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27.11.2017 |

Deutsches Ja entscheidet: EU lässt Glyphosat für weitere fünf Jahre zu

Glypho
Zu den in der EU zulässigen Ackergiften gehört bis 2022 auch Glyphosat (Foto: CC0)

Der umstrittene Unkrautvernichter Glyphosat darf in der Europäischen Union weitere fünf Jahre versprüht werden. Dank der Schützenhilfe des amtierenden deutschen Landwirtschaftsministers Christian Schmidt kam im zuständigen Berufungsausschuss der EU-Kommission am Montag die notwendige Mehrheit von mindestens 16 Staaten, die 65% der EU-Bevölkerung vertreten, zustande: Mit Deutschland waren es nun 65,7%. Weitere 17 Länder stimmten für den Kommissionsvorschlag, das Ackergift bis 2022 zu erlauben. Neun Länder - Belgien, Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Luxemburg, Malta, Österreich und Zypern – lehnten eine Verlängerung ab, Portugal enthielt sich. Nach einer monatelangen Patt-Situation, in der es keine Mehrheit für oder gegen Glyphosat gab, wie zuletzt vor gut zwei Wochen im zuständigen Fachausschuss, war das deutsche Ja nun das Zünglein an der Waage. Bisher hatte sich die Bundesrepublik enthalten, da sich das CSU-geführte Agrarministerium und das SPD-Umweltministerium nicht einigen konnten. Nun sorgte Schmidt für die nötige Mehrheit – offenbar im Alleingang. Am 15. Dezember wäre die Zulassung für Glyphosat, den Hauptwirkstoff von Monsantos Verkaufsschlager Roundup Ready, ausgelaufen.

Umweltministerin Barbara Hendricks reagierte empört: „Genau zwei Stunden vor Beginn der Sitzung des Berufungsausschusses, nämlich heute um 12:30 Uhr, habe ich gegenüber dem Kollegen Schmidt telefonisch eindeutig erklärt, dass ich mit einer Verlängerung der Zulassung von Glyphosat weiterhin nicht einverstanden bin, auch nicht unter bestimmten Konditionen“, erklärte Hendricks. Doch dann stimmte er dafür. Das Votum begründete er damit, dass die EU-Kommission „sich ohnehin für die Verlängerung der Zulassung von Glyphosat entschieden“ hätte. Nun hätte er zumindest „wichtige Bedingungen durchsetzen“ können, während die Kommission den Wirkstoff ohne Auflagen verlängert hätte, argumentierte er gegenüber der „Rheinischen Post“. Laut Schmidt handelt es sich hierbei um die „Stärkung der Rolle von Biodiversität und Tierschutz“, weitere Aufklärung im Hinblick auf die gesundheitlichen Gefahren für den Menschen und eine „Prüfung der Optimierungsmöglichkeiten des Genehmigungsverfahrens für Pflanzenschutzmittelwirkstoffe“. Der Alleingang Schmidts vergiftet nun erheblich die Stimmung zwischen SPD und Union vor anstehenden Gesprächen über eine mögliche Regierungsbildung. SPD-Fraktionschefin Nahles sprach von einem „massiven Vertrauensbruch“.

Auch Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen/EFA im EU-Parlament, zeigte sich entsetzt über die Verlängerung der Zulassung und Deutschlands Rolle hierbei: „Glyphosat, das sollte allen Beteiligten eigentlich klar sein, steht unter Krebsverdacht, dezimiert die Artenvielfalt und hat auf den Äckern nichts mehr zu suchen. Es gilt als ein völlig überholtes Mittel“, teilte Häusling am Montag mit. „Doch das kümmert weder die EU-Kommission noch den CSU-Minister und seine Chefin Angela Merkel. Sie haben sich willfährig dem Lobbydruck ergeben, statt sich des in Europa an sich geltenden Vorsorgeprinzips zu erinnern und den Verbraucherschutz an die erste Stelle politischen Handels zu stellen. Dieser Politik gehört die rote Karte gezeigt“, fügte er hinzu. Seit Langem herrscht in der EU und der Wissenschaft Uneinigkeit über die Krebsgefahr durch Glyphosat. Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation hatte Glyphosat als „wahrscheinlich“ krebserregend für den Menschen eingestuft. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit Efsa, die Europäische Chemikalienagentur Echa und das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sind hingegen der Auffassung, das Risiko sei nicht ausreichend belegt. (ab)

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