landwirte aus ihrer Gegend zu unterstützen und frischere Lebensmittel von Erzeugern zu beziehen, die sie kennen und denen sie vertrauen. Selbst große Restaurantketten bemühen sich um lokale Bezugsquellen. „Bauernmärkte schießen an neuen Orten wie Pilze aus dem Boden“, betont Campbell. „Sich regional zu ernähren hat zahlreiche soziale und ökologische Vorteile.“ Die Wissenschaftler analysierten Daten des US-Landwirtschaftsministeriums zur Produktivität von Ackerland und nahmen die Höfe im Umkreis aller größeren Städte und Besiedlungen in den USA unter die Lupe. Sie setzen die potentielle Kalorienproduktion einer Gegend mit ihrer Einwohnerzahl in Verbindung und ermittelten so den Anteil der Bevölkerung, der durch regional erzeugte Lebensmittel ernährt werden könnte. Auch wenn in den letzten Jahren die regionale Versorgung durch schwindende Landressourcen, Bevölkerungswachstum und Urbanisierung abgenommen hat, gerade in den Städten an der Küste, waren die Forscher doch erstaunt über das verbleibende Potenzial. Viele Gegenden können immer noch 80% bis 100% ihrer Bevölkerung mit Nahrung aus einem Umkreis von 80 Kilometern ernähren. New York City bekäme zwar nur 5% der Bewohner mit Essen aus einem 80 km-Radius satt, aber immerhin 30% mit Lebensmitteln aus dem Umland von 160 km. Die Hälfte der Bevölkerung im Großraum Los Angeles könnte ebenfalls von Bauern aus dieser Entfernung versorgt werden. Ein Umstieg auf pflanzliche Kost spart ebenfalls Kilometer ein: So könnte San Diego 35% der Bewohner basierend auf der amerikanischen Standardernährung versorgen, aber ganze 51%, wenn sich mehr Menschen vegetarisch oder vegan ernähren würden. Der Studie zeigt zudem, dass eine regionale Ernährung auch einen besseren Umgang mit den natürlichen Ressourcen gewährleisten kann. „Ein wichtiger Aspekt einer nachhaltigen Ernährung ist die Wiederverwertung von Nährstoffen, Wasser und Energie. Wenn wir zum Beispiel Kompost aus den Städten nutzen, um die Felder zu düngen, wären wir weniger abhängig von Dünger basierend aus fossilen Brennstoffen”, so Campbell. (ab)
08.06.2015 | permalink
UN veröffentlichen Fahrplan für eine Welt ohne Armut und Hunger
Die Vereinten Nationen wollen sich 17 hehre Ziele setzen, um die Welt bis 2030 nachhaltiger und gerechter zu gestalten. Am Dienstag wurde der erste offizielle Entwurf der Sustainable Development Goals (SDGs) veröffentlicht, die auf die 2015 auslaufenden Millenniumsziele folgen sollen. Die UN-Staaten haben viel vor, unter anderem die Armut in allen Formen überall auf der Welt zu beenden, Gleichheit zwischen den Geschlechtern zu schaffen, eine sichere Wasserversorgung und Bildung für alle Menschen zu gewährleisten und dem Klimawandel und seinen Folgen zu trotzen. Auch für Industriestaaten sollen die Ziele gelten: „Alle werden mit diesen Entwicklungszielen in die Verantwortung genommen. Das birgt zwar auch die Gefahr, dass sie nicht mehr ganz so griffig sind wie die Millenniumentwicklungsziele, aber es zeigt, dass wir alle vor der gleichen Aufgabe stehen“, betonte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch. Die 17 Ziele und 169 Unterziele entsprechen dem Entwurf, der bereits im Herbst von einer UN-Arbeitsgruppe vorgelegt und von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon im Dezember bestätigt worden war. Ziel 2 im aktuellen Zero Draft will den Hunger beenden, Ernährungssicherheit und bessere Nahrung erreichen sowie nachhaltige Landwirtschaft fördern. Acht Unterziele präzisieren dies: Bis 2030 sollen alle Menschen das ganze Jahr über Zugang zu angemessener Nahrung erhalten, alle Formen der Mangelernährung beseitigt sein und die Produktivität und das Einkommen kleiner Nahrungsmittelproduzenten verdoppelt werden. Anvisiert ist zudem die Förderung nachhaltiger Agrar- und Nahrungsmittelsysteme, die Ökosysteme