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08.09.2017 |

Faire EU-Handelsbeziehungen mit Afrika statt Billigfleischexporte

Chcik
Geflügelzüchterin in Uganda (Foto: Jennifer Wilmore, bit.ly/ChiBre, bit.ly/by-nc-nd20)

Deutschland muss sich in der EU endlich für faire Handelsbeziehungen mit Afrika einsetzen – diesen Appell richtete das evangelische Hilfswerk Brot für die Welt am Montag an die Bundesregierung. Denn obwohl die EU und Deutschland afrikanischen Staaten Unterstützung beim Aufbau einer eigenen Wirtschaft zugesagt haben, schaden europäische Exporte von Geflügelresten in afrikanische Länder immer noch der Wirtschaft vor Ort. „Unsere Billighühner ruinieren Afrikas Märkte. Und kein Hahn kräht danach“, kritisiert Brot für die Welt im Dossier „Das globale Huhn. Die Folgen unserer Lust auf Fleisch“, das am 7. September veröffentlicht wurde. 2016 hat die EU ihre Exporte von Geflügelfleisch nach Afrika auf 680 Millionen Kilogramm erhöht - ein Anstieg von zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr. Da der Verkauf der in Europa begehrten Hähnchenfilets bereits gewinnbringend sei, würden die Ausfuhrpreise von Hähnchenteilen auf im Schnitt 0,75 Euro pro Kilogramm gedrückt. Brot für die Welt nennt das Beispiel Liberia: Dort wird Geflügelfleisch aus Europa für nur 0,48 Euro pro Kilogramm importiert, während auf dem Markt in der Hauptstadt Monrovia ein Kilo einheimische Hähnchenschenkel 2,50 Euro kosten. „Da kann kein einheimischer Geflügelmäster mithalten, und weil die Konkurrenz fehlt, wird der EU-Billigpreis noch nicht einmal an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben. So machen Importeure und die EU-Schlachtindustrie das große Geschäft auf dem Rücken der Kleinmäster in Afrika“, beklagt Francisco Marí, Agrarhandelsexperte von Brot für die Welt.

Die meisten EU-Geflügelfleischexporte gingen 2016 nach Südafrika, Benin und Ghana. Deutsche Ausfuhren sind laut Statistik zurückgegangen und werden vermehrt über das Hauptexportland Niederlande abgewickelt. „Die Überflutung der Märkte Westafrikas mit Masthähnchen begann um die Jahrtausendwende“, erläutert Mari in einem Interview im Dossier. „Einige Länder wie Ghana hatten damals schon eine eigene erfolgreiche Mast aufgebaut. Die Staaten standen zu diesem Zeitpunkt mit der Weltbank und dem IWF in harten Verhandlungen, um ihre Schulden zu reduzieren.“ Der Schutz ihrer Märkte und hohe Einfuhrzölle standen dabei im Widerspruch zur Weltbankstrategie der freien und offenen Märkte als Entwicklungsmotor. Die wirtschaftlichen Folgen der billigen Geflügelfleischimporte waren fatal, tausende Kleinmästerinnen und Kleinmäster verloren ihre Existenz. Nur einigen Ländern gelang es, die massenhafte Einfuhr von Billigfleisch aus dem Ausland zu stoppen. Brot für die Welt führt Kamerun an, wo seit 2006 ein faktisches Importverbot besteht und keine Importlizenzen für Geflügelteile vergeben werden. Auch wenn viele der früheren Mästerinnen und Mäster, die aufgrund der Importe den Betrieb einstellen mussten, sich nicht erholen konnten, hat sich die Lage etwas entspannt. Seit 2006 verzehnfachte sich die einheimische Produktion auf 125.000 Tonnen in 2015. Wurden 2004 noch 24.000 Tonnen Hühnerfleisch importiert, waren es 2016 nur noch 180 Tonnen. „Doch wenn Staaten wie Kamerun jetzt EPA-Abkommen mit der EU unterzeichnen, kann die EU fordern, ihre einheimischen Märkte wieder für die europäischen Tiefkühlteile zu öffnen“, fürchtet Mari.

Die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPA) sollen Afrika zollfreien Marktzugang in die EU gewähren, doch im Gegenzug dürften die afrikanischen Länder nach und nach auf 80% der EU-Waren keine Zölle mehr erheben. In Wirklichkeit profitieren die armen Länder wenig von den offenen EU-Märkten, da sie viele ihrer Produkte unverarbeitet exportieren. „Abkommen wie die EPAs, die Afrika schlechter stellen als zuvor, sind mit Sicherheit der falsche Weg“, betont Mari. Würde stattdessen der Aufbau einer Verarbeitung in afrikanischen Staaten unterstützt, könnten dort Arbeitsplätze geschaffen werden. Dies würde auch dem innerafrikanischen Handel einen enormen Schub geben und für einen regen Warenaustausch sorgen. Brot für die Welt appelliert daher an die Bundesregierung, sich in der EU für Änderungen der bestehenden Wirtschaftspartnerschaften einzusetzen. „Die EU muss, wie die Bundeskanzlerin auf einer G20-Veranstaltung versprochen hat, Afrika neue faire Handelsbeziehungen anbieten, fordert die Präsidentin von Brot für die Welt, Cornelia Füllkrug-Weitzel. Dazu gehöre, dass sich Staaten vor EU-Billigexporten schützen können müssen. Am besten wäre es, die EPAs der EU mit Afrika auszusetzen und neue faire Abkommen zu verhandeln, so Füllkrug-Weitzel. (ab)

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