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05.06.2017 |

Zwei Drittel der Biotope in Deutschland in Gefahr: Alarm für Wiesen und Weiden

WieseBioland
Wiesen sind bedroht (Foto: Katharina Schertler/Bioland)

Zwei Drittel der natürlichen Lebensräume in Deutschland sind gefährdet – vor allem Wiesen und Weiden geht es mies. Das zeigt die „Rote Liste gefährdeter Biotoptypen“, die am 31. Mai vom Bundesumweltministerium und dem Bundesamt für Naturschutz (BfN) vorgestellt wurde. Der Zustand der 863 hierzulande vorkommenden Biotope ist bedenklich und hat sich teils gegenüber den Vorgänger-Listen von 1994 und 2006 stark verschlechtert. „Zwei Drittel aller Biotoptypen sind in unterschiedlichem Maße vom Verlust bedroht. Bei den in besonderem Maße von einer Nutzung abhängigen Biotoptypen des Offenlandes liegt dieser Anteil mit 79% sogar noch deutlich höher“, beklagt BfN-Präsidentin Beate Jessel. 21,4% der Biotope gelten als „von vollständiger Vernichtung bedroht“ und 22,6% sind „stark gefährdet“. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks nannte die Ergebnisse ein „Alarmsignal“. Als Ursache wird die Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung genannt, aber auch Fischerei, Forstwirtschaft, Bauen, Stadtentwicklung und Verkehr setzen Biotope unter Druck.

Besonders schlecht ist es ums Grünland bestellt. Hier hat sich die Lage in den letzten zehn Jahren stark verschlimmert. Während 2006 noch 20 der 71 Grünlandbiotope eine stabile bzw. zunehmende Entwicklung verzeichneten, traf dies 2017 nur noch auf 6 Biotoptypen des Grünlands zu. Der aktuellen Liste zufolge sind 78% der eher feuchten Grünlandbiotope (z.B. artenreiches Feuchtgrünland) und 85% der eher trockenen Grünlandbiotope (z.B. viele Halbtrocken- und Trockenrasen) gefährdet. Über ein Viertel der trockenen Grünlandbiotoptypen (14 von 52) sind „akut von vollständiger Vernichtung bedroht“. „Es gibt uns zu denken, dass mittlerweile nicht mehr nur die extensiv genutzten Biotoptypen betroffen sind, sondern auch Lebensräume mittlerer Nutzung wie die artenreichen Mähwiesen in die höchste Gefährdungskategorie fallen“, teilte Jessel mit. „Die Folgen dieser Entwicklung spiegeln sich auch im dramatischen Rückgang von Lebewesen der Agrarlandschaft wieder, beispielsweise bei den Feldvögeln wie Feldlerche, Braunkehlchen oder Kiebitz und auch bei den Insekten.“ Aber auch vielen anderen Biotoptypen der Kulturlandschaft, wie etwa Streuobstwiesen, geht es nicht gerade rosig.

Der Vorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Hubert Weiger, macht für den bescheidenen Zustand vieler Lebensräume eine verfehlte Agrarpolitik der Bundesregierung verantwortlich. „Minister Schmidt hat der Agrarindustrie Vorrang vorm Erhalt kleiner und mittlerer bäuerlicher Betriebe gegeben und so maßgeblich dazu beigetragen, dass heute im ländlichen Raum Mais- und Rapsmonokulturen dominieren. Der Verlust von Insekten- und Vogelarten sowie vieler seltener Pflanzen wird sich fortsetzen, wenn die nächste Bundesregierung nicht endlich die Agrarwende angeht“, sagte Weiger. Er forderte ein konsequentes Umsteuern in der Agrarpolitik und bundesweit rechtsverbindliche Maßnahmen zum Schutz bedrohter Lebensräume.

Im Vergleich zur letzten roten Liste gab es aber auch einige gute Nachrichten, etwa bei Küsten- und Fließgewässerbiotopen. Der Positivtrend bei den Küstenbiotopen ist größtenteils auf die Ausweisung von Schutzgebieten zurückzuführen. Bei den Fließgewässern machen sich die Anstrengungen der letzten Jahre zur Renaturierung von Flüssen und ihren Auen sowie bessere Kläranlagen bemerkbar. Bei anderen Gewässerbiotoptypen, wie Grundwasser und vielen stehenden Gewässern, gibt es aber keine Entwarnung. Deren Gefährdungslage habe sich aufgrund der hohen Stickstoffbelastung weiter verschärft. „Wir dürfen beim Naturschutz nicht nachlassen“, betonte Hendricks. „Jetzt kommt es darauf an, dass auch die Agrarpolitik endlich ihre Verantwortung für den Naturschutz wahrnimmt.“ (ab)

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