bewahren und die Anpassung an den Klimawandel unterstützen, sowie der Erhaltung der Saatgutvielfalt. Weitere Unterziele sind die Aufstockung der Investitionen in landwirtschaftliche Infrastruktur und Forschung, die Beseitigung von Barrieren und Verzerrungen auf den globalen Agrarmärkten und die Eindämmung starker Preisschwankungen bei Agrargütern. Die Schweizer Stiftung Biovision, die vom Ko-Präsidenten des Weltagrarberichts Hans Herren gegründet wurde und sich in dem zweijährigen Ausarbeitungsprozess vor allem für Ziel 2 zu Ernährungssicherheit und nachhaltiger Landwirtschaft eingesetzt hatte, zeigte sich weitgehend zufrieden: „Wir glauben, dass mit dem vorliegenden Vorschlag die Basis geschaffen wird, einen Kurswechsel in der Landwirtschaft herbeizuführen.“ Nun müsse sichergestellt werden, dass die Ziele und Unterziele in dem Entwurf enthalten bleiben, den die UN-Generalversammlung im September verabschieden soll. Auch Misereor-Chef Pirmin Spiegel forderte eine Verpflichtung zu allen 17 Nachhaltigkeitszielen, ohne einzelne aufzuweichen. „Entscheidend ist, eine nachhaltige ökologische Landwirtschaft aufzubauen und lokale Kleinbauern zu fördern“, erklärte er gegenüber dem Domradio. Sonst stagniere die Zahl der Hungernden bei steigender Bevölkerung wohl bei 800 Millionen. (ab)
02.06.2015 | permalink
Gesammelte Kritik an der G7 'New Alliance for Food Security'
Im Vorfeld des G7 Gipfels erschien eine Reihe von Publikationen zu dessen Agrar- und Ernährungspolitik, besonders der "New Alliance for Food Security and Nutrition". Die soll durch mehr private Agrarinvestitionen bis 2022 in Äthiopien, Burkina Faso, der Elfenbeinküste, Ghana, Mosambik, Tansania, Benin, Nigeria, Malawi und Senegal 50 Millionen Menschen aus der Armut befreien. Uwe Hoering stellt bei globespotting die kritischen Veröffentlichungen vor.
01.06.2015 | permalink
Welternährung: Studie fordert Umsetzung der Empfehlungen des Weltagrarberichts
Die Beseitigung des Welthungers bis 2030 ist kein Ding der Unmöglichkeit, wenn die Ernten vorrangig zur Ernährung der Menschen eingesetzt werden und die Empfehlungen des Weltagrarberichts endlich Gehör finden. Zu diesem Ergebnis gelangt eine neue Studie der Kammer der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für nachhaltige Entwicklung. Laut aktuellen Zahlen der Welternährungsorganisation FAO leiden noch immer 795 Millionen Menschen an chronischer Unterernährung, zwei Milliarden Menschen sind mangelernährt. Die Studie weist darauf hin, dass die globale Landwirtschaft schon heute mehr als zwölf Milliarden Menschen satt machen könnte, wenn die Ernten möglichst effektiv als Lebensmittel genutzt würden. „Wenn in der Realität Menschen hungern, liegt dies an dem ungleichen Zugang zu den vorhandenen Nahrungsmitteln, der Vergeudung, dem Verlust und der Verwendung der Nahrungsmittel für andere Zwecke als für die menschliche Ernährung. Vor allem aber fehlt vielen Armen ein ausreichendes Einkommen, d. h. der ökonomische Zugang zu ausreichenden Nahrungsmitteln oder zu den Möglichkeiten, sie zu erzeugen“, schreiben die Autoren. Es stelle keine Lösung dar, auf eine einseitige Ertragssteigerung mithilfe von Pestiziden, chemischen Düngern und Monokulturen zu setzen, die zulasten der Böden, des Wassers und Klimas sowie der biologischen Vielfalt gehe. Der Raubbau an den natürlichen Ressourcen treffe meist die Bevölkerungsgruppen, die ohnehin am stärksten von Hunger und Mangelernährung betroffen seien – die Millionen Kleinbauern, Landarbeiter, Hirten und Fischer in den Entwicklungsländern. Der Studie zufolge müssen diese Gruppen mehr Unterstützung erhalten, zum Beispiel durch bessere Lagermöglichkeiten für die Ernte oder leichteren Zugang zu Krediten. Dann könnten sie nicht nur sich selbst besser versorgen, sondern auch lokale und regionale