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04.05.2018 |

EU-Agrarpolitik: Haushaltsentwurf der Kommission erntet heftige Kritik

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Der Kommissionsvorschlag bevorzugt Flächenprämien (Foto: CC0)

Der Vorschlag der EU-Kommission zum künftigen Finanzrahmen erntet im Bereich Landwirtschaft heftige Kritik von Naturschutzverbänden. Er zementiere die schädliche EU-Agrarpolitik und sehe kein zusätzliches Geld für den Naturschutz vor, kritisiert der Naturschutzbund Deutschland (NABU): „Die Diskussion um das Insektensterben, um ausgeräumte Landschaften und Nitrat im Grundwasser scheint an EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger komplett vorbeigegangen zu sein“, wettert der Verband. Der EU-Haushaltskommissar präsentierte am 2. Mai seinen Vorschlag für den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen der EU für die Jahre 2021-2027 unter dem Motto „ein modernes Budget für eine Union, die schützt, stärkt und verteidigt“. Doch dies gelte offenbar nicht für den Schutz der Lebensgrundlagen dieser und künftiger Generationen, betont der NABU. Der Haushaltsentwurf sei weder modern noch nachhaltig, sondern ein „zig Milliarden Euro schweres Weiter so“. Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) warnte, die EU verpasse „die Chance, die Weichen hin zu einem Haushalt zu stellen, der eine ökologischere und gerechtere Finanzverteilung ermöglicht“.

Auf die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) sollen in den Jahren 2021 bis 2027 insgesamt 365 Milliarden Euro entfallen – rund 32% des 1135 Milliarden schweren Gesamtbudgets. „Die Kommission schlägt vor, die Finanzmittel für die Gemeinsame Agrarpolitik und die Kohäsionspolitik moderat um jeweils ca. 5 % zu kürzen, um den neuen Gegebenheiten in einer Union mit 27 Mitgliedern Rechnung zu tragen“, teilte sie in einer Pressemitteilung mit. Auf den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft, die sogenannte 1. Säule der GAP, mit der die Direktzahlungen an Landwirte finanziert werden, sollen in den sieben Jahren 286,2 Milliarden Euro entfallen. Für die Förderung der ländlichen Entwicklung, die 2. Säule, die Gelder für Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen vorsieht, sollen im Zeitraum 2021-2027 rund 78,8 Milliarden aufgewendet werden. Zudem sollen die Mitgliedsstaaten künftig einen höheren Kofinanzierungsanteil stemmen. Während die 2. Säule im Vergleich zum Finanzrahmen 2014-2020 deutlich zusammengestutzt würde, gäbe es bei den Direktzahlungen weniger Einschnitte und ihr Anteil an den GAP-Geldern würde sogar steigen.

Der NABU beklagt, dass deutlich progressivere Budget-Vorschläge zuletzt auf der Strecke geblieben seien. Dem Verband liegen interne Dokumente vor, wonach noch vor wenigen Tagen eine massive Umschichtung von der 1. in die 2. Säule geplant gewesen sei und damit eine Teilabkehr von pauschalen Flächenzahlungen hin zu einer zielgerichteten Förderung, zum Beispiel für den Umweltschutz. Doch offenbar habe sich die Lobby der Agrarindustrie durchgesetzt. „Ganz nach dem Willen der Agrarindustrie wird die EU ihre milliardenschweren Agrarsubventionen weiter überwiegend pauschal ausschütten. Schlimmer noch: Für die gezielten Förderprogramme der sogenannten zweiten Säule müssen die Mitgliedstaaten künftig noch höhere Eigenanteile aufbringen“, sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke. „Damit lohnt sich ein verantwortungsvoller Umgang mit der Natur kaum. Statt die dringend benötigte Umkehr in der Agrarpolitik einzuleiten, befördern Juncker und Oettinger die Artenvielfalt und Tausende Bauernhöfe noch näher an den Rand des Abgrunds“, fügte er hinzu.

Die Kommission schlägt zudem vor, die Direktzahlungen für Großbetriebe zu begrenzen. Aktuell erhalten 20% der Landwirte rund 80% der Direktzahlungen und dies spiegelt ein System wider, in dem Zahlungen an Land gebunden sind, das eine Minderheit von Landwirten auf sich konzentriert“, heißt es in einem Kommissionspapier. „Eine ausgewogenere Verteilung sollte durch eine verpflichtende Kappung auf Betriebsebene (mit Ausnahme der Arbeitskosten) gefördert werden und degressive Zahlungen, die mit zunehmender Betriebsgröße sinken.“ „Das ist ein richtiger Schritt in Richtung mehr Fairness“, sagte Konstantin Kreiser, Nabu-Teamleiter für EU-Naturschutzpolitik, der taz. Doch er glaubt nicht daran, dass dieser Vorschlag bei den Mitgliedsstaaten durchkommen wird. „Die Gemeinsame Agrarpolitik wird nicht nur umweltschädlich, sondern auch unfair bleiben.“ Die EU-Staaten und das Europäische Parlament müssen dem Haushaltsvorschlag noch zustimmen, doch die Verhandlungen werden sich voraussichtlich noch mehrere Monate hinziehen. Frankreich hat bereits angekündigt, eine Kürzung der Direktzahlungen nicht hinnehmen zu wollen. (ab)

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