Gentechnik und Biotechnologie

Unmittelbar gentechnisch bewirkte Ertragssteigerun- gen sind bisher nicht nachzuweisen. Zur seriösen langfristigen Bewertung der Umwelt- und Gesund- heitsrisiken fehlen noch immer überzeugende Konzepte. Ob Gentechnik bei anderen Zuchtzielen, etwa der Widerstandsfähigkeit gegen Dürre, eine wichtige oder gar unersetzliche Rolle spielen kann, ist fraglich. In den Medien intensiv aufbereitete Ansätze, Grundnahrungspflanzen wie Reis oder Mais gentech- nisch mit Vitaminen und Spurenelementen anzureichern, blieben bis heute im Versuchsstadium.

Trotz Milliardeninvestitionen kein Beitrag gegen den Hunger

Weiterentwickelt hat sich die öffentliche Kontroverse. Während der GVO-Anbau in Europa praktisch zum Erliegen kam, nahm seine Fläche in Nord- und Südamerika weiter zu. In den USA wächst aber auch eine Bewegung, die sich für die Kennzeichnung von Gentechnik in Lebensmitteln einsetzt, wie sie in der EU, China und anderen Ländern längst vorgeschrie- ben ist. Indien und China beschränken sich nach heftigen öffentlichen Debatten und trotz hoher staat- licher Forschungsinvestitionen beim Einsatz von GVO weitgehend auf den Non-Food-Bereich. In Afrika bemühen sich staatliche und private Entwicklungs- organisationen und Unternehmen um Einzelprojekte. Der Anbau von Bt-Mais in Südafrika ist umstritten, sein Ertrag problematisch.

Die Agrogentechnik treibt die Privatisierung und Patentierung von Wissen und Saatgut – aber selbst von einzelnen DNA-Abschnitten des Erbgutes, die wie Erfindungen behandelt werden – auf die Spitze. Der Grad ihrer Monopolisierung in den Händen weniger multinationaler Unternehmen ist beispiellos. Deshalb und weil ihre Herstellung äußerst kapital- und for- schungsintensiv ist, spielen GVO nach Einschätzung des Weltagrarberichts zur Bekämpfung des Hungers keine besondere Rolle und nützen Kleinbauern kaum. Aufwändige Sicherheits- und Kontrollbestimmungen, offene Fragen der Auskreuzung gentechnischer Eigen- schaften in die Natur und Nachbarkulturen sowie die Bedrohung gentechnikfreier Anbaumethoden und Produkte stellen v.a. ärmere Staaten vor Probleme.

Technik-Symbol kontroverser Fortschrittsmodelle

Trotzdem sehen manche in der Gentechnik noch immer den Königsweg zu einer „zweiten Grünen Revolution”. Allen voran die Mitgliedsunternehmen von Croplife International, dem Verein der internationalen Agrarchemie und Agrogentechik, der den Weltagrar- bericht aus Protest gegen angeblich „ideologische” Befunde zu Gentechnik, Pestiziden und Welthandel verließ. Aber auch Wissenschaftler und Politiker versprechen gewaltige Produktivitätsschübe und den Ersatz knapper Rohstoffe und Energiequellen durch „völlig neue Produkte”. Ihr Geschäftsmodell setzt dabei auf Gewinne aus „geistigem Eigentum” wie in der Software-Industrie. Gentechnik auf dem Acker und in Lebensmitteln wurde so jenseits ihrer techni- schen Bedeutung zum Symbol eines Fortschrittskonzeptes industrieller und informationeller Natur- beherrschung und -verwertung in der „wissensbasierten Bioökonomie“. Auch für ihre Kritikerinnen und Kritiker, den weltweiten Widerstand der Zivilgesellschaft und die weitverbreitete Ablehnung in der Bevölkerung wurde die Gentechnik zu einem Symbol. Hier steht sie für rücksichtslose Industrialisie- rung und Privatisierung der Natur als „Biomasse“, für die Arroganz der Wissenschaft, für Gier und Macht internationaler Monopole und für unwägbare Risiken auf Kosten der Gesellschaft und künftiger Generationen. Diesen Konflikt spiegelt der Weltagrarbericht wider, ohne ihn zu lösen.„GVO stehen einer Unzahl von Problemen gegenüber, denen Kontroversen über Technik, Politik, Umwelt, Rechte auf geistiges Eigentum, Biosicherheit und Handel zugrunde liegen. Kaum eine von ihnen dürfte in naher Zukunft verschwinden.” (Global, S. 95)

Grundlagen

  • FAO Die Position der UN-Landwirtschaftsorganisation zu Biotechnologie
  • EFSA European Food Safety Authority Informationsportal der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit zu GVOs
  • BVL Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zu Gentechnik
  • BfN Bundesamtes für Naturschutz zu Agro- Gentechnik und Naturschutz
  • testbiotech e.V. Institut für unabhängige Folgenabschätzung in der Biotechnologie

Bewegung

Literatur

Videos: Gentechnik

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Genfood auf dem Vormarsch - Wie die Lobby Druck macht

Grafiken

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