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01.06.2017 |

Stickstoffbericht: Umweltrat fordert Taten statt Worte, Landwirtschaft Hauptquelle

Dngr
Zu viel Dünger kommt v.a. in Regionen mit intensiver Tierhaltung aufs Feld (Foto: CC0)

Die Bundesregierung hat am Mittwoch auf Vorschlag von Umweltministerin Barbara Hendricks einen Bericht zu Stickstoffeinträgen in die Umwelt beschlossen. Während die Regierung sich rühmt, das Thema Stickstoff damit „erstmals ausdrücklich und umfassend auf die politische Agenda“ gesetzt zu haben, werfen ihr die Grünen und der Sachverständigenrat für Umweltfragen mangelndes Handeln vor und fordern Konsequenzen aus dem Bericht. Das Papier erkennt an, dass Stickstoff eine zunehmende Belastung für Wasser- und Ökosysteme darstellt und das Klima, die Luftqualität und die Artenvielfalt beeinträchtigt. „Das Stickstoff-Problem ist in der Umweltpolitik lange unterschätzt worden. Dabei sind die zunehmenden Stickstoff-Emissionen eines der größten Umweltprobleme unserer Zeit“, erklärte Hendricks.

Aktuell werden jedes Jahr rund 1,6 Millionen Tonnen reaktiver Stickstoffverbindungen in die Umwelt eingetragen. Zwar sanken die Emissionen in Deutschland zwischen 1995 und 2010 um etwa 40%, doch sie sind immer noch deutlich zu hoch, um die stickstoffbezogenen Ziele der deutschen und europäischen Umweltpolitik zu erreichen. Hauptverursacher ist die Landwirtschaft mit einem Anteil von 63%, gefolgt von Industrie-/Energiewirtschaft (15%), Verkehr (13%) und Abwasserbehandlung und Oberflächenablauf (9%). „Bei einer nicht bedarfsgerechten Düngung bzw. einer Düngung, die nicht nach guter fachlicher Praxis erfolgt, kann Stickstoff, der nicht von den Pflanzen aufgenommen oder in den Böden gespeichert wird, zu umweltbelastenden Stickstoffüberschüssen führen“, betont der Bericht. „Vor allem in Regionen mit intensiver Tierhaltung fällt oft mehr Wirtschaftsdünger an, als auf der Fläche effizient genutzt werden kann.“ Gleichzeitig würde die Landwirtschaft „das größte und zudem das kosteneffektivste Minderungspotential“ bieten. Als eine Maßnahme zur Verringerung der landwirtschaftlichen Stickstoffüberschüsse nennt der Bericht die Ausweitung des Ökolandbaus auf das schon lange anvisierte 20%-Ziel. „Der ökologische Landbau ist insbesondere gekennzeichnet durch möglichst geschlossene Nährstoffkreisläufe und eine bodengebundene Tierhaltung. Mineralische Stickstoffdüngemittel dürfen nicht ausgebracht werden.“

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU), der die Bundesregierung in Fragen der Umweltpolitik berät, begrüßte den Bericht, forderte jedoch die rasche Entwicklung eines Aktionsprogramms, „um vom Wissen zum Handeln zu kommen“. Bereits im Januar 2015 hatte der SRU in seinem Stickstoff-Sondergutachten zahlreiche Vorschläge unterbreitet. „Maßnahmen zur Minderung der Stickstoffeinträge werden seit Jahren diskutiert, aber nur halbherzig umgesetzt“, kritisierte der Rat. „Der Einsatz von Düngemitteln in der Landwirtschaft wurde erst nach intensiven Verhandlungen stärker reguliert, muss nun aber auch konsequent umgesetzt werden“, forderten die Sachverständigen. „Die Überdüngung verdrängt zahlreiche Pflanzen- und Tierarten“, erläutert Prof. Manfred Niekisch. „Dies ist nicht nur in Deutschland, sondern auch global ein sehr ernstes Problem.“

Auch die Grünen kritisierten, dass das Stickstoffproblem sträflich vernachlässigt worden sei. „Dieser Bericht ist ein Dokument des Scheiterns. Er offenbart eine Riesenlücke zwischen Herausforderung und Handlungsbereitschaft der Regierung“, erklärten der Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter und der Sprecher für Umweltpolitik Peter Meiwald in einer Pressemitteilung. Ein „simpler Bericht“ werde als Regierungshandeln verkauft, während die Bundesregierung „die Hinweise ihrer eigenen Experten ignoriert und die Hoffnung auf eine wirksame Stickstoffreduktionsstrategie“ habe platzen lassen. Erforderlich seien „dringend tiefgreifende Reformen in der Landwirtschaft, eine echte Mobilitätswende und ein rascher Kohleausstieg, um die Hauptquellen überhöhter Stickstoffemissionen an der Quelle zu bekämpfen.“ Positiv gestimmt war hingegen der Deutsche Bauernverband. „Der Stickstoffbericht der Bundesregierung zeigt die beachtlichen Erfolge bei der Stickstoffreduktion und weist auf die wichtige Rolle von Stickstoffdünger für die menschliche Ernährung hin“, erklärte DBV-Präsident Rukwied, der eine zusätzliche Stickstoffstrategie oder ein Aktionsprogramm nicht für nötig hält. (ab)

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