Märkte beliefern. Diese Erkenntnisse sind nicht neu, betonen die Autoren: Schon 2008 habe der Weltagrarbericht gewarnt, dass mit der einseitigen Ausrichtung auf Produktionssteigerung, Weltmarktorientierung und Industrialisierung der Landwirtschaft die Überwindung des Hungers mit dem Schutz des Klimas und der biologischen Vielfalt nicht in Einklang zu bringen sei. Doch der Ruf nach einem Paradigmenwechsel hin zu agrarökologischen Produktionsverfahren mit möglichst niedrigem externen Input, die Fokussierung auf kleinbäuerliche Produzenten und die Anerkennung der Multifunktionalität der Landwirtschaft sei in der deutschen und internationalen Agrarpolitik weitgehend ungehört verhallt. Daher fordert die EKD-Kammer die längst überfällige Neuausrichtung der Entwicklungs- und Agrarpolitik am Recht auf Nahrung, die nicht länger durch ungerechte Strukturen im Bereich der Handels- und Finanzpolitik blockiert werden dürfe. (ab)
28.05.2015 | permalink
UN-Ziel verfehlt: 795 Millionen Menschen weltweit leiden Hunger
Rund 795 Millionen Menschen leiden weltweit immer noch an Hunger, 780 Millionen davon in Entwicklungsländern. Damit gilt jeder Neunte als unterernährt, wie aus dem jüngsten Welthungerbericht hervorgeht, den die UN-Landwirtschaftsorganisation FAO am Mittwoch gemeinsam mit dem UN-Welternährungsprogramm und dem Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) veröffentlichte. Erfolge bei der Hungerbekämpfung sind regional höchst ungleich verteilt: Während in Lateinamerika „nur“ noch 5,5% der Bevölkerung und in Westafrika 9,6% betroffen sind, ist in Subsahara-Afrika fast jeder Vierte chronisch unterernährt. Die Zahl der Hungernden stieg dort kontinuierlich auf aktuell 220 Millionen an. Doch der Löwenanteil der weltweit Hungernden (64%) lebt mit 512 Millionen Menschen in Asien. Auch wenn die Zahl der Hungernden im Vergleich zum Bericht 2014 nur um 10 Millionen sank und 57 Staaten das erste Millenniumsentwicklungsziel (MDG) verfehlen werden, ist FAO-Generaldirektor José Graziano da Silva um Optimismus bemüht: „Das Fast-Erreichen des Hungerziels zeigt, dass wir die Geißel des Hungers tatsächlich in dieser Generation überwinden können.” Erfolgversprechende Ansätze seien inklusives Wachstum, Investitionen in die Landwirtschaft und soziale Sicherungsnetze in Verbindung mit politischer Stabilität und vor allem dem nötigen Willen. Doch die Weltwirtschaftslage der letzten Jahre, extreme Wetterbedingungen, Naturkatastrophen, politische Instabilität und Kriege – 19% der Unterernährten leben laut FAO in Krisenländern – hätten die optimale Zielerfüllung verhindert. Das erste MDG sah vor, bis 2015 in Entwicklungsländern den Anteil der Unterernährten an der Bevölkerung gegenüber dem Zeitraum 1990-1992 zu halbieren. Dieser sank von 23,3% auf 12,9%, nicht zuletzt begünstigt durch den Anstieg der Weltbevölkerung um 1,9 Milliarden Menschen. Vom ehrgeizigeren Ziel des Welternährungsgipfels 1996, die absolute Zahl der Hungernden bis 2015 zu halbieren, bleiben die Staaten meilenweit bzw. 285 Millionen Menschen entfernt. Zwar hungern heute 216 Millionen Menschen weniger als noch 1990, doch 155 Millionen des Rückgangs entfallen alleine auf China. Die Präsidentin der Welthungerhilfe, Bärbel Dieckmann, forderte mit Blick auf den G7-Gipfel im Juni mehr Entschlossenheit und staatliche Mittel: „Setzt sich der Trend der letzten zehn Jahre fort, rückt unser Ziel – eine Welt ohne Hunger bis 2030 – in weite Ferne. Dann wären wir erst nach dem Jahr 2060 so weit.“ Fortschritte lassen sich Dieckmann zufolge erzielen, wenn Kleinbäuerinnen und Kleinbauern ins Zentrum der Bemühungen gestellt werden: „Kleinbauern produzieren rund drei Viertel aller Nahrungsmittel in Entwicklungsländern. Mit mehr Unterstützung können sie mehr produzieren und mehr Einkommen erwirtschaften und so den Hunger in ihren Ländern besiegen.“ (ab)
