Land- und Wassernutzung gemeinsam gestalten: Viehhalter und Bauern im Niger

Neben sesshaften Bauernfamilien leben im Sahel- land Niger auch nomadisierende Viehzüchter. Früher wanderten sie mit ihren Herden über Hunderte Kilometer vom Norden in die Ackerbauzone des Südens, wo ihr Vieh die abgeernteten Äcker bewei- dete. Zu Beginn der Regenzeit kehrten sie zurück, damit die Bauern erneut die Felder bestellen konnten. Doch wiederkehrende Dürren und das Bevölkerungs- wachstum führen dazu, dass sich die komplemen- tären Wirtschaftsweisen zunehmend in die Quere kommen. Die Bauern halten aufgrund des steigenden Drucks auf die natürlichen Ressourcen die Durch- zugswege für das Vieh nicht mehr frei und eignen sich immer mehr Land an, das bisher für die Tiere reserviert war. Dadurch sehen sich die Viehzüchter gezwungen, ihr Vieh über Ackerflächen zu treiben.

Um Landkonflikte zwischen den verschiedenen Gruppen zu vermeiden, verabschiedete die nigrische Regierung 1993 den Code Rural, ein Rahmengesetz, das die Landnutzungsrechte für die ansässige ländliche Bevölkerung regelt und zugleich Räume für die Viehzucht sichert. Die Umsetzung ging anfangs nur schleppend voran, hat jedoch in den letzten Jahren an Dynamik gewonnen: Die Einrichtung von Land- kommissionen auf allen administrativen Ebenen, ein bedeutender Bestandteil des Gesetzes, ist heute ein wichtiges Instrument zur gemeinsamen Organisation und Verwaltung der Land- und Wassernutzung unter Einbindung aller Beteiligten. Die Kommissionen, zusammengesetzt aus Vertretern der Regierung sowie der einzelnen Nutzergruppen, zertifizieren Landnutzungsrechte, kontrollieren die rechtmäßige Nutzung der Ressourcen und schlichten Landkonflikte. Dadurch wird die Rechtssicherheit der ländlichen Bevölkerung gestärkt.

Ein erfolgreicher Ansatz, um die Konflikte zu entschärfen, ist die Schaffung klar demarkierter Durchgangswege für Viehherden.„Konflikte zwischen nomadischen Viehhaltern und sesshaften Bauern gibt es seit Tausenden Jahren. (...) Lebende Zäune und Hecken für den Schutz von Nahrungspflanzen und die Regeneration von Bäumen bieten für sesshafte Bauern das Potenzial, mehr zu produzieren. Wird aber der Bedarf der Nomaden an dauerhaftem Zugang zu Brunnen, Wasserstellen und Futter für die Trockenzeit nicht in regionale Planungen einbezogen, kann dies Konflikte verschärfen. In dieser Lage muss die effektive Integration von Anbau- und Tierhaltungs- systemen für alternative Futterquellen (z.B. Futtermittelbanken) und Korridore zu Wasserstellen und Weideland sorgen. Partizipative Ansätze zur Entscheidungsfindung können Konflikte (...) vermeiden.“ (Global, S. 177).Beispielsweise wurden im Departement Mayayi im Süden des Landes zwischen 2011 und 2015 etappenweise rund 450 Kilometer Durchgangswege für Viehherden geschaffen und gesichert. Diese Korridore werden in einem breit abgestützten gemeinsamen Konsultationsverfahren mit allen Betroffenen festgelegt und mit Begrenzungspfosten und Hecken markiert. Auch der Zugang zu Wasser führt immer wieder zu Konflikten zwischen sesshaften Bauern und nomadisierenden Viehzüchtern. Um die Lage zu entschärfen, wurden daher entlang der Durchgangskorridore Brunnen gebaut, die durch kompetente Brunnenkomitees aus Vertreterinnen und Vertretern aller Akteursgruppen verwaltet werden.

Ausführlicher Film (39 Minuten) “From conflict to consultation : the Rural Code experiment in Niger” (zur Mitte scrollen)

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