Nachricht

19.02.2018 |

Vielfalt im Rampenlicht: Rote Emmalie zur Kartoffel des Jahres gekürt

Rote
Rote Emmalie (Foto: www.kartoffelvielfalt.de)

Sie heißt „Rote Emmalie“ und ist 2018 die Königin der Kartoffeln. Die längliche Sorte mit dem rötlichen Fruchtfleisch und dem würzigen Geschmack wurde letzte Woche auf der Messe Biofach in Nürnberg zur tollsten Knolle des Jahres gekürt. Mit der Auszeichnung soll auf die Kartoffelvielfalt aufmerksam gemacht werden, die zunehmend in Vergessenheit zu geraten droht, da in Supermarktregalen nur noch ein schmales Sortiment von Standard-Sorten angeboten wird. Gezüchtet wurde die „Rote Emmalie“, eine vorwiegend festkochende Sorte, vom niedersächsischen Bio-Kartoffelzüchter Karsten Ellenberg. Sie ist eine Kreuzung aus den Sorten „La Ratte“, „Baltica“, „Highland Burgundy Red“ und der alten peruanischen Landsorte „Huamantango“. Die rötliche Färbung ist dem Pflanzenfarbstoff Anthocyan zu verdanken, der in ähnlicher Form auch in Erdbeeren und Himbeeren vorkommt.

Ellenberg, der in der Lüneburger Heide seit 20 Jahren Kartoffeln züchtet und auf rund 80 Hektar über 100 Sorten anbaut, hat sich bereits mit seiner Rettungsaktion für die Kartoffelsorte Linda einen Namen gemacht. Als der Konzern „Europlant“ sie 2005 kurz vor Ablauf der Sortenschutzzeit vom Markt nehmen wollte, was für Bauern bedeutet hätte, dass sie Linda nicht mehr als Pflanzkartoffel hätten weitervermehren dürfen, gründete Ellenberg einen Freundeskreis zur Rettung der Sorte. Nach Jahren des Rechtsstreits erwirkten die Linda-Fans auch in Deutschland eine Neuzulassung der Kartoffel durch das Bundessortenamt. „Ich möchte selbst entscheiden, was ich anbauen und verkaufen will. Da möchte ich mir nichts von Saatgutkonzernen vorschreiben lassen“, sagte Ellenberg der Osnabrücker Zeitung. Es sei nicht hinnehmbar, dass bewährten Sorten vom Markt verschwinden, nur weil die Industrie keinen Gewinn mehr damit erzielen könne. „Es gibt in Europa noch etwa tausend zugelassene Sorten, aber auf dem Markt sind nur eine Handvoll.“ Denn dem Handel gehe es nicht darum, möglichst viele Sorten im Angebot zu haben, sondern vor allem billige.

Gewählt wurde die „Rote Emmalie“ von Vertretern des Arbeitskreises „Kartoffel des Jahres“, dem unter anderem der Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt, die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und der Anbauverband Bioland angehören. Zur Wahl stehen nur Kartoffelsorten, die ohne Gebühren nachgebaut werden können. Verkündet wurde die Gewinnerkartoffel von der indischen Umwelt- und Saatgutaktivistin Vandana Shiva. „Es ehrt mich, die Kartoffel des Jahres küren zu dürfen. Ich habe in den mehr als 50 Jahren, in denen ich als Wissenschaftlerin arbeite, realisiert, dass sich jedes lebendige System mit Intelligenz weiterentwickelt“, sagte sie auf der Preisverleihung. „Und ich ehre die Züchter, die dazu beigetragen haben, die einzige Wissenschaft zu betreiben, die den Namen Pflanzenzucht verdient, und das ist die Arbeit mit der Intelligenz der Natur, mit der Biodiversität, die wir erhalten haben“, sagte Shiva mit einem Seitenhieb auf die einstigen Bemühungen von Konzernen, mithilfe von Gentechnik Kartoffeln zu züchten, die z.B. mit einem erhöhten Stärkegehalt als Industrierohstoff dienen sollen. „Wir ehren heute die Vielfalt, die von der Roten Emmalie verkörpert wird“, fügte die Aktivistin hinzu. Ellenberg bedankte sich bei Shiva dafür, dass sie vor 10 Jahren auf der Abschlussveranstaltung der Slow-Food-Messe Terra Madre in Turin vor tausenden Menschen aus aller Welt zur Rettung der Linda aufgerufen und so dem Bestreben Sichtbarkeit verliehen hatte. „Wir kümmern uns weiter um die Vielfalt“, kündigte Ellenberg an. (ab)

Zurück zu den Meldungen

Unterstützer

Unterstützer von www.weltagrarbericht.de Verlag der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V. Bioland biovision Brot für die Welt Brot für alle Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland Demeter Zukunftsstiftung Entwicklung in der GLS Treuhand Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz Heidehof Stiftung Mission EineWelt Misereor Naturland Public Eye | Erklärung von Bern Rapunzel - Wir machen Bio aus Liebe Swiss Aid, Ihr mutiges Hilfswerk tegut W-E-G Stiftung
English versionEnglish versionDeutsche Version