26.05.2015 | permalink
Klimawandel: Chancen und Risiken für Landwirtschaft in Deutschland
Höhere Temperaturen, feuchtere Winter und häufigere Wetterextreme stellen Landwirte in Deutschland künftig vor große Herausforderungen. Das geht aus dem am Samstag veröffentlichten Monitoring-Bericht der Bundesregierung zur Anpassung an den Klimawandel hervor. Dieser beleuchtet schon heute spürbare Veränderungen in mehreren Lebensbereichen und nennt geeignete Anpassungsstrategien. Die Möglichkeiten der Bauern, dem Klimawandel zu begegnen, sind den Autoren zufolge vergleichsweise breit gefächert, da sie seit jeher auf sich verändernde Klima- und Witterungsbedingungen reagieren. Die Auswirkungen stellen dennoch ein zweischneidiges Schwert dar: Einerseits können extrem trockene und heiße Witterungsperioden, Starkregen oder Hagel Einbußen bewirken und Ertrags- und Qualitätsschwankungen zwischen den Jahren die Planbarkeit erschweren. Zudem erfordere die Verschiebung der jahreszeitlichen Witterungsverläufe von den Landwirten jedes Jahr aufs Neue die Anpassung an veränderte Bedingungen bei der Wahl von Pflanzenart und -sorte, den Fruchtfolgen sowie bei der Planung von Aussaat, Düngung und Ernte. Andererseits könnten die Erträge bei einem leichten Temperaturanstieg und längeren Vegetationsperioden steigen, wenn ausreichend Wasser vorhanden ist. Auch der Anbau von bisher in unseren Breitengraden selten gedeihenden Fruchtarten könnte ausgeweitet werden. Perspektiven sehen die Experten für wärmeliebende Kulturpflanzen wie Körnermais, Sorghum-Hirse, Sojabohne, Sonnenblume oder Hartweizen. Gerade was Soja angeht habe das Interesse im Süden des Landes in den letzten Jahren stark zugenommen. Ob es zu einem dauerhaft hohen Anbauumfang komme, sei jedoch von der Nachfrage und dem Zuchtfortschritt bei Sojabohnen abhängig. Da Ökolandwirte auf gentechnikfreies Saatgut angewiesen sind, sei zu erwarten, dass mehr Sojasaatgut in Deutschland erzeugt werde. Auch die Wahl der Sorten biete Landwirten die Chance, bei gleichbleibender Fruchtart auf neue Anbaubedingungen zu reagieren. Sie können sich mit Sorten, die besser an längere Trockenphasen angepasst sind und sichere Erträge versprechen, gegen Wetterkapriolen wappnen. Gerade einjährige Kulturen ermöglichen eine kurzfristige Anpassung, während dies bei Dauerkulturen schwieriger sei. Im Fokus des Berichts steht zwar die BRD, doch die Präsidentin des Umweltbundesamtes, Maria Krautzberger, betonte, dass Bemühungen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels nicht an den deutschen Grenzen Halt machen dürfen: „Entwicklungsländer sind von Wetterextremen und verschlechterten Anbaubedingungen in Folge der Erderwärmung häufig besonders stark und zunehmend betroffen. Deutschland muss diese Länder bei der Anpassung unterstützen.“ (ab)
20.05.2015 | permalink
Studie prangert Machtkonzentration in landwirtschaftlichen Produktionsketten an
Die extreme Machtkonzentration in landwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten wirkt sich negativ auf Kleinbauern und Landarbeiter am Anfang der Lieferkette aus. Darauf machen die Akteure des Fairen Handels in Deutschland mit einer neuen Studie aufmerksam und fordern von der Bundesregierung anlässlich des G7-Gipfels im Juni die Durchsetzung sozialer Mindeststandards in globalen Lieferketten. Nur eine Handvoll Unternehmen kontrollieren weltweit die Produktion und Vermarktung von Lebensmitteln. Gemäß der Studie dominieren lediglich drei Konzerne die Hälfte der globalen Kakao-Verarbeitung und fünf weitere den Schokoladenmarkt. Sie alle stammen aus G7-Ländern oder der Schweiz. „Die extreme Machtkonzentration verhindert Wettbewerb und damit faire Preise und Bedingungen. Darunter leiden insbesondere Kleinbauernkooperativen, deren Existenzgrundlage von ihren Exporten abhängt“, warnt Dieter Overath von TransFair e.V., eine der Herausgeberorganisationen. Da die Großabnehmer die Handelsbedingungen diktieren können, geben sie den Preis- und Kostendruck entlang der Lieferkette weiter und üben so massiven Druck auf Lieferanten und Produzenten aus, sowohl in Europa als auch im globalen Süden. Dies führe zu unsicheren Lebensgrundlagen, Kinderarbeit, prekären Arbeitsverhältnissen und Umweltzerstörung. Während die Öffentlichkeit nach dem Unglück in der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch für elende Arbeitsbedingungen im Textilsektor sensibilisiert sei, blieben unlautere Handelspraktiken in der landwirtschaftlichen Produktionskette oft unbeachtet. MISEREOR-Geschäftsführer Thomas Antkowiak betont jedoch, dass Menschenrechtsverletzungen und unhaltbare Lebens- und Arbeitsbedingungen „genauso auf Zuckerrohrfeldern auf den Philippinen und bei Kakaobauern in Nigeria, Kamerun und der Elfenbeinküste bittere Realität“ seien. Die Studie zeigt etwa, dass der Anteil der Kakaobauern am endgültigen Produktwert massiv gesunken ist, während die Konzerne in den nachgelagerten Stufen durch Produktentwicklung und Marketing den Löwenanteil einstreichen. In vielen Ländern Westafrikas liege das Einkommen von Kakaobauern unter der Armutsgrenze, viele Betriebe in der Elfenbeinküste können nur noch über ausbeuterische Formen von Kinderarbeit fortbestehen. Die Herausgeber, zu denen neben Transfair und MISEREOR das Forum Fairer Handel, GEPA und der Weltladen-Dachverband gehören, sehen daher die Bundesregierung in der Pflicht, sich für die Eindämmung von Marktmacht einzusetzen. Das europäische Wettbewerbsrecht sei dazu nicht in der Lage, da es vielfach gegen Kleinproduzenten arbeite, indem es sich auf Endpreise für den Verbraucher fokussiere, und müsse reformiert werden. „Wenn soziale Mindeststandards kein Lippenbekenntnis bleiben sollen, müssen die G7 Transparenz in Lieferketten sicherstellen und sich für existenzsichernde Einkommen und Löhne einsetzen“, so Overath. Langfristige Verträge, kostendeckende Preise und transparente Handelsbedingungen sollten auch über den Fairen Handel hinaus Verbreitung finden. (ab)
18.05.2015 | permalink
Kongress: Mit biologischer Vielfalt statt Gentechnik gegen den Welthunger
Die Politik muss der Patentierung, Kontrolle und Kommerzialisierung von Saatgut durch wenige große Konzerne Einhalt gebieten und Sorge dafür tragen, dass die biologische Vielfalt für die Landwirtschaft und Ernährung erhalten bleibt. Das fordert der„Konvent zum Menschenrecht auf Nahrung durch die Bewahrung der biologischen Vielfalt“, zu dem sich am Wochenende in Nürnberg internationale Experten trafen. Die rund 200 Teilnehmer verabschiedeten mit der „Nürnberger Erklärung“ einen Appell an politische Entscheidungsträger und die Zivilgesellschaft, sich für die freie Verfügbarkeit von Saatgut einzusetzen, damit das Recht auf Nahrung für alle Menschen verwirklicht werden kann. „Vielfalt ist für die Sicherung nachhaltiger Ernährungssysteme unabdingbar!“, betonte die indische Umweltaktivistin Vandana Shiva zum Auftakt der Veranstaltung. Die Trägerin des Alternativen Nobelpreises hatte bei einem Besuch in Nürnberg 2012 die Veranstaltung angeregt, um Maßnahmen und Lösungen zum Erhalt der biologischen Vielfalt zu entwickeln. Seit Jahren warnt Shiva davor, dass die Artenvielfalt unserer Nahrungspflanzen schrumpft und die freie Verfügbarkeit von Saatgut und damit die Ernährungssouveränität durch Patente und Gentechnik bedroht werden. Eine nachhaltige Erzeugung ausreichender und gesunder Nahrungsmittel sei jedoch auf eben diese breite genetische Vielfalt von Pflanzen und Tieren angewiesen. Noch immer haben mehr als 800 Millionen Menschen keinen Zugang zu ausreichender Ernährung. „Das Menschenrecht auf Nahrung ist weltweit noch lange nicht erreicht“, beklagt Jürgen Bergmann von „Mission EineWelt“, einer der Trägerorganisationen der Veranstaltung. Die Nürnberger Erklärung ruft daher dazu auf, bäuerliche Saatgutsysteme zu achten und zu schützen und Patente auf Leben zu verhindern. Die Umsetzung des Rechts auf Nahrung erfordere den Schutz und die Förderung einer lokal angepassten, nachhaltigen und auf Biodiversität basierenden bäuerlichen Landwirtschaft. Eine Bedrohung dieser Vielfalt sehen die Konventteilnehmer im Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen und vor allem durch die Aktivitäten großer Saatgutkonzerne. Die Zulassung gentechnisch veränderter Nahrungs- und Futtermittel müsse gestoppt und schrittweise rückgängig gemacht werden. Laut Bayerischem Rundfunk erinnerte die Biologin Christine von Weizsäcker in ihrem Vortrag zum Fazit des Weltagrarberichts in puncto Sicherung der Agrobiodiversität daran, dass 70% der Weltbevölkerung von Kleinbauern ernährt werden. Gentechnik und industrielle Landwirtschaft seien deshalb keine Lösung, um den Welthunger zu bekämpfen. (ab)
15.05.2015 | permalink
Greenpeace: Pestizide gefährden Gesundheit von Bauern und Verbrauchern
Pestizide bergen nicht nur Gefahren für die Umwelt, sondern auch für die menschliche Gesundheit, warnt Greenpeace und fordert eine radikale Reduzierung des Chemieeinsatzes sowie die Umstellung auf ökologische Landwirtschaft. In einem am Dienstag veröffentlichten Bericht widmet sich die Umweltorganisation der Frage, wie sich der hohe Pestizideinsatz in der industriellen Landwirtschaft auf die Gesundheit auswirkt. Am stärksten in Kontakt mit den Chemikalien kommen Bauern, ihre Familien und Bewohner ländlicher Gebiete, so der Bericht, aber auch Verbraucher, kleine Kinder und Ungeborene seien vor den Gefahren nicht gefeit. „Diejenigen, die unsere Lebensmittel produzieren, werden gefährlichen Pestiziden ausgesetzt - das ist unverantwortlich“, kritisiert die Greenpeace-Expertin für Landwirtschaft, Christiane Huxdorff. Die Organisation hat für den Bericht die Ergebnisse aktueller wissenschaftlicher Studien zusammengefasst und bläst mit ihrem Fazit ins gleiche Horn wie die Weltgesundheitsorganisation, die erst vor wenigen Wochen das am häufigsten eingesetzte Herbizid Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft hatte. Laut Greenpeace bringen zahlreiche Studien regelmäßige Pestizidexposition mit einer erhöhten Häufigkeit bestimmter Krebsarten, wie Prostata- oder Lungenkrebs, sowie Erkrankungen des Nervensystems wie Parkinson und Alzheimer in Verbindung. Zu den Gesundheitsfolgen für Kinder, die erhöhten Pestizidkonzentrationen im Mutterleib ausgesetzt waren, zählen eine verzögerte kognitive Entwicklung, Verhaltensauffälligkeiten und Geburtsfehler. Kleinkinder seien besonders gefährdet, da sie im Verhältnis zu ihrer Körpergröße Giften stärker ausgesetzt seien und ihr Stoffwechsel diese langsamer abbaue, warnt der Bericht. Doch Erwachsene sind über Umwelt und Nahrung ebenso Pestiziden ausgesetzt. Auch wenn die Konzentration eines einzelnen Wirkstoffs die gesetzlichen Grenzwerte nicht überschreite, sei unklar, wie sich der Mix verschiedener Ackergifte gegenseitig beeinflusse. 2013 landeten 43.000 Tonnen Pestizide auf deutschen Äckern. Greenpeace fordert daher von Landwirtschaftsminister Christian Schmidt konkrete Ziele, um den Einsatz drastisch zu reduzieren – vor allem von Chemikalien, die im Verdacht stehen, Krebs auszulösen, das Hormonsystem zu beeinflussen oder eine neurotoxische und erbgutverändernde Wirkung zu haben. Die beste Alternative sei die ökologische Landwirtschaft. „Echte Lösungen für die Landwirtschaft der Zukunft beruhen auf einem Ackerbau mit statt gegen die Natur. Vielfalt auf allen Ebenen ist der Schlüssel – Chemie ist es nicht“, betonte Huxdorff. (ab)