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11.05.2017 |

Mehr Land für kleine Höfe: EU-Parlament will Landkonzentration stoppen

Land
EU-Agrarland ist stark konzentriert (Foto: CC0)

Das EU-Parlament will der weiteren Konzentration von Agrarflächen in Europa Einhalt gebieten und kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Betrieben den Zugang zu Land erleichtern. Am 27. April verabschiedeten die Parlamentarier mit breiter Mehrheit einen Initiativbericht zur aktuellen Lage der Landkonzentration und rief sowohl die EU-Kommission als auch die Regierungen der Mitgliedstaaten zu entschlossenem Handeln auf. Der Bericht zeigt, dass die großflächige Aneignung von Land für die industrielle Agrarproduktion, als Geldanlage oder für andere Zwecke nicht mehr nur ein Problem in Entwicklungsländern ist, sondern auch in der EU stark voranschreitet. Nicht nur in den ehemaligen Ostblockländern, sondern auch in vielen Teilen Westeuropas reißen sich Konzerne große Flächen Land untern den Nagel und dies oftmals unter Ausnutzung gesetzlicher Schlupflöcher. Dies hat dazu geführt, dass sich immer mehr Land in der EU in den Händen weniger befindet. Im Jahr 2013 kontrollierten in der EU 3,1% der Betriebe 52,2% der europäischen landwirtschaftlich genutzten Fläche. Hingegen verfügen 76,2% der Betriebe lediglich über 11,2% des Agrarlandes. Dies stellt die Ungleichheit der Landnutzung in der EU mit einem Gini-Koeffizienten von 0,82 auf eine Ebene mit von Ländern wie Brasilien, Kolumbien und den Philippinen, die für ihre unfaire Landverteilung berühmt-berüchtigt sind.

Die Auswirkungen dieser Landkonzentration auf ländliche Gebiete sind verheerend. Die Kauf- und Pachtpreise landwirtschaftlicher Flächen in vielen Regionen sind mittlerweile auf ein Niveau gestiegen, das zur finanziellen Spekulation einlädt und es vielen Agrarbetrieben betriebswirtschaftlich unmöglich macht, gepachtete Flächen zu behalten bzw. die zur Erhaltung lebensfähiger klein- und mittelgroßer Betriebe notwendigen Flächenaufstockungen vorzunehmen geschweige denn neue Unternehmen zu gründen, da kaum Land auf dem Markt verfügbar ist, betont das EU-Parlament in der Entschließung. Dieser Trend laufe dem europäischen Modell einer nachhaltigen, multifunktionalen und überwiegend von Familienbetrieben geprägten Landwirtschaft zuwider. Die Europaabgeordnete Maria Heubuch, die den Bericht für die Fraktion Die Grünen/EFA betreute, warnte vor den Folgen dieser neuen Dimension des Strukturwandels der vergangenen Jahrzehnte: „Einmal vernichtete bäuerliche Existenzen und Kulturlandschaften sind praktisch für immer verloren. Die EU muss jetzt zeigen, ob sie die Traditionen und die Regionalstrukturen Europas gegen zügellose Globalisierung und Spekulation besser verteidigen kann als hilflose Nationalregierungen.“

Die Entschließung unterstreicht die Bedeutung kleiner landwirtschaftlicher Familienbetriebe „für das ländliche Leben, da sie eine aktive Rolle im wirtschaftlichen Gefüge des ländlichen Raums spielen, indem sie das kulturelle Erbe und das Landleben bewahren, das gesellschaftliche Leben im ländlichen Raum stützen, natürliche Ressourcen nachhaltig nutzen und darüber hinaus gesunde und hochwertige Erzeugnisse in ausreichender Menge herstellen“. Daher ruft das Parlament die EU-Staaten auf, „kleine landwirtschaftliche Familienbetriebe und nachhaltige Produktionsmethoden zu fördern“ und „kleinen und mittelgroßen lokalen Erzeugern, Neueinsteigern und Junglandwirten beim Erwerb und bei der Pacht von Agrarland (…) Vorrang einzuräumen“. Es appelliert an die EU-Staaten, ihre Maßnahmen im Bereich der Flächennutzung so auszurichten, dass die bestehenden Fördermöglichkeiten wie Steuererleichterungen, Beihilfen und Mittel der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ausgeschöpft werden, damit das Modell einer auf Familienbetriebe gegründeten Landwirtschaft in der ganzen EU Bestand hat. Aktuell bewirkt die GAP eher das Gegenteil: 80% der EU-Subventionen gehen an nur 20% der Betriebe. Daher betont der Text, „dass es im Rahmen der reformierten GAP der Einführung von Obergrenzen und der Anpassung der Regelung für Direktzahlungen dahingehend bedarf, dass die ersten Hektar stärker ins Gewicht fallen und Investitionen und die Gewährung von Direktzahlungen für kleine landwirtschaftliche Betriebe erleichtert werden“. (ab